Juli 2011: Stendhal - Die Kartause von Parma

  • Hallo Jandix,


    auch ich habe vollstes Verständnis für deinen Schritt, zumal ich ja auch selbst schon am 2. Sept. diesen Weg gegangen bin:



    da lese ich dann wirklich lieber alleine!


    und ärgere mich nur, dass ich nicht schon mit Giesbert zusammen ausgestiegen bin, aber als Threadstarter wollte ich selbigen nicht ganz versumpfen lassen.


    Im übrigen habe ich zu unserer Diskussion über die mögliche Erbschaft als Grund für Ascanios Verfolgung von Fabrice folgendes Zitat im ersten Kapitel gefunden:


    „Toute la fortune de la maison était substituée au fils ainé Ascanio del Dongo, le digne portrait de son père."


    Wenn also Ascanio eh Alleinerbe war, brauchte er Fabrice deswegen nicht zu verfolgen.


  • Hallo Hubert,


    da du das Stänkern und Hetzen trotz Sandhofers gestriger Warnung, er würde uns beiden den Account sperren, wenn das so weitergeht, nicht lassen kannst, habe ich deinen Beitrag jetzt einfach mal dem Moderator gemeldet.


    FeeVerte

  • Ich gehe eigentlich davon aus, dass in einem Klassikerforum erwachsene Menschen erwachsen über Texte diskutieren können. Von erwachsenen Menschen erwarte ich ein Minimum an Sozialkompetenz, das heisst, ein Wissen darum, wann man was wie zu sagen hat. Das vermisse ich im Moment bei beiden von Euch, wenn auch die Defizite jeweils andere sind.
    [hr]
    Wie Olaf Schubert so schön sagt: Macht was daraus - was, ist eure Sache.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo,


    nachdem sich niemand erbarmt hat, mir diesen Satz « Ce général n’était autre que le comte d’A…, le lieutenant Robert du 15 mai 1796. Quel bonheur il eut trouvé à voir Fabrice del Dongo » ins Deutsche zu übersetzen, habe ich mir die Stelle aus dem Buch gesucht. Diese Passage ist Teil der Waterloo-Szene, "beschwipst" treibt sich Fabrizio in der Schlacht herum; der Anführer seiner Eskorte hat sich gerade geändert. In der mir vorliegenden Übersetzung steht dort "Dieser General war kein anderer als der Graf D'A..., der vormalige Leutnant Robert vom 15. Mai 1796. Wie wäre er glücklich gewesen, hätte er Fabrizio del Dongo hier wiedergesehen!"
    Ein Beweis für die Vaterschaft ist das für mich nicht. Robert hätte doch auch glücklich sein können, daß der Sohn seiner Freundin, die ihm in Italien in so großzügigerweise Gastfreundschaft gewährt hat, unter seinen Gefolgsleuten ist.


    Einen eindeutigen Beweis sehe ich noch nicht erbracht, obwohl ich auch Hinweise sehe. Andererseits schreibt Stendhal aber auch oft genug von Fabrizio als Sohn del Dongos und umgekehrt wird auch del Dongo oft genug als Vater bezeichnet (in der Übersetzung von Walter Widmer).

  • Wie wäre es mit einer steilen These zu der Vaterschaft:
    Stendhal weiß' es selbst nicht. Er überläßt dem Leser die Entscheidung. Es gibt Indizien, daß Robert der Vater sein könnte, zeitliche, örtliche, Fabrizio ist so ganz anders als der alte del Dongo. Robert hingegen soll ein Leichtfuß sein, aber die Mutter wird an keiner Stelle als leichtfertig bezeichnet...


    Sehe ich das richtig, daß Stendhal selbst heftige Konflikte mit seinem Vater hatte? Daß er ganz andere Ansichten als sein Vater hatte, daß er ihm sogar den Tod wünschte. Seine Mutter ist früh gestorben. Kann es nicht sein, daß Stendhal, der ja auch seinen väterlichen Namen in der Literatur ablegte, sich einen anderen Vater wünschte und Fabrizio/Fabrice diesen Ausweg bot?


    Ein anderer Vater, einer, der einem näher steht, ist aber nur dann möglich, wenn die Mutter entweder untreu war oder vergewaltigt wurde. Vielleicht konnte Stendhal diesen gedanklichen Weg nicht gehen, weder für seine Mutter noch für Fabrizios Mutter, deshalb bleibt das alles Interpretationssache.


    Ja, Hinweise gibt es in der Kartause - bei mir im Buch etwa in der Hälfte des ersen Kapitels "Er hat sich just auf die Welt bemüht, als die Franzosen verjagt wurden, und der Zufall wollte es, daß er als zweitgeborner Sohn des großspurigen Marchese del Dongo zur Welt kam, ..."
    Dann am Ende des ersten Kapitels: "Die Marchese war über die Anmut und das liebenswürdige Benehmen ihres Sohnes erstaunt und entzückt. Sie hatte jedoch die Gewohnhiet beibehalten, zwei-, oder dreimal jedes Jahr an den General Graf d'A.... zu schreiben. So hieß nämlich jetzt der Leutnant Robert. Die Marchesa hatte einen erhlichen Abscheu davor, Menschen, die sie liebte, zu belügen; sie nahm ihren Sohn ins Gebet und war entsetzt über seine bodenlose Unwissenheit." - Also schrieb sie zu Robert über den Sohn Fabrizio. ABER, wenn sie so einen Abscheu vor der Lüge gegenüber den Menschen, die sie liebte hatte, dann hätten doch sowohl Gina als auch Fabrizio gewußt, wenn Robert der Vater gewesen wäre, oder? Vielleicht...


    Wirklich, ich glaube, Stendhal überläßt dem Leser die Entscheidung, und ich glaube, er läßt ihn nach des Lesers eigenen Vorliebe wählen. Weiterhin glaube ich, er hätte lieber einen anderen Vater gehabt, aber eigentlich wußte er, daß sein eigener Vater, sein Vater war.

  • Hallo Dolores,


    deiner steilen These schließe ich mich gern an. Ich habe auch keine eindeutigen Äußerungen zu Robertos Vaterschaft gefunden, nur Andeutungen. Ich kann mir auch vorstellen, dass Stendhal das so beabsichtigt hat - er streut einfach ein paar Hinweise aus und lässt die Phantasie des Lesers den unmoralischen Rest erledigen.
    Es gibt eine Stelle, an der die Marchesa über Fabrizio sagt: "Wenn er schon mir [...] ungebildet vorkommt, dann würde Robert, der so gelehrt ist, seine Erziehung gewiss für völlig verfehlt halten." Könnte auch ein Hinweis auf Robertos Vaterschaft sein (Warum sonst sollte sich die Marchesa Roberto gegenüber für Fabrizios schlechte Erziehung schämen?) muss es aber natürlich nicht.
    Diese Frage lässt sich wohl nicht eindeutig klären.


    Viele Grüße FeeVerte