Beiträge von Sir Thomas

    Als Mittel gegen eine weitgehend schlaflos verbrachte Gewitternacht griff ich zu Goethes "Römischen Elegien". Ich bin sehr angetan von dieser Sammlung, allerdings auch ein wenig verwirrt aufgrund des Titels. Meiner Meinung nach handelt es sich bei den Gedichten nicht um Elegien (also Klage- oder Trauergesänge), sondern um Oden oder Hymnen. Meine Frage an die Lyrikkenner: Wurde zu Goethes Zeit unter "Elegie" etwas anderes verstanden als in der Antike? Oder gibt es einen Grund, warum Goethe diesen Titel wählte?


    Viele Grüße


    Tom

    Ich bin mal so frei, dem Thema „Reisebeschreibungen“ einen eigenen Ordner zu spendieren und eröffne den Reigen mit einem kürzlich gelesenen „Hochkaräter“: Herman Melvilles „Encantadas Oder die verzauberten Inseln“. Obwohl: Ein klassischer Reisebericht ist das nicht, eher eine Sammlung von Feuilletons und Anekdoten, die sich um die früher „Encantadas“ genannten Galapagos-Inseln ranken.


    Melville selbst war dort, und er liefert grandiose Beschreibungen dieser außergewöhnlichen Inselgruppe vulkanischen Ursprungs. Ganz geheuer waren sie ihm nicht, die kargen und wilden, mit seltsamsten Tieren bevölkerten Inseln vor der Küste Südamerikas. Deshalb könnte man den Originaltitel „Enchanted Isles“ nicht nur mit „verzauberte Inseln“, sondern treffender mit „verwunschene Inseln“ übersetzen. Für Melville waren die Encantadas-Geschichten eine große Genugtuung. Nach den öffentlichen Verrissen des „Moby Dick“ und „Pierre“ zollte das Publikum ihm Beifall. Kein Wunder, dass er die Inselgeschichten später in die Sammlung „The Piazza Tales“ (zusammen mit anderen berühmten Stories wie z.B. „Bartleby“) aufnehmen ließ.


    Viele sommerliche Grüße


    Tom


    Gibt es eigentlich so einen Plan, wo man die kommenden Leserunden überblicken kann?


    Hi dusy,


    klick einfach mal den Kalender an (oben im Menü). Dort sind alle Runden versammelt.


    Viele Grüße


    Tom

    Ich habe mit "Pnin" den ersten Nabokov meines Leselebens begonnen. Bislang gefällt mir die Geschichte eines russischen Professors, den es 1950 an eine amerikanische Provinzuniversität verschlägt, sehr gut. Vor allem die feine Ironie setzt Nabokov sehr gekonnt ein. Mal sehen, ob meine Begeisterung anhält.


    Viele Grüße


    Tom


    ... die Verslehre von Hans-Dieter Gelfert ...


    Das schmale Reclam-Heftchen ist mittlerweile eingetroffen und sieht, nach einem kurzen Studium des Inhaltsverzeichnisses, brauchbar aus.


    Euch beiden, Wolf und scardanelli, vielen Dank für die Hinweise!


    Einen schönen Tag wünscht


    Tom


    Von "Pnin" war ich sehr angetan ...


    Ich habe lang überlegt (und natürlich auch unser Forum nach Hinweisen durchsucht), mit welchem Werk ich in die mir noch unbekannte Nabokov-Welt einsteigen kann. "Lolita" ist sicher naheliegend, das Thema finde ich jedoch einfach nur abstoßend. Deshalb habe ich heute "Pnin" bestellt und hoffe, nicht enttäuscht zu werden.


    LG


    Tom


    Der medizinhistorische Aspekt des Romans hat für mich einen besonderen Reiz und ich bin mir sicher, Louise leidet an Hysterie ...


    Hallo mombour,


    da mir der Begriff "Hysterie" in diesem Zusammenhang eher unwissenschaftlich und veraltet vorkam, habe ich schnell mal wikipedia zu Rate gezogen. Demnach spricht man heute eher von dissoziativen Persönlichkeitsstörungen. Hysterie war Ende des 19. Jahrhunderts durch die Arbeiten des von Dir genannten Charcot ein anerkanntes Krankheitsbild. P.O. Enquist hat sich damit übrigens sehr schön in seinem Roman "Das Buch von Blanche und Marie" auseinandergesetzt.



    Joris-Karl Huysmans kann unheimlich gut schreiben. Die Beschreibungen des Schlosses, der Dorfkirche, der Träume, und der Spaziergänge von Jacques sind einfach großartig. Der Autor ist besonders an diesen Stellen sehr suggestiv, die Beschreibung des Schlosses geradezu unheimlich, als befänden wir uns in einer gothic-novel.


    Volle Zustimmung!


    Viele Grüße


    Tom

    Eher aus der "zweiten Reihe" stammt Huysmans autobiografisch geprägter Roman "Zuflucht" aus dem Jahr 1886. Das Pariser Paar Jacques und Louise flieht vor Gläubigern auf ein ländlich gelegenes Schloß. Die erhoffte Idylle erweist sich als maroder, von Schimmel und Feuchtigkeit zersetzter Albtraum, die Landbevölkerung als gerissen, hinterhältig und heuchlerisch. Getrieben von Existenzangst und Sorge um seine kranke Frau streift Jacques durch die leeren Fluchten des verfallenen Gemäuers. Schleichend verfällt er dem morbiden Charme des Schlosses, das sich schließlich auch in seine Träume drängt.


    "Zuflucht" ist ein gelungenes Buch über den Verfall des äußeren Lebens und der Psyche. Die Ängste seines "Helden" Jacques gestaltet Huysmans gekonnt und glaubwürdig. Kein Wunder: Im Nachwort heißt es, Huysmans habe nichts erfunden, sondern aus eigenem Erleben geschöpft.


    LG


    Tom

    Na also, da geht doch was ... :zwinker:


    Da im Frühjahr für mich erst die Joseph-Runde (Februar) ansteht, schlage ich vor, Cervantes nicht vor April oder Mai zu beginnen.


    Ein schönes Wochenende wünscht


    Tom