Zu den Gründen, weshalb man Wieland lesen kann - und sollte -, gehört seine Unterhaltsamkeit. Im Kielwasser der bezaubernden "Musarion" gibt es einige kleinere Versdichtungen von ausgesuchter Frivolität, die letztlich ein ähnliches Thema behandeln, wie ihre große Schwester. Die Wartezeit bis zur Öffnung des Wielandschen Gartenhauses in Biberach überbrückte ich mit "Aspasia", und danach gab es als Zugabe "Der Mönch und die Nonne", auch als "Sixt und Klärchen" bezeichnet.
Aspasia, die mit der historischen Aspasia wohl nur eine Namensanleihe gemeinsam hat, tritt als Prieserin der Diana auf und wird von einem platonisch-schwärmerischen Jüngling an den Rand der Geisterseherei geführt; in einer schwülen Mondnacht, in der der Schwärmer sie veranlassen will, allem Stoffe zu entraten, entledigen sich die beiden im Schatten eines Rosenstrauchs schließlich weniger des Stoffs als ihrer Stoffe und lassen den Erzähler zu der Moral überleiten:
Wenn ihr je bei Mondenlicht' im Grünen Platonisiren wollt, platonisirt allein! .
Sixt und Klärchen greifen eine Volkssage auf, nach der zwei Felsvorsprünge auf dem Mittelstein bei Eisenach zwei in unwiderstehlicher Liebe verbundene junge Ordensleute darstellen, die im Augenblick ihrer ersten geheimen Zusammenkunft versteinerten. Wieland gibt der Sage von diesem Strafgericht eine Wendung ins Lebens- und Liebesfreundliche: nur ihre Leiber blieben als Versteinerung zurück, während ihre Seelen vereint in den Himmel erhoben wurden.
Wielands Gartenhäuschen, in dem unter anderem "Idris und Zenide" und Teile des Agathon entstanden, ist ein hübsches und sehenswertes Kleinod - aber in einer seltsam schroffen Umgebung. Den Zugang von der Straße aus findet man kaum, und hat man ihn gefunden, prallt man von der Fassade des angrenzenden Landratsamtes schier zurück.