Reformation und Barock. Barocke Dramen. Barocke Lyrik.

  • Liebe Leser!


    Ich habe mich noch nie wirklich mit Barock, oder mit der Reformation beschäftigt.


    Gelesen:
    einige Gedichte(Silesius, Hofmannswaldau, Gryphius, und Opitz)
    und zwei Komödien: "Horribilicribrifax Teutsch" und den "Herrn Peter Squenz", beide von Gryphius.


    Zuhause habe ich noch die "Sophonisbe" von Lohenstein(eine Tragödie), und die "Tischreden" Luthers - hineingelesen und ich bin fasziniert.


    Und es ist schön gewesen, was ich las! Der Horribilicribrifax ist meine allerliebste Komödie. Opitz schrieb eine der schönsten Versen, die ich kenne, und Silesius' Enthusiasmus finde ich fast unübertroffen in der dt. Literatur!


    Was empfiehlt ihr? Was habt ihr gelesen, und was war gut, was weniger? Sind Gryphius' Tragödien ebenso gut wie seine Komödien?


    Was waren Probleme bei der Barock-Lektüre? Gibt es Wörterbücher, die den Wortschatz von damals beinhalten(vgl.bar mit Adelung, od. Grimm für das 18. Jahrhundert)?




    http://www.reclam.de/programm/…ur/reformation_und_barock
    Und kann man eigentlich mit diesem Programm falsch liegen?


    Ich danke,
    lieben Gruß.

  • Also der Grimm mag wohl auch das barocke Deutsch enthalten. Meine Ausgabe des Horribilicribrifax hat jedenfalls immer mal wieder auf den Grimm verwiesen.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Das ist wahr. Hattest du eigentlich schon oft Probleme, deine literarischen Spezialwünsche zu erlangen?


    Ich habe mich schon sehr früh an den Umgang mit Antiquariaten gewöhnt - wenn es das ist, was Du meinst ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • [quote author=Knabe]
    http://www.reclam.de/programm/…ur/reformation_und_barock
    Und kann man eigentlich mit diesem Programm falsch liegen?
    [/quote]


    Die Reclams bieten in der Regel einen sehr guten Text, damit macht man normalerweise nichts falsch. Manche Barocktexte sind leider tatsächlich nicht so leicht zu bekommen, aber sandhofer hat ja schon auf die Antiquariate hingewiesen. :-) Meine Ausgaben von Zesens "Adriatischer Rosemund" und Weises "Die drei ärgsten Erznarren in der ganzen Welt" habe ich mir beispielsweise auch antiquarisch gekauft, und zwar in "Neudrucken", die Ende des 19. Jh.s erschienen sind. Die Reihe nannte sich "Neudrucke deutscher Litteraturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts" und ist bei Niemeyer erschienen. Einzelbände dieser Reihe bekommt man mitunter sehr günstig in Antiquariaten, es sind zwar keine "schönen" Bücher, die im Regal etwas hermachen, aber der Text genügt(e) auch wissenschaftlichen Ansprüchen. Die modernen Werkausgaben sind leider sehr teuer, der oben erwähnte Roman von Zesen kostet da, glaube ich, so um die 100 Euro.


    Was die Wörterbücher betrifft, so umfaßt das Grimmsche Wörterbuch natürlich auch den Wortschatz der Barockzeit. Da kann man nachschlagen, wenn man etwas genauer wissen will. In meinem Bücherregal steht auch ein Nachdruck des 1691 erschienenen "Teutschen Sprachschatzes" von Kaspar Stieler. Mit diesem dreibändigen Wörterbuch kann man unmittelbar in den Wortschatz dieser Zeit eintauchen. ;-) Und weil er so schön ist, hier noch der vollständige Titel dieses Wörterbuchs:


    Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs / oder Teutscher Sprachschatz / Worinnen alle und iede teutsche Wurzeln oder Stammwörter / so viel deren annoch bekant und ietzo im Gebrauch seyn / nebst ihrer Ankunft / abgeleiteten / duppelungen / und vornemsten Redarten / mit guter lateinischer Tolmetschung und kunstgegründeten Anmerkungen befindlich. Samt einer Hochteutschen Letterkunst / Nachschuß und teutschem Register. So Lehrenden und Lernenden / zu beider Sprachen Kundigkeit / nötig und nützlich / durch unermüdeten Fleiß in vielen Jaren gesamlet von dem Spaten.
    Nürnberg / in Verlegung Johann Hofmanns / Buch- und Kunsthändlers daselbst. Gedruckt zu Altdorf / von Heinrich Meyern / der löbl. Univ. Buchdruckern. Im Jahr des HErrn 1691.


    Die Worterklärungen sind in lateinischer Sprache. Ein Wörterbucheintrag im "Teutschen Sprachschatz" sieht beispielsweise so aus:


    <b>Vogelen / & Vögeln</b> <i>propriè est</i> aucupium facere, aucupari; <i>Sed obscenè sumitur à turpibus hominibus pro: </i>uti rebus venereis, rem cum aliqvâ muliere habere, stuprô coire. <i>Hinc:</i> <b>Sich vögeln lassen</b> / copiam sui facere alicui, corpus suum vulgare. <i>Phrases huc pertinentes qvàm plurimas studiô praeterimus, ut & composita:</i> <b>Abvögeln / ausvögeln / durchvögeln / ervögeln / einvögeln / fortvögeln / hin und wiedervögeln / mit- & nebenvögeln / vervögeln / zervögeln.</b>


    Man sieht: Kaspar Stieler hatte einen sehr umfangreichen Wortschatz. :breitgrins: Er hat in sein Wörterbuch auch Wörter aufgenommen, die er sich sehr wahrscheinlich nur ausgedacht hat, wie etwa "machsam" oder so etwas. Diese Freude an der Sprache und das Spielen mit der Sprache ist ja auch typisch für viele Barockautoren (Stichwort: "Spracharbeit"). Damals hat man auch so etwas wie "Nonsensgedichte" produziert, um auszuloten, was mit der deutschen Sprache alles möglich ist. Recht bekannt ist ja dieses Gedicht von Johann Klaj:


    <b>
    Der kekke Lachengekk koaxet / krekkt / und quakkt /
    Des Krippels Krükkenstokk krokkt / grakkelt / humpt und zakkt /
    Des Gukkuks Gukken trotzt dem Frosch und auch die Krükke.
    Was knikkt und knakkt noch mehr? kurtz hier mein Reimgeflikke.
    </b>


    Wenn man als heutiger Leser Barockliteratur genießen will, dann sollte man schon einen gewissen Sinn für Literatur haben, in der die Sprache im Mittelpunkt steht. Es ist zwar nicht so, daß Barockliteratur grundsätzlich handlungsarm wäre, aber die Sprache ist eben doch im gewissen Sinne der Hauptdarsteller, und wenn man dafür keinen rechten Sinn hat, dann wird einen diese Literatur wahrscheinlich eher langweilen.


    Schöne Grüße,
    Wolf

  • Hallo,
    danke für eure Tipps. Jetzt möchte ich auch den Kaspar v. Stieler haben. Ich würde damit sogar mein Latein üben. Nur schade, daß die Bücher so teuer sind. Was aber kann man sich unter "ervögeln" vorstellen? "Er ervögelte sich seinen Sohn", kann man das so sagen?


    Lieben Gruß.

  • Hallo Maria,


    das Kritikon wurde - ich meine auch von Zweitausendeins - schon vor drei Jahren als Fischer-Taschenausgabe verramscht und liegt seitdem auf meinem SUB. Wenn du's mal lesen willst, vielleicht in einer Leserunde? Ich wäre dabei.


    HG
    finsbury

  • Der Autor ist mir unbekannt,


    Gracián? Zumindest sein Handorakel - eine Aphorismensammlung, übersetzt u.a. von Schopenhauer - solltest Du bei Gelegenheit mal lesen. Dieser Roman könnte mich zwar interessieren; ich habe aber gerade eine Bestellung von 2001 erhalten und beabsichtige nicht, schon wieder Porto zu zahlen. Wie mein Lieblings-Alien zu sagen pflegte: "Waiting is." :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo Maria,


    das Kritikon wurde - ich meine auch von Zweitausendeins - schon vor drei Jahren als Fischer-Taschenausgabe verramscht und liegt seitdem auf meinem SUB. Wenn du's mal lesen willst, vielleicht in einer Leserunde? Ich wäre dabei.


    HG
    finsbury


    Hallo finsbury,


    vorerst schaff ich eine weitere Leserunde leider nicht. Das Buch reizt mich zwar sehr; aber auch soviele andere Bücher.


    manchmal macht mich das kirre. Dieser Vigoleis-Thelen lockt, nun das "Kritikon". Soll man kaufen, obwohl man weiß, dass man in diesem Jahr vermutlich nicht mehr dazu kommt, oder es sein lassen?


    dazu passt Sandhofers Lieblingssmilie: :grmpf:


    danke auch für den Hinweis über das Handorakel. Das ist ja erst kürzlich in dieser neuen Fischer TB-Reihe herausgekommen; als Reclam auch, wie ich gerade bei meiner Suche sehe.


    ich melde mich, sollte ich mich doch noch anders entscheiden.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)