Beiträge von Sir Thomas

    Soeben begonnen habe ich Joris-Karl Huysmans´ Roman "Zuflucht". Es ist die Geschichte eines doppelten Eskapismus. Die Flucht eines hoch verschuldeten Pariser Dandys vor den Gläubigern auf ein altes, verfallenes Landschloß findet nicht nur auf der physischen Ebene, sondern auch auf der psychischen statt. Die Titelfigur verstrickt sich aufgrund der trostlosen und bedrückenden Realität immer häufiger in Träume und surreale Traumwelten, die nicht ohne Auswirkungen auf die wirkliche Welt bleiben ...


    Interessantes Detail am Rande: Als Huysmans den Roman schrieb (1885/86), war die Welt von Freuds Theorie der "Traumdeutung" noch viele Jahre entfernt.


    Schöne Grüße


    Tom


    Hat jemand von Euch den Don Quijote gelesen? Er liegt leider seit vielen Jahren auf meinem SUB.


    Hallo Zola,


    mal eben schnell OT: Das kenne ich! Und ich fürchte, der gute Don Q. wird ohne Leserunde ewig auf dem SUB liegen. Zumindest gehört er zu den Büchern, die dort ungezählte Monde verbracht haben - mehr als jedes andere Werk.

    Das ist übrigens (noch) KEIN offizieller LR-Vorschlag.


    Schöne Grüße


    Tom


    ... "Die Grasharfe" ... ein mehr poetisches Buch voll schöner Einzelbeschreibungen ...


    Hallo finsbury,


    da ich das Büchlein derzeit lese, bestätige ich gern Deine Eindrücke und Erinnerungen.


    Schöne Grüße


    Tom

    Hallo!


    Bislang kannte ich von Truman Capote lediglich zwei Werke: „Kaltblütig“ (die seltsam verbissene Tatsachenschilderung eines grauseligen Verbrechens; eine Ikone des „New Journalism“) sowie „Frühstück bei Tiffany“ (eine wunderbar leicht dahingeworfene, leider viel zu kurze Schilderung weiblicher Irrungen und Wirrungen).


    Nun habe ich aus den Tiefen des Bücherschranks Capotes Erstling aus dem Jahr 1948 ausgegraben und mittlerweile gelesen: „Andere Stimmen, andere Räume“. Ich bin sehr angetan von diesem abermals viel zu kurz geratenen Roman (eine zarte Jugendgeschichte, soviel sei verraten), und das nicht allein aufgrund der Handlung als vielmehr aufgrund der Lebendigkeit der exzentrischen Figuren und der schönen, oft ein wenig unheimlichen Atmosphäre, die Capote meisterhaft heraufbeschwört ohne sich an den Horrorroman zu verkaufen. Schade, dass nach 190 Seiten schon Schluß war …


    Um noch ein wenig bei Capote zu verweilen, werde ich als nächstes „Die Grasharfe“ lesen und bin bereits sehr gespannt.


    Natürlich interessieren mich Eure Erfahrungen mit Capote und weitere Lesehinweise!


    Schöne Grüße


    Tom

    Wenn es stimmt, dass Faulkner insbesondere für „Absalom, Absalom!“ der Literaturnobelpreis verliehen wurde, dann sind einige Bemerkungen zu diesem Werk sicher angebracht.


    Es geht um den Verfall einer Südstaatenfamilie (ein Dauersujet Faulkners) und um die Beantwortung der Frage, warum die aristokratisch-feudalistische Südstaatenkultur zwangsläufig in einem Bürgerkrieg untergehen musste. Die Geschichte wird aus mehreren Blickwinkeln erzählt. Faulkner ging es wohl darum, dem Leser vorzuführen, wie individuell und verzerrt Menschen die Vergangenheit durch mündliche Überlieferung rekonstruieren.


    Stilistisch ist der Roman ein alttestamentarisch klingendes Epos, dass in Vom-Winde-verweht-Kulissen spielt und eine beklemmende Atmosphäre des Untergangs und des Verfalls erzeugt (verlassene Herrenhäuser, dunkelfeuchte Zypressenwälder, schimmernde Magnolien, betörende Glycinien, tückische Sümpfe, schwüle Hitze …).


    Biblische Motive (wie die „Opferung“ des erstgeborenen Sohns oder der Einbruch von „Plagen“ über die amerikanischen Südstaaten während des Bürgerkriegs und danach) klingen immer wieder an. Auch der allgegenwärtige Rassenhass spielt – wie bei Faulkner üblich – eine große Rolle.


    Mein Fazit: eine sperrige, viel Geduld verlangende, aber sicherlich lohnende Lektüre.


    Viele Grüße


    Tom

    Soeben beendet:
    William Faulkner "Absalom, Absalom!" (kein Buch, sondern ein Naturereignis aufgrund der ausufernden Sprache)


    Aktuell:
    Truman Capote "Andere Stimmen, andere Räume" (der erste Roman Capotes aus dem Jahr 1948; ein kleines, aber sehr feines Büchlein)


    Demnächst:
    Thomas Mann "Über mich selbst - Autobiographische Schriften" (Wiederaufnahme)



    Schöne Grüße


    Tom


    ... trotz dieser Kürzungen, so schmerzlich sie auch für jeden leidenschaftlichen Jean-Paul-Leser sind, bekommt man als Hörer hier doch einen sehr guten Eindruck und Einblick in diesen Roman, und das Zuhören macht wirklich Spaß. :-)


    Hallo Wolf,


    mir ist diese gekürzte, aber gute Lesung willkommener als eine exaltiert vorgetragene "Vollversion". Die Bemerkungen zu den schlichtweg affektierten Rilke-Vertonungen in diesem Forum finde ich sehr zutreffend.


    LG


    Tom

    1) Aufklärung - Weimarer Klassik: "Die Leiden des jungen Werther" oder "Faust I"
    2) Romantik - Vormärz: "Hymnen an die Nacht" (Novalis), ein leider sehr kurzes Werk, daher vielleicht noch Stifters "Nachsommer"
    3) Naturalismus - Fin de Siècle: "Buddenbrooks"
    4) Moderne - Gegenwart: "Das Schloß" oder "Der Proceß"; auch "Tauben im Gras" oder "Der Tod in Rom" (Koeppen)


    Viele Grüße


    Tom

    Hi Katrin!



    Mir hat die Lektüre von "Buddenbrooks" und vor allem die Diskussion sehr gut gefallen. Ohne das Forum hätte ich nach dem Zauberberg wohl nie wieder nach einem Buch von Mann gegriffen. Ich bin sehr froh, dass ich es getan habe.


    Ich freue mich schon sehr auf weitere Leserunden und viele tolle Lesestunden. :winken:


    Dem schließe ich mich an. Ich hoffe, Du hast den Zauberberg nicht endgültig ad acta gelegt. Einen zweiten Versuch lohnt er allemal!


    LG


    Tom

    Wenn ich das richtig sehe, dann sind wir „durch“ - Zeit für mein Fazit:


    „Buddenbrooks“ sind für mich immer wieder eine wichtige, weil zeitlose Lektüre. Warum? Das hat Thomas Mann („On myself“) so formuliert: Das Buch ist die „Chronik eines Bürgertums, das aus dem Naiv-Praktischen ins Geistige wächst, vom Kaufmännischen zur Kunst kommt – wobei gezeigt wird, daß Verfall zugleich Verfeinerung und Steigerung bedeuten kann […] Die Sublimierung ins Spirituelle im Ablauf der Generationen war ein zivilisatorisches Gesetz, und daß der Autor Geist und Biologie in einen gewissen Gegensatz gestellt, Geist als Produkt eines biologischen Verfallsprozesses angesehen hatte, kam dem herrschenden Zeitgeist entgegen ...“.


    Ich finde, besser kann man es nicht zusammenfassen.


    Viele Grüße


    Tom


    Hanno ist meiner Meinung nach auch nicht von dieser Welt bzw. steht irgendwo zwischen Gerdas und Thomas Buddenbrooks Welt. Er erkennt selbst, daß er in dieser Welt niemals zurechtkommen würde.


    Kleines, aber interessantes Detail am Rande: Hanno deutet das Schicksal seiner Familie voraus und „besiegelt“ es, indem er einen Strich unter die Familienchronik setzt und seinem Vater erklärt: „Ich glaubte,... es käme nichts mehr“ (VIII, 7).



    Tony wird tatsächlich immer oberflächlicher, und das ist wohl das, was sie überleben läßt.


    Tony ist im gesamten Roman die einzige Hauptfigur, die keine nennenswerte Entwicklung oder Veränderung erfährt. Positiv formuliert: Sie bleibt sich selbst treu (was sie vielleicht tatsächlich überleben läßt). Negativ: Sie kommt nicht über ihr dünkelhaftes und zutiefst materialistisches Denken hinaus. Selbst ihrer Tochter Erika kann sie nichts vermitteln außer einen betrügerischen Ehemann, womit sich Tonys Schicksal in zweiter Generation wiederholt.


    LG


    Tom


    Ich habe jetzt die ersten Kapitel von Felix Krull gelesen und komme irgendwie nicht richtig rein in die Geschichte.


    Gerade "Felix Krull" ist doch recht locker, fast in einem gemütlichen Plauderton geschrieben ...


    Ich habe gestern gelesen, dass Thomas Mann diesen Roman ursprünglich als Parodie auf Goethes "Dichtung und Wahrheit" angelegt hat (Quelle: "On myself", 1940). Vielleicht erleichtert Dir das den Zugang.


    LG


    Tom