August 2010: Erasmus von Rotterdam - Lob der Torheit

  • Hallo liebe Mitleser,


    heute startet die Leserunde zu Lob der Torheit von Erasmus von Rotterdam.


    Ich werde diese Ausgabe lesen: [kaufen='3938484985'][/kaufen]


    Ich wünsche uns allen viel Spaß dabei.


    Katrin

  • Hallo Ihr beiden,


    ich möchte auch gerne mitlesen. Ich bekomme meine Ausgabe allerdings erst am Mittwoch und vermutlich werde ich diese Woche auch nicht mehr viel zum Lesen kommen. Mein Plan war eigentlich, dass ich mir das Buch ganz gemütlich im Urlaub vornehme und anschließend hier mitdiskutiere. Dazu möchte ich allerdings erst mal fragen, wie lange so eine Leserunde dauert und ob es ok ist, wenn ich mich in voraussichtlich erst in 3 Wochen hier wieder bezüglich Erasmus melde?


    Liebe Grüße
    Memmerle

    Dass Narren und Schelme immer an das glauben, was sie denken, sagen und schreiben, ist im Grunde eine große Tugend  - Asterix

  • Dazu möchte ich allerdings erst mal fragen, wie lange so eine Leserunde dauert und ob es ok ist, wenn ich mich in voraussichtlich erst in 3 Wochen hier wieder bezüglich Erasmus melde?


    Zur ersten Frage: Kommt drauf an, wie lange der Text ist und wie schnell die Teilnehmer lesen. Zur zweiten Frage: Im Prinzip schon. Es könnte allerdings sein, dass die andern Teilnehmer dann schon durch sind und keine Lust mehr auf eine Diskussion haben.


    Allgemein, und aus eigener Erfahrung: Je zeitnäher alle miteinander lesen und diskutieren, desto angenehmer für alle. Bei langen Texten sind grössere Abstände zwischen den Teilnehmern unvermeidlich. Das Lob der Torheit ist allerdings eher ein kürzerer.


    Zusammengefasst: Nix Genaues kann man im voraus nicht sagen. Probier's!

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Herzlichen Dank Sandhofer,


    ich werde es einfach mal versuchen!


    LG
    Memmerle

    Dass Narren und Schelme immer an das glauben, was sie denken, sagen und schreiben, ist im Grunde eine große Tugend  - Asterix

  • Hallo zusammen,


    ich bin noch nicht besonders weit gekommen (S. 27); habe diese Woche auch leider sehr viel um die Ohren, also wird mein Lesetempo etwas langsamer sein.


    Ich glaube, es ist nicht verkehrt, wenn man sich zuerst einmal mit der Gattung der "Lobrede" beschäftigt, um zu sehen, inwieweit sich die Lobrede der Torheit, die sich ja ganz bescheiden selbst lobt, davon unterscheidet bzw. was gleich ist. Ich habe mich bisher mit diesem Gebiet noch gar nicht beschäftigt. Mal sehen, ob die Weiten des Internets da etwas hergeben...


    Der Text ist leicht lesbar, mir fehlen in der oben verlinkten Ausgabe allerdings Anmerkungen (sie ist wohl nicht umsonst so günstig). Gerade was antike Gestalten und Gottheiten, Nymphen etc. angeht, muß ich dann noch extra nachschlagen. Sehr schön finde ich, daß die Torheit die törichten, dümmlichen Menschen als die glücklicheren bezeichnet; da fallen mir auch gleich ein paar Beispiele aus meinem Bekanntenkreis ein :teufel:.


    Viele Grüße
    thopas

  • thopas: Nur keine Eile, ich bin gerade mal dazu gekommen das Vorwort zu lesen und fand es sehr interessant, dass er die Lobrede Thomas Morus gewidmet hat.


    Über die Lobrede an sich habe ich mir auch noch keine Gedanken gemacht, wäre vielleicht ein guter Ansatz dort weiterzumachen um Unterschiede beziehungsweise Ähnlichkeiten festzustellen.


    Katrin

  • Habe heute mein Exemplar (Reclam-Verlag) bekommen und mal kurz ein wenig reingeschmökert.
    Begonnen habe ich (wie meistens :redface:) mit dem Nachwort.
    Das Nachwort von Anton J. Gail ist für mich schon mal sehr interessant und auch aufschlussreich, da ich mich mich bislang nur wenig mit Erasmus beschäftigt habe. Gail beschreibt neben einer kurzen Vita, die Beweggründe und die Gedankenwelt des Erasmus, inmitten der Humanisten und Scholasten auf seinem Weg zu bleiben und auch wie Erasmus von den Belangen der katholischen Seite einerseits und der lutherischen andererseits beinahe zermahlen wird.


    Ich werde versuchen, heute abend mal in die ersten Seiten reizulesen. So long!


    Lg Memmerle

    Dass Narren und Schelme immer an das glauben, was sie denken, sagen und schreiben, ist im Grunde eine große Tugend  - Asterix

  • Hallo,


    Ich bin jetzt auf Seite 34 meiner Ausgabe und bisher ist es mir noch nicht ganz klar worum es überhaupt geht. Die Torheit springt zwischen den Menschen und den Göttern hin und her. Aber was ist der Sinn der Sache?


    Bei den Göttern hatte ich nur wenig Probleme, die meisten kenne ich noch aus meiner Schulzeit und über einige habe ich schon einiges gelesen. Ich kann sie zumindest ein wenig einordnen, deren genaue Funktion kenne ich aber nicht. Aber dass Bachhus der Gott des Weins ist, weiß ich noch.


    Ich gehe jetzt mal die wikipedia Artikel lesen, vielleicht sehe ich dann ein wenig klarer.


    Katrin

  • Hallo liebe Mitleser,


    mit wachsendem Vergnügen habe ich die ersten Seiten der Lobrede Morias gelesen. Mir gefällt die Sprache und die Ausdrucksform von Erasmus immer besser.
    Moria beeindruckt mich. Mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern kokettiert sie mit ihrem "Publikum", nimmt sich und somit auch ihren Gegenüber regelrecht auf die Schippe und hält uns allen einen Spiegel vor, in den wir schauen müssen, ob wir wollen oder nicht. Trotz ihres Humors folgt sie dabei in ihrer Argumentation einer unbestechlichen Logik, lässt nichts aus, beschönigt nichts.


    Die Bezeichnung 'Lobrede' finde ich bemerkenswert. Lobreden kenne ich vor allem aus der Heiligenverehrung des Mittelalters. Die Elegien und Viten sind gänzlich anders aufgebaut; in ihnen werden die Taten des Betreffenden in schillernden Farben, oft verwoben mit Wundertätigkeiten ausgemalt, bis die betreffende Person einen legendären Charakter annimmt. Sicherlich wird in diesen Elegien auch mit dem erhobenen Zeigefinger dargestellt, wo denn die Menschheit ohne diese heldenhaften Taten wäre.
    Ganz anders die 'Lobrede' der Moria. Ihr Eigenlob klingt vielleicht zunächst überheblich, vor allem wenn sie sich als 'Alpha-Göttin' darstellt, aber irgendwie hat ihre Argumentation doch etwas nahezu schüchternes, als wolle sie ihr Dasein rechtfertigen, uns darum bitten, ihre Existenz in allem menschlichen Dasein anzuerkennen. Damit wir ihr nicht widersprechen können, verpackt sie diese 'Bitte' und ihre Kritik an unserem Kleingeist in ganz viel Charme und Humor.


    Leider habe ich momentan so gut wie keine Zeit zu lesen, aber ich werde meine kurzen Pausen mit Freude dem Erasmus widmen :zwinker:


    lg Grüße
    Memmerle

    Dass Narren und Schelme immer an das glauben, was sie denken, sagen und schreiben, ist im Grunde eine große Tugend  - Asterix

  • Hallo zusammen,


    ich habe gestern abend noch ein bißchen weitergelesen. Nach einem kurzen Exkurs in die Götterwelt stellt die Torheit nun dar, daß das Zusammenleben zwischen den Menschen ohne Torheit gar nicht zu denken wäre. Freundschaften und die Ehe wären gar nicht möglich. Zwischendrin gibt es immer wieder Seitenhiebe auf Menschen, die sich für vernünftig und weise halten.


    Leider hatte ich noch keine Zeit, mich mal ein bißchen mit dem Thema an sich zu beschäftigen. Danke, Memmerle, für den Hinweis auf die Lobreden auf Heilige. Vielleicht sollte ich in diese Richtung mal ein bißchen nachlesen. Momentan hängt der Text noch ein bißchen "in der Luft" für mich...


    Viele Grüße
    thopas

  • Hallo zusammen,


    wie sieht es aus bei euch? Liest noch wer? Ich bin leider erst heute wieder dazu gekommen mich dem Buch zu widmen. Aber auch bei mir hängt das Buch noch in der Luft und ich bin noch nicht ganz dahinter gekommen was mir die Torheit eigentlich sagen will, außer dass sie großartig ist :zwinker:


    Ich bin übrigens gerade bei dem Teil mit der Ehe angelangt und dass es ohne die Torheit kein Zusammenleben jeglicher Art geben würde. Im ersten Moment klingt das überheblich, aber auf den zweiten Blick könnte sie damit sogar recht haben.


    Katrin


  • wie sieht es aus bei euch? Liest noch wer?


    Hallo Katrin,


    bin noch dabei :winken:, komme aber momentan recht wenig zum Lesen. Ich hoffe, daß ich am Wochenende dazu komme, weiterzulesen, denn es ist ja ganz amüsant, was die Torheit so alles zu ihrer Verteidigung zu sagen hat.


    Viele Grüße
    thopas

  • Am Wochenende bin ich dann etwas weiter gekommen mit dem Lob der Torheit. Es gefällt mir nach wie vor sehr gut, nur fällt es mir schwer etwas konkretes dazu zu sagen. Die Torheit wechselt relativ häufig die Themen, bringt immer wieder neue Beispiele, die zeigen, daß die Weisen eigentlich die Dummen sind, und die Toren das viel angenehmere Leben führen.


    Schön fand ich den Hinweis darauf, daß die Weisen, die immer unendlich viel überlegen und nachdenken, bevor sie etwas machen, dann meist gar nichts tun, während der Tor einfach mal handelt und dadurch mehr Erfahrung im Leben bekommt. Auch quälen ihn keine Ängste und Befürchtungen, da er sich keine Gedanken macht, was alles Schlimmes auf ihn zukommen könnte. Da könnte ich mir mal eine Scheibe davon abschneiden :smile:.


    Viele Grüße
    thopas

  • wie sieht es aus bei euch? Liest noch wer?
    Katrin


    Hallo zusammen,
    bin erst gestern wieder aus dem Urlaub zurückgekommen. Eigentlich hatte ich ja vor, die Torheit gemütlich vom Liegestuhl aus durchzuschmökern, :sonne: aber erstens kommt es anders..... kennt Ihr ja. :eis:


    Ich bin bei knapp der Hälfte angelangt. Mir gefällt weiterhin der Wortwitz und die unbestechliche Logik der Moria. Einen irgendwie gearteten roten Faden kann ich bislang noch nicht erkennen; Moria springt von einem Lebensbereich (z.B. Ehe, Geburt, Erziehung) beinahe übergangslos in den Nächsten (z.B. Politiker, Feudalherren, etc.) um dann wieder zurück in den eher privaten Bereich zu kommen.


    Die Frage, die mich dabei beschäftigt: will Moria überhaupt einen roten Faden? Entspricht es nicht der Torheit, einfach munter drauflos zu "plaudern", ohne ausgefeilte Didaktik, ohne logischen und nachvollziehbaren Aufbau? Die letzten Sätze der Moria beginnen folgendermaßen: "Ich sehe, Ihr wartet auf ein Nachwort. Ihr seid aber nicht recht gescheit, wenn Ihr annehmt, ich könnte mich nach solch kunterbuntem Allerlei noch meiner Worte erinnern. [...]"


    Heitere Gelassenheit - das ist das Stichwort, an das ich bei Moria immer denken muss. Eine große Portion Lebenserfahrung, gepaart mit einem gründlichen Schuß Humor und der bewundernswerten Einstellung, sich selbst nicht nicht als den Nabel der Welt zu betrachten, über sich selbst lachen können, den Anderen (und auch sich selbst!) so zu nehmen, wie er ist, seine Schwächen und Fehler besonders liebenswert zu finden... nun, das ist wirklich töricht - aber auch sehr weise, oder?


    Liebe Grüße
    Memmerle

    Dass Narren und Schelme immer an das glauben, was sie denken, sagen und schreiben, ist im Grunde eine große Tugend  - Asterix


  • Heitere Gelassenheit - das ist das Stichwort, an das ich bei Moria immer denken muss. Eine große Portion Lebenserfahrung, gepaart mit einem gründlichen Schuß Humor und der bewundernswerten Einstellung, sich selbst nicht nicht als den Nabel der Welt zu betrachten, über sich selbst lachen können, den Anderen (und auch sich selbst!) so zu nehmen, wie er ist, seine Schwächen und Fehler besonders liebenswert zu finden... nun, das ist wirklich töricht - aber auch sehr weise, oder?


    Ich glaube, damit triffst du es ziemlich genau. Die Torheit, die vom Namen her eigentlich nach Dummheit und Unfähigkeit klingt, ist hier doch eine sehr patente Person, die ihre eigenen Schwächen gut kennt, diese akzeptiert, sogar schätzt, und sich selbst nicht zu wichtig nimmt. Die oft angeführten Weisen sind dagegen eigentlich nur dumme, aufgeblasene und meist eher unglückliche Menschen...


    Viele Grüße
    thopas

  • Hallo,


    ich habe auch wieder weitergelesen.


    Was mir besonders auffiel sind die Fragen auf Seite 38 in meinem Buch.


    Kann ein Mensch, der sich selbst hasst, einen anderen lieben?
    Kann sich mit einem anderen vertragen, wer sich selber uneinig ist?
    Vermag man Lust und Freude einzuflößen, wenn man sich selbst zur Last fällt?
    Nur ein Tor, der noch törichter ist als die Torheit, möchte diese Fragen bejahen.


    Ich finde das sind gute Fragen und ich stellte mir die Frage, kann er? Ich weiß es nicht, aber wahrscheinlich nicht, denn auch ein Pessimist kann keinen Optimismus verbreiten.


    Die Debatte rund um die Weisen und die Philosophen fand ich ebenfalls sehr spannend. Und er schickt die Weisen auch weg, sie sollen woanders ihre Weisheit verbreiten, wo sie keinen stören. Besonders gefallen hat mir folgender Satz dabei: Der Weise vergräbt sich mit seinen alten Büchern und lernt aus diesen schließlich nichts als reine Spitzfindigkeiten; der Tor dagegen erwirbt sich dadurch, dass er alles unternimmt und probiert, wenn ich mich nicht sehr täusche, die wahre Klugheit.
    Damit könnte er sogar recht haben, denn nur wer aus seinen Fehlern lernt wird klug und lernt was fürs Leben.


    Das Thema Grammatik fand ich auch sehr interessant. Erst durch Wissen ist Unglück in unsere Welt gekommen. Schlägt die Torheit nun ernsthaft vor, dass wir alle dumm bleiben sollen um glücklich zu sein?


    Einen roten Faden erkenne ich übrigens auch nicht, aber es soll ihn angeblich geben.


    "Erasmus schrieb seine „Stilübung“ in nur wenigen Tagen als durchgängiges Werk ohne Kapitelüberschriften, gedacht als eine etwa dreistündige Rede (heute auf etwa 100 DIN A5-Seiten gedruckt). Auch ohne Kapitelüberschriften lässt sich die Struktur des Werkes gut erkennen und wie folgt einteilen: Die Torheit tritt auf • Sie berichtet von ihrer Zeugung und ihren Vorzügen • Sie lobt die Jungen und das Alter • Die Torheit lästert über die Götter • Sie erklärt den Unterschied von Mann und Weib • Was sie von der Freundschaft und der Ehe hält • Über Kunst, Krieg und weise Männer • Torheiten über die Klugheit, Weisheit und Tollheit • Die Torheit bedauert das Menschsein • Die Torheit lobt die Wissenschaften • Über das glückliche Dasein der Toren • Die Torheit und der Wahn • Über Aberglaube, Ablass und Heilige • Dünkel und Schmeichelei, Sein und Schein • Das törichte Welt-Theater • Die Torheit und die Theologie • Über Mönche und Prediger • Über Könige und Fürsten • Über Bischöfe, Kardinäle, Päpste und Priester • Weisheiten und Eigenlob • Biblische Torheiten • Sind fromme Christen Toren? • Epilog im Himmel." - Quelle: wikipedia


    Katrin