• In den gefühlvollen Szenen, bei denen Liebe oder Religion im Mittelpunkt stehen, schrammt Dickens aus heutiger Sicht öfters hart am Kitsch vorbei. Der Leser wird aber durch das Dickensche Figurenuniversum mit der unnachahmlichen, zugleich satirischen und verständnisvollen Schilderung übervoll dafür entschädigt.

    „David Copperfield“ habe ich mit vierzehn Jahren mit großer Freude zum ersten Mal gelesen, und ein halbes Jahrhundert später hat mir die Lektüre wieder sehr viel gegeben. Meine Lieblingsfigur war früher und ist auch heute Uriah Heep, dessen unnachahmliche Schilderung ihn jedem Leser lebhaft in Erinnerung bleiben lässt.

    Ich gehe da völlig konform. Eventuell machen auch diese Schwächen einen Teil der Faszination an Dickens aus, mag auch sein, dass er darum gewusst und sie genutzt hat.


    Ich muss den Roman in ähnlichem Alter erstgelesen haben. Aus den Regalen unserer lieben, inzwischen längst verstorbenen Eltern. Jetzt steht es bei mir.

    Lizenz der Ausgabe Winkler Verlag 1955, Europäischer Buchklub. Vielleicht hatten sie es über Bertelsmann gekauft, da waren sie mal Mitglied.

    ( Schöne Ausgabe übrigens, Lederrücken, fadengeheftet, das Papier ist noch ganz gut. )


    Auf dem SWB liegt der Roman allerdings hinter "Bleak House" und "Little Dorrit", die ich beide vor so ca. einem Vierteljahrhundert auf englisch gelesen hatte.


    Mit Uriah Heep hat Mr Dickens es auch noch geschafft, Namensgeber einer DER Bands zu werden.

    Really not bad, Mr Dickens :blume:

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • "Little Dorrit" habe ich noch ungelesen vor mir, wobei ich meine, gehört zu haben, dass dieses Werk ein bisschen sehr viel Taschentuch-Verbrauch erfordert, was ihn etwas nach hinten rückt.
    Zu der Band "Uriah Heep" bin ich auch in der gleichen Zeit gekommen wie zu der Lektüre des David Copperfield, und ich höre hin und wieder immer noch gerne die Stücke dieser tollen Band.
    Meine Auswahl-Dickens-Ausgabe ist die vom Manufactum Verlag lizensierte sechsbändige Zweitausendeins-Ausgabe der Meyrink-Übersetzungen, auch sehr schön in Leinen gebunden und mit Fadenheftung.

  • "Little Dorrit" habe ich noch ungelesen vor mir, wobei ich meine, gehört zu haben, dass dieses Werk ein bisschen sehr viel Taschentuch-Verbrauch erfordert, was ihn etwas nach hinten rückt.
    Zu der Band "Uriah Heep" bin ich auch in der gleichen Zeit gekommen wie zu der Lektüre des David Copperfield, und ich höre hin und wieder immer noch gerne die Stücke dieser tollen Band.
    Meine Auswahl-Dickens-Ausgabe ist die vom Manufactum Verlag lizensierte sechsbändige Zweitausendeins-Ausgabe der Meyrink-Übersetzungen, auch sehr schön in Leinen gebunden und mit Fadenheftung.


    Für Little Dorrit leg dir ein großes flauschiges Badetuch bereit, vielleicht ja mit klassisch-britischem Motiv ;(

    Sie ist meine Lieblingsfrauenfigur von ihm zusammen mit Little Nell. Anders als diese aber eine erwachsene Frau.


    Die Meyrinck-Übersetzungen wären also

    https://d-nb.info/967435609

    https://d-nb.info/971005257


    Interessant; falls ich jemals gewusst haben sollte, dass Meyrinck Dickens übersetzt hat, hatte ich es vergessen.

    Den Arno Schmidt werde ich jetzt nicht aus dem Regal zupfen. Möglicherweise hat der Meyrinck erwähnt.


    Bleibt für SWB-Aktionen gespeichert, denn von den sechs Bänden hab ich nur Pickwick Papers und den genannten David Copperfield.

    Auch Martin Chuzzlewit und Nikolas Nickleby waren's mal auf Englisch.

    Spricht nichts dagegen, mal andere Übersetzungen als die des Winkler Verlags zu nehmen.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hat er: „Also, auf die Gefahr hin, daß wir wegen ‹Geschäftsschädigung› von irgendeinem Tollbrägen von Verleger verklagt werden – : die, meiner Ansicht nach, mit Abstand beste deutsche Übersetzung, ist die von Gustav Meyrink; die 1909–14 in 16 Bänden bei Langen in München erschien. Sie ist fast vollkommen …“ (BA, II, 2, S. 379)


    https://www.arno-schmidt-stiftung.de/eba/search/1?q=Meyrink

  • Sag ich doch! Wir haben schon tolle Übersetzer, die selber gute Schriftsteller waren. Man denke auch an Voss mit seinen Homer-Übersetzungen, den ich gerade erst als eigenständigen Autoren entdeckt habe. Oder der hier erfreulicherweise allseits geschätzte Wieland oder die Shakespeare-Romantiker ... .

  • Hat er: „Also, auf die Gefahr hin, daß wir wegen ‹Geschäftsschädigung› von irgendeinem Tollbrägen von Verleger verklagt werden – : die, meiner Ansicht nach, mit Abstand beste deutsche Übersetzung, ist die von Gustav Meyrink; die 1909–14 in 16 Bänden bei Langen in München erschien. Sie ist fast vollkommen …“ (BA, II, 2, S. 379)


    https://www.arno-schmidt-stiftung.de/eba/search/1?q=Meyrink

    Danke. Das hatte ich nicht auf dem Schirm gehabt. Wofür braucht man noch Gedächtnis.

    Und von jetzt an schreib ich Meyrink richtig.

    Wobei, wie war das ... Schmidts Ansichten zur Literatur manchmal etwas mit Vorsicht ...

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Ich habe im letzten Jahr David Copperfield parallel als Print und als Ebook gelesen, je nachdem wie es passte (da ich außerdem nebenher "Demon Copperhead" las, war mir der Reader manchmal lieber). Das Ebook war von Meyrink übersetzt, die Printausgabe - eine sehr schöne vom Insel Verlag mit den Illustrationen von Phiz und einem kundigen Essay von Stefan Zweig als Vorwort - nannte überhaupt keinen Übersetzer.
    Ich kann mich erinnern, dass mir die Meyrink-Übersetzung besser gefiel - was ich aber auch darauf zurückführte, dass ich sie schon kannte: Ich hatte irgendwann mal eine Printausgabe dieser Übersetzung im Haus gehabt, aber meine Tochter hat sie bei ihrem Auszug mitgenommen, so dass ich mir eine andere nachkaufen musste, also die genannte von Insel.

    In diesem Jahr will ich übrigens unbedingt Bleakhouse wiederlesen. Überhaupt plane ich ein Jahr mit vielen Zweitlektüren.

  • Ich gehe da völlig konform. Eventuell machen auch diese Schwächen einen Teil der Faszination an Dickens aus, mag auch sein, dass er darum gewusst und sie genutzt hat.



    Von Dickens las ich ich in meiner frühen Jugendzeit den Oliver Twist, eine zerlesene Ausgabe aus der so genannten Kinder und Jugendbibliothek.

    Dort lieh ich mir dann auch Isaak Babels Reiterarmee aus (Tschechow Kindergeschichten, Gogols Tote Seelen, und Tolstois Erzählungen waren dort auch zu finden), die Reiterarmee allerdings in der gruseligen und lückenhaften DDR-Übersetzung, was ich dann nach der Wende schnellstens "berichtigt" habe. (In der wohl einzigartigen Übersetzung Peter Urbans.)


    Was ich eigentlich sagen wollte, es gibt von David Copperfield eine Neuübersetzung von der viel gelobten Melanie Walz, also wieder einmal eine Neuübersetzung...

    https://www.amazon.de/David-Co…ckens+%2Caps%2C482&sr=8-1

    Da ich David Copperfield noch nicht gelesen habe, sollte man hier zugreifen, oder sich da eher an eine frühere Übersetzung orientieren?

    (Und wenn ja, welche?)


    Danke und Grüße in die Runde

  • Vult, darüber haben wir weiter oben etwas diskutiert: Gustav Meyrink, der Prager Autor, der den "Golem" geschrieben hat, übersetzte sechs Romane bzw. Erzählbände von Dickens, u.a. den Copperfield. Ich finde diese Übersetzung, ohne das englische Original zu kennen, in sich stimmig und auch heute noch gut zu lesen. Die Ausgabe von Melanie Walz ist noch irre teuer. Für mich ist auch immer die Frage, ob es einem älteren Roman immer so gut tut, ihn auf ein zeitgemäßeres Sprachniveau zu bringen. Der Roman stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, da kann eine Übersetzung ruhig auch ein bisschen "altmodisch" sein, solange sie nur den Geist der Vorlage nachempfindet und natürlich dicht an der Vorlage bleibt.

  • Vult, darüber haben wir weiter oben etwas diskutiert: Gustav Meyrink, der Prager Autor, der den "Golem" geschrieben hat, übersetzte sechs Romane bzw. Erzählbände von Dickens, u.a. den Copperfield. Ich finde diese Übersetzung, ohne das englische Original zu kennen, in sich stimmig und auch heute noch gut zu lesen.

    Danke für die schnelle und präzise Antwort!

    Dann werde ich mich bei Booklooker mal auf die Suche machen, nach einer Übersetzung von Meyrink.

    Wenn es denn geht mit Anmerkungen und ein bisschen bibliomanischen Bling-Bling, und haptisch soll es sein, und nicht zu kleine Schrift, und...

  • Bonaventura zu Melanie Walz

    https://www.bonaventura.blog/2…ickens-david-copperfield/

    Ich hatte die Ausgabe letzte Woche in einer Buchhandlung in der Hand.

    Ausstattung für eine heutige Klassikerausgabe okay, verglichen mit früher: naja ... soweit ich es mit der Fernbrille erkennen konnte, keine Fadenheftung.

    Das von Bonaventura angewendete Vergleichsverfahren verwende ich auch; man findet die Originale ja heutzutage für lau im Internet.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)