Oktober 2010 - Ovid: Metamorphosen

  • Zitat von Autor: thopas« am: Gestern um 13:35 »

    Ovid berichtet oft nur auszugsweise, dann aber wieder extrem ausführlich, z.B. die Teppiche, die von Arachne und Minerva (?) gewebt werden.



    Gut, dass du die Beschreibung der Teppiche aus dem Arachne-und-Minerva-Mythos im 6. Buch erwähnst! Ich finde diese Passage bemerkenswert. Denn sie zeigt Ovids Originalität und erzählerischen Witz. Ich glaube, er ist der erste, der auf die Darstellungen der Teppiche eingeht. Sonst war es wohl die Vermessenheit Arachnes und ihre überlegene makellose Webkunst, die den Zorn der Göttin erregte. Etwa so:
    ... Arachne war als erste fertig und zeigte ihren Stoff der Athene zur Begutachtung. Athene studierte eifrig den schönen Stoff und wurde immer ärgerlicher, als sie auch nicht den kleinsten Fehler entdecken konnte…
    Bei Ovid kommt nun noch der Inhalt des Dargestellten strafverschärfend hinzu. Denn er lässt Arachne alle erotischen Eskapaden und Schandtaten Jupiters (und anderer Götter) und die jeweiligen Verwandlungen darstellen: den Schwan mit Leda, den Goldregen über Danae, den weißen Stier mit Europa etc. Im ganzen sind es 18 göttliche Schandtaten. Es ist ein Potpourri der Ovidschen Metamorphosen, seine Themen en miniature, die da noch mal im Schnelldurchlauf variert und gespiegelt werden.
    Arachne wird hart bestraft, auch und besonders für die Auswahl ihrer bildnerischen Themen. Das wirft auch ein Licht darauf, wie Ovid die Wirkung seines Werks einschätzt: dass er sich damit nicht unbedingt beliebt macht!



    Kennt eigentlich jemand von Euch die moderne Medea-Version von Christa Wolf?


    Nein, gelesen habe ich sie nicht. Soviel ich gehört habe, soll C.W. besonders auf die Fremdheit Medeas abheben und die Kindstötung ins Reich der üblen Nachrede verbannt haben.
    Was mir generell auffällt: dass es in der DDR-Literatur unverhältnismäßig viele Mythos- Bearbeitungen gibt, man denke etwa auch an Heiner Müller (auch von ihm gibt es u.a. eine Medea ). Besteht ein Zusammenhang zwischen totalitärem Staat und der Vorliebe für antike Mythen?


  • Was mir generell auffällt: dass es in der DDR-Literatur unverhältnismäßig viele Mythos- Bearbeitungen gibt, man denke etwa auch an Heiner Müller (auch von ihm gibt es u.a. eine Medea ). Besteht ein Zusammenhang zwischen totalitärem Staat und der Vorliebe für antike Mythen?


    Möglicherweise ist das eine Autorenstrategie, der Zensur zu entgehen. Frei nach dem Motto: Nur ein sehr genauer und gebildeter Zensor wird versteckte Anspielungen und Anklagen erkennen.


    LG


    Tom

  • Gestern habe ich nun auch das siebte Buch gelesen. Hier kommt mir die Geschichte oft recht verworren und bruchstückhaft vor. Da mußte ich viel Nachschlagen, um die Zusammenhänge zu verstehen.


    Moderne Medea-Versionen habe ich noch nicht gelesen, kann dazu also leider nichts sagen.


    Viele Grüße
    thopas

  • Gerade gefunden:


    Medea: Multimediale Karriere einer mythologischen Figur


    Mit dem Namen ‚Medea’ sind viele Vorstellungen und Geschichten verbunden: Sie ist die Helferin des Argonauten Jason, die diesem in ihrer Heimat Kolchis zum sagenumwobenen Golden Fließ und zur Flucht vor ihrem Vater verhilft. In der griechischen Heimat des adeligen Helden, in welche dieser sie als seine Frau mitnimmt, ist sie unerwünschte Ausländerin. Sie ist naturbewanderte Heilerin und zugleich giftmischende Zauberin, begehrenswerte Jungfrau und verstoßene Gattin, von königlich-göttlicher Herkunft und Außenseiterin in der griechischen Gesellschaft, schutzbedürftige Fremde und Bedrohung für die bestehende Ordnung. Sie ist die Mörderin des eigenen Bruders, Absyrtos; des Pelias, Jasons Onkel; der Glauke/Kreusa, der neuen griechischen Gattin ihres untreuen Mannes, und zudem am Tod des König Kreon schuldig. Vor allem aber ist sie die Mutter und zugleich Mörderin ihrer zwei Söhne mit Jason, die sie in Korinth angesichts ihrer bevorstehenden Verbannung aus der Stadt tötet - so wenigstens stellen es seit Euripides die meisten Medea-Fassungen dar. All dies und viel mehr ist Medea, und zugleich ist sie es nicht, denn ihre Geschichte wird in den unterschiedlichen Ausformungen seit der Antike stetig neu- und umgeschrieben. Dabei wird ihr Charakter, der bereits in der Antike von Gegensätzen geprägt ist, je nach Version dem extremen Pol ‚grausame Kindsmörderin’ oder ‚unschuldiger Sündenbock’ näher gestellt ...


    mehr

  • Mit diesem Gedanken habe ich auch einen Moment lang gespielt. Ich werde Ransmayr aber erst nach abgeschlossener Ovid-Lektüre lesen. Denn ich möchte der antiken Melancholie Ovidscher Prägung erstmal noch weiter nachspüren - frei von postmoderner Interpretation.


    Der Ransmayr ist gestern eingetroffen. Ich habe "Die letzte Welt" kurz angelesen, werde aber auch zunächst das Original beenden.


    Mittlerweile habe ich das 8. Buch gelesen. Es ist immer wieder staunenswert, wie kurz Ovid einige der großen und bekannten Geschichten abhandelt. Gerade einmal zwei Zeilen sind ihm Theseus und der Minotaurus wert, während er ausführlich die Bewirtung der anonym herabgestiegenen Götter durch Philemon und Baucis schildert. Das grenzt fast schon an eine "Beleidigung" der Heroen.


    Viele Grüße


    Tom


  • Moderne Medea-Versionen habe ich noch nicht gelesen ...


    Die Version von Christa Wolf interessiert mich. zumal Suhrkamp eine preiswerte kommentierte Ausgabe in der Reihe "Basisbibliothek" anbietet. Das wäre schon die zweite Folgelektüre, die unmittelbar mit den Metamorphosen zusammenhängt. Interessante Bücher führen eben doch zu anderen Büchern ...


    LG


    Tom

  • Zitat von Autor: Sir Thomas« am: Gestern um 09:14 »

    Es ist immer wieder staunenswert, wie kurz Ovid einige der großen und bekannten Geschichten abhandelt. Gerade einmal zwei Zeilen sind ihm Theseus und der Minotaurus wert


    Der Titel der Metamorphosen ist Programm: Ovid erzählt nur Geschichten, in denen Verwandlungen vorkommen. Und bei größeren, komplexeren erzählt er die metamorphosenträchtigen Passagen ausführlich, das andere kürzt er rigoros. So kommt es zu dem anscheinenden Missverhältnis, das uns allen ja schon aufgefallen ist:


    Zitat von Autor: thopas« am: 9. November 2010

    Ovid berichtet oft nur auszugsweise, dann aber wieder extrem ausführlich


    Daher liegt in Medea-Episode auch der Akzent auf ihren Zauberkünsten, sie bewirken ja Verwandlungen: die des alten Schafbocks in ein Lamm, des Greises in einen Jüngling!

    Auf Kreta bei König Minos und dem Minotaurus geht es nicht um Theseus und seine Heldentat – sie enthält und führt zu keiner Verwandlung – sondern um den Baumeister des Labyrinths Daedalos und seinen Sohn Ikarus und ihre "Verwandlung" in fliegende Wesen. Wie bei Medea vollzieht sich die Verwandlung durch (menschliche) Kunstfertigkeit. Daedalus wendet aber keine Zauberei an, sondern so etwas wie Wissenschaft:
    Nach diesen Worten versenkt er sich tief in verborgene Künste und hebt ein Naturgesetz auf. Denn er legt Federn dergestalt … dixit, et ignotas animum dimittit in artes naturamque novat. nam ponit in ordine pennas …


    Als Daedalus seinen Sohn, nachdem er der Sonne zu nahe gekommen und ins Meer gestürzt ist, auf Ikaria begraben muss, wird der Leser mit einer echten, geglückten Metamorphose und Dädalos mit seiner schuldhaften Vergangenheit konfrontiert. Ihn beobachtet ein Vogel, der mit den Flügeln klatscht (plausit) und sich an seinem Unglück zu freuen scheint. Es ist Perdix, sein hochbegabter Neffe und Schüler, den er aus Neid vom Felsen ins Meer gestürzt hatte, der aber von Minerva in ein Rebhuhn verwandelt worden war :
    ... dir.Dädalos zum ewigen Vorwurf!
    …doch fliegt dieser Vogel niemals hoch empor…Er denkt noch an seinen einstigen Sturz und fürchtet die Höhe.
    So spiegelt Perdix in pervertierter, parodierend hämischer Form das Schicksal seines Sohnes, das Dädalos wissentlich/ unwissentlich wie eine unbewußte Sühne für sein Verbrechen herbeigeführt und verursacht hat.


    Die Dädalos/Ikarus- Episode gefällt mir sehr, besonders dieser zwiespältige Charakter des Dädalos und seine Vaterliebe.
    Ovid macht Ikarus jünger als er sonst dargestellt wird. Wie dieses Kind mit den Dingen spielt, die ihm gefährlich werden sollten, den Federn nachjagt, seinen Daumen spielerisch in das Wachs drückt (allein diese Geste!) und den Vater bei der Arbeit stört, geht einem angesichts des Kommenden nah. Dann die Passage:
    Während er das tat und Ikarus warnte, wurden die greisen Wangen nass und seine Vaterhände zitterten. Er gab seinem Sohn Küsse- nie wieder wird er es tun….
    Wie so oft bei Ovid eine sich überstürzende Zeit, die Zukunft vorweggenommen. Weiß er schon, was passieren wird ? Schon einmal hat er einen Schutzbefohlenen ins Unglück gestürzt… muss er es wiederholen? ...


  • Mittlerweile habe ich das 8. Buch gelesen. Es ist immer wieder staunenswert, wie kurz Ovid einige der großen und bekannten Geschichten abhandelt. Gerade einmal zwei Zeilen sind ihm Theseus und der Minotaurus wert, während er ausführlich die Bewirtung der anonym herabgestiegenen Götter durch Philemon und Baucis schildert.


    Das achte Buch habe ich nun auch beendet. Die ausführliche Bewirtung der Götter fand ich ganz interessant, da man ein bißchen einen Einblick bekommt, was damals so gegessen wurde. Leider werden gerade die warmen Speisen nicht genau beschrieben.



    Mir hat diese Episode auch sehr gut gefallen, besonders das Rebhuhn, das quasi wie ein stiller Vorwurf dasitzt und ihn anschaut.


    Die letzte Episode über Erysichthon ist wieder mal eine etwas schockende Geschichte. Der ewige Hunger, der ihn ins Verderben treibt und ihn sich letztendlich selbst aufessen läßt ist ziemlich gut geschildert. Auf was für perverse Strafen die Götter doch immer wieder kommen, wenn sie gekränkt sind :zwinker:.


    Viele Grüße
    thopas


  • Der Titel der Metamorphosen ist Programm: Ovid erzählt nur Geschichten, in denen Verwandlungen vorkommen. Und bei größeren, komplexeren erzählt er die metamorphosenträchtigen Passagen ausführlich, das andere kürzt er rigoros. So kommt es zu dem anscheinenden Missverhältnis, das uns allen ja schon aufgefallen ist ...


    Folgendes fand ich in einem Aufsatz:

    Ovid is the quintessential 'post-generic' poet. ... The Metamorphoses constitute an encyclopaedia of genres and of literary criticism. It is not by chance that Ovid is the first important Roman author who does not construct his own work, programme, or persona, as the repetition of an individual Greek model. This is surely ... because by now, in Augustan Rome, it would make sense to be appraised as the 'new Tibullus' or the 'new Virgil'. An equally important point is that, when the Metamorphoses were composed and published, Virgil had already been constructed as a model of a poetic career.
    (Aus: Music for monsters, Alessandro Barchiesi, Stanford University)


    Die Hervorhebungen stammen von mir. Den vollständigen Aufsatz findet Ihr auf
    http://www.kirke.hu-berlin.de/ovid/ovid_publikationen.html
    unter der Rubrik "Artikel Metamorphosen".


    Viele Grüße


    Tom

  • Mittlerweile habe ich Buch neun und zehn gelesen. Das neunte Buch enthält wieder einen ziemlich langen Monolog über eine unglückliche Liebe. Byblis ist in ihren Zwillingsbruder Kaunos verliebt; als sie sich entschließt, ihm ihre Liebe zu entdecken, weist er sie entsetzt zurück und sie flieht lange durch die Welt und wird schließlich zu einer Quelle.


    Es gibt aber auch mal eine positve Verwandlung bzw. ein Happy End (was eher selten bei Ovid vorkommt): das Mädchen Iphis wird als Junge großgezogen, da der Vater keine Tochter will. Als Iphis sich dann auch noch in ein Mädchen (ihre Braut) verliebt, haben die Götter ein einsehen und verwandeln sie in einen Mann.


    Im zehnten Buch kommen ein paar ganz bekannte Geschichten vor: Orpheus und Eurydike, Pygmalion (auch hier ein Happy End); und auch Adonis tritt auf. Auch in diesem Buch gibt es wieder ein armes Mädchen, das unter inzestuösem Verlagen leidet. Myrrha begehrt ihren Vater und wird nach ein paar heimlichen Liebesnächten verstoßen. Als verwandelte Myrrhe gebiert sie dann Adonis.


    Es gibt immer wieder Rahmenhandlungen, die für mich eher verwirrend sind, da ich mich gar nicht immer erinnern kann, wann eine Rahmenhandlung begonnen hat. Ab und zu kommen dann plötzlich Erzähler vor und ich weiß gar nicht mehr, wer das ist, und warum da erzählt wird :redface:. Fällt es euch leichter, da den Durchblick zu behalten?


    Einen schönen Sonntag wünscht
    thopas


  • Das neunte Buch enthält wieder einen ziemlich langen Monolog über eine unglückliche Liebe. Byblis ist in ihren Zwillingsbruder Kaunos verliebt; als sie sich entschließt, ihm ihre Liebe zu entdecken, weist er sie entsetzt zurück und sie flieht lange durch die Welt und wird schließlich zu einer Quelle.


    Mir hat die Byblis-Geschichte auch sehr gut gefallen. In der Klage der Verliebten spürt man etwas von der elegischen Herkunft Ovids. Dazu habe ich ein Bild gefunden, von dem ich noch nicht sicher bin, ob es große Kunst oder doch eher Kitsch ist:
    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20050326124954



    Es gibt immer wieder Rahmenhandlungen, die für mich eher verwirrend sind, da ich mich gar nicht immer erinnern kann, wann eine Rahmenhandlung begonnen hat. ... Fällt es euch leichter, da den Durchblick zu behalten?


    Nein. Das macht aber nichts, weil es zum Verständnis nicht notwendig ist.


    Mein aktueller Lesestand: Ich stecke mitten im 10. Buch.


    Viele Grüße


    Tom

  • Das elfte Buch habe ich nun auch gelesen. Am Anfang kommen relativ viele kleinere Geschichten vor, danach dann die Geschichte um Keyx und Alkyone. Diese fand ich sehr beeindruckend. Die Beschreibung von Alkyones Angst um ihren Mann vermittelt einem ganz eindrücklich, daß seine Schiffsreise wohl nicht gut ausgehen wird. Auch sehr schön gemacht ist die Beschreibung der Höhle von Hypnos/Somnus. Überall liegen die Träume herum, die Iris erstmal zur Seite scheiben muß, um überhaupt durchzukommen :breitgrins:.


    Mit dem zwölften Buch habe ich noch begonnen: sehr schön ironisch ist hier wieder der Kampf zwischen Achilles und Kyknos beschrieben. Achilles haut auf Kyknos ein und ist jedesmal wieder erstaunt, daß er ihn nicht verletzen kann (da fällt mir dann auch gleich wieder Bud Spencer ein...).


    Viele Grüße
    thopas

  • Liebe Lateinklasse,


    vom 10. Buch bin ich total begeistert. Zusammen mit dem ersten Abschnitt des 11. Buchs ist es vollständig dem Sänger Orpheus und dessen traurigen Liedern von misslungener, falsch verstandener, krankhafter und tödlicher Liebe gewidmet. Eine direkte Verbindung zu der Byblis-Geschichte aus dem Buch 9 ist erkennbar, denn auch dort geht es um „verbotene Liebe“.


    Interessant fand ich, dass der arg geplagte Orpheus nach dem zweimaligen Verlust seiner Eurydice zum Prediger der Männerliebe wird (X, 83 – 85). Ist das der Grund, warum ihn die Bacchantinnen zu Beginn des 11. Buchs in einem Anfall von Raserei angreifen und zerfleischen? Ein anderer wird jedenfalls nicht genannt (oder ich habe ihn einfach nicht verstanden).


    Ein ähnlich schlimmes Schicksal ist auch dem schönen Adonis beschieden. Es scheint zwei überlieferte Versionen seines Todes zu geben. Bei Thomas Mann („Joseph und seine Brüder“) war zu lesen, dass die Adonis- bzw. Tammuz-Geschichte mesopotamischen Ursprungs ist; aus diesem Kulturkreis stammt wohl auch der Tod des Schönlings durch den Angriff eines wilden Tiers. In der ägyptischen Mythologie ist der griechische Adonis als Osiris bekannt, der von einem Bruder ermordet und in Stücke gehauen wird. Beide Varianten kennen den Abstieg in die Unterwelt, den die Geliebte (in Mesopotamien: Ischtar/Astarte, in Ägypten: Isis) auf sich nimmt, um den Jüngling zurück ans Licht zu holen – was wiederum in der Orpheus-Geschichte unter umgekehrten Vorzeichen erzählt wird. Der Gang in die Unterwelt, um dort jemanden zu erlösen, scheint in der Antike eine in vielen Kulturen verbreitete Vorstellung gewesen zu sein.


    Zwei herrlich geschilderte Sexualneurosen stehen im Mittelpunkt der Geschichten von Pygmalion und Myrrha. Insbesondere Pygmalion käme heute wohl kaum um eine Einweisung in die geschlossene Psychiatrie herum ...


    Kommt Euch übrigens die von Venus erzählte Geschichte der Atalanta und des Hippomenes sowie deren Wettstreit auch irgendwie bekannt vor? Ich meine, das Motiv der tödlichen Herausforderung aus dem einen oder anderen Volksmärchen in Erinnerung zu haben. Wenn ich nur wüsste welches …


    Es grüßt


    Tom

  • Hallo Sir Thomas, hallo thopas!


    Staunend nehme ich zur Kenntnis, wie weit ihr schon seid.
    Ich war ein paar Tage verreist und komme jetzt erst wieder zum Lesen. Bin im neunten Buch und hoffe, bis morgen abend den Abstand etwas verringert zu haben. :lesen:



    Ich meine, das Motiv der tödlichen Herausforderung aus dem einen oder anderen Volksmärchen in Erinnerung zu haben. Wenn ich nur wüsste welches …


    Erinnert ein bisschen an Brunhilde und Gunter bzw.Siegfried (Nibelungenlied)

  • Von meiner Lektüre der Metamorphosen blieb mir besonders eine Geschichte in Erinnerung, in der Amor seine Pfeile in die genau entgegengesetzte Richtung verschießt, so dass die in den Rücken getroffene ständig vor ihrem Verehrer flieht. Könnt ihr mir zufällig weiterhelfen, um welchen Mythos es sich dabei genau handelte und wie die Geschichte endet? Leider bin ich im Moment beruflich ständig unterwegs, so dass ich nicht selbst nachschlagen kann, wie ich überhaupt bedauere, an eurer LR nicht teilnehmen zu können.


    Gruß
    Meier

    "Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt" * Keimzeit


  • Von meiner Lektüre der Metamorphosen blieb mir besonders eine Geschichte in Erinnerung, in der Amor seine Pfeile in die genau entgegengesetzte Richtung verschießt, so dass die in den Rücken getroffene ständig vor ihrem Verehrer flieht. Könnt ihr mir zufällig weiterhelfen, um welchen Mythos es sich dabei genau handelte und wie die Geschichte endet?


    Ave meier,


    es ist nicht leicht, bei rund 250 einzelnen Geschichten den Überblick zu behalten. Daher kann ich Deine Frage (noch) nicht beantworten. Sollte ein Geistesblitz dem abhelfen, werde ich Dich informieren. :zwinker:


    Es grüßt


    Tom

  • Zitat von Autor: thopas« am: 14. November 2010

    Es gibt aber auch mal eine positve Verwandlung bzw. ein Happy End (was eher selten bei Ovid vorkommt): das Mädchen Iphis wird als Junge großgezogen, da der Vater keine Tochter will. Als Iphis sich dann auch noch in ein Mädchen (ihre Braut) verliebt, haben die Götter ein einsehen und verwandeln sie in einen Mann.


    Der Iphis-Geschichte, die ich bislang gar nicht kannte, scheint mit ihrer Transgender-Thematik heutigen Geschichten Modell gestanden zu haben. Bis in Einzelheiten hinein ähneln ihr z. B. die Erzählung Yentl von Isaac Bashevis Singer, Vorlage des gleichnamigen (unsäglichen) Films von und mit Barbra Streisand, und der deutsch-iranische Film Fremde Haut mit Jasmin Tabatabei. Beide haben natürlich einen realistischeren Schluss als den Gnadenakt der Götter.


    Gewundert an der Geschichte hat mich, dass Ovid hier so ohne weiteres ägyptische Gottheiten auftreten lässt. Der mit Iphis schwangeren Telethusa erscheinen Isis, Anubis und Apis und verwandeln später Iphis in einen Mann. Die Geschichte spielt zwar auf Kreta mit seiner Affinität zur ägyptischen Kultur, aber dass Isis, Anubis & Co hier frei agieren können, finde ich doch verwunderlich. Oder ging die Toleranz der griechisch-römischen Kultur so weit, dass sie sich fremde Gottheiten assimilierte? Ich kenne mich da zu wenig aus.
    [Blockierte Grafik: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e9/Picart_-_Isis_Telethusa.jpg/240px-Picart_-_Isis_Telethusa.jpg]


    Zitat von Autor: Sir Thomas« am: 19. November 2010

    Interessant fand ich, dass der arg geplagte Orpheus nach dem zweimaligen Verlust seiner Eurydice zum Prediger der Männerliebe wird (X, 83 – 85).


    Ich weiß nicht, was in deinem Text steht, bei mir heißt es:


    ille etiam thracum populis fuit auctor amorem
    in teneros transferre mares citraque iuventam
    aetatis breve ver et primos carpere flores.

    Er aber gab Thrakiens Völkern das Beispiel, die Liebe zarten Knaben zuzuwenden und diesseits des Jünglingsalters des Lebens kurzen Frühling und die ersten Blüten zu pflücken.


    Tja, unser Orpheus, ein Pädophiler.



    Zitat von Autor: Sir Thomas« am: 19. November 2010

    Ist das der Grund, warum ihn die Bacchantinnen zu Beginn des 11. Buchs in einem Anfall von Raserei angreifen und zerfleischen? Ein anderer wird jedenfalls nicht genannt (oder ich habe ihn einfach nicht verstanden).


    Ja, das sehe ich auch so. Die erste Mänade, die ihm ihren Thyrosstab ins Gesicht wirft, hetzt die anderen mit den Worten auf: „Seht da, seht da, hier ist unser Verächter!“


  • Von meiner Lektüre der Metamorphosen blieb mir besonders eine Geschichte in Erinnerung, in der Amor seine Pfeile in die genau entgegengesetzte Richtung verschießt, so dass die in den Rücken getroffene ständig vor ihrem Verehrer flieht. Könnt ihr mir zufällig weiterhelfen, um welchen Mythos es sich dabei genau handelte und wie die Geschichte endet? Leider bin ich im Moment beruflich ständig unterwegs, so dass ich nicht selbst nachschlagen kann, wie ich überhaupt bedauere, an eurer LR nicht teilnehmen zu können.


    Gruß
    Meier


    Hallo meier,


    das ist die Geschichte von Apollo und Daphne. Sie ist ziemlich am Anfang des ersten Buches, sollte also leicht zu finden sein, falls du mal Zeit zum Nachschlagen hast. Daphne wird am Ende in einen Lorbeerbaum verwandelt.


    Viele Grüße
    thopas