Juni 2008 / Lampedusa - DER LEOPARD


  • "Die großen Herren waren zurückhaltend und schwer zu durchschauen, die Bauern deutlich und klar; doch der Teufel wickelte beide gleicherweise um den kleinen Finger." Ein wichtiger Satz, ein Gedanke, der vieles relativiert, in diesem enormen Totentanz, den Lampedusa da vor uns entwirft.


    Liebe Leserin,


    da ich mich an diese Stelle nicht erinnern kann, wäre mir mit einer Seitenzahl oder zumindest Kapitelnummer sehr geholfen. Bist Du so nett? Ich möchte gern noch einmal nachlesen, weil ich Deine Anmerkung sehr richtig und wichtig finde und erstaunt bin, dass mir da etwas entgangen ist ...


    Dein "Totentanz" gefällt mir als charakterisierendes Schlagwort auch sehr gut. Denn wie hieß es so schön im Kapitel "Der Tod des Fürsten": Er hatte sein ganzes Leben lang den Tod hofiert.


    Vielen Dank für Deine Mühe und viele Grüße


    Sir Thomas


  • Es ist für mich mehr oder weniger eine neue Erfahrung, dass ich mich mit keiner der Figuren wirklich identifizieren kann ... und ich finde das sehr reizvoll.


    Hallo, Katrin,


    für mich ist das einer der Aspekte guter Literatur. Nicht einfache Schwarzweiß-Malerei, sondern die Verwendung einer differenzierten Palette von Grautönen ist für die Entwicklung lebendiger und glaubwürdiger Romanfiguren sehr wichtig - und nebenbei sehr reizvoll, wie Du sagst.


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • Liebe Leserin!
    Du hast in einem sehr schönen Zitat gezeigt, dass dem Fürsten auf Grund seiner Stellung Respekt entgegengebracht wird. Man will seinen Zorn möglichst nicht herausfordern, aber da er weder gegen seine Familie noch gegen seine Untertanen zu Gewalttätigkeiten oder Willkür neigt, wird sich die Angst vor ihm wohl in Grenzen gehalten haben.
    Da ist es dem armen Kronprinz Rudolf auf Anordnung der väterlichen Erziehungsmaßnahmen sicher sehr viel schlimmer ergangen als den (fiktiven) Fürstenkindern.
    Jetzt stellt sich mir plötzlich und unvermittelt die Frage, ob der Fürst eine historische Person war?


    Ich muss Dir meine ungeteilte Zustimmung geben, Sir Thomas, die Grauschattierungen in der Literatur sind es, die vom Genie des Autors zeugen. Deswegen fällt es mir zunehmend schwerer, in der modernen Literatur fündig zu werden.


    Wenn Du mich schon so nett fragst, thopas, würde ich doch für den "Tod in Venedig" plädieren, einerseits, weil ich das Buch noch nicht gelesen habe, die "Buddenbrooks" hingegen schon, andererseits wegen des Umfangs.
    Der Zeitpunkt wäre mir egal. Von mir aus sofort oder später. Wie Ihr wollt!


    Liebe Grüße
    Madeleine.


    Lieber sandhofer! Ich bemühe mich, möglichst wenig Leerraum zu hinterlassen.

  • Lieber Sir Thomas,


    die Gedanken von Pater Pirrone finden sich auf der letzten Seite des 5. Kapitels.
    Noch einige Überlegungen zu der Rolle des Hundes: Von Lampedusa wird überliefert, dass er Hunde über alles liebte. Der Fürst ist ja doch ein Selbstporträt Lampedusas. Da er über den historischen Don Fabrizio, seinen Urgroßvater, nur sehr wenig wusste, stattete er ihn, bis hin zu seiner äußerlichen Erscheinung, mit seinen eigenen Eigenschaften aus. Der wirkliche Don Fabrizio war Lampedusa lediglich eine willkommene Figur, die er sich anverwandeln konnte. Ob sein Urgroßvater, sich auch als einen lebenden Anachronismus empfunden hat, wie Lampedusa das tat, ist ungewiß.
    Wenn es am Ende heißt, "man hätte meinen können, in der Luft tanze ein Vierfüßler mit langem Schnurrbart - die rechte Vordertatze drohend erhoben", dann sehen wir ja nicht so sehr den liebenswürdigen Hund Benedicò vor uns, als vielmehr den "Leoparden" (oder die Pardelkatze, den Ozelot) selbst.
    Eigentlich schade, dass die Leserunde schon vorbei ist. Über das Buch ließe sich noch viel sagen. Es hat Spaß gemacht mit euch.
    Danke und (vielleicht) bis bald,
    sagt die Leserin


  • Eigentlich schade, dass die Leserunde schon vorbei ist. Über das Buch ließe sich noch viel sagen.


    Liebe Leserin,


    auch wenn wir mittlerweile die Lektüre beendet haben, bedeutet das nicht zwingend das Ende unserer Runde. Fühl Dich doch bitte so frei, uns weiterhin mit Deinen Gedanken zu bereichern.


    Vielen Dank noch einmal für die Fundstelle.


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • Endlich bin auch ich fertig :winken:


    Der Schluss des Buches hat mir am besten gefallen, da sieht man den Zerfall sowohl an der Gesellschaft als auch an den Menschen ganz deutlich. In der Mitte des Buches hatte ich einen ordentlichen Hänger, da hatte ich keine Zeit zum Lesen und die Faszination hat mich nicht gepackt. Die Kapitel ab dem Ball habe ich dann in einem Rutsch durchgelesen und ich wurde richtig hineingezogen.


    Das hat mich zu dem Entschluss gebracht, dass ich wahrscheinlich sehr viel versäumt habe im Laufe des Lesens und wenn sich die Zeit dazu ergiebt werde ich dieses Buch noch einmal zur Hand nehmen (wenn ich Zeit habe es in einem durchzulesen).


    Ansonsten bin ich sehr zufrieden den Leoparden gelesen zu haben, vor allem die Symbolik hätte sich mir alleine sicher nicht erschlossen, weil ich auf so was nicht geachtet hätte.


    Daher freue ich mich auf weitere spannende Leserunden, auch wenn ich einsehen muss, dass ich anscheinend immer die Letzte bin, die fertig wird, aber einer muss ja schließlich das Schlusslicht bilden. :smile:


    Katrin