Zitat von "Saltanah"
Das ging mir auch so. Dass sie mittelalterliche Dichtung so etwas hervorgebracht hat, hätte ich nie erwartet.
Ich habe einiges an mittelalterlicher Literatur gelesen, und wollte vor allem auf die formalen Vorzüge kombiniert mit klugen Seitenbemerkungen hinaus, weniger auf den Inhalt (da gibt es ja die schrägsten Dinge).
Was die Beispiele von "Monströsem" angeht, findet sich einiges in den späten Bearbeitungen des Artusstoffes (worüber sich dann ja auch ein Monty-Python-Film erfolgreich lustig macht).
Zitat von "Saltanah"
- Merkur als Gott des Schlafes? Das kommt mir komisch vor. (526-528)
The winged god Mercury, he thought, came near
(...)
His sleep-imbuing wand held in the air
Merkur geht ja auf den griechischen Hermes zurück zu dessen Aufgaben es gehörte, Seelen in den Hades zu begleiten. Vielleicht ist dieser "Schlaf" auch eine Anspielung darauf?
Zitat von "Saltanah"
Kennst du Boccaccios Buch? Ich habe vergeblich im Internet nach einem Onlinetext gesucht, und wusste bis gestern nicht mal von der Existenz dieses Buches.
Eigenes Buch? Vermute mal, es ist eine der Geschichte aus dem Dekameron.
Zitat von "Regina"
Was mich vor die Frage stellt, wie schief wohl mein Mittelalterbild ist?
Das traditionelle Bild vom dunklen Mittelalter ist ganz verkehrt, aber leider nicht umzubringen. Aber auch bei den Fachleuten hat sich hier in den letzten Jahrzehnten viel geändert, zuletzt in der Geistesgeschichtsschreibung. Inzwischen hat man erkannt, dass die Neuzeit nicht so plötzlich in der Renaissance angebrochen ist, sondern es im MA schon viele vorbereitende Tendenzen gab. Darunter auch ziemlich "moderne" Philosophen wie Roger Bacon.
Zitat von "Finsbury"
Chaucers Ironie findet in der deutschen Literatur durchaus Parallelen, wenn auch nicht auf so hohem Niveau.
a) Neidhart von Reuental hat sich zu Beginn des 13.Jahrhunderts oft derb über die Bauern, aber auch Ritter und "Pfaffen" lustig gemacht.
b) Ein Könner in schon kabarettistischem Humor war sicher Oswald von Wolkenstein, 1377-1445, der z.B. seine Teilnahme am Konstanzer Konzil dazu genutzt hat, sich über so ziemlich alle Bevölkerungsschichten lustig zu machen.
Neidhart las ich, Wolkenstein ist noch eine unverzeihliche Leselücke, von wenigen kürzeren Texten abgesehen :rollen:
Auch bei Gottfried findet sich ja feine Ironie, weshalb ich ihn erwähnte.
Ich kenne auch andere "Antikenromane" aus dem Mittelalter, aber so charmant wie Chaucer das macht, habe ich es noch nicht gelesen. Zumindest hat es mich mehr amüsiert als anderes in dem Genre.
CK