Hallo zusammen!
Mir scheint, wir haben unterdessen 3 verschiedene Fragen in diesem Thread. Die erste ist die, welche dem Thread den Titel gab: "Was gehört in die gutsortierte Klassikerbibliothek?" Meine Antwort darauf kennst Du, liebe nimue, und, nein, ich werde den Rest des Alphabets nicht folgen lassen. Ich habe meine Bücher wweder elektronisch noch sonst wie erfasst, es gäbe mir zu viel Arbeit! :zwinker:
Die zweite Frage war dann die nach den 200 Büchern für Otto Normalverbraucher. Ich hätte da, falls ihm mein erster Vorschlag nicht gefällt, noch eine Idee: Er sollte sich von den bekanntesten Autoren des 18. und 19. Jh. jeweils Gesamtausgaben besorgen, in Leinen oder Leder gebunden, das präsentiert ebenfalls gut. 25 Bände Goethe, 5 Bände Schiller, 5 Bände Tolstoj, 7 Bände Dostojewski, Racine, Molière, Corneille, Voltaire, Rousseau - die 200 erreichen wir spielend...
Die dritte Frage war nun die nach dem Klassiker-Frischling: "Welche Bücher der jeweiligen genannten Schriftsteller würdet ihr Klassiker-Anfänger raten?" Die Antwort müsste man nach den jeweiligen Vorkenntnissen und Ansprüchen des Frischllings wohl differenzieren, aber ich glaube, im Grossen und Ganzen wäre der Schul-Kanon für unseren Frischling keine schlechte Lösung. Wie der ja überhaupt ein paarmal angesprochen worden ist, nicht zu Unrecht finde ich. Immerhin versammelt sich in diesem Kanon die Erfahrung von Generationen von Lesern und Vermittlern von guter Literatur. Man mag im einen oder anderen Fall den Kanon kritisieren, aber im Allgemeinen hält er wohl dicht.
Dein Posting vom 25. Juli, 4:15 pm, hat mich speziell interessiert, und ich möchte Dir eine Antwort geben:
"es ist faglich, ob man 500 oder sogar über 2000 klassiker gelesen haben muß, um als universal gebildet zu gelten." - Nun, es ist meine Definition von universaler Bildung - im Bereich der Literatur. Bereiche wie Musik, bildende Künste etc. kämen dann noch hinzu.
"Legte man diesen maßstab an, gäbe es wohl kaum universal gebildete menschen auf diese welt, da kaum jemand es schafft, in seinem leben soviel zu lesen" - Die Zahl ist kein Hindernis. Ich habe in meinem Leben sicherlich schon über 5000 Bücher gelesen und kenne Leute, die wahrscheinlich Zehntausende hinter sich haben. Es ist die Zugänglichkeit gewisser Werke, die das Hindernis darstellt. Im übrigen skizziere ich hier natürlich ein Ideal.
"Auch ist es zweifelhaft, ob man klassiker nur dazu liest, sich bildung anzueignen (man könnte auch meinen, daß die lektüre allenfalls von fachliteratur bildet!)." - Fachliteratur bildet aus, um, weiter; Bildung ganz ohne Präfix ist eben gerade nicht an ein Fach gebunden - jedenfalls für mich.
"Man könnte ja auch nur aus vergnügen lesen." - Bildung ist Vergnügen - imho. :zwinker:
"Dann wären 100 klassiker im regal noch immer besser als nur lexika." - Sicher. Ich bin kein Anhänger vom Kreuzworträtselwissen.
"Wenn die zeit nicht diese hohe zahl an büchern zuläßt, muß man eine entspechende liste herausfiltern. Da die "universalbildung" einem nicht erst mit dem letzten der 2000 bücher zufällt, sonden da sie proportional mit dem lesestoff wachsen sollte, wäre eine weniger als vollkommene bildung erreichbar und gar keiner bildung immer noch vorzuziehen." - Ganz Deiner Meinung.
"Selbst wenn man auf diesen 2000 büchern beharrt, wird man mindestens eine reihenfolge festlegen wollen (das "umfassende", "generelle", "wichtige" zuerst)." - Nun, ich würde einem Frischling tatsächlich empfehlen, zuerst mal die Bibel (von A - Z!) und dann Gustav Schwab: "Sagen des klassischen Altertums" zu lesen. Dann aber sollte das Prinzip des Spinnennetzes vorherrschen. Das heisst, ich fange mal an, verbinde 2 Punkte miteinander, spinne den Faden quer und längs hin und her, verbinde auch mal 2 Fäden mit einem dritten - und siehe da: plötzlich ist das Netz fertig!
"Ich denke also, daß wie man es auch wendet, man an irgendeiner reduzierung oder listenbildung nicht vorbeikommt." - Es sind bis heute wahrscheinlich Milliarden von Büchern geschrieben worden. Daraus würde ich gerne 3000 als die wesentlichen extrahieren. Ja, eine Reduzierung ist unumgänglich.
"Übrigens, wie weiß ich als anfänger eigentlich, was und wieviel ich lesen muß, um als universal gebildet zu gelten?" - Ich zitiere mich jetzt nicht mehr selber. Meine Antwort steht weiter oben. Wenn Du die 3000 Titel beim Namen haben willst, so gehe in die entsprechenden Universitäts-Institute (Germanistik, Anglistik, Romanistik, Gräzistik, Theologie, Philosophie, Geschichte...) und frage nach den jeweiligen Leselisten. Die meisten haben wohl noch welche. Die sind auf ähnliche Weise zustande gekommen wie der Schul-Kanon. Und irgendwann, wenn man genug gelesen hat, wird man merken, dass auch Bücher untereinander zusammenhängen wie Spinnweben, und man wird merken, dass sich dieses Buch und jenes Buch auf ein drittes Buch beziehen, und dass einem dieses dritte fehlt, man wird es lesen und ein viertes finden, und schon ist man auf dem Weg, die Welt der klassischen Literatur zu erobern und man braucht keine Listen und Kanons mehr... Ich wünschte, ich wäre schon so weit!
Grüsse
Sandhofer