Dieser Ball hat mir erst die Einsamkeit des Fürsten so richtig vor Augen geführt. Kommunikation interessiert ihn nicht sonderlich, er meidet die Verwandten, die ihn als Familienoberhaupt eher fürchten als achten, das Buffet stellt sich ihm in wenig appetitanregenden Farben dar. Auch mit Tancredi und Angelica will er nicht dinieren (ein Tanz ist alles an Zugeständnissen), statt dessen zieht er sich lieber in die Bibliothek zurück und ergeht sich in trüben Betrachtungen.
Einsam auch die Heimkehr, ganz anders als man es sich nach einem Ball erwarten würde. Und auch das eben geschlachtete Vieh, dessen Blut noch auf die Straße tropft, paßt gut zur trüben Stimmung.
Da bis zum Tod des Fürsten noch mehr als 20 Jahre vergehen, habe ich mich gefragt, ob Lampedusa nicht schon seinen eigenen Tod nahen fühlte, und wir deshalb vielleicht nichts erfahren, was in diesem noch recht langen Zeitraum in Italien und im Fürstenhause passierte.
Das nächste Kapitel berichtet ja bereits vom Tod des Fürsten und das auf eine Weise, die mich sehr berührt hat. Die szenenartige Rückschau auf sein Leben, der fortschreitende Verfall, die mühevolle Letzte Ölung, das alles ist äußerst eindrucksvoll geschildert. Besonders gut gefallen hat mir die Idee, dass der Fürst den Tod hofiert wie eine schöne Frau. Und so tritt er ihm dann auch entgegen: als attraktive Reisende, die dem Fürsten noch in seinen letzten Lebenstagen auf dem Bahnsteig auffällt.
Der allerletzte Absatz dieses Kapitels hat mich schließlich zu Tränen gerührt.
Vor dem letzten Kapitel muss ich eine Pause einlegen.
Um all diese Eindrücke in Ruhe verarbeiten, aber auch wieder in die Realität zurückfinden zu können, werde ich mich meiner Bügelarbeit widmen.
Liebe Grüße
Madeleine