Hallo Maria,
ich habe "Salammbo" beendet, inkl. dem recht ausführlichen Nachwort.
Dort geht es u.a. um Flauberts Inspirationsquellen. In seinem Reisetagebuch notiert er: „Der erste Eindruck von Karnak ist der eines Palastes für Riesen; die steinernen Gitter, die sich noch an den Fenstern finden, sind gewaltigen Daseinformen angepaßt; wenn man durch diesen Wald von hohen Säulen geht, fragt man sich, ob da nicht ganze Menschen aufgetragen wurden, die wie Lerchen nebeneinander am Spieß steckten … In der Sphinx-Allee sieht man keinen einzigen Kopf mehr, alle Figuren sind enthauptet. Weiße Lämmergeier mit gelbem Schnabel umflattern einen Kadaver auf einem Erdhügel.“
Zu den Ruinen von Baalbek heißt es: „Das ist eine historische Landschaft, wie meines Wissens noch kein Maler sie gemalt hat; … man sieht dort ungeheure zyklopische Steine … Die Trümmer scheinen tiefen Gedanken nachzuhängen. Olympischer Eindruck.“
Flaubert sah "Salammbo" von Anfang an recht kritisch: „Was ich unternehme, ist unsinnig und wird wohl keinen Erfolg beim Publikum haben. Was soll's! Es gilt vor allem, für sich selbst zu schreiben. Dies ist die einzige Gelegneheit, es schön zu machen. .. Wenn ich einige edle Imaginationen zum Träumen bringe, so werde ich meine Zeit nicht vertan haben.“
Weitere Auszüge aus dem Nachwort:
„Die Republik Karthago ist der blinde Fleck auf der topographischen Karte heroischer Fabulation des Okzidents, der anti-mythische Ort an sich; aber gerade dies prädestiniert sie dazu, die Realisierungsstätte eines originellen poetischen Gestaltungswillens zu werden, der alle ästhetischen Klischees zu unterlaufen bemüht ist. ... Infolge der archäologischen Erschließung und einer ersten Woge des Kulturtourismus war der Vordere Orient längst zum exotischen Fluchtort der utilitaristischen Konsumästhetik des Zweiten Kaiserreichs verkommen.“
„Der Stil, in dem die ungewöhnlichen Visionen Flauberts Gestalt annehmen, ist von einem ganz und gar antiheroischen Geist durchdrungen.“ Man kann „Salammbo als Angriff auf die Widernatürlichkeit der zeitgenössischen Herrschaftsideologie begreifen, welche sich im Medium überholter Heroismus-Konzepte zur Unterdrückerin der schöpferischen Natur des Menschen aufwirft.“
Ich habe die Salammbo-Lektüre nicht bereut und werde mich nun mit den "Drei Erzählungen" aus Flauberts Spätwerk beschäftigen.
Es grüßt
Tom