Lew N. Tolstoi


  • Es gab einen Film?


    Keira Knightey, Keira Knightley ... ist das die Bajoranerin auf Deep Space 9?


    Was heißt hier 'einen'???? Mehrere. Den mit Keire Kneightley kenne ich nicht, aber davor gabe es schon Verfilmungen.


    Was ist Deep Space 9?? Ich fürchte, ich bin über Raumschiff Enterprise nie hinausgekommen... :zwinker:

  • Es gibt eine in meinen Augen substantielle Kritik an Lev Tolstoj, die von dem Moskauer Philosophen und Schriftsteller Vladimir Karlovich Kantor (geb. 1945) stammt. Ein Teil seiner Bücher ist auch in deutscher Sprache zu lesen, die ich empfehlen möchte.
    http://www.perlentaucher.de/autor/vladimir-kantor.html


    Tolstoj lobe etwa in "Krieg und Frieden", Kantor zufolge, vor allem das Irrationale, die endlose Duldsamkeit der russischen Bauern, die von keiner Bildung und Aufklärung erreicht werden.
    Von den Franzosen, die eine Revolution hinter sich hatten, komme das Unheil, Napoleon erscheint bei Tolstoj tatsächlich eher als eine Karikatur, ein Zerrbild. Der russische Reformer Michail Speranskij (1772-1839), der rechtstaatliche Verhältnisse in Russland anstrebte, wird im Roman als kalter und steifer Westler verhöhnt. Die meisten Deutschen sind hölzerne Pedanten und begreifen die russische Volksseele nicht, Wolzogen und Clausewitz reiten am Vortag der Schlacht von Borodino als ahnungslose überhebliche Deutsche durch das russische Lager und Leute ihres Schlages verderben den Zaren mit ihren neunmalklugen Ratschlägen. Bei Tolstoj ist, so scheint mir ebenfalls, eine aufklärungsfeindliche, vernunftfeindliche Tendenz festzuhalten, ein Anti-Westlertum, das indes in realsozialistischen Zeiten im Klassenkampf gegen den feindlichen Westen dankbar aufgegriffen wurde (Kampagne gegen den "Kosmopolitismus" Anfang der 1950er Jahre, Überlegenheitsgefühl unter Chruschtschow gegenüber dem "dekadenten Westen" usw., die sich in der literaturhistorischen Behandlung Tolstojs niederschlugen).


    Lenin, der einen "feudalen Sozialismus" von anderen Ausprägungsformen des Sozialismus unterschied und Tolstoj zu dieser Strömung zählte, war zwar das religiöse Tolstojanertum unheimlich, aber der Schriftsteller, der die soziale Ungerechtigkeit anprangerte, war ein willkommener Verbündeter der Bolschewiki bei der sozialen Umwälzung, bei der das Dorf gegen die Stadt (mit ihrer Intelligenz) ausgespielt wurde. Und der Marxismus-Leninismus ließ die religiösen Traditionen mit übergroßen Bildern von Persönlichkeiten, großen Fahnen, panegyrischen Dankesworten, Weiheliedern unter anderem Vorzeichen munter weiterleben.



    Anstatt einen Rechtsstaat mit Gesetzlichkeit herbeiführen zu wollen, setzt Tolstoj auf das dumpfe anarchische Gefühl im Volke. Der Adlige erhebt sich mit Verachtung über die bürgerlichen Emporkömmlinge, auch wenn diese mit praktischem Wissen in den Bereichen Handel, Finanzen, Gewerbe ausgestattet waren. Die Übernahme des französischen bürgerlichen Code Civil, so sein Sprachrohr Fürst Andrej Bolkonski, hätte für Russland nur Fremdes, Verderbenbringendes zur Folge gehabt.
    Tolstoj wollte ja noch Nikolaj Karamzin (1766-1826) als die beherrschende intellektuelle Gestalt Russlands zu jener Zeit in "Krieg und Frieden" einführen, doch erwies sich dieser offenbar ebenfalls als zu "westlerisch", zu sehr beeinflusst vom Denken der Aufklärung und des Rationalismus.
    Es könnte jemand kommen und sagen, dass das dann auch noch stärker in den Ansichten Dostoevskijs enthalten sei und sich bei Solshenizyn fortsetzt.


    In Gontscharows "Oblomow" hingegen wird der bürgerliche Freund des untätigen Romanhelden namens Stolz (!) mit oder trotz deutscher Herkunft als durchweg positive Gestalt gezeichnet, solche aktiven Leute brauche Russland!

  • Vor einiger Zeit habe ich eine niederländische Übersetzung von Tolstois "Krieg und Frieden" gekauft. Das Format des Buches ist kleiner als ein (gelbes) Reclamheft, es enthält ca. 2000 Seiten und ist trotzdem nur 3 cm dick. Man kann es also leicht überall mit hinnehmen, es passt sogar in die Jacken - oder Manteltasche. Allerdings ist es gar nicht das Buch, das ich kaufen wollte. Es handelt sich nämlich um die 'Urversion', von der ca. ein Drittel zu Lebzeiten Tolstois als Fortsetzungsroman in einer russichen Zeitschrift erschien, aber der Rest nur als unveröffentlichtes Manuskript existierte. Eine Mitarbeiterin des Moskauer Tolstoimuseums hat diese Urfassung rekonstruiert. Sie wurde im Jahr 2000 in Moskau veröffentlicht. Diese frühe Version ist weder ein Fragment, noch eine gekürzte Ausgabe, sondern ein abgeschlossener Text, der auch von Tolstoi als abgeschlossen angesehen wurde. Auf ihm beruht die spätere, umfangreichere Buchausgabe, die stellenweise deutlich von der 'Urversion' abweicht.

    Auf Deutsch ist diese Version wohl (noch) nicht erschienen.