Jean Paul: Hesperus oder 45 Hundposttage


  • Ich ertappe mich, offen gesagt, dabei, dass mich die Story gar nicht interessiert, sondern nur Jean Paul Satzbau und seine Digressionen...


    (Die Stories sind, m.M.n., bei Jean Paul sowieso immer recht hanebüchen und die Story-Line inkonsequent...)


    Das geht uns wohl allen so. Wie JP sich wohl selbst dazu stellte? Hat er diese schrecklichen Vertausch-, Verwicklungs- und Herzschmerzgeschichte dem Markt geschuldet, der diese Art Kolportage verlangte oder ist selbst die Auswahl der Themen Ausdruck seiner allumfassenden Ironisierung? Dann passen aber die sentimentalen Stellen nicht so ganz. Ich denke, die Verwicklungen und teilweise auch die Handlungsorte sind wirklich ein Zugeständnis an die Leserschaft. Die uns trivial erscheinende Sentimentalität ist eben auch Jean Paul. Man muss sie mitnehmen.


    klaus,


    über die von dir ausgewählte "Polar"stelle habe ich gerade auch sehr schmunzeln müssen.



    Übrigens lese ich gerade in dem Kapitel über den "Hesperus" in de Bruyns JP-Biografie, dass der Autor selbst unglücklich war über die Wahl seiner Fabel, die er von einem heute unbekannten Schriftstellers übernommen hatte, der sie seinerseits aus der Märchenliteratur entnahm.
    Laut de Bruyn schrieb JP dazu:


    "Das größte Elend eines Autors ist, daß er keiner Materie den Grad der Verschönerung ansehen kann, den sie anzunehmen fähig ist, und daß er zu spät die Wahl der Materie bereuet", klagt er Otto.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Bin jetzt auch mit dem ersten Heftlein fertig. Ihr könnt also gerne wieder posten, falls ihr nicht schon lange durch seid. im 16. Hundposttag ironisiert der Erzähler selbst die Tränenströme seiner männlichen Protagonisten
    [quote="Hesperus, 16. Hundposttag, 1. Drittel"]
    »Jawohl, welche; aber die heutige mein' ich, daß mir die Augen überlaufen – du darfst es kühn bloß einem zu matten Tränenheber beimessen, worunter Petit alle einsaugende Tränenwege befaßt –, wenn mir z. B. einer unrecht tut, oder wenn ich nur etwas stark begehre, oder mir eine nahe Freude oder nur überhaupt eine starke Empfindung oder das menschliche Leben denke oder das bloße Weinen selber.« – –


    Sein gutes Auge stand voll Wasser, da ers sagte, und rechtfertigte alles.


    »Lieber Flamin, ich wollte, ich wäre eine Dame geworden oder ein Herrnhuter oder ein Komödiant – wahrlich, wenn ich den Zuschauern weismachen wollte, ich wäre darüber (nämlich über dem Weinen), so wär' es noch dazu auf der Stelle wahr.« –


    Und hier legt' er sich sanft und froh mit Tränen, die entschuldigt flossen, um die geliebte Brust.... Aber zur Vipern- und Eisenkur seiner Männlichkeit hatt' er nichts als ein »Hm!« und einen Zuck des ganzen Körpers vonnöten: darauf kehrten die Jünglinge als Männer in die Laube zurück.


    [/quote]
    Hier ist es ja ganz klar, aber ich finde es oft ganz schwer zu entscheiden, wo JP ironisiert oder doch der Sentimentalität seiner Zeit verfällt.

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  • [...] aber ich finde es oft ganz schwer zu entscheiden, wo JP ironisiert oder doch der Sentimentalität seiner Zeit verfällt.


    Ich vermute, es gibt für Jean Paul kein entweder-oder. Immer nur beides zusammen und miteinander und zur selben Zeit...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Ich vermute, es gibt für Jean Paul kein entweder-oder. Immer nur beides zusammen und miteinander und zur selben Zeit...


    Da wirst du wohl Recht haben.


    Mittlerweile habe ich den 16. und 17. Hundposttag wirklich genossen, denn hier ist doch deutlich mehr Satire und weniger Gefühligkeit vorhanden. Köstlich ist auch die "Schlägerei" zwischen Hofapotheker und Kasernenarzt (wohl die Bezeichnung für Kuhlpepper, weil der Wohnsitz des Fürsten Kaserne genannt wird?)sowie der Stellvertreterkrieg der beiden Provisoren. Durch Jean Pauls Sprachkunst wird die Szene, wo der Provisor des Hofapothekers dem Provisor des Volksapothekers den Hut mit den Eiern aufsetzt, zu einem Kabinettstückchen anstatt zu Klamauk.

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  • Ihr könnt also gerne wieder posten, falls ihr nicht schon lange durch seid.


    Haha, du hast mich jetzt eingeholt - wie erwartet. :zwinker: Habe auch grad den 17. Hundposttag durch. Viktor ist ja nun am Hof in Flachsenfingen und JP's Adelskritik wird immer lauter und amüsanter. Des Fürsten Leiden, vom Leibarzt Kuhlpepper jahrelang als Podagra behandelt und diesen so als Universalkrankheit ernährend, ist für Viktor lediglich Gedärm-Äther, also Wind:


    Da Fürsten keinen Druck erfahren als den der Luft, die – in ihrem Leibe ist: so kannte Jenners Dank für die Befreiung von diesem Druck so wenig Grenzen, daß er den ganzen Tag den Doktor – nicht wegließ.


    Viktor wird so zum Riechfläschchen des Fürsten, das dieser immer dabei haben will. Bitter beklagt sich Viktor in einem Brief an den Adoptiv-Vater Eymann über das Leben bei Hofe:


    ... aber bei Hofleuten ist die Zunge die Pulsader ihres welken Lebens, die Spiral- und Schwungfeder ihrer Seelen; alle sind geborne Kunstrichter, die auf nichts als Wendung, Ausdruck, Feuer und Sprache sehen. Das macht, sie haben nichts zu tun; ihre gute Werke sind Bonmots, ihre Meßgeschäfte Besuchkarten, ihre Hauswirtschaft eine Spiel- und ihre Feldwirtschaft eine Jagdpartie, und der kleine Dienst eine Physiognomie. Daher müssen sie fremde Fehler den ganzen Tag in Ohren haben gegen die schlaffe Weile, ...


    Und noch bitterer:


    Hier ist jede Minute eine stechende Moskite, und der Distelsame des schöngefärbten Kummers fliegt weit herum.


    Er fühlt sich dort also nicht wohl, obwohl er schon wieder ein Auge auf weibliche Schönheiten geworfen hat: die Fürstin Agnola, der er schon in Kussewitz einen Zettel zugesteckt hatte, und Joachime, der er jetzt just in dem Moment begegnet, da er wehmütig an Klotilde denkt ...

  • Schön, klaus, dass du noch nicht durch bist. Befinde mich im 19. Hundposttag, der wieder stark sentimental ist. Ja, dagegen waren die Kapitel 17 und 18 eine echte Freude! Hoffe, es geht bald so weiter! Sobald das Maienthal und - eingeschränkt - St. Lüne auftauchen, ist meine Lesefreude etwas gehemmt, geht es dann doch rasch ins Gefühlige.
    Der spätere JP ist doch deutlich weiter. Im Siebenkäs und den Flegeljahren kann ich mich an so lange Durststrecken weniger erinnern, eher schon im Titan.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • Sobald das Maienthal und - eingeschränkt - St. Lüne auftauchen, ist meine Lesefreude etwas gehemmt, geht es dann doch rasch ins Gefühlige.


    finsbury, ich freue mich, dass Du das ähnlich siehst wie ich - wobei St. Lüne ist wegen Eymann und seiner Frau noch ganz amüsant. Und wann taucht endlich mal wieder der Kutscher auf?



    Der spätere JP ist doch deutlich weiter. Im Siebenkäs und den Flegeljahren kann ich mich an so lange Durststrecken weniger erinnern, eher schon im Titan.


    Ja, als Einstieg in JP wären die für mich vielleicht wirklich besser gewesen, wobei den Katzenberger hatte ich ja schon als Aperitif. :smile: Ich muß gestehen, dass ich manchmal mit meiner Motivation kämpfen muß, nach dem Motto: :morgen: ist auch ein Tag ...


    Da fällt mir ein: hat irgendjemand den 2. Schalttag gefunden? Der scheint verschwunden zu sein ... :breitgrins:

  • Ja, als Einstieg in JP wären die für mich vielleicht wirklich besser gewesen, wobei den Katzenberger hatte ich ja schon als Aperitif.



    Dr. Katzenbergers Badereise
    ist m.M.n. der beste Einstieg in Jean Paul. Die Flegeljahre leiden darunter, dass Jean Paul kein Ende gefunden hat. Der Titan ist was ganz anderes, das sah auch Jean Paul so. Also wäre der Siebenkäs der nächste...


    Da fällt mir ein: hat irgendjemand den 2. Schalttag gefunden? Der scheint verschwunden zu sein ... :breitgrins:


    Wenn er denn je da war ... :teufel:

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  • das tablet habe ich inzwischen, kann mittlerweile auch einigermassen damit umgehen und habe mit der Lektuere zaghaft begonnen. Ein papierenes Buch waere besser, aber ich will das jetzt mal so machen, auch wegen des bevorstehende Urlaubs, da brauche ich dann nachts kein Licht und meine Frau kann - hoffentlich - weiterschlafen. Eure Beitraege gefallen mir sehr und werden mir helfen. Aber, wie schonmal geschrieben, die Art zu schreiben von J.P. "geht zu mir". Man muss aber, wie Ihr ja auch schon geschrieben habt, viel Toleranz gegen sich selbst haben beim Nichtvertehen vieler Anspielungen. Schreibt weiterhin so schoen und erhellend!

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

  • Guten Morgen Volker, dann wünsche ich Dir viel Spaß mit Deinem neuen Gerät (da wirst Du ja auch mehr mit machen können als Klassiker zu lesen) und viel Freude bei der Jean-Paul-Lektüre. Für mich war sie jedenfalls (trotz der Mühe, bisweilen) bisher auf jeden Fall ein Gewinn! Und Du hast recht: man muß nicht immer alles verstehen ... Ein Kommentar (wie in der Hanser/Zweitausendeins-Ausgabe) hilft aber sehr. Ich stehe übrigens vor dem 19. Hundposttag. :winken:

  • Volker, du hast schon Recht, die Eymanns und der Kutscher sind schon Highlights in den St- Lüne, nett ist auch der Friseur im 19. Hundposttag. Aber nun stecke ich im gefühligen Brief an Emmanuel fest und muss mich motivieren, darüber zu kommen.


    Gefreut habe ich mich aber über die ausführliche Erwähnung (ist das nicht ein schönes Oxymoron :breitgrins:) von Carl Stamitz, einem Komponisten der Frühklassik, den ich auch sehr schätze. Und schon allein wegen des Titels ist auch der Exkurs "Elende Extrasilbe über die Kirchenmusik" ein kleines Highlight, wenn mir da auch viele Anspielungen entgehen. Die Anmerkungen in Norbert Millers Ausgabe des Hesperus sind da auch zu knapp und teilweise recht willkürlich, aber wenn man alles möglichst genau aufdröseln und nachweisen wollte, gäbe es für den Hesperus wohl drei Kommentarbände von gleicher Dicke.


    Volker, schön, dass du jetzt auch dabei bist. Wir werden wohl noch eine ganze Weile in diesem Roman bleiben.
    Was meint ihr dazu, dass JP vielleicht Synästhetiker war. Ich habe dazu Links in den Materialienthread gestellt.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • Was meint ihr dazu, dass JP vielleicht Synästhetiker war.


    Mag sein, ist mir aber nicht so wichtig. Für mich sind solche Stellen einfach ein spezieller Ausdruck von JP's dichterischer Fantasie und Verknüpfungsfähigkeit. Es gibt ja auch von Rilke in seinem Gedicht Spätherbst in Venedig die Stelle: die gläsernen Paläste klingen spröder an deinen Blick. Da werden drei Sinne miteinander verknüpft und ich habe mich nie gefragt, ob Rilke Synästhetiker war (war er's?). Das ist einfach ein ganz tolles Bild, was viel im Leser hervorruft.


    Ansonsten geht's bei mir im Moment sehr zäh voran (das Wetter, andere Dinge und andere Bücher), ich stecke im 20. Hundposttag fest.

  • Was meint ihr dazu, dass JP vielleicht Synästhetiker war. Ich habe dazu Links in den Materialienthread gestellt.


    Entschuldige, dass ich erst jetzt reagiere. Ich weiss es nicht, halte es nicht für unmöglich, glaube aber ähnlich wie klaus, dass es auch die Fähigkeit gibt, entlegenste Dinge miteinander zu verknüpfen, ohne dass es dazu Synästhesie braucht. Mein Vater war so einer, der die seltsamsten Kombinationen zusammenstellen konnte, und sich danach königlich über seine Witze amüsierte, die kein Mensch verstand. Na ja: Keiner ausser mir; selbst meine Schwester verzweifelte daran. Und ich merke, dass ich, je älter ich werde, immer ausgeprägter über diesen seltsamen Humor verfüge. (Und deswegen Jean Paul auch immer mehr mag.)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Auf den Bezug zur Synästhesie als außergewöhnliche Fähigkeit kam ich, weil ich neulich einen Fernsehbeitrag sah, der dem dort vorgestellten Synästhetiker auch ein außergewöhnliches Gedächtnis beschied, eben aufgrund der Verknüpfungsfähigkeit der Erinnerungen mit bestimmten Sinneseindrücken. Ich hatte mir einfach überlegt, wie ein Mensch sich soviel merken kann und dann diese Verbindungen herstellt, aber vielleicht ist es, wie du sandhofer, am Beispiel deines Vaters zeigtest, eben "nur" eine außergewöhnlich breite Sicht auf die Dinge.
    Im Moment habe ich die Hundsposttage auch zur Seite gelegt, weil es hier nicht weitergeht. Der 20. HPT, klaus, ist wirklich lang und zäh, bin am Anfang des 21.

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  • [...] aufgrund der Verknüpfungsfähigkeit der Erinnerungen mit bestimmten Sinneseindrücken.


    Hm ... Synästhesie geht ja weiter. Sie verknüpft Sinneseindrücke, die von verschiedenen Sinnen geliefert wird. So, wie z.B. gewisse Töne für den Synästhetiker blau sind, andere gelb usw. Während die Fähigkeit zu aberwitzigen Verknüpfungen wohl anders benannt sein müsste...


    Im Moment habe ich die Hundsposttage auch zur Seite gelegt, weil es hier nicht weitergeht.


    Wenn wir das natürlich alle machen, dann kommen wir nirgends hin. Ich werde im Laufe der nächsten Woche also weiterlesen - gehauen oder gestochen... :breitgrins:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hm ... Synästhesie geht ja weiter. Sie verknüpft Sinneseindrücke, die von verschiedenen Sinnen geliefert wird. So, wie z.B. gewisse Töne für den Synästhetiker blau sind, andere gelb usw. Während die Fähigkeit zu aberwitzigen Verknüpfungen wohl anders benannt sein müsste...


    Ja, aber die Vermutung liegt nahe, da Jean Paul genau solche Synästhesien auch an vielen Stellen in seinen Romanen verwendet. Das muss natürlich nicht heißen, dass er deshalb selber Synästhetiker ist. Aber es sind zwei Hinweise: das eben genannte literarische Stilmittel und sein extremes Erinnerungs- und Verknüpfungsvermögen. Dazu habe ich einen Artikel im Materialienthread hinterlegt.


    Aber letzten Endes hat das ja nichts Sinnerschlüsselndes mit unserem Roman zu tun, es war nur etwas, was mir durch den Kopf ging.

    Wenn wir das natürlich alle machen, dann kommen wir nirgends hin. Ich werde im Laufe der nächsten Woche also weiterlesen - gehauen oder gestochen... :breitgrins:


    Das habe ich mir dann auch gedacht und eine größere Zäsur in meinem anderen Vorhaben genutzt, unseren Hesperus weiterzulesen. Bin nun im 23. Hundposttag angelangt. Die Lektüre geht im Moment leichter, weil unser Held wieder in Flachsenfingen ist und Jean Paul jeglichen Vorwand nutzt, Hofleben und Hofetikette durch den Kakao zu ziehen sowie uns die Hohlheit der dort agierenden Ämterschnorrer vorzuführen. Natürlich bleiben auch die Frauen nicht ungeschoren: Jean Pauls Leserinnen müssen schon eine hohe Duldsamkeit oder eine große Selbstverachtung bzw. hohe Meinung von sich (sie seien alle Klotilden) gehabt haben.
    Aber auch seinen Helden schickt er auf Abwege: In Ermangelung der noch abwesenden Klotilde erhöht Viktor/Sebastian sehenden Auges sein inneres Bild von Joachime. Doch jetzt ist Klotilde eingetroffen, und wir werden schauen, wie beide nebeneinander auf den Helden wirken.
    Gut gefallen hat mir der Vergleich von Viktors Innerem mit dem Nationalkonvent der Revolution. Man kann sich sehr bildlich vorstellen, wie Viktors inneres Seelenleben und seine hohen Ideale mit dem realen Marktangebot im Streit liegen ... .

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • Wenn wir das natürlich alle machen, dann kommen wir nirgends hin. Ich werde im Laufe der nächsten Woche also weiterlesen - gehauen oder gestochen... :breitgrins:


    Bitte nehmt auf mich keine Rücksicht, im Moment ist einfach der Schwung raus. Ich hab's ein paarmal versucht wieder reinzukommen, aber im Moment spricht Jean Paul einfach nicht mehr zu mir oder wie Volker so schön sagte: "er geht nicht mehr zu mir". Sorry, aber so ist das manchmal.


    Ich werde die Leserunde weiterhin verfolgen und es vielleicht irgendwann nochmal versuchen. Achso: und es war trotzdem eine lohnenswerte Erfahrung, 300 Seiten aus seinem Hesperus zu lesen. Jean Paul ist wirklich ein ganz außergewöhnlicher Schriftsteller. Nur macht er es mir momentan einfach zu schwer ...


    Gruß
    Klaus :winken:

  • klaus, das verstehe ich schon. Mir fällt es im Moment auch schwer, da ich soviel anderes zu tun habe.Dennoch werde ich langsam weiterlesen und hoffe, du findest auch wieder den Faden. Im Moment befinde ich mich am Ende des 23.Hpts. Viktor leidet an seiner scheinbar nicht erwiderten Liebe zu Klotilde hund versucht dem durch höfische Besuche zu entkommen, bedient dabei unabsichtlich (?) genau die Klischees, die er oder JP so scharfsichtig entlarven.

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  • Zitat von sandhofer

    ...



    Wenn er denn je da war ... :teufel:


    Ich habe ihn gefunden, er steckt im 11. Hundposttag! Etwa zwei Seiten vor dem Ende heißt es da:



    Der Hundposttag ist aus. Ich weiß nicht, soll ich ein Extrablatt machen oder nicht. Der Schalttag ist an der Türe; ich wills also bleiben lassen und nur ein Pseudo-Extrablatt hersetzen, welches sich bekanntlich von einem kanonischen ganz dadurch unterscheidet, dass ich im apokryphischen durch keine Überschrift merken lasse, sondern nur unter der Hand von der Geschichte wegkomme zu lauter Fremdsachen.


    Und dann legt er los mit den romanfremden Sachen.
    Verarschung des Lesers? Ein oberlehrerhaftes :Ich wollte nur mal sehen, ob ihr auch aufpasst? Oder, nachdem in der Ankündigung der Einrichtung von Schalttagen dem Leser anheim gestellt wurde, diese wegzulassen, ein: Denkt ja nicht , dass Ihr um meine allgemeinen Betrachtungen herumkommt…? Was auch immer.
    Mir geht’s ähnlich wie Dir, klaus. Du findest nicht wieder hinein… Ich habe bis jetzt nicht hineingefunden. Man wird auch immer wieder herauskatapultiert wie durch diesen Schalttag eines Schalttages. Ich lese den Roman wie Lyrik, in kleinen Dosen mit vielen Pausen. Immer mal wieder mache ich einen Versuch, ich finde eine Stelle, die mich fesselt, dann stockt’s. Zum Teil lag es wohl auch daran, dass ich wenig Zeit zum Lesen hatte und mich nicht konzentrieren konnte. Das soll jetzt anders werden. Ich bin für drei Wochen weg und nehme Jean Paul mit … Gerade die Metaphorik an diesem zweiten Schalttag hat mich wieder überzeugt:


    […]in unseren Tagen sind nämlich die Lesekabinette, die Tanzsäle, Konzertsäle … die Treibhäuser unseres Herzens und die Drahtmühlen unserer Nerven, jenes wird zu groß, diese zu fein.


    Metaphern (wie Synästhesien) schweißen disparate Dinge zusammen. Treibhäuser des Herzens, Drahtmühlen der Nerven… ist das nicht eine herrliche, (für Jean Pauls Zeit) ganz neuartige Metaphorik? Jean Paul ein verfrühter provinzieller Baudelaire oder Rilke ?
    Sehr schade, klaus! Deine überaus interessanten Beiträge werden mir fehlen. Vielleicht kriegst du ja noch die Kurve?:winken: