Nikolaj Lesskow

  • Hallo zusammen


    ist hier im Forum ein Liebhaber russischer Klassiker und kennt Nikolaj Lesskow?


    Ich habe am Wochenende die Geschichte reingeschoben: "Lady Macbeth von Mzensk".


    Bei dem Titel konnte ich einfach nicht widerstehen und mußte wissen, um was es geht. In Kurzform, es geht um eine Frau die mit einem älteren Kaufmann verheiratet ist und mit ihrem Schwiegervater in einem kleinen Dorf lebt und sich kolossal langweilt. Da kommt ein schöner Jünglich daher und verdreht ihr den Kopf. In ihrer Leidenschaft kommt es nicht nur zu einem Mord. Sehr dramatisch das ganze. Die Liebenden (oder was von seiner Seite noch übrig blieb) werden .....


    .... weiter werde ich nicht erzählen, sonst verrate ich zuviel.


    Die Geschichte beginnt wie folgt:
    Manchmal begegnet man bei uns zulande Charakteren, an die man nie ohne Schaudern zurückdenkt, soviel Zeit auch vergehen mag. Zu diesen Charakteren gehört die Kaufmannsfrau Katerina Lwowna Ismailowa, die einmal die Hauptrolle in einem schrecklichen Drama gespielt hat. Bei unseren Adligen hiess sie danach - jemand hatte sie zufällig so genannt -allgemein die Lady MacBeth aus dem Kreise Mzensk.


    hättet ihr an der Stelle aufhören können zu lesen? Ich nicht :)


    Ich habe im Internet ein bißchen geforscht, anscheinend gibt es eine Oper darüber.


    Im Buch ist ein Bild von dem Schriftsteller, eine Bleistiftzeichnung von Ilia E. Repin, darauf sieht Lesskow aus wie Peter Ustinov als Hercule Poirot. Leider konnte ich es nicht im Internet finden, sonst hätte ich es euch gezeigt.


    Kennt jemand die Geschichte und den Schriftsteller?


    So nach und nach werde ich mir weitere Erzählungen aus den "Meistererzählungen" vornehmen bzw. reinschieben.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    leider kenne ich sowohl die Geschichte als auch den Schriftsteller nur dem Namen nach. Es würde mich aber interessieren ob die Story hält, was der Anfang verspricht. Oft ist es ja so, dass einem guten Anfang eine langweilige Geschichte folgt oder umgekehrt. Ein Beispiel fällt mir aber gerade ein, bei dem einem tollen Anfang auch eine sehr interessante Story folgt: „Lolita“, von Vladimir Nabokov. Das Buch beginnt mit einem der besten Romananfänge die ich kenne: „Lolita, Licht meines Lebens, Feuer miener Lenden. Meine Sünde, meine Seele. Lo-li-ta: die Zungenspitze macht drei Sprünge den Gaumen hinab und tippt bei Drei gegen die Zähne. Lo.Li.Ta.“
    Kann man einen Roman schöner anfangen?


    Viele Grüße


    Hubert

  • Hallo Hubert


    Zitat

    Es würde mich aber interessieren ob die Story hält, was der Anfang verspricht. Oft ist es ja so, dass einem guten Anfang eine langweilige Geschichte folgt oder umgekehrt


    Es ist eine kurze Erzählung und deswegen würde ich schon sagen, daß der Autor, ich sag mal, die "Lektion" gut rübergebracht hat: Die Fallstricke der Eitelkeit und der Langeweile!


    russische Kurzerzählungen vermitteln mir immer das Gefühl, als ob eine Großmutter eine lehrreiche Geschichte erzählt. Auch Tolstoj's Erzählungen vermitteln diese Art des "Lauschens".


    Schwer auszudrücken. Ich könnte mich ärgern, wenn ich nicht die richtigen Worte finde.


    Ich habe nun die 2. Geschichte "der versiegelte Engel" gelesen. Auch hier dasselbe Schema mit einem Schuss Religiösität. Aber auch wieder diese Spannung - wie es wohl weiter geht. Der Autor ist meines Erachtens ein guter Geschichtenerzähler.


    "Lolita" kenne ich noch nicht, aber du hast recht, ein schöner Romanbeginn. Nele hat vor ein paar Monaten darüber geschrieben, der Beitrag ist bereits schon auf der 2. Seite dieses Forums: Lolita


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria !


    Lesskow kenne ich nur dem Namen nach, dafür aber noch Tschechow, Gogol, Gorki, Paustowski. Von Paustowski gibt es sehr gute autobiografische Bücher. Er kann sehr gut beschreiben, bei ihm geht viel über Sinneseindrücke, das ist manchmal sehr berauschend ! Ansonsten habe ich das Gefühl, dass es bei den Büchern, die ich gelesen habe, oft um gesellschaftliche Gegensätze geht: arm - reich , Stadt - Land, Bauer - Gutsherr usw. und das hat mich doch etwas ermüded. Aber vielleicht habe ich nur nicht die richtigen Bücher erwischt ? Welche habt ihr schon gelesen, die ihr empfehlen könnt ?



    LG von Steffi

  • Hallo Steffi


    beeindruckend, wieviele russ. Schriftsteller du kennst, bei mir beschränkt es sich auf: Tolstoi, Dostojeweskij (Schuld und Sühne) und nun Lesskow.
    Also eher spärlich.


    Zitat

    Ansonsten habe ich das Gefühl, dass es bei den Büchern, die ich gelesen habe, oft um gesellschaftliche Gegensätze geht: arm - reich , Stadt - Land, Bauer - Gutsherr usw. und das hat mich doch etwas ermüded


    das kann sein, die russische Seele wirkt auf mich einfach und kompliziert zugleich. In den Erzählungen hält sich das allerdings in Grenzen, es ist eher ein kurzer Einblick in die Mentalität.
    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    ich habe noch Turgenjew vergessen :breitgrins:


    Ja, ich hatte mal eine "russische" Phase, aber mehr als 2 oder 3 Bücher von jedem habe ich nicht gelesen. Dafür kenne ich nur einen Franzosen wirklich, nämlich Zola und so gut wie keine(n) zeitgenössischen Deutschesprachige(n). Das sollte sich wirklich ändern!


    Gruß von Steffi

  • Steffi hat geschrieben:
    „Welche habt ihr schon gelesen, die ihr empfehlen könnt ?“


    1. Puschkin: „Jewgeni (Eugen) Onegin“ (die literarische Vorlage zu Tschaikowskys Oper)
    2. Puschkin: „Boris Godunov“ (literarische Vorlage zu Mussorgskys Oper)
    3. Puschkin: Erzählungen und Novellen u.a. „Pique-Dame“ (ebenfalls Opernvorlage)
    4. Gogol: „Die toten Seelen“
    5. Gogol: „Erzählungen“
    6. Tolstoi: hat neben seinen drei großen Romanen auch schöne Erzählungen geschrieben. Die beste: „Die Kreutzersonate“
    7. Ivan Turgenjew: „Aufzeichnungen eines Jägers“ (die Erzählungen aus der Welt der leibeigenen Bauern, hatten in Russland eine ähnliche Wirkung wie „Onkel Toms Hütte“ in Amerika)


    Übrigens ist auch Vladimir Nabokov ein russischer Autor, der vor seiner „Lolita“ auch gute russische Bücher geschrieben hat. Meiner Meinung nach ist er der einzige Autor, dem es gelungen ist, in zwei verschiedenen Sprachen große Werke zu schreiben.


    Auf meinem SUB liegen auch noch zwei Bücher russischer Autoren:


    1. Gontscharow: „Oblomow“
    2. M. Bulgakow: „Der Meister und Margarita“


    Sollten noch mehr an einem dieser beiden Bücher interessiert sein, würde ich gerne mitlesen. Aber nicht vor nächstem Jahr.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Hallo zusammen


    die weiteren Erzählungen von Lesskow (Der verzauberte Pilger, die Teufelsaustreibung)
    haben mir nicht zugesagt. Langatmig (besonders "Der verzauberte Pilger) und sehr religiös, mit Engel, Teufel, Visionen, Ikonen usw.


    Das war etwas des guten zuviel für mich. "Lady MacBeth von Mzensk" war die schönste Geschichte in diesen "Meistererzählungen".


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • hallo zusammen,
    hubert:der meister und margarita steht bei mir auch noch an, hab ich viel gutes von gehört, vielleicht können wir ja einen termin ausmachen und zusammen lesen?
    lg adia

  • Hallo adia,


    schön, dass wir neben Balzac noch andere gemeinsame Leseinteressen haben. Wir können Bulgakow (Der Meister und ...) ja nach Balzac (Die Frau von 30 Jahren) lesen. Trage es doch bitte als neuen Thread bei den Lesevorschlägen ein. Ich werde mich dann sofort dazuschreiben. Hast Du übrigens mit den „Verlorenen Illusionen“ schon begonnen?


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Hallo zusammen


    ich grabe mal einen alten Thread über Lesskow aus, weil die Russen gerade Thema sind und weil ich auf ein Hörbuch weisen möchte bzw. fragen ob es bereits jemand kennt.


    http://www.jokers.de/tabelle_a…rtnr=456409&rub=9&Urub=94


    Leider kenne ich die Musik von Nikolai Rimsky-Korssakoff nicht, die Geschichte jedoch hat mir in ihrer Düsterheit gut gefallen.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo


    Die Oper "Lady Macbeth von Mzensk" hat D. Schostakowitsch komponiert, ich glaube, Anfang der 30er Jahre. Das Werk wurde von der stalinistischen Kulturbürokratie als formalistisch und neutönerisch denunziert und verschwand in der Schublade. Der Komponist entging knapp dem Arbeitslager.


    Ich habe eine schöne alte Lesskow-Ausgabe in drei Bänden. Es ist, glaube ich, die vollständigste deutsche Ausgabe und es stehen wunderbare Geschichten darin. Lesskow war ein grosser Erzähler, aber zu seiner Zeit fiel er durch alle literarischen Raster und brachte es deshalb nicht zu hohem Ansehen. Die Lektüre lohnt sich allemal.


    Mit freundlichen Gruessen



    Ralf

  • Zitat von "ralf"

    Die Oper "Lady Macbeth von Mzensk" hat D. Schostakowitsch komponiert, ich glaube, Anfang der 30er Jahre. Das Werk wurde von der stalinistischen Kulturbürokratie als formalistisch und neutönerisch denunziert und verschwand in der Schublade. Der Komponist entging knapp dem Arbeitslager.


    Ich habe eine schöne alte Lesskow-Ausgabe in drei Bänden. Es ist, glaube ich, die vollständigste deutsche Ausgabe und es stehen wunderbare Geschichten darin. Lesskow war ein grosser Erzähler, aber zu seiner Zeit fiel er durch alle literarischen Raster und brachte es deshalb nicht zu hohem Ansehen. Die Lektüre lohnt sich allemal.


    Hallo Ralf
    entschuldige, ich habe deinen Beitrag erst jetzt gesehen.
    Mir hat die Geschichte der Lady Macbeth von Mzensk sehr gut gefallen, deswegen interessiert mich auch das Hörbuch. Die Oper life zu sehen/hören wäre natürlich optimal.


    Ein paar Erzählungen habe ich auch von Lesskow gelesen, manche haben mir gefallen (der versiegelte Engel, Der verzauberte Pilger), manche waren wir zuuu religiös und wirkten zu fremd auf mich (die Teufelsaustreibung).


    Aber ein schöner Erzähler ist Lesskow alle Mal, da kann ich dir nur zustimmen.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo


    Lesskow hatte einen Hang zum Religiösen und beschreibt oft Personen der damaligen orthodoxen Kirche. Sein Roman "Die Klerisei" erzählt vom Schicksal dreier Geistlicher in der russischen Provinz, von ihren Problemen und Nöten.


    Im Gegensatz zu Tolstoi und Dostojewski hat Lesskow keine Botschaft oder Philosophie, sondern er ist einfach ein Geschichtenerzähler. Von daher kann man über seine Geschichten auch nicht groß diskutieren, sondern wie bei Turgenjew ist die Geschichte die Botschaft.


    Mit frendlichen Gruessen


    Ralf

  • Hallo Ralf,


    Du hast geschrieben:
    Im Gegensatz zu Tolstoi und Dostojewski hat Lesskow keine Botschaft oder Philosophie, sondern er ist einfach ein Geschichtenerzähler. Von daher kann man über seine Geschichten auch nicht groß diskutieren, sondern wie bei Turgenjew ist die Geschichte die Botschaft.


    Bei Lesskow magst Du Recht haben, aber über Turgenjews Roman "Väter und Söhne" kann man sicher diskutieren. Dieser Roman löste z.B. bei seinem Erscheinen in Rußland im Jahre 1862 heftige Diskussionen aus und spaltete die Intellektuellen in zwei Lager. Der in diesem Roman zum ersten Mal in der Literatur aufgetauchte Begriff "Nihilismus" wurde sogar zum Wahlspruch der jungen Revolutionäre in Rußland.


    Gruß von Hubert

  • Hallo Hubert


    Natürlich meinte ich die Novellen von Turgenjew und nicht seine Romane. Die Diskussion über den Nihilismus, die Turgenjew entfacht und Dostojewskij in seinen "Dämonen" weitergeführt hat, ist natürlich etwas anderes. Ich wollte einfach die Einstellung Lesskows beschreiben.


    Mit freundlichen Gruessen


    Ralf

  • Hallo Ralf,


    Du scheinst mir ja ein guter Kenner der russischen Literatur zu sein. Was meinst Du zu Turgenjews „Aufzeichnungen eines Jägers“? Nur Erzählungen oder Botschaft?


    Auf meinem SUB liegen auch noch zwei Russen: „Ein Held unserer Zeit“ von Lermontov und „Oblomov“ von Gonscharow. Kennst Du die beiden Bücher? Wenn nicht, könnten wir ja vielleicht mal eines zusammen lesen?


    Gruß (auch freundlich) von Hubert

  • Hallo Hubert,


    beim gemeinsamen Lesen von Oblomov wäre ich auch sofort dabei. Die Russen liegen mir eigentlich nicht so und daher lieferte eine Leserunde für mich den notwendigen Antrieb, sich auch einen Russen vorzunehmen.


    Herzliche Grüße,


    B_Scheuert

    "Ich habe einen Kurs im Schnellesen mitgemacht und bin nun in der Lage, 'Krieg und Frieden' in zwanzig Minuten durchzulesen. Es handelt von Rußland."
    <br />(Woody Allen)

  • Hallo B.


    Schön, dass Du dich auch für den Oblomov interessierst. Mir liegen die Russen auch nicht so toll, vor allem wegen der vielen ungewohnten Namen, aber gute Bücher haben sie nun mal geschrieben. Am besten, wenn Du den Oblomov als Lesevorschlag in den entsprechenden Thread einträgst, dann sehen wir mal, ob es noch mehr Interessierte gibt.


    Herzliche Grüße


    Hubert

  • Hallo Hubert


    Mit den Intentionen eines Autors ist das so eine Sache. Ich denke, dass Turgenjew wenig bis gar keine sozialreformerischen Absichten hatte. Bei den "Aufzeichnungen" handelt es sich um den Versuch einer Beschreibung der damaligen Realität mit vor allem landschaftlichen Schilderungen. Die Situation war damals halt so schlecht, dass das Werk auch in dieser Hinsicht Aufsehen erregte. Aber ich glaube, dies war nicht primär die Absicht des Autors. Im Gegensatz zu Tschechow, der in seiner "Insel von Sachalin" auf Missstände aufmerksam machen wollte. Man muss auch bedenken, dass die Schicht der Intelligentsia in Russland damals hauchdünn war. Aber das ist ein anderes Kapitel.


    Mit freundlichen Gruessen


    Ralf