Martin Walser 1957

  • Warum nicht? :grmpf:



    Weil der alte Walser zum Schwätzer wird. "Tod eines Kritikers" war - wo es gut war - eine Kopie der "Ehen in Philippsburg". Ausserdem kenne ich mittlerweile genügend Geschichten à la: "Alter Mannn liebt junge Frau und kriegt sie (nicht)" ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo Hubert,


    liest du das Buch zeitnah? Berichte bitte.


    Grüße von
    Maria


    Hallo Maria,


    bei meinem momentanen Lesetempo werde ich wenn das Buch erscheint vermutlich noch mit dem Milchmann Tewje beschäftigt sein und drei Tage nach Erscheinen des Romans beginnt schon die Leserunde zur „Kartause von Parma“, so dass es vermutlich mit zeitnahem Lesen nichts wird. Aber ich versuche bei Walser immer zeitnah eine Lesung zu besuchen, was meistens klappt und dann werde ich zumindest erste Eindrücke hier berichten.


    LG


    Hubert


  • okay :-)


    LG
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • okay :-)


    LG
    Maria


    Hallo Maria,


    auch diesmal hat es wieder geklappt und zwar so zeitnah, wie es eigentlich nur bei Walser möglich ist. Sammler von signierten Büchern wie ich einer bin, sind natürlich daran interessiert, dass die Bücher möglichst zeitnah zum Erscheinen signiert werden. Ideal ist eine Signatur mit Datum des Erscheinungstages. Walser hat mir seinen neuen Roman „Muttersohn“ schon einen Tag vor dem offiziellen Erscheinungstermin im Literaturhaus in Stuttgart nach einer spannenden Lesung signiert. Mehr geht nicht! Ist mir aber z.B. auch bei seinem letzten Werk „Mein Jenseits“, damals im Literaturhaus Frankfurt gelungen und dazwischen war noch der dritte Band seiner Tagebücher in der alten Aula der Uni Heidelberg, auch sehr zeitnah.


    LG


    Hubert


    Zur Lesung:

  • Einen Tag vor dem offiziellen Erscheinungstermin seines neuen Romans „Muttersohn“ gab’s im Literaturhaus Stuttgart eine Veranstaltung mit Martin Walser und Julia Schröder (Redakteurin bei der Stuttgarter Zeitung).
    Wie bei der Einführung gesagt wurde, war dies Walsers 10. Lesung im LH Stuttgart und da das Literaturhaus im November 2001 eröffnet wurde, kann man sagen, der Walser liest hier regelmäßig einmal im Jahr.
    Der große Saal des Literaturhauses war durch Herausnehmen einer Trennwand zusammen mit Saal 2 zu einem noch größeren Saal erweitert worden, trotzdem war natürlich ausverkauft. Walser, der im März diesen Jahres 84 Jahre alt wurde, las eine Stunde lang am Stehpult quer durch den Roman. Als ich die Leseprobe bei amazon zu dem Roman gelesen hatte, war ich, zugegeben, nicht sonderlich begeistert. Als aber Walser mit seiner immer noch kräftigen Stimme zu Lesen anfing, hat mich der Roman sofort gepackt. Vor und nach der Lesung ließ sich Walser noch jeweils 20 Minuten von Julia Schröder befragen oder erzählte Anekdoten, wie z.B. die Folgende über Arno Schmidt, der im Roman auch eine, wenn auch etwas schräge, Rolle spielt:


    Walser war ja vor seiner Schriftstellerkarriere Radioredakteur in Stuttgart und hatte einmal Arno Schmidt zu einem Radiofeature eingeladen, wobei es auch zu einem Besuch von Arno Schmidt und dessen Frau bei Walser zu Hause kam. Mangels eines Kinderbetts lag die kleine Franziska (Walsers älteste Tochter), es muss also 1952/53 gewesen sein, in einem Wäschekorb, der im, so Walser, „Alleszimmer“ stand und schlief. Als sie an dem Baby vorbeigingen raunte Arno Schmidt seiner Frau zu: „Dafür haben wir Katzen“.


    Da Walser Lesungen immer ein Event sind habe ich die nächsten Lesungen hier genannt:
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4413.0.html


    Zum Roman:

  • Das Buch hat 505 Seiten und gliedert sich in folgende fünf Kapitel:


    1. Dem Leben zuliebe
    2. Dieses Leben
    3. Mein Jenseits
    4. Fortleben
    5. Letzte Nachricht


    Das dritte Kapitel „Mein Jenseits“ hat Martin Walser bereits 2010 im Verlag Berlin University Press veröffentlicht um dem Verlagsinhaber Gottfried Honnefelder, mit dem Walser seit gemeinsamen Suhrkamptagen freundschaftlich verbunden ist einen Gefallen zu tun. So konnte man es bisher schon lesen und dass der Rowohlt-Verlag das zugelassen hat ehrt diesen Verlag. Walser erklärte jetzt bei der Lesung, dass das sicher zutrifft, der Hauptgrund für die vorzeitige Veröffentlichung eines Kapitels aber sei gewesen, dass er wissen wollte wie Kritiker und Leser auf den neuen Walser, der nicht über politische oder gesellschaftliche Fragen sondern über Glaubensfragen schreibt, reagiert. Deshalb hat er das dritte Kapitel, das gerade zu diesem Zeitpunkt fertig war, veröffentlicht und da die Reaktion allgemein positiv war konnte er beruhigt weiterschreiben.


    Irgendwo habe ich gelesen, dass es leichter sei, zu sagen worüber der Roman nicht handelt, als darüber worüber er handelt. Also fange ich mal so an:


    Worüber der Roman nicht handelt:


    Über einen alten Mann der eine junge Frau liebt und sie (nicht) kriegt.


    über gesellschaftliche oder politische Themen


    über den Unterschied von CDU und SPD (Walser hat auf diese Tatsache mehrmals hingewiesen)


    und worüber handelt der Roman:


    über Augustin Feinlein, den wir schon aus „Mein Jenseits“ kennen, aber der ist jetzt nicht mehr die Hauptperson, das ist Percy, den seine Mutter nach dem Soulsänger Percy Sledge („When A Man Loves A Woman“) genannt hat und über Arno, der eigentlich Hugo heißt, sich aber Arno nennt, seit er von Arno Schmidt die Erlaubnis dafür bekommen hat, der Roman handelt ferner über Goethes „Iphigenie“ und natürlich über Jakob Böhme und Heinrich Seuse und über Jungfrauengeburt und vor allem über den Glauben. Ist der Walser jetzt auf seine alten Tage fromm geworden? Ich denke nicht, sonst würden seine Protagonisten nicht saudumme Sätze sagen, wie: „Gäbe es Gott dann gäbe es kein Wort dafür.“


    Kann ich den Roman empfehlen?


    Sicher nicht jeder/m, aber wer Walser, wie ich, bisher wegen seiner Sprache liebte und nicht wegen seiner Romaninhalte, den wird auch dieser Roman nicht enttäuschen. Wer sich auf Neues einlassen kann und will, der wird hier sicher fündig werden, wer sich mit anderen gerne über „Literatur“ unterhält, der greift sicher nicht falsch, den Walser ist einer der bekanntesten lebenden Schriftsteller deutscher Sprache und was auch immer der Walser schreibt wird vielfach gelesen und kontrovers diskutiert.


    Werde ich selbst den Roman zeitnah lesen?


    Nein, ich warte auf das vom Autor selbst gelesene Hörbuch:
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4412.0.html

  • Moin, Moin!


    "Die Kürzelsprache der Levetzow-Töchter, die hatte er oft genug erlebt... Swswnn heißt: So weit sind wir noch nicht. Das sei ihre Kürzelsprache. Ja. Sie seien Kinder des 19. Jahrhunderts. Bald werde man sich nur noch in der Kürzelsprache unterhalten." (Walser: Ein liebender Mann)


    Gibts einen Fachbegriff für diesen Umstand, etwas Anachronistisches in eine Handlung einzulassen? Denn offenbar ist das ja ein Seitenhieb auf unseren modernen Abkürzungsfimmel, SMS usw.


  • Moin, Moin!


    "Da das alles auf der Terasse, also im Freien stattfand, war ein Handkuß nicht möglich" (Martin Walser: Ein liebender Mann). Jemand Ahnung, warum nicht? Handschuhe? Oder durfte man nur innen Hände küssen?


    Ein Handkuss auf offener Strasse war zu jener Zeit, was heute ein Coitus im Hauptbahnhof wäre. Möglich, aber obszön. :boff:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Ich hab da mal reingehört und fands ziemlich schwach, mal abgesehen von der doch arg religiösen Thematik.


    Ich hab vor ein paar Wochen mal reingelesen, und fand es, obwohl es ein Walser ist, sehr interessant und hatte mir vorgenommen das Buch demnächst zu lesen. :zwinker:

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Hallo zusammen,


    ich habe mir nun die Anselm Kristlein Trilogie und "Muttersohn" bestellt. Besonders auf "Halbzeit" bin ich gespannt.


    Dazu habe ich noch eine Frage, ob jemand eine andere Ausgabe von "Ehen in Philippsburg" hat als die Version aus der SZ-Bibliothek, der ein Fehlerteufel unterlaufen ist und ich gerne wissen würde, was anstelle der Fehler steht:


    S. 210
    An diesem Abend war es wieder einmal Harry Büsgen, der plötzlich in die Hände klatschte und nicht aufhörte, bis einige den Mut fanden, sich ihm anzuschließen, worauf denn ein langes Geklatsche anhob, das Dr. ten Bergen vergeblich durch ein@emspI4;paar bescheiden abwehrenden Handbewegungen beizulegen suchte.


    S. 247
    Leider ist es mir nicht erlaubt, solche@emsp14;Geschenke zurückzuweisen, obwohl ich weiß, dass jeder Mensch Blumen verdient, nur unser Oberspielleiter nicht.




    wäre nett wenn jemand nachschauen könnte.


    Ich fand "Ehen in Philippsburg" sehr ausdrucksstark, bis auf zwei Szenen die ich befremdlich empfand.


    LG
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Hallo Maria,


    ich finde die Stellen in "Ehen in Philippsburg" nicht, mach mal ein paar genauere Angaben, ich habe die Suhrkamp Taschenbuchausgabe.


    Gruß, Lauterbach


    Hallo Lauterbach,


    super, dass du nachschaust. Also, die erste zitierte Stelle ist im 3. Teil (von 4 Teilen) "Verlobung bei Regen" zufinden, ca. Mitte des 3. Teils, als Ansprachen gehalten werden auf die Verlobung von Hans Beumann und Anne Volkmann. Büsgen unterbricht die Rede von ten Bergen.


    die zweite zitierte Stelle befindet sich im 4. Teil "Eine Spielzeit auf Probe" , Tagebucheintrag von Klaff, wird von Hans Beumann gelesen, ziemlich am Anfang, nur ein paar Seiten weiter . Der Absatz beginnt mit .....Es kamen aber - Gott sei Dank dafür - an diesem tag nur noch Schauspieler, die nach Briefen fragten oder Briefe hinterlegten, die ich weiterbesorgen sollte. Eine Dame gab Blumen ab für den Oberspielleiter. Leider ist es mir nicht erlaubt, solche@emsp14;Geschenke zurückzuweisen, obwohl ich weiß, dass jeder Mensch Blumen verdient, nur unser Oberspielleiter nicht. Ich nahm also die Blumen .....


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)