dramatik als form der literatur

  • eben. sollte man das denken zugunsten eines glücklichen oder vielmehr pseudoglücklichen lebens aufgeben? ist es das wirklich wert?

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • du hast es erfasst. das ist der witz an der tragödie.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"

    das denken an sich kann dem glück oder vielmehr der annäherung daran nicht zuträglich sein, wenn man beginnt, sich selbst und die welt in größerem kontext zu sehen. man kann sich nicht unmittelbar mit der sinnlosigkeit, winzigkeit, unwichtigkeit seiner existenz oder der unmöglichkeit von wissen anfreunden, man kann sie nicht aufnehmen, ohne sich damit selbst zu zerstören. man trägt ein etwas in sich, was sich entschieden weigert, diese tatsache aufzunehmen. man kann es vielleicht mental realisieren und damit leben, aber wenn man dies vollständig, also auch emotional versucht, ist man so gut wie verloren. denn dann beginnt man, sich selbst zu vergessen, sich selbst gleichgültig zu sein. und so ist man nicht überlebensfähig.


    Würde es zu weit führen mich nun völlig ins Off-Topic zu bewegen und zu sagen warum es meine persönliche Auffassung ist das dem nicht so ist? Selbstverständlich wird einem zuallererst fast schwarz vor Augen wenn man sich negative Mechanismen und Sachverhalte wie sie auf der Welt nun einmal existieren erstmals vor Augen führt. Wie es Elfriede Jelinek einmal so passend formulierte "Eigentlich müsste man auf der Stelle verrückt werden"- völlig passend wären da nicht diejenigen die sich, vergleichlich Antagonisten, gegen all das Stellen und , ohne die Grauenhaftigkeit des Gedachten zu verleugnen, in meinen Gedanken gewissermaßen neutralisierend wirken. Höchstwahrscheinlich war das allerdings nicht was du meintest, sondern eher das Unvermögen seinem Sein jemals Sinn zu verleihen was einem erst durch Denken in seiner Tragweite bewusst wird. Kennt vielleicht jemand Kurt Tucholskys "Sind sie eine Persönlichkeit?". Reichlich satirisch natürlich, aber sehr zutreffend wenn Tucholsky wortreich die behauptung in den Raum stellt denkende Menschen hielten sich, so sehr sie es leugnen, für sehr viel individueller als den gesamten Rest der Bevölkerung. Tatsächlich- selbst in diesem Moment in der ich mir meiner Kleinheit voll bewusst bin spiele ich, als Mensch der glaubt gerade gedacht zu haben, trotz aller Schwermut der dieser Gedanke in mir auslöst sicherlich unterbewusst: "Einzigartiges Individuum". ;)

  • Zitat von "lebenszeichen"

    eben. sollte man das denken zugunsten eines glücklichen oder vielmehr pseudoglücklichen lebens aufgeben? ist es das wirklich wert?


    Hm. Verstehe ich das jetzt richtig, dass es für Dich nur zwei Möglichkeiten gibt: Denken ODER glücklich sein?


    Fragende Grüße
    Manjula

    [size=10px] "Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden." [/size]

  • "sind sie eine persönlichkeit?" von tucholsky ist hier zu finden.


    tucholsky hat schon recht mit der behauptung, die hier schon formuliert wurde, das ist letztendlich genau dasselbe wie meine behauptung, oder vielleicht besser: die von einer reihe von menschen, zu denen ich gehöre, gestellte behauptung, wir könnten die sinnlosigkeit unseres lebens niemals vollständig einsehen.


    Manjula: das will ich nicht behauptet haben, ich habe formuliert, dass man als denkender mensch nicht glücklich sein kann, wenn die gedanken in eine bestimmte richtung gehen. selbstverständlich kann man sich auch eine vollkommen positive ansicht der welt zulegen, das funktioniert aber auch nur für kurze zeit. irgendwann wird es einstürzen, sich durch die eigene unmöchlichkeit oder vielmehr das nichtwissen um dessen möglich- oder unmöglichkeit selbst in schutt und asche legen.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Aha, dann bin ich ja beruhigt. Da ich mich nicht als unglücklichen Menschen ansehe, hätte ich mich sonst als nicht denkend einstufen müssen (wehe, jetzt kommt Zustimmung :elch: )


    Schönen Abend noch!


    Liebe Grüße
    Manjula

    [size=10px] "Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden." [/size]

  • Zitat

    selbstverständlich kann man sich auch eine vollkommen positive ansicht der welt zulegen, das funktioniert aber auch nur für kurze zeit. irgendwann wird es einstürzen, sich durch die eigene unmöchlichkeit oder vielmehr das nichtwissen um dessen möglich- oder unmöglichkeit selbst in schutt und asche legen.


    Einspruch. :zwinker:


    Der denkende Mensch kann durchaus glücklich sein, obwohl er sich der Tatsache bewusst ist, dass die Welt kein irdisches Freudental ist.


    Hier kommen wir wieder zu dem Aspekt der Auswahl der eigenen Position, wie schon früher in der Diskussion angesprochen. Will ein denkendes Individuum alle Last der Welt auf den Schultern tragen, wird das zum Zusammenbruch des Individuums führen. Verschliesst man die Augen vor jeglichen Missständen, lebt man in einer Scheinwelt.


    Die eigene Position zwischen diesen beiden Extrempolen zu finden, das ist die Aufgabe. Eine ungeheuer schwere Aufgabe, denn dazu bedarf es vieler Gedanken, einer grossen Portion Verzicht und sehr viel Bescheidenheit bei der Einschätzung der eigenen Person, Fähigkeiten und Möglichkeiten.

  • Zitat von "Ludolf"


    Eine ungeheuer schwere Aufgabe, denn dazu bedarf es vieler Gedanken, einer grossen Portion Verzicht und sehr viel Bescheidenheit bei der Einschätzung der eigenen Person, Fähigkeiten und Möglichkeiten.


    Etwas Resignation, etwas Sarkasmus und eine Prise Zynismus - und es lebt sich trotz aller Gedanken gar nicht so schlecht.
    Wer das Leben nicht gar zu sehr liebt, hat weniger Angst vor dem Tod, was auch ein Vorteil ist!
    Denn was ist "Glück" und was "Denken"? - Wir schreiben eine Menge, vielleicht ohne das gleiche unter den verwendeten Begriffen zu verstehen - aber Terminologie ist oft so langweilig...



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • ich denke eher, man muss sich das leben wie ein tauziehen vorstellen. unsere zwei extreme kämpfen um die vorherrschaft, die art unserer gedanken und handlungen ist der mittelpunkt des seils. achtung: hiermit will ich nicht sagen, dass der mensch von zwei kräften gesteurt wird, die außenstehend sind, ich will ausdrücken, dass der mensch der wettkampf ist, er ist sowohl das seil als auch die beiden kräfte... dann ist das leben dreifacher unbesiegbarer schmerz, einerseits hat man die beiden kräfte, die um nichts in der welt aufgeben wollen (man müsste sich töten, um sie zur ruhe zu bringen) und sich selbstverzehrend um die übermacht bemühen, auch wenn man in gedanken zu einer einigung gelangt, und andererseits den schmerz des bis zum zerreißen gespannten seils... wenn man sich nun sagt: dies ist meine position, und sich damit abfindet respektive abzufinden glaubt, zerren die beiden seiten immer noch am unterbewusstsein, verausgaben sich noch immer...

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "alpha"

    Etwas Resignation, etwas Sarkasmus und eine Prise Zynismus - und es lebt sich trotz aller Gedanken gar nicht so schlecht.


    Ja, ja, ja! Der Sarkasmus ist ja schon fast mein Lebenselixier- eine der wenigen Charakter-muskeln die in in der sich manchmal einstellenden Tristesse stärker werden.

  • der sarkasmus ist kein pflaster auf den inneren zwiespalt, er ist der fast undurchsichtige schleier für die anderen, dessen vorhandensein einem manchmal noch ein kleines triumphgefühl bescheren kann.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"

    ich denke eher, man muss sich das leben wie ein tauziehen vorstellen. [...]
    wenn man sich nun sagt: dies ist meine position, und sich damit abfindet respektive abzufinden glaubt, zerren die beiden seiten immer noch am unterbewusstsein, verausgaben sich noch immer...


    Deine Beschreibung ist grundsätzlich als Bild wunderschön - aber: Ist es nicht noch eine Vereinfachung? - Zwei Kräfte, ein Seil? - Ist das Leben wirklich eindimensional? - Ich fürchte, es ist es nicht!


    Ist einmal eine Position fixiert, so wirken die Kräfte natürlich weiter - es ist ein Pendeln (ob ein-, zwei-, drei- oder mehrdimensional...) um diese Position, es gibt ja nirgends eine vollständige Ruhe, kann es nicht geben - aber das ist ja auch "leben" - Ruhe, Starrheit, Fixiertheit, das ist der Tod.
    Die Kräfte mögen sich verzehren (obwohl ich mir momentan gerade nicht sicher bin, was wir als "Reibungsverluste" einsetzen sollen...), aber auch das ist natürlich: Verzehren sie sich, nehmen sie an Stärke ab - irgendwann sind sie aufgebraucht... - Vielleicht "gefährlicher" ist das Resonanzphänomen: Da werden die Kräfte immer stärker, da wird er Mensch zerrissen von den Kräften. (kennt ausser mir jemand das Schundbuch "Feuerkind" von Stephen King? - Das einzige Buch, das ich von ihm gelesen habe - und eine eindrückliche Szene (mir ist sie jedenfalls geblieben) schildert ein solches Resonanzphänomen, wenn man so will. )



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • selbstverständlich gibt es noch andere anlässe für eine verschiebung des seils, aber letztendlich stärken diese einflüsse doch die kräfte...


    mit "verzehren" meine ich nicht, dass sie schwächer werden, sondern wollte eher die verzweifelte anstrengung damit verdeutlichen... das "resonanzphänomen" kann natürlich auch vorkommen, wenn beide seiten den gegner unterschätzen und schließlich immer mehr von ihrer kraft aufwenden müssen... das buch von king habe ich noch nicht gelesen, ich kenne bloß "es" und "das mädchen".

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  • Zitat von "Titania"

    Tatsächlich- selbst in diesem Moment in der ich mir meiner Kleinheit voll bewusst bin spiele ich, als Mensch der glaubt gerade gedacht zu haben, trotz aller Schwermut der dieser Gedanke in mir auslöst sicherlich unterbewusst: "Einzigartiges Individuum". ;)


    Die zwangsläufige Individualität der anderen tut der eigenen doch keinen Abbruch. Denke Tucholsky spottet da auch etwas über den früher und letztendlich auch noch heute, wenn nun auch eher unterschwellig, in höheren Untertanenköpfen virulenten Irrglaube, nur sie, die Herrschaften seien Individuen, natürlich ganz automatisch, und einzig sie hätten da auch ein Recht drauf, natürlich ein von Gott gegebenes.
    Hier den negativen Aspekt zu fokusieren wäre die genau gegenteilige Sichtweise als die vom (laut Lichtenberg einzig angemessenen) Begriff tristesse affizierte.

  • wenn jeder mensch ein individuum (langsam beginne ich, diesen begriff zu hassen) ist, dann ist an der individualität nichts besonderes mehr...
    selbstverständlich ist jeder mensch unterschiedlich, im aussehen wie in der denkweise und den fähigkeiten. allerdings: mein aussehen ist mir durch den bloßen zufall bei meiner entstehung gegeben, das ist nicht mein verdienst. gewisse fähigkeiten habe ich mir durch beeinflussung anderer menschen angeeignet. die persönliche denkweise ist mir in der frühesten kindheit beeinflusst worden und wird es noch immer. alles, alles lässt sich doch letztendlich auf etwas fremdes zurückführen, etwas wie "meins" im sinne von etwas aus mir stammenden ist nicht möglich. diese erkenntnis ist letztendlich einfach, aber, wie so oft, fehlt uns die fähigkeit, sie voll und ganz zu realisieren.


    bonjour tristesse...

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Moin, Moin!


    Zitat von "lebenszeichen"

    mein aussehen ist mir durch den bloßen zufall bei meiner entstehung gegeben, das ist nicht mein verdienst.


    In Zukunft, so meine Befürchtung, wird dies kein Argument mehr sein. Dann werden die Menschen, die sich dank plastischer Chirurgie nicht 'optimiert' haben. ins Hintertreffen geraten.

  • trotzdem ist stammt mein aussehen nicht von mir, welcher schönheitschirurg operiert sich denn selber? ich wäre dann trotzdem der tonklumpen für so viele, nur dass unter anderem auch ein arzt dieser sorte seine finger im spiel gehabt hätte. und genau genommen nicht einmal der arzt selber, die fähigkeit kommt ja letztendlich nicht von ihm, ist im weitesten sinne nicht "seine fähigkeit"...

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"

    alles, alles lässt sich doch letztendlich auf etwas fremdes zurückführen, etwas wie "meins" im sinne von etwas aus mir stammenden ist nicht möglich. diese erkenntnis ist letztendlich einfach, aber, wie so oft, fehlt uns die fähigkeit, sie voll und ganz zu realisieren.


    Wie kannst du wissen, dass NICHTS von dir selbst stammt? - Du kannst eigentlich nicht wissen, was du selbst bis und wo die fremden Einflüsse beginnen (bzw. sie beginnen nicht, sie sind allgegenwärtig, aber wo sie etwas übertünchen, was stärker von dir selbst geprägt ist, wenn du verstehst, was ich meine). - Natürlich kannst du jetzt sagen, dieser Rest sei Zufall, genau wie das Aussehen - und damit hast du wohl recht! - Aber: Worüber diskutieren wir überhaupt? - Über den Wert der Individualität? - Naja, ein Begriff, nicht viel mehr.



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • wissen kann ich das nicht, so wie meiner meinung nach kein mensch im stande ist, irgendetwas zu wissen. wir diskutieren nicht auf festem boden, sondern schweben im weltraum der unsicherheit über unsere eigene subjektive vernunft, die auch die mauer sein kann, an der wir uns den schädel einrennen.


    und, ja, tatsächlich ist der rest wohl zufall. und, ja, wir scheinen tatsächlich auf den wert der individualität gekommen zu sein. und, ja, es ist nur ein begriff, darauf wollte ich ja die ganze zeit hinaus. sie hat keinen wert.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.