Juli 2009 - De la Motte Fouqué: Der Zauberring

  • Vielleicht bin ich ja milder gestimmt, aber ich habe jetzt mal ein paar Kapitel weiter gelesen und finde es jetzt ganz annehmbar. Der hohe Norden wird ein wenig spannender, auch wenn es da vor Nationalismen und "missgestalteten Heiden" nur so wimmelt und dramatische Kampfszenen nicht länger als 2 Seiten sind. Und am Ende natürlich Otto gewinnt, ganz gleich, welche finstren Horden da gegen ihn anrennen.


    Es werden auch Erzählfäden aus dem Beginn wieder kurz aufgenommen, die eingestreuten Geschichten scheinen doch nicht nur Füllsel zu sein, wie ich erst mutmaßte. Nun, mal weiterlesen.

  • Vielleicht bin ich ja milder gestimmt, aber ich habe jetzt mal ein paar Kapitel weiter gelesen und finde es jetzt ganz annehmbar.


    Das macht mir Mut. (Obwohl ich jetzt schon - ich bin erst in Friesland bzw. Frankfurt - das Ganze annehmbarer finde, als mich der Beginn vermuten liess. Aber vielleicht ist es auch einfach ein Exempel dessen, dass man sich an allem gewöhnt - ausser am Dativ ... :breitgrins: )

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • [quote author=Maja]Ich frage mich, ob das Werk das Rittertum auch schon ironisiert.[/quote]
    Eine andere Stelle, die auf jeden Fall Rittertum vs Bürger thematisiert, ist Kapitel 9, wo Otto in die Welt von Tebaldo eingeführt wird; es ekelt ihn natürlich. Und Tebaldo entschuldigt sich dann auch später für das Betragen der Seinen. Und will Reisiger werden, obwohl er ein erfolgreicher Kaufmann ist.
    Auch vorher die Szene mit Folkos Falke zeigt, was der gute Tebaldo, trotz seiner anfänglichen Keckheit gegen den edlen Waidmann, zu erwarten hat, wenn er allzu aufrührerisch ist.
    Damit bezieht mE Fouqué doch ganz klar Stellung. Ich stimme also eher Sandhofer zu, der meint das ernst. Er wäre sicher todtraurig und vergräzt, wenn er Zolas Vorschlag zu hören bekäme (auch wenn ich ihm zustimme):
    [quote author=sandhofer]Eine Verfilmung könnte ich mir auch gut vorstellen, entweder als schlechter Ritterfilm oder ironisch überspitzt im Stil von Monty Python.[/quote]


    Ich habe mich ein paarmal (mühsam vorangearbeitet bis ins 17. Kapitel) an der historischen Genauigkeit aufgehakt. Ich hatte Probleme einzusehen, dass Frankfurt am Main um 1200 schon als Großstadt dargestellt werden kann. Und siehe da, wikipedia sagt mir: 1220 wurde Frankfurt freie Reichsstadt.
    Auch als meine Wahlheimat plötzlich im Text auftauchte, musste ich erstmal nachlesen, wie weit denn mit der Christianisierung gekommen war. Und ob die ungefähre Grenze zu den heidnischen Finnen stimmt. Und ja, Fouqué macht keine Fehler, was das bettrifft. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass die schwedischen Könige (oder was mal ein paar Jahrhunderte später König werden sollte) die finnische Grenze bewachten, wenn ich mich richtig erinnere, lebten da Samen, die mit ihren Rentieren zu tun hatten. Gekämpft wurde gegen die Norweger und die Dänen.


    [quote author=giesbert]Es werden auch Erzählfäden aus dem Beginn wieder kurz aufgenommen.[/quote]
    Ja, das mag wohl sein (ich bin noch so weit im Text :) ) und zeigt, dass Fouqué ein guter Handwerker ist, aber die Geschichte spreizt doch sehr. Mächtig viele Fäden, die da ausgelegt werden.


  • Ich stimme also eher Sandhofer zu, der meint das ernst.


    Aber hallo ;-)


    Zitat

    Ich habe mich ein paarmal (mühsam vorangearbeitet bis ins 17. Kapitel) an der historischen Genauigkeit aufgehakt.


    Da soll sich Fouque sehr genau am Kenntnisstand seiner Zeit orientiert haben; behauptet jedenfalls Schmidt. Ich poste das Zitat mal bei Gelegenheit im Materialien-Strang.


    Mir persönlich ist dergleichen ja sowas von wurscht. Und je länger weg, desto, äh, wurschter ;-)


    (Was die historische Genauigkeit angeht, wäre Wolf von Niebelschütz’ „Kinder der Finsternis“ wohl interessanter. Bei dem Turniere übrigens alles andere sind als ein edler Zeitvertreib (ich hab jetzt keine Lust, die Unfugszitate bei F. rauszusuchen, aber diese Verklärung eines, wienenntmandas, "Waffengangs" geht mir schon mächtig auf die Nerven.) Und das mit der hohen Minne hat bei N. auch sehr handfesten, oder sagen wir mal genauer: handgreiflichen Grund.)


    Zitat


    Mächtig viele Fäden, die da ausgelegt werden.


    Und bis S. 250 wird nur ein Bruchteil eingeholt, dafür jede Menge neuer gesponnen 8-)

  • Er wäre sicher todtraurig und vergräzt, wenn er Zolas Vorschlag zu hören bekäme (auch wenn ich ihm zustimme):
    [quote author=sandhofer]Eine Verfilmung könnte ich mir auch gut vorstellen, entweder als schlechter Ritterfilm oder ironisch überspitzt im Stil von Monty Python.


    [/quote]


    Da hat's Dir wohl die Zitierfunktion verhauen, der Satz stammt von Zola (dem Mitglied alldahier, nicht dem französischen Autor ...).
    [hr]
    Ich bin im übrigen gestern noch bis und mit Kapitel 20 vorgedrungen. Die Zahl der Handlungsstränge hält sich für meinen Geschmack eigentlich in sehr engen Grenzen; genau betrachtet haben wir - neben den Abschweifungen in Erzählungen am Lagerfeuer - nur Otto einerseits, sein Mühmchen andererseits.


    Und wunderschön, wie (sicher sehr zu Arno Schmidts Freude) hier in Nullkommanichts das Zauberische, Archaische, Chaotische das Christliche, Moderne, Geordnete übern Haufen wirft und Bertha mitsamt Bruder praktisch sturmflutartig von ihrem Refugium bei der Drude wegschwemmt.


    Historische Genauigkeit: Im Groben folgt Fouqué sicher dem damaligen Stand der Kenntisse. Ob aber auch solche Details wie die Kontakte von Kaufmannstum und Ritterstand stimmen? (Wobei: Die Aufmüpfigkeit von Bauern und Bürgern gegenüber dem herrschenden Adel gab's ja tatsächlich. Nicht nur in den italienischen Stadtstaaten, die da auch ihre ganze eigene Geschichte fahren. Das ist mir an und für sich und im Grunde genommen genau so wurscht wie Giesbert - aber interessant ist es hier insofern, als dass dieses christliche Rittertum, das uns Fouqué schildert, sich noch nicht mal gegen die heidnischen Warlords und Zauberer durchgesetzt hat - und bevor das Mittelalter so richtig ein- und sich durchsetzen konnte, es bereits von der sog. Neuzeit eingeholt wird.)

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  • Schmidt erwähnt Fouqué im "Schwarzen Spiegel" und zieht dort einen Vergleich mit etwas älterem (habe das Buch gerade nicht zur Hand, kann ich aber nachreichen, falls Giesbert nicht schneller ist).

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)


  • Ironisch? Ich glaube nicht. Fouqué war's wohl todernst mit seinem Roman. Ironie kam in die Romantik erst mit Heine; und damit war's dann aber auch gleich aus mit der Romantik.


    Na, das sollte man so aber nicht stehen lassen. Ironie gehört zur Grundausrüstung beinahe aller Romantiker!

  • Na, das sollte man so aber nicht stehen lassen. Ironie gehört zur Grundausrüstung beinahe aller Romantiker!


    Hallo Bonaventura! Lange nichts mehr von Dir gehört. Leider.


    Die Romantische Ironie - verkürzt ausgedrückt: das Durchbrechen der ästhetischen Illusion dadurch, dass man sie nachträglich wieder zerstört bzw. thematisiert (Tieck: Der gestiefelte Kater) - habe ich in Fouqué (nocht nicht? / nicht mehr?) gefunden. Aber ich meinte die viel banalere Ironie unseres alltäglichen Verständnisses: Dass wir etwas anderes meinen als wir sagen (oft das Gegenteil), dies einem dritten, unbeteiligten Zuhörer (oder dem Leser) auch zu verstehen geben, den zweiten, direkten Adressaten aber über unsere eigentliche Meinung im Dunkeln lassen.

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  • Halleluja, der Zauberring ist da (wenn er es denn ist). Im Kap 22 taucht er auf. Obwohl er bis jetzt wenig zauberisches an sich hat. Eher ein Anlass für eine Vendetta.


    [quote author=sandhofer]das Zauberische, Archaische, Chaotische[/quote]
    Das scheint immer wichtiger zu werden. Ich frage mich, ob eine kurze Bemerkung i Kap 7 (wer recht alchimistisch nach dem Innern zu fragen versteht) irgendwie eine Erklärung bieten kann, kenn mich da aber leider nicht aus. Mir fiel die Stelle bloss auf, weil kurz vorher sich der Erzähler selbst zu Wort gemeldet hatte. Kann genauso wenig was über Erzähltheorie, um entscheiden zu können, ob das wichtig ist.
    Ähnlich aufgefallen ist mir die Sphärenmusik, die Frau Minnetrost hört. Da gehört doch eine Menge Theorie dazu? Die alten Griechen und wer weiss noch wer alles.
    Wenn ich schon beim Fragen bin: Parallele Handlungsmotive (heisst das so?) bei Gerda und Schön-Sigrid. Beide werden beim Kräuterpflücken gestört und müssen noch mal von Anfang anfangen. Sollen wir jetzt wetten, ob Gerda und Heerdegen sich am Ende kriegen, so wie Sigrid und Svensson?


    Pathos und Patriotismus, dass es nur so trieft, die armen Italiener kommen nicht gut weg (bunte Papageien). Folko dagegen, dass ist ein edler Normann, der betet sogar mit Otto vor dem Kampf.


    PS: Sorry, Sandhofer. Ja, das mit dem Zitieren muss ich noch üben. Habs noch mal probiert...

  • Ich bin jetzt bei II,6. Das Buch liest sich, wenn man sich einmal an die Sprache gewöhnt hat, doch recht süffig. Es hat allerdings halt auch recht wenig Tiefgang. Die Handlung scheint voranzukommen, aber irgendwie täuscht der Schein und man bewegt sich nur im Kreis. Es findet zwar mal wieder ein Zweikampf statt, aber das Resultat wird annulliert, da man glaubt, Otto sei ein Zauberer. (Dabei wurde das arme Kerlchen doch verzaubert. Wider sein Wissen und seinen Willen. Nochmals so ein Einbruch des archaischen Zauberwesens in eine gesittete christliche Hochzeitsfeier. [War's eine Hochzeit? Müsste ich nochmals kontrollieren. Weil: Wenn das heidnische Zaubertum eines der christlichen Hochsakramente ruinieren könnte, wäre das doch recht interessant.])


    Fouqué lässt Otto dann ein Jahr als Bärenmenschen leben (auch ein beliebtes Motiv der Romantiker!), ohne allerdings uns Leser daran teilhaben zu lassen. Wir finden Otto erst wieder, als ihn der Nordländer nach einem Jahr ebenfalls wieder findet. Der Nordmann nimmt den Alemannen (hätt' ich fast geschreiben: Steirer!) mit zu sich nach Hause, weil ja nicht nur im Heiligen Land, sondern auch hoch oben in Finnland den Heiden auf die Nüsse gegeben werden soll, und siehe da: Kaum angekommen, entpuppt sich der Fant, der Ott', als Meister aller Waffen und Kampftechniken, in der Lage, jeden Nordmann zu besiegen. So was kennen wir doch höchstens noch von einem andern Ottifanten: Old Shatterhand ...


    Im Ernst: Ob unser Ottifant der erste seiner Art ist, müsste ich erst noch nachschauen. Aber er hat der (literarischen) Kinder, Enkel und Urenkel zu Hauf. Nicht nur Old Shatterhand ist einer, auch jener andere, über den dann auch der Film schon gedreht wurde, den Zola so gerne gedreht sehen möchte: Conan der Barbar. Mit einer steirischen Eiche als Ottifant. Ja.

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  • Ich bin nun im Kapitel 11.
    In Kapitel 7 werden in der Herberge zwei Geschichten erzählt. Die erste ist eine Verwandlungsgeschichte - ist nicht Metamorphose ein verbreitetes Thema der Romantik? Die zweite Geschichte handelt von einem treulosen Ritter, einem verlassenen Mädchen, was ja durchaus eine Parallele zu unserem Helden Otto hat.


    Im 8. Kapitel der erste Zweikampf, gegen Bertas Bruder. Dieser scheint mir etwas schwach motiviert zu sein. Ich habe nicht richtig mitgekriegt, warum sie kämpfen müssen. Im 11. Kapitel wird dann darauf zurückgegriffen: Herr Trautwangen ist darüber besorgt, dass der erste Kampf seines Sohnes so unheilbringend gewesen sei. Ich habe immer noch den Verdacht, dass wir mit Otto eigentlich mit dem Gegenspieler unterwegs sind, dessen Kontrahent Folko dann umso besser dastehen soll.


    Im 10. Kapitel werden die Rüstungen getauscht, auch das kommt mir irgendwie typisch romantisch vor: Kleidertausch, Verkleidungen, Verwechslungen. Wird sicher noch Konsequenzen nach sich ziehen!


    Anfang 11. Kapitel ein wunderschön gemachter Wechsel der Erzählperspektive: Wie eine Kamera schwenkt der Blick von den beiden Reisegefährten in die Burg Trautwangen hinüber, man sieht die Verfilmung geradezu vor sich!

  • Ich frage mich, ob eine kurze Bemerkung i Kap 7 (wer recht alchimistisch nach dem Innern zu fragen versteht) irgendwie eine Erklärung bieten kann, [...]. Ähnlich aufgefallen ist mir die Sphärenmusik, die Frau Minnetrost hört. Da gehört doch eine Menge Theorie dazu? Die alten Griechen und wer weiss noch wer alles.


    Na, die alten Griechen waren den Leuten von 1811 - sofern sie denn so etwas wie eine höhere Schulbildung besassen (und fast nur solche lasen damals Romane, iirc) - bedeutend näher als uns heute mit vergleichbarem Bildungsstand. In beiden Fällen, vermute ich mal, wird, wer überhaupt lesen konnte und an Romanen interessiert war, ohne weiteres gewusst haben, worum es geht. Ungefähr so, wie wir heute sagen: "Ich hab' dir ein email geschrieben."


    ist nicht Metamorphose ein verbreitetes Thema der Romantik? [...] irgendwie typisch romantisch [...]


    Oh ja - der romantischen Versatzstücke finden wir viele, viele ...

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  • Im 8. Kapitel der erste Zweikampf, gegen Bertas Bruder. Dieser scheint mir etwas schwach motiviert zu sein. Ich habe nicht richtig mitgekriegt, warum sie kämpfen müssen.


    Das frage ich mich bei praktisch jedem Kampf in dem Roman. Da werden ein paar Phrasen von wegen Christenheit, Rittertum und Ehre geklopft, dann die Schädel eingeschlagen. Und die Selbstverständlichkeit, mit der sich Otto bereit erklärt, um einen albernen Ring zu streiten, für eine Frau, die er nur fünf Minuten kennt und die ihm ein paar Dönekens erzählt hat - die finde ich auch nicht gerade überzeugend. Die handelnden Figuren sind allesamt Schwachköpfe.


  • Die handelnden Figuren sind allesamt Schwachköpfe.


    Heinrich Heine über Fouqués Helden: Sie haben alle den Mut eines Löwen und den Verstand zweier Esel!


  • Das frage ich mich bei praktisch jedem Kampf in dem Roman. Da werden ein paar Phrasen von wegen Christenheit, Rittertum und Ehre geklopft, dann die Schädel eingeschlagen.


    Man soll ja nicht vom Autor auf seine Figuren schliessen. Aber Fouqué stammt aus einer preussischen Offiziersfamlie, iirc - wenn wir mal den hugenottischen Hintergrund ausblenden. Und er scheint mir die Duelliersucht, die es ja nicht nur beim preussischen Heer gab, aber da ganz besonders, aufs gute alte Rittertum geschoben zu haben. Was mich am meisten erstaunt: Die Schädel werden ja gar nicht wirklich eingeschlagen. Die Helden wirken aufs Greulichste verwundet, Blut spritzt in Fontänen, dann werden sie mit nachgerade überfachmännischem Wissen durch Ottifant verbunden - und zwei Tage später marschieren und reiten sie herum, als wäre nichts gewesen. Alles alte Schmetterhemden, das ...


    Und die Selbstverständlichkeit, mit der sich Otto bereit erklärt, um einen albernen Ring zu streiten, für eine Frau, die er nur fünf Minuten kennt und die ihm ein paar Dönekens erzählt hat - die finde ich auch nicht gerade überzeugend.


    Nein. Ich dachte ja erst, die gute Gabriele müsse deshalb eine Zauberin sein. Da aber bisher alle Zauberer und -innen sofort geoutet worden sind, wird das dann wohl doch nicht der Fall sein; jedenfalls hat Fouqué bei Gabriele bisher keinerlei Andeutung fallen lassen. (Dafür - kommt mir jetzt in den Sinn - häufen sich unterdessen ganz merkwürdige Andeutungen zu Hugh, Ottifant Senior. Da scheint was im Gebüsch zu stecken.)


    Heinrich Heine über Fouqués Helden: Sie haben alle den Mut eines Löwen und den Verstand zweier Esel!


    Heine kannte seine Pappenheimer ... :breitgrins:

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  • Was mich am meisten erstaunt: Die Schädel werden ja gar nicht wirklich eingeschlagen.


    Das sind ja auch die mannhaft ritterlichen Zweikämpfer ehrsamer Dingsbumse. Wenn Otto gegen die missgestalteten Heiden kämpft, sieht das schon ganz anders aus. Dh, nein, es sieht eigentlich nicht ganz anders aus (sprich: es liest sich genau so), nur dass am Ende halt doch ein Blutmeer und jede Menge Leichen übrig bleiben. Also vom niedren Fußvolk, versteht sich. Die Anführer sind natürlich wieder elde Ritter, die man noch rasch zum Christentum bekehren kann.


    Zitat

    häufen sich unterdessen ganz merkwürdige Andeutungen zu Hugh, Ottifant Senior. Da scheint was im Gebüsch zu stecken.


    Stimmt. Aber ich würde da jetzt keine allzu komplizierte Konstruktion vermuten ;-) (Ich weiß es auch noch nicht, aber da zeichnet sich was ab. Nun - wie gesagt: erstmal weiterlesen.)

  • Die Anführer sind natürlich wieder elde Ritter, die man noch rasch zum Christentum bekehren kann.


    War das nicht definitiv das alte Schmetterhemd? Den einen alten Schweden da hat Ottifant jedenfalls ohne Bekehrung zu Mus verarbeitet. Auch wenn's ihm hinterher für den schönen Jüngling Leid tat ...


    Stimmt. Aber ich würde da jetzt keine allzu komplizierte Konstruktion vermuten ;-) (Ich weiß es auch noch nicht, aber da zeichnet sich was ab. Nun - wie gesagt: erstmal weiterlesen.)


    Kompliziert? Nein, das werde ich wohl nicht ... Aber: Das Lied von Hugur, das der Schmied singt unterm Reparieren von Ottos Schwert: Ich würde meinen Kartoffelacker verwetten, dass das Hugh ist - wenn ich denn einen besässe ...


    Ansonsten bin ich jetzt bis und mit II/11 vorgedrungen. Und wollte mich gerade freuen, wie Fouqué im 10. Kapitel die drei Frauen und ihre Begleiter so schön schildert, nicht direkt geradeaus, sondern an ihrem Sprechen und Handeln, v.a. die Frauen auch sehr nett herauszumeisseln und voneinander abzugrenzen versteht, auch andeutungsweise eine Love Story oder zwei hintuscht (nicht ganz grosse Literatur, aber gutes Handwerk also) - da fällt ihm doch im 11. Kapitel nix Gescheiteres ein, als den Mohrenhäuptling die drei Frauen mit Hilfe von plötzlich aufgetauchten Stammesgenossen entführen zu lassen. Bitterste, unmotivierteste Trivialliteratur. Und natürlich flösst Bertha den Heiden eine übernatürliche Scheu ein, indem sie sich an ein zufällig in der Gegend herumstehendes Kreuz klammert und ihnen höchste Himmelsstrafen verspricht ... (Die Mohren lassen sie dann auch dort. Ich vermute mal, sie hatten keine Lust, eine Geisteskranke in der Welt herumzuschleppen ...)


    Schade. Ich habe die Lektüre dann jedenfalls für gestern Abend verärgert abgebrochen.

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  • Zitat von sandhofer

    Bitterste, unmotivierteste Trivialliteratur. ...
    Schade. Ich habe die Lektüre dann jedenfalls für gestern Abend verärgert abgebrochen.


    "Während Herr de la Motte Fouqué von der Herzogin bis zur Wäscherin mit gleicher Lust gelesen und als die Sonne der Leihbibliotheken strahlte..." Heinrich Heine in "Die Romantische Schule" (1833)


    Also mit grosser Wahrscheinlichkeit schon das, was man heute als Trivialliteratur bezeichnet. Aber erstens denke ich, dass man solche Werke bewusst mit einer Art "historischem Blick" lesen muss, ihnen wohlwollend entgegentreten und den Hintergrund im Auge behalten. Fouqués Erfolg entstand vor dem Hintergrund der napoleonischen Befreiungskriege, erst als die Gefahr Napoleon gebannt war, sah man ihn als Vertreter der ungeliebten Adelsschicht, und viele einstige Bewunderer schimpften dann umso heftiger über ihn. Zweitens finde ich ihn besser geschrieben als gewisse Sachen, die heute breiten Erfolg haben. (Von einem gewissen Super-Erfolg der Gegenwart habe ich knapp 100 Seiten geschafft...)
    Die Szene mit dem Mohrenhäuptling habe ich noch nicht gelesen, kann mir aber vorstellen, dass gerade solche Überraschungscoups das (zuhörende) Publikum amüsierten.


    Selber bin ich in Kapitel 15, Berta bricht gerade das Verbot, aus dem Fenster zu sehen. Auch das so ein klassischer Trick, um Spannung zu erzeugen, denn natürlich ist schon beim Aussprechen des Verbots klar, dass sie sich darüber hinwegsetzen wird, und man ist gespannt, was dann geschehen wird.


    In Kapitel 11/12 übrigens eine Art "Literaturtherapie": Heerdegen erzählt von Frau Minnetrost und wird darüber gleich gesund!

  • Mir hat Kap 25 u 26 den Rest gegeben.
    Der Seeritter ist so gewaltig, dass er nicht durch die Tür passt, ohne sich zu bücken (noch so'n Conan), aber dann treibt ihm seine eigene Erzählung die mädchenhafte Schamröte über das kräftige Heldenantlitz.
    Und überhaupt die Auflösung der Verlobungsmahles, Gerda fummelt an einem Trinkgefäss rum, das dann Otto aus Versehen (!) trinkt, woraufhin er ausflippt, usw. usw.


    Ab jetzt ertrage ich nur noch homöopatische Mengen von diesem Zeug, wenn überhaupt.


    Aber eine Perle bringt der gute Motte dann doch unter: Ihr seid ein Deutscher, und doch behalten sogar die Becher Ruhe vor Euch. Und ich hatte ihm in meinem letzten Posting Patriotismus vorgeworfen. Aber wer weiss, vielleicht mein er (Motte also :) ) es immer noch ernst. Dass seine Ritterleut' alle kräftig bechern und zechen, haben wir ja schon in den ersten Kapiteln mitgekrigt.

  • [...] dass man solche Werke bewusst mit einer Art "historischem Blick" lesen muss, ihnen wohlwollend entgegentreten [...]


    Wenn Du wüsstest, wie wohlwollend ich trete. Ich triefe nachgerade vor Wohlwollen. :breitgrins:


    [...] finde ich ihn besser geschrieben als gewisse Sachen, die heute breiten Erfolg haben.


    Einverstanden. Das wird Dir hier wohl keiner bestreiten ;).


    Der Seeritter ist so gewaltig, dass er nicht durch die Tür passt, ohne sich zu bücken (noch so'n Conan), aber dann treibt ihm seine eigene Erzählung die mädchenhafte Schamröte über das kräftige Heldenantlitz.


    Ab jetzt ertrage ich nur noch homöopatische Mengen von diesem Zeug, wenn überhaupt.


    :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Wobei Fouqués Zeit halt schon noch bedeutend gefühlsseliger war als die heutige. Zu seiner Zeit durften Männer noch weinen, sich umarmen und küssen, Gefühl ausdrücken. (Man lese die Briefe zwischen Arnim und Brentano. Heute würde man denken, dass die beiden ein homosexuelles Verhältnis hatten. Hatten sie nicht.) Also dürfen mittelalterliche Recken wohl auch erröten ... :smile:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus