Friedrich Schiller - ein banaler Dichter?

  • Hallo zusammen,


    ich meine, dass die Freundschaft zwischen Schiller und Goethe sicherlich komplizierter war, als uns das Denkmal vor dem Nationaltheater in Weimar suggeriert.


    Nicht nur Goethe, wie bereits von Holkenäs zitiert, sondern auch Schiller dürfte seine Probleme mit dem eitlen Goethe gehabt haben.


    Gibt es Aufzeichnungen von Schiller, die sein Verhältnis zu Goethe näher beleuchten?


    Liebe Grüße
    Leila

  • Zitat von "xenophanes"

    Der fulminante Briefwechsel zwischen den beiden ist sicher das beste Dokument dieser Freundschaft.


    Ich hab bei der Lektüre vor allem gelernt, was für ein Genie Goethe gewesen ist, Schiller schien mir da immer bemüht und viel zu theorielastig. Irgendwo schreibt G. an ihn, dass er nach der Lektüre seiner Briefe immer zuerst in den Garten laufen muss, um die Natur wieder in ihr Recht zu setzen. Oder so ähnlich. Ich find das jetzt gerade nicht, dafür bin ich aber mal wieder über eine meiner Lieblingsstellen in dem BW gestolpert:

    Zitat

    Es kann auch an meiner augenblicklichen Stimmung liegen, mir kommt aber immer vor, wenn man von Schriften, wie von Handlungen, nicht mit einer liebevollen Teilnahme, nicht mit einem gewissen parteiischen Enthusiasmus spricht, so bleibt so wenig daran, das der Rede gar nicht wert ist. Lust, Freude, Teilnahme an den Dingen ist das einzige Reelle, und was wieder Realität hervorbringt, alles andere ist eitel und vereitelt nur.


    Goethe an Schiller, 14. 6. 1796

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "xenophanes"


    Der fulminante Briefwechsel zwischen den beiden ist sicher das beste Dokument dieser Freundschaft.


    Sein Briefwechsel mit dem Jugendfreund Körner bietet einigen Einblick in Schillers gespaltenes Verhältnis zu Goethe. Auch zu empfehlen: Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo zusammen,
    eine Lesefrucht aus Sigrid Damms Biografie zu dem oben angesprochenen Thema:


    Goethe weilt noch in Italien , Schiller ist Ende 20 und hat seinen ersten Aufenthalt in Weimar. Seine Eindrücke:


    Göthens Geist hat alle Menschen, die sich zu seinem Zirkel zählen, gemodelt. Eine stolze philosophische Verachtung aller Speculation und Untersuchung, mit einem biß zur Affectation getriebenen Attachement an die Natur und einer Resignation in seine fünf Sinne, kurz eine gewiße kindliche Einfalt der Vernunft bezeichnet ihn und seine ganze hiesige Sekte.


    Die Quellenangabe fehlt leider. Ich könnte mir vorstellen, dass die Stelle aus den Körner-Briefen stammt.
    Bringt das Verhältnis doch schon früh auf den Punkt, ohne dass die beiden sich auch nur gesehen hätten.


    Tschüssle
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Zitat von "finsbury"

    Die Quellenangabe fehlt leider. Ich könnte mir vorstellen, dass die Stelle aus den Körner-Briefen stammt.


    Bei dieser Gelegenheit möchte ich wieder einmal auf den Skandal hinweisen, dass es vom Briefwechsel Schiller/Körner seit vielen Jahrzehnten keine solide Ausgabe gibt.


    DAS wäre doch etwas Sinnvolles im Schillerjahr, anstatt zum 97. Mal immer dasselbe als TB herauszubringen.


    CK

  • Zitat von "xenophanes"

    ... seit vielen Jahrzehnten keine solide Ausgabe gibt.


    Das klingt, als gäbe es mindestens eine solide Ausgabe dieses Briefwechsels. Wo ist die denn erschienen? Oder schon vergriffen?



    LG
    Nightfever

  • Zitat von "Nightfever"


    Das klingt, als gäbe es mindestens eine solide Ausgabe dieses Briefwechsels. Wo ist die denn erschienen? Oder schon vergriffen?


    Ich bin bei meinem (nicht allzu ausführlichen) Recherchen nur auf eine Ausgabe aus dem 19. Jahrhundert gestoßen, die ich aber selbst nicht besitze.
    Kenne die Briefe an Kröner ansonsten nur von diversen Sammelbänden mit Briefen.


    CK

  • Hallo zusammen!


    Vom Briefwechsel Schiller-Körner gibt's m.W. zumindest folgende Ausgaben:


    SCHILLER, FR.v. Briefwechsel mit (Christian Gottfried) Körner. Von 1784 bis zum Tode Schillers. 4 Bde. Bln, Veit u. Comp., 1847. Das ist die erste Ausgabe. Davon gibt es m.W. eine zweite, vermehrte Ausgabe von K. Goedeke herausgegeben, 1878.


    Ebenfalls gibt's davon eine andere zweite Ausgabe, eine sog. "wohlfeile" Ausgabe: SCHILLERS Briefwechsel mit Körner. Von 1784 bis zum Tode Schillers (1805). Zweite wohlfeile Ausgabe. Leipzig, Verlag von Veit & Comp. 1859. 8°., die ich besitze. Ist allerdings nicht vollständig in dem Sinne, dass Schillers Aussagen auch schon mal zensuriert und Körners Briefe z.T. arg gekürzt wurden.


    1892 scheint bei Cotta nochmals eine Neuauflage erschienen zu sein: Briefwechsel Zwischen Schiller Und Körner (Von 1784 Bis Zum Tode Schillers) (4 Bände) Stuttgart Cottasche Buchhandlung 1892


    Neuere Ausgaben sind mir nicht bekannt. Die genannten sind alle von Zeit zu Zeit antiquarisch erhältlich. Kosten so zwischen 100 und 250 €. Alle halten aber wohl heutigen textkritischen Ansprüchen nicht stand ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    Hab ich beinahe vergessen:


    Zitat von "finsbury"

    eine Lesefrucht aus Sigrid Damms Biografie zu dem oben angesprochenen Thema:
    Goethe weilt noch in Italien , Schiller ist Ende 20 und hat seinen ersten Aufenthalt in Weimar. Seine Eindrücke:
    Göthens Geist hat alle Menschen, [...] seine ganze hiesige Sekte.
    Die Quellenangabe fehlt leider. Ich könnte mir vorstellen, dass die Stelle aus den Körner-Briefen stammt.


    Schiller an Körner, 12. August 1787. Schiller hat soeben Knebel kennengelernt. Keine Quellenangabe bei Sigrid Damm? Damit ist die Biografie zumindest für mich gestorben. Im übrigen kann ich mich nur xenophanes anschliessen: Der Briefwechsel Körner-Schiller verdiente eine saubere Neu-Edition.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Merci für die Recherche :blume: .


    In der Damm-Biografie stehen hinten die benutzten Primär- und Sekundärquellen und meistens, aber nicht immer, schreibt sie auch Datum und Adressat dazu.


    Hg
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)