Aristophanes

  • Hallo zusammen!


    Der Meister der antiken, griechischen Komödie. Ich habe vor kurzem seine Vögel (wieder) gelesen. Ein paar witzige staatsphilosophische Bemerkungen, ja. Aber ich habe mich gefragt, ob er uns, die wir historisch-politisch in einer gänzlich andern Situation leben, wirklich noch etwas zu sagen hat. Was meint Ihr?


    Seine Figuren sind ja noch keine Individuen, sondern Typen oder Schablonen. Man wird das Gefühl nicht los, dass uns dieser Autor doch ziemlich schulmeistern will.


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo sandhofer,


    ich kenne von Aristophanes bisher nur "Lysistrate", das fand ich sehr amüsant oder mit finsbury Worten: ... die "Lysistrata" haut mich immer noch um. :breitgrins:


    das macht Laune mal wieder eine antike Komödie zu lesen. Danke für deine Beiträge über Plautus und den anderen.


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Hallo sandhofer,


    ich bin gerade auf der Suche nach den von dir genannten Autoren. Sag mal, hast du diese Ausgabe, die Jokers anbietet:


    Meisterwerke der antiken Komödie ?


    darin werden die von dir genannten Autoren und Komödien genannt.


    Platon bemerkte einmal weise, dass wir ohne das Lächerliche das Ernsthafte nicht erkennen würden. So erfüllte die Komödie in der Antike eine erzieherische Aufgabe: Sie warnte durch ihr heiteres Zerrbild davor, selbst lächerlich zu werden


    die erzieherische Aufgabe ist dann wohl tatsächlich ein Bestandteil der antiken Komödie. Interessant.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Als Leseprojekt für dieses Jahr habe ich mir die Komödien des Aristophanes vorgenommen, von dem ich bisher nur die "Lysistrata" in der Übersetzung von Erich Fried kenne, Dass ich die gut fand, habe ich ja oben schon geschrieben.

    Nun habe ich die erste der vollständig auf uns gekommenen Komödien Aristophanes' gelesen: "Die Wolken".


    Hier macht sich der Autor über die Sophisten und allen voran Sokrates lustig, den er einfach mal als deren Chef darstellt. Aristophanes war ein Zeitgenosse des Philosophen, und man hat ihm später vorgeworfen, dass seine Darstellung des Sokrates in den "Wolken" dessen Verurteilung zum Schierlingsbecher beeinflusst habe. Jedoch fand diese Verurteilung erst viel später statt, und viele Fachleute streiten den Zusammenhang ab.
    Dennoch, Aristophanes geht hier nicht auf die tiefen philosophischen EInsichten und die maieutische Methode des Sokrates ein, sondern auf die zielgebundene Rhetorik der Sophisten, die sich auch in den Dienst der ungerechten Sache stellt.

    Der Bauer Strepsiades ist hoch verschuldet, weil sein Sohn Pheidippides dem Pferdesport frönt. Um den Schuldigern zu entkommen, will er die Rhetorik der Sophisten erlernen, damit er diesen durch winkeliges Argumentieren ihren Anspruch auf Bezahlung verwehren kann. Aber bei seiner Vorstellung in der "Denkbude" des Sokrates stellt er sich so dumm an, dass dieser seine weitere Ausbildung ablehnt. Stattdessen schickt der Bauer nun seinen Sohn dorthin, der dies alles ja auch verschuldet hat. Der lernt auch die windige Argumentation, wendet diese aber auch gegen den Vater. Enttäuscht brennt Strepsiades die Denkbude ab.


    Und die "Wolken"? Sie sind nach der Komödienfigur des Sokrates die Göttinnen der neuen Zeit. Zeus und seine Götterfamilie existieren nicht, aber die Wolken gießen Redetalent und damit einhergehenden Erfolg aus. Die Wolken bilden den kommentierende Chor und zeigen am Ende, dass sie doch Recht und Gerechtigkeit sowie die alten Götter verteidigen.

    Recht derb und zotig ist die Komödie, die ich in der Reclam-Übersetzung von Otto Seel gelesen habe. Gegenüber Lysistrata fällt sie in meinen Augen ab, ist aber amüsant zu lesen.

  • Für mich ist „Die Wolken" ein humorvolles und kritisches Werk, das auch heute noch relevant ist und zeigt, wie Philosophie und Theorie oft unzureichend sind, um praktische Probleme zu lösen. Es lädt zum Nachdenken und Reflektieren über die Beziehung zwischen Philosophie und Praxis ein.

    Gerade über die einfachsten Dinge ist es oft am schwierigsten zu schreiben.

  • Für mich ist „Die Wolken" ein humorvolles und kritisches Werk, das auch heute noch relevant ist und zeigt, wie Philosophie und Theorie oft unzureichend sind, um praktische Probleme zu lösen. Es lädt zum Nachdenken und Reflektieren über die Beziehung zwischen Philosophie und Praxis ein.

    Da gebe ich dir durchaus Recht.

  • So richtig voran komme ich mit den Aristophanes-Komödien nicht. Und das im Folgenden vorgestellte Werk kann daran erst recht nichts ändern:

    Der Frieden (Eirene)

    wurde 421 v.u.Z. auf den Dionysien uraufgeführt und erhielt den 2. Preis.
    Ich habe das Stück in einer Übersetzung von Christoph Jungck aus dem Jahr 1989 gelesen.

    Handlung:

    Der Krieg zwischen Athen und Sparta dauert laut den Angaben des Stückes nun schon 13 Jahre. Insbesondere die ländliche Bevölkerung leidet unter dem Kriegsgeschehen, muss sie doch ständig Kriegssdienst leisten, verpasst dabei die Arbeit auf den Äckern und verliert die Absatzmärkte. Deshalb beschließt der schlaue Weinhändler Trygaios, auf einem Mistkäfer (Persiflage auf Pegasus) zum Olymp zu fliegen, um die Göttin der Friedenszeit - Eirene - aufzufordern, zurück auf die Erde zu kommen. Aber der Götterbote Hermes, der hier als Torwächter fungiert, weist ihn zurück, da die Götter, angeödet von dem ständigen Zank auf Erden, sich in eine höhere Dimension zurückgezogen hätten. Es sei aber der Kriegsgott Polemos da, der gerade dabei sei, in einem riesigen Mörser die Städte Athen und Sparta zu zermalmen. Trygaios erfährt von Polemos, dass die Friedensgöttin in ein tiefes Loch versenkt ist und ruft den Chor der attischen Bauern zur Hilfe. Mit vereinten Kräften gelingt es, die Göttin (nur ein Standbild) aus der Versenkung zu ziehen. Mit den Halbgöttinnen Opora (die Fülle) und Theoria (die Festfreude) erklärt sie sich schließlich bereit, mit Trygaios zurückzukehren. In der zweiten Szene findet nun ein großes Friedens- und Vermählungsfest auf dem Hof von Trygaios statt, denn er erhält zur Belohnung für seine Aktion Opora zur Frau. Das Fest wird durch mehrere ehemalige Kriegstreiber und -gewinnler gestört, die aber mit bösem Spott vertrieben werden.

    Meine Meinung:
    Dieses Stück hat schon seine überzeitliche Bedeutung, gerade leider heute mal wieder, aber es ist derartig zotig und frauenfeindlich, dass ich mir nicht vorstellen könnte, wie man es heute ohne große Kürzungen und Überarbeitungen aufführen könnte. Dass mehrere Schauspieler mit umgeschnalltem Riesenphallus herumlaufen, auf deren Potenz immer wieder angespielt wird, stört schon sehr, schlimmer ist aber noch, dass Frauen eigentlich nur als Bettunterlagen dargestellt werden und die arme Theoria an den Rat von Athen zur Massenvergewaltigung freigegeben wird.

    Da helfen auch der nette Einfall mit dem Mistkäfer und einige schöne Seitenhiebe nicht, die sowieso modernisiert werden müssten.


    Ich weiß schon, dass man historische Umstände berücksichtigen muss, aber dieses Stück kann ich nur als literarisches Dokument würdigen, halte es aber heute für unaufführbar.

  • Die Vögel - Ornithes


    Uraufführung an den Dionysien 414 v.u.Z.



    Aristophanes schildert in dieser streng aufgebauten Komödie, wie die Vögel eine Stadt zwischen Erde /Menschen und dem Olymp/ Götter aufbauen und auf diese Weise die Herrschaft über beide gewinnen.


    Zwei von der Prozesssucht ihrer Mitbürger angenervte Athener – in der deutschen Übersetzung von Christian Voigt – Ratefreund und Hoffegut – suchen den Wiedehopf, eine Art Wiedergeburt des einstigen König Tereus, der sie beraten soll, denn sie wollen sich einen neuen Wohnort suchen. Aber die Vorschläge des Wiedehopfs gefallen ihnen nicht, und so hat Ratefreund, der seinem Namen entsprechend immer für eine Idee gut ist, eine solche. Die Vögel sollen selber eine Stadt gründen, zwischen Himmel und Erde, in die die beiden Freunde dann mit einziehen. Den Wiedehopf überzeugen die Argumente, die Ratefreund anführt: Die Vögel würden sich dadurch zu den Göttern der Menschen aufschwingen und könnten die eigentlichen Götter zur Kooperation zwingen, da die Lage der Stadt es ihnen ermöglicht, dass sie den Rauch der Opferfeuer abfangen, von dem die Götter sich hier anscheinend ernähren.

    Der Wiedehopf ruft sein Volk herbei, das nach anfänglicher Feindseligkeit gegenüber den beiden Menschen aufgrund der schlechten Erfahrungen, die die Vögel mit den Menschen gemacht haben, auch auf den Vorschlag des beredsamen Ratefreunds eingeht und diesen für seine Idee feiert. Hoffegut findet den Namen „Wolkenkuckucksheim“ für diese Stadt. Ratefreund und Hoffegut werden mit Flügeln ausgestattet.

    Während Ratefreund den Bau der Stadt und ihre Verwaltung organisiert, treffen einige Menschen ein, die bereits von der neuen Stadt gehört haben und nun auch Flügel haben bzw. anderen Nutzen aus der neuen Stadt ziehen wollen, u.a. ein Wahrsager, ein Vermesser, ein Dichter und ein Denunziant. Ratefreund jagt sie alle mit der Peitsche davon.

    Auch Iris, die Götterbotin, trifft ein, um sich nach dem neuen Ort in der Luft zu erkundigen. Ratefreund nimmt sie nicht als Göttin ernst und beleidigt sie - hier wird die Komödie derb - gibt ihr aber den Auftrag, Götter zu Unterhandlungen zu schicken.

    Der Wiedehopf rät ihm, für sich die Personifikation des Königstums, Basileia, zur Frau zu fordern, um seinen gehobenen Rang über Menschen, Götter und Vögel zu verfestigen.

    Drei Götter erscheinen, Herakles, Poseidon und ein Barbarengott, Triballos. Sie alle unterliegen der List Ratefreunds und stimmen den Bedingungen, die Vögel und damit auch Ratefreund als ihren König als Nebengötter anzuerkennen sowie Ratefreund Basileia zu geben, zu, damit der Opferrauch sie wieder erreicht. Das Ende bildet die Hochzeitsfeier Ratefreunds mit Basileia.


    Diese Komödie ist bei weitem nicht so derb und klamaukig wie die beiden anderen hier vorgestellten, insbesondere „Der Frieden“. Aristophanes wollte hiermit wohl die aus dem Ruder laufende athenische Demokratie verspotten, wo jeder vor Gericht gegen irgendwen oder –was prozessierte und Denunzianten, die nach Klagegründen suchten, ein gutes Geschäft machten. Daneben macht er sich auch über die Machtpolitik Athens und dessen Drohungen gegenüber Feinden und Verbündeten lustig.


    Die Idee mit dem Zwischenreich der Vögel ist witzig, und auch die Götter bekommen hier ihr Fett ab: Herakles ist vor allem gefräßig, Poseidon gleichgültig und Triballos der griechischen Sprache nicht mächtig.


    Von den bisher gelesenen für mich das gelungenste Stück Aristophanes‘.

  • Hallo finsbury,

    wir lasen die Die Vögel damals in der 10.Klasse,

    leider habe ich daran keinerlei Erinnerung mehr. Obwohl ich damals sehr viel gelesen habe, hat mich das Stück nicht zu den antiken Schriften geführt, warum auch immer.


    Gruß, Lauterbach

  • Hallo Lauterbach,

    Aristophanes hätte mich auch nicht zu den antiken Autoren geführt. Dafür ist er mir (bezogen auf die bisher gelesenen Stück) - mit rühmlicher Ausnahme der Vögel - zu zotig und auch in seiner Kritik nicht immer nachvollziehbar. Außerdem kann man kaum eine Zeile ohne die Lektüre der Anmerkungen verstehen.
    Mich hat ein toller Literaturkurs während meiner Schulzeit zu den antiken Dramatikern, allerdings eher den Tragikern gebracht. Wir haben damals eine Chor-Kollage aus Sophokles "Antigone" und dessen Adaptionen im 20. Jahrhundert z.B. durch Jean Anouilh erstellt und aufgeführt. Da habe ich dann erlebt, dass die Tragiker uns auch heute noch sehr viel und - wenn man eine schöne Übersetzung erwischt - auch mit hohem ästhetischem Wert sagen können.

    Da ich vor vielen Jahren mal eine Lysistrata-Aufführung nach der Erich-Fried-Übersetzung gesehen hatte, die mir sehr gut gefiel, habe ich, nachdem ich mit den Tragikern, verteilt über mein bisheriges Leseleben, endlich fertig war, mir den Aristophanes vorgenommen, aber ... s.o.