Hallo Katrin,
über diese Fragen bin ich auch 'gestolpert'. Sie sind wirklich bemerkenswert - und wahr. Ich glaube, es war Churchill, der von sich behauptete, es wäre ihm eigentlich nie langweilig. Nach seiner Ausführung könnten Menschen, die sich nicht mit sich selbst beschäftigen und bei Laune halten könnten, auch nie und nimmer gute Gesellschafter für andere Menschen abgeben! Ist auch was Wahres dran, oder?
Was den roten Faden angeht - den Wiki-Artikel habe ich auch gelesen (mehr überflogen). Es erleichtert das Lesen eventuell. Die Frage ist doch aber, ob eine solche Einteilung bei einem Werk wie der Torheit überhaupt sinnvoll ist? Gewollt war sie von Erasmus jedenfalls nicht, darüber bin ich mir ziemlich sicher.
Noch ein Gedanke beschäftigt mich beim Lesen: der Begriff der 'heiligen Einfalt'.
Nach meinem Sprachempfinden sind die Begriffe Einfalt und Torheit mit ähnlichen Assoziationen besetzt. Einfalt steht (zumindest für mich) für Dummheit, Unachtsamkeit, langsames Denken. Torheit steht neben Dummheit auch für Überschwang und Unbedachtsamkeit. Warum mich das beschäftigt und was ich damit meine, möchte ich gerne an einem kleinen Beispiel veranschaulichen:
Im benediktinischen Reformmönchtum des 11. Jh. gab es diverse Äbte verschiedener Klöster, deren Name und Wirken bis heute noch gewisse Strahlkraft besitzen. In der Vita eines dieser Äbte ist in der Beschreibung seiner Person die 'heilige Einfalt' als hervorstechende Eigenschaft und Tugend vermerkt. Dieser Abt war aber alles andere als einfältig oder töricht. Er war ein großartiger Gelehrter, ein Schaffer und Denker seiner Zeit...
Also war der Begriff 'Einfalt' damals anders besetzt. Einfalt stand für Schlichtheit, Demut, Bescheidenheit, Gottergebenheit - das Gegenteil von Verschlagenheit, Hoffart und Hochmut.
Erasmus kannte sich in der Weltanschauung des mittelalterlichen Klerus' sehr gut aus. Sie war ihm schließlich oft genug Dorn im Auge. Er wusste, dass die heeren Ideale, die Ende des 11. Jh. noch galten, nur 30 Jahre später reine Lippenbekenntnisse geworden waren. Das gleiche erlebte er sozusagen 'live' am Vorabend der Reformation. Was man sich nicht alles auf die Fahnen schreiben konnte, ohne auch nur im Ansatz daran zu glauben oder sich gar danach zu richten...
Ich glaube, er wollte mit den Gelehrten seiner Zeit abrechnen, nicht weil sie gebildet und gelehrt waren - schließlich lag ihm die Bildung mehr als alles andere am Herzen - sondern weil sich die Gelehrten was darauf einbildeten und dabei verlernt hatten, über den Tellerrand zu schauen. Man darf auch nicht unterschätzen, wie groß der politische und soziale Einfluss der Bildungselite zu seiner Zeit war. Ein Gelehrter, der nicht wie die früheren Mönche nach der 'heiligen Einfalt' strebte, sondern seine Bildung gegen Ungebildete ausspielte, handelte verschlagen, hoffärtig und hochmütig und konnte dadurch enormen Schaden anrichten.
Tja, immer wieder schweife ich beim Lesen in derartige Gedankengebilde ab... beschleunigt mein Durchkommen nicht unbedingt :rollen:
Aber irgendwann schaffe ich es - bestimmt!
Liebe Grüße
Memmerle