Aug. 07 - Aug. 09: Amerikanische Frauen (Chopin, Jewett, Cather und Wharton)

  • Hallo Ihr drei,


    am Wochenende hatte ich den Roman zu Ende gelesen und ihn schmunzelnd wieder zurück ins Bücherregal gestellt.


    May hat gezeigt, dass sie die manipulative junge Frau ist, für die ich sie schon bei Beginn der Erzählung hielt. Newland hat mich doch sehr enttäuscht, wie er selbst seinen Vorsätzen May gegenüber nicht nach kommt und sein Leben ganz der ‚leisure society‘ widmet. Und Ellen? und Ned Winsett? leider werden beide Protagonisten nicht klar genug von Edith Wharton gezeichnet, und ich bleibe auf meinen Empfindungen sitzen. Haben sie sich wirklich so mit der Zeit entwickelt, wie ich es gerne für beide Charaktere hätte :?:


    May wurde von ihren Eltern zur perfekten Ehefrau in der alten New Yorker Gesellschaft erzogen. Zu Beginn des Romans stellt sie die personifizierte Unschuld dar, zu Ende ist sie allein das wissende, manipulierende und Fäden ziehende Weib. Dabei zeigt Edith Wharton ihr Talent als Schriftstellerin, wenn sie May dem Leser immer nur durch die Augen Newlands vorführt, der May nie anders als wie die blühende Unschuld des ersten Kapitels wahrnimmt. Er durchschaut nie May Manöver, ahnt kaum an welcher kurzen Leine sie ihn führt. Somit grenzen die kurzen Treffen mit Ellen fast an Wunder.


    May spürt genau Newlands Gefühle für Ellen und weiß genau, wie sie zu parieren. Ihr Timing dabei ist bewundernswert. Egal ob ihr Brief aus Florida, das Telegramm mit der Zusage zum vorgezogenen Hochzeitstermin oder das Geständnis schwanger zu sein, immer versteht May, wie ihre Position als Newlands Frau zu zementieren. Selbst beim Gespräch mit dem Sohn kurz vor ihrem Tod, zeigt May wie gut sie Newland verstand, er war unglücklich in der Liebe, doch pflichtbewusst, und beide frönten sie die gleichen gesellschaftlichen Werte.


    Edith Wharton zeichnet voller Ironie in May Archer die perfekte Ehefrau der reichen New Yorker Gesellschaft ihrer Zeit. Sie versteht ihren Mann folgerichtig zu führen und betitelt als ‚vulgär‘ alles was von ihren persönlichen Normen abweicht.


    Newland sehnt sich nur nach einem liebevollen Leben, reich an intellektuellen Erkenntnissen und frei von gesellschaftlichen Zwängen, so wie Ellen Olenska und Ned Winsett es anscheinend ihm vorleben. Das geruhsame Arbeitsleben in einer Rechtsanwaltskanzlei um 1900 will ihm nicht genügend, aber schlussendlich erhebt er sich nicht aus dem Sessel der Bequemlichkeit, der da den Namen ‚Pflicht‘ trägt.


    Grüße


    Babur

  • Hallo zusammen,


    zum Abschluß unseres Projekte "amerikanische Schriftstellerinnen Anfang des 20. Jahrhunderts" möchte ich mich bei euch bedanken; für die
    schöne Idee ( Steffi :winken: ) und die anregenden Leserunden.


    Es waren doch sehr unterschiedliche Schriftstellerinnen die wir betrachtet haben. Insbesondere fiel es mir zwischen Willa Cather und Edith Wharton auf. Da treffen Schriftstellerwelten aufeinander.


    Von beiden Schriftstellerinnen werde ich sicherlich die nächsten Monate noch mehr lesen.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Ja, stimmt - damit ist unser kleines Projekt zu Ende ! Mir hat es sehr gefallen und die vier Schriftstellerinnen waren doch ziemlich unterschiedlich ! Am meisten hat mich auch Willa Cather beeindruckt - dieser Zusammenklang zwischen Mensch und Natur. Edith Wharton ist aber sicherlich auch wert, noch weiter gelesen zu werden.


    Danke für die anregenden Diskussionen !


    Gruß von Steffi

  • zum Abschluß unseres Projekte "amerikanische Schriftstellerinnen Anfang des 20. Jahrhunderts"


    Ja, stimmt - damit ist unser kleines Projekt zu Ende !


    Ich beabsichtige eigentlich, das Ganze später dann im Archiv auch als ein Projekt, d.i. eine Leserunde abzulegen. Einverstanden?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    auch von mir herzlichen Dank an Steffi für die gute Idee zu dieser Leserundenserie, das war wirklich prima, ohne diesen Anstoß hätte ich wahrscheinlich nicht so ohne weiteres zu diesen Büchern gegriffen. Danke auch an alle Beteiligten an der Leserunde, Babur hat sich ja auch noch anlocken lassen, sehr schön. :winken:


    Schöne Grüße,
    Wolf

  • Hallo Wolf,


    Zitat

    das war wirklich prima, ohne diesen Anstoß hätte ich wahrscheinlich nicht so ohne weiteres zu diesen Büchern gegriffen.

    Das finde ich auch !!




    Ich beabsichtige eigentlich, das Ganze später dann im Archiv auch als ein Projekt, d.i. eine Leserunde abzulegen. Einverstanden?


    Das ist eine schöne Idee !

  • Hallo allerseits,


    auch ich möchte mich bei Euch bedanken für die schöne Lesezeit und angenehme Diskussion des Romans. Betonen möchte ich auch, dass ich durch das zufällige Mitlesen der Beiträge zu Edith Whartons Roman überhaupt erst auf die Idee kam hier mitzulesen.


    Bis bald bei einer neuen Leserunde (wahrscheinlich Eugène Sues "Les Mystères de Paris")


    Grüsse


    Babur

  • Hallo Ihr lieben ehemaligen Leserundenteilnehmer,


    Nachdem mir der Roman von EDITH WHARTON so gut gefallen hatte :klatschen: wollte ich mir den Film nicht entgehen lassen. Zum Wochenende habe ich ihn mir auf DVD ausgeliehen und bin nun noch dazu fasziniert von dem großartigen Film Matin Scorseses. Beim Roman gefielen mir besonders der bissige Stil und der schwarze Humor von EDITH WHARTON, selbst wenn die Geschichte der verpassten Lebensgelegenheiten doch im Grunde tottraurig daher kommt. Und obgleich das Buch schon längst in den Tiefen meiner Bucherwand verstaut ist, verfolgen mich die Protagonisten weiterhin in Gedanken.


    Martin Scorsese respektiert den Roman fast auf den Punkt genau. Während ich vor wenigen Wochen das Buch las, liefen die Szenen als Film vor meinem geistigen Auge ab. Diese Szenen sah ich jetzt materialisiert als Film vor mir auf dem Bildschirm, nichts mehr, nichts weniger. Die größte Freiheit, die der Regisseur sich erlaubte, betrifft das Casting; aus der blonden Verlobten, macht er eine Brünette (Winona Ryder), aus der Europäisierten Brünetten, eine Blonde (Michelle Pfeiffer). Dieser Film ist schon grenzwertig, ja frustrierend :zwinker: eigentlich bin ich doch gewohnt viel mehr Gewinn aus einem gelesenem/gehörten Buch zu ziehen als aus seiner Verfilmung :breitgrins:


    Man kann den Film natürlich auch detailliert diskutieren, aber ich möchte Euch nicht die Vorfreude nehmen. Der Film ist subtil, intelligent, raffiniert. Das New York des endenden 19. Jahrhunderts ist aufwendig rekonstruiert worden, die Kameraführung eine Wohltat für die Augen. Eine Empfehlung.


    Altweibersommerliche Sonntagsgrüße (jetzt vertiefe ich mich gleich ins deutsche Jetzt und Heute mit den Wahlergebnissen!)


    Babur

  • Dies ist eine Statthalterdatei, damit ich die verschiedenen Leserunden nun zusammenfassen kann.


    Ausnahmsweise, damit klar ist, warum hier 4 Amerikanerinnen in einem Thread "hocken", habe ich auch den seinerzeitigen Buchvorschlag in den Thread hineingepackt. (Wharton liegt immer noch auf meinem Nachttischchen und harrt der Lektüre. :winken: )

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

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