Wenn du willst, können wir dieses Wochenende oder die nächste Woche an die Bakchen vergeben.
Hallo finsbury,
das hat leider nicht geklappt, ich komme aus vielerlei Gründen nur schleppend voran.
Folgende Eindrücke habe ich bis jetzt gesammelt:
Das Ganze wirkt bislang ein wenig saft- und kraftlos: Ein Gott (Dionysos), der sich an sich selbst berauscht und ein Ungläubiger (Pentheus), der ihm partout nicht folgen will. Göttliche Überheblichkeit gegen menschliche Ratio, gespickt mit Machtphantasien und -ansprüchen: Euripides agiert nicht ungeschickt beim Aufbau des zentralen Konflikts, dessen Ausgang man ahnt (wenn man ihn nicht ohnehin aus anderen Lektüren, z.B. Ovid, kennt). Meine englische Prosaübersetzung muss ich loben, sie ist locker-flockig und weder verzopft noch verstaubt.
Aber: Wenn ich das mit den Dramen des Sophokles oder Aischylos vergleiche, dann kann ich Nietzsche verstehen, der in Euripides einen der Totschläger der attischen Tragödie sah. Das liegt zum einen an der unpathetischen Nüchternheit, mit der die Figuren sprechen. Dadurch wirken sie "moderner" als ein Agamemnon, eine Klytaimnestra oder ein Ödipus, aber auch langweiliger. Es fehlt der bittere Zwang des Schicksals, den die Götter über die Menschen verhängt haben - und damit ein wesentliches Element der Tragödie, das ich einmal verkürzt als "Handeln und Erkennen erzeugen unnötiges Leiden" bezeichnen möchte.
Ich bin gespannt, ob davon auch bei Euripides noch ein wenig zu spüren sein wird. Bislang erreichen "Die Bakchen" allenfalls das Niveau des von mir nicht sonderlich geschätzten bürgerlichen Trauerspiels.