Kommentare zu folgenden, klassischen Büchern

  • Johann Gottfried Herder: Journal meiner Reise im Jahr 1769


    Albrecht von Haller: Die Alpen


    Salomon Geßner: Idyllen


    Christoph Martin Wieland: Musarion oder Die Philosophien der Grazien


    Christoph Martin Wieland: Geschichte des Agathon




    Liebe Leute, in Gefahr, unverschämt zu scheinen, bitte ich euch, falls ihr diese Bücher gelesen habt, Kommentare und Meinungen zu ihnen zu schreiben. Oder sonstiges Wissen . . . Ich kenne diese Bücher (noch) nicht, wurde aber neugierig gemacht. Lieben Gruß.

  • giesbert: Kann ich nur mit unterschreiben.


    Knabe: Die Zusammenstellung klingt nach einem Uni-Seminar ... Der junge Herder lohnt eine Lektüre auf jeden Fall. Trotz Lokalpatriotismus: Statt Haller lieber Brockes.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • ach, bw, Haller: Der soll ein wichtiger Baustein in der Wahrnehmung des Naturschönen und Erhabenen sein. Bis zu Haller galten die Alpen wohl eher als "Warzen der Natur", als hässlich und ganz bestimmt nicht als etwas, mit dem man sich literarisch beschäftigt


    (Disclaimer: Hörensagen, hab ich mal in einem Seminar aufgeschnappt, aber nie überprüft)

  • Ich danke sehr! Alpen, die "Warzen der Natur", das klingt ja lustig.
    Ich war jetzt im Buchhandel und kaufte mir Herders Journal, ein 300-Seiten schweres Buch. Die ersten Seiten sind sehr köstlich und munter geschrieben, mit viel Leidenschaft jammert er darüber, was er alles verpasst hat zu lernen, und über zehn Zeilen lang werden nur mehr oder weniger bekannte Namen aufgelistet, die er hätte studieren sollen. Interessante Gedanken sind auch dabei... nochmals danke, euch beiden.


    Lieben Gruß.

  • Hallo zusammen!


    giesbert: Waren wir mal zusammen im selben Seminar? Ich glaube nicht. Dann ist das mit Haller entweder wahr oder eine "Germanistic Legend" :smile:. Trotz aller geistes- und literaturgeschichtlichen Wichtigkeit der Alpen: Brockes finde ich besser. (Wobei ich auch nur aufgrund meiner alten Auswahlausgabe von Reclam urteilen kann ... )


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    Wie überhaupt Wieland und Herder, finde ich, zu Unrecht sehr stiefmütterlich behandelt werden - von Verlegern wie Lesern.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • und noch ein Nachtrag zu Haller: "Die Alpen" sind kein Buch, sondern ein Gedicht, das in meiner Reclam-Ausgabe gerade mal knapp 20 Seiten lang ist. Wie ich aus Anstreichungen vermute, hab ich das auch mal gelesen. Aber davon behalten habe ich überhaupt nichts. - Das Nachwort sagt nichts über die "Warzen der Natur".

  • Eben lese ich etwas sehr Interessantes. Goethe war einundzwanzig, als er Herder zum ersten Mal begegnete. Herder war für ihn die genialste Persönlichkeit bisher. Goethe war von seinem Fleiß und seinem Wissen und seiner Arbeitskraft sehr beeindruckt. Er schreibt in einem Brief an Knebel, "es ist unglaublich, was er arbeiten kann", und Jahrzehnte später schreibt er im zehnten Buch von "Dichtung und Warheit", "Was in einem solchen Geiste für eine Bewegung, was in einer solchen Natur für eine Gärung müsse gewesen sein, läßt sich weder fassen noch darstellen."


    Die Forschung fand auch heraus, dass Herder ein Vorbild für Faust war. Er erwarb ebenfalls mit unermüdlichem Fleiß die Kenntnisse vieler Disziplinen und versäumt so das Leben. Er gerät ebenfalls in Zweifel über seine Gelehrsamkeit, die nichts andres war als ... "in Worten" zu "kramen". Nun gut, lieben Gruß.


  • Eben lese ich etwas sehr Interessantes. Goethe war einundzwanzig, als er Herder zum ersten Mal begegnete. Herder war für ihn die genialste Persönlichkeit bisher. Goethe war von seinem Fleiß und seinem Wissen und seiner Arbeitskraft sehr beeindruckt.


    Deshalb wird das zu Recht in jeder Goethe-Biographie ausführlich ausgebreitet :zwinker:



    CK

  • Hallo zusammen,



    Wie überhaupt Wieland und Herder, finde ich, zu Unrecht sehr stiefmütterlich behandelt werden - von Verlegern wie Lesern.


    Jaa, wobei ich mich eher mit Wieland auskenne. Der ist elegant und witzig - wie auch giesbert schon schrieb - und auch sehr weltmännisch, zuweilen modern.
    Den sollte man viel mehr lesen können!
    Besonders amüsant und leicht zu lesen:
    Der Sieg der Natur über die Schwärmerei oder Die Abenteuer des Don Sylvio von Rosalva.


    Bestimmt nicht sein wichtigstes Buch, aber ein Beispiel dafür, dass man auch in Deutschland witzig und geistreich erzählen konnte.
    Außerdem ein nettes Begleitwerk zum Don Quichote, denn es geht um eine ähnliche Thematik!


    Durch den "Agathon" habe ich mich etwas durchgequält, der ist vergleichsweise ernst und "philosophisch"!


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo zusammen!



    Jaa, wobei ich mich eher mit Wieland auskenne.


    Ach du grüne Neune! :grmpf: Liest hier jemand von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft mit? Da öffne ich nichtsahnend das Mitgliedermagazin - und was grinst mich an? Suphans 33-bändige kritische Herderausgabe für nicht ganz € 400.00! Sch ... Die muss ich haben - selbst wenn ich im ganzen Jahr 2007 nur noch Herder lese ... :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Ach du grüne Neune! :grmpf: Liest hier jemand von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft mit? Da öffne ich nichtsahnend das Mitgliedermagazin - und was grinst mich an? Suphans 33-bändige kritische Herderausgabe für nicht ganz € 400.00! Sch ... Die muss ich haben - selbst wenn ich im ganzen Jahr 2007 nur noch Herder lese ... :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Ich war gestern auch geschockt :breitgrins:


    Die 33 Bände überforderten im Moment aber arg meinen Regalplatz.


    Den Zeller habe ich auch noch nicht gekauft, ebensowenig die zweisprachige Platonausgabe.


    CK

  • Eine Herder-Leserunde? :breitgrins: So von Band 1 bis 33? :winken:


    (Aber erst ab 2. Quartal 2007; ich ziehe, so Gott und die Handwerker wollen, im Frühjahr um und möchte die Herder-Bände nicht auch noch mitschleppen. Ausserdem sollte ich dann mehr Regalplatz haben ...)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Besonders amüsant und leicht zu lesen:
    Der Sieg der Natur über die Schwärmerei oder Die Abenteuer des Don Sylvio von Rosalva.
    Bestimmt nicht sein wichtigstes Buch, aber ein Beispiel dafür, dass man auch in Deutschland witzig und geistreich erzählen konnte.
    Außerdem ein nettes Begleitwerk zum Don Quichote, denn es geht um eine ähnliche Thematik!


    Naja, sagen wir mal, er hat sich manchmal ein wenig - ähhh - inspirieren lassen :breitgrins:


    Zitat


    Durch den "Agathon" habe ich mich etwas durchgequält, der ist vergleichsweise ernst und "philosophisch"!


    Der "Agathon" ist ein Erziehungs- und Bildungsroman, er ist vielleicht ein wenig - aufklärerisch, also, ich fand ihn ein wenig zäh.
    Aber beide Romane sehr lesenswert.


    Besser - vor allem auch viel amüsanter - fand ich "Die Geschichte der Abderiten". Abdera - das antike Schilda.
    Eine wunderhübsche Geißelung menschlicher Torheiten. Mit dem berühmten Streit um des Esels Schatten, soweit ich mich erinnere.


    Eine schöne Sammlung von Erzählungen - "Das Hexameron von Rosenhain".


    Und wunderschön, elegant gereimt, sind auch viele der Verserzählungen.


    Ich hatte seinerzeit in den 80ern den Greno-Reprint der alten Göschen-Werkausgabe gekauft, als der nach der Verlagspleite in den Ramsch kam. 50 Märker hatte ich dafür hingelegt. Letztes Jahr war ich mal im Wieland-Museum in Biberach, und da wurde das immer noch angeboten, für 50 Euro. Die normale Inflation also. :wink:
    Wer mal in der Gegend ist, sollte sich das Museum nicht entgehen lassen! Und unbedingt auch das Gartenhaus anschauen. DAS seht ihr da auf dem Bild, nicht das Museum.


    Diese Göschen-Ausgabe ist wohl sehr vollständig, und ich finde die alte Typographie wirklich hübsch, aber sie ist gar nicht kommentiert; über die editorische Zuverlässigkeit weiß ich nichts.


    "Aristipp", den riesigen Briefroman, kenn ich bis heute nicht.


    Wieland war ein eleganter Stilist, und eine Menge Autoren haben sich von dem was abgeguckt.
    Viel Schmäh hat er aber auch abgekriegt.


    Gruß
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Wieland, wie gern wär ich da dabei! Und ein grinsender Grüner würde mich auch nicht davon abhalten.


    Es ist eine Freude, hier eure Kommentare zu lesen. Denn seit kurzem beschäftige ich mich doch ein bisschen mit der 2. Hälfte des 18. Jahrhundert: - wobei ich noch in der Vorklassik bin, bei den Anakreontikern, Aufklärern und ähnlichen Erscheinungen: Gleim, Ramler, Uz, Gellert, die Karschin, ... und nun endlich Klopstock! Messias, der ja beinahe vergöttert wurde! Da muss ja was dahinter gewesen sein! Eine .. "intellektuelle Freude" ist das Lesen solcher Autoren!


    Ach ja, Wieland, der getadelte. Warum? Von wem? Der Göttinger Hainbund hat seine Werke VERBRANNT! Sein Bildnis ebenfalls ins Feuer geworfen. Wie ich aus einigen Briefen von den Mitgliedern herauslese, verachteten sie ihn wegen seines Humors, der nicht in die reine Poesie gehöre, wie sie meinten.


    Gibt es noch andere große literarische Feinde? Was sind die Hintergründe?


    Herder hatte ja auch so seine Charakterschwächen... lese ich im Nachwort des "Journals"(der übrigens über einige zig Seiten langatmig wird). Beispielsweise schrieb er in den 60er Jahren bissige anonyme Schriften (gegen Klotz u.a.). Die Autorenschaft war zwar jedem bekannt, aber er leugnete sie jahrelang ab. Die Situation wurde schließlich irgendwann so unerträglich, dass er also abreiste - und das war der Anlass für den "Journal meiner Reise..".


    Aber was ich da rede. Als ob ihr das nicht schon längst wüsstet, oder - als ob es euch überhaupt interessiere!
    Es tut mir Leid, aber so einen Enthusiasmus für das schöne 18. Jahrhundert, ich weiß nicht, wie oft ich sowas noch erleben werde. Lieben Gruß,
    ein völlig entzückter Knabe.

  • Klopstock! Messias, der ja beinahe vergöttert wurde! Da muss ja was dahinter gewesen sein!

    Klopstock. Naja. Lies lieber einen Band Wieland mehr als den Messias ;-).


    Arno Schmidt hat sich mal den Spaß erlaubt, fiktive Briefe zu schreiben. Darunter auch diesen:


    [quote]S. H. Herrn
    F. G. Klopstock, Superintendent.
    Schul-Pforta
    bei Naumburg/Saale.


    Sehr geehrter Herr!


    Anbei den Messias zurück.


    Ihr


    Arno Schmidt

  • Hallo zusammen!


    Klopstock. Naja. Lies lieber einen Band Wieland mehr als den Messias ;-).


    Das eine tun, das andere aber (um Himmels willen!) nicht lassen?


    Arno Schmidt hat sich mal den Spaß erlaubt, fiktive Briefe zu schreiben. Darunter auch diesen:


    Bei Schmidt wende ich als Faustregel an: Wo er nichts sagt, oder verreisst: nachlesen, da könnte was dahinter stecken. Wo er lobt: Vorsichtig herangehen ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus