Beiträge von Sir Thomas


    Im Kampf gegen den aufkommenden und real existierenden Nationalsozialismus waren die friedliebenden Brüder dann auf ihre Art doch recht wehrhaft.


    Deshalb mag ich beide, auch den Pazifisten Heinrich!



    Was die Betrachtungen unter diesem Aspekt hergeben, habe ich leider vergessen, weil die Lektüre schon sehr lange her ist. Vielleicht berichtest du? Es würde mich auch interessieren.


    Noch bin ich unentschlossen. Falls ich das Buch lese, berichte ich gern.


    LG


    Tom


    Die Neugierde brachte mir dann "Walden" ein, und das hätte ich besser bleiben lassen sollen. Ich fand das Buch unsäglich verschroben, die fromme Naturverklärung ging mir einfach gegen den Strich.


    Tausend Dank für diese Einschätzung! Ich spare mir den Buchkauf.



    Ich glaube, irgend jemand hat einen ähnlichen Eindruck auch zu Rousseau geäußert: er ärgert sich über jeden Tag, an dem er nicht auf allen Vieren geht.


    :breitgrins:


    LG


    Tom


    So weiß ich nicht ob es die große Biographie ist oder nur eine Neuauflage dieses Buches, das einen Überblick über Leben und Werk geben soll und nur knapp 200 Seiten hat ...


    Sehr verwirrend. Aber ich bin kein großer Biographieleser. Trotzdem vielen Dank für diese Hinweise!


    :winken:


    Tom


    Die Betrachtungen sind eine Auseinandersetzung mit seinem pazifistischen Bruder Heinrich und zeigen, wie weit voraus ihm sein Bruder (man vergleiche mit dessen 1915 erschienenen Essay Emile Zola) damals war.


    Hallo Gontscharow,


    auch wenn ich mir jetzt keine Freunde unter Humanisten und Gutmenschen mache: Der Pazifismus ist eine löbliche, letztlich aber naive Weltsicht. Das soll keineswegs Thomas Manns abstoßenden Bellizismus schönfärben, von dem Bruder Heinrich sich zurecht distanzierte. Wer wem im Denken voraus war, ist mE. keine Frage: Kurzfristig hat Heinrich die besseren Karten, denn mehr Friedfertigkeit hätte den 1. Weltkrieg vielleicht verhindert. Langfristig "siegt" jedoch der Skeptizist/Pessimist Thomas, denn der überwiegend angelsächsische Pazifismus der 30er Jahre hat Hitler zwar nicht ermöglicht, aber ermutigt.


    Ob sich deshalb die "Betrachtungen ..." lohnen? Mich interessiert eher, in welche Tradition Thomas Mann sein Schaffen einreiht. Einiges habe ich bereits in den autobiografischen Schriften erfahren. Meine Lust, die "Betrachtungen ..." unter diesem Aspekt zu lesen, steigt.


    LG


    Tom


    in der Gesamtausgabe würde "Fischkonzert" umgerechnet nur 4 Euro kosten.
    aber das hast du bestimmt schon entdeckt und überlegt.


    [kaufen='978-3869303611'][/kaufen]


    Die Versuchung steigt stündlich ... :zwinker:



    ich habe dazu etwas passendes in der Biographie gefunden ...


    Vielen Dank! Ist das die Biografie von Gudmundsson (einer andere gibt es wohl nicht)?


    LG


    Tom

    Das letzte mir unbekannte Großwerk Thomas Manns sind die 1918 erschienenen "Betrachtungen eines Unpolitischen". Der entsprechende wikipedia-Artikel ist zwar recht ausführlich. Ich bleibe jedoch skeptisch. Lohnt das Buch? Oder beschäftigt TM sich dort hauptsächlich mit politischen Fragen, die uns heute fremd sind bzw. nicht mehr interessieren?


    LG


    Tom


    Hallo Maria,


    vielen Dank für diesen Hinweis! "Das Fischkonzert" scheint vergriffen zu sein. Antiquarisch ist es mir zu teuer. Mal sehen, ob es noch eine Neuauflage geben wird. Was es mit dem "reinen Ton" auf sich hat, würde mich nämlich schon interessieren. :smile:


    LG


    Tom

    War das Leben auf dem Einödhof des ersten Teils schon karg und bitter, so ist das Dasein der Einwohner von Svidinsvik ein einziges apathisches Elend. Ausgebeutet von wenigen Angehörigen einer Oberschicht, vegetieren die Familien in Schuldknechtschaft am Rand des Existenzminimums dahin. Froh ist, wer Steine schleppen darf, um seine Schulden abzuarbeiten und beim Kauf von Lebensmitteln anschreiben zu dürfen! Trost bietet selbst die Kirche nicht: „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott“, so der Pfarrer.


    Die geistige Athmosphäre ist ein wenig „kafkaesk“. Es scheint niemanden zu interessieren, wer für das Elend verantwortlich ist und wann es angefangen hat. Man ergeht sich in Anspielungen, der eine oder andere weiss auch ein wenig mehr über die „Aufbaugesellschaft“, den getürmten „Etatsrat“ und den Gemeindevorsteher. Aber es fehlt die (geistige) Kraft, sich über die erniedrigenden Verhältnisse zu erheben.


    Laxness zeichnet die Figuren recht grobkörnig, manchmal ein wenig holzschnittartig, ohne sie jedoch unglaubwürdig zu machen. Ein wenig zur Karikatur gerät ihm lediglich der Geschäftsführer, was der Sache aber auch nicht schadet. Mir gefällt der überwiegend lakonische Erzählstil, der genügend Freiraum für eigene Ausschmückungen lässt. Zuweilen fühle ich mich an Knut Hamsun erinnert, dann wieder an Raymond Chandler (vor allem an dessen Dialoge).


    Unser junger Dichter scheint in dieser Welt verlorener als je zuvor. Laxness mischt jedoch ein wenig Ironie in das Schicksal seines Helden, z.B. indem er ihn spüren lässt, dass geistige Ekstasten unter blauem Himmel nur eine sehr kurze Erquickung darstellen, wenn das grundsätzliche Lebensgefühl durch nagenden Hunger und nächtliche Kälte bestimmt wird. Hat Laxness derartiges eigentlich selbst erlebt?


    Wie Olafur übrigens zu seinem Ruf als großer Leidender und bedeutender Nationaldichter kommt, ist mir bisher völlig schleierhaft.


    Im ersten Teil ist er allenfalls ein Gelegenheitsdichter, der sich auf den Weg macht, ein Volksdichter zu werden, indem er das Leben der einfachen Menschen in Poesie übersetzt (durch kleine "Auftragsarbeiten" wie Hochzeitsanträge, Liebesgedichte etc.). "Zugleich ist er trunken von den Herrlichkeiten der Natur und von seinen Visionen, ist ein durch die Natur schlafwandelnder Prophet einer Schönheit jenseits der allgemeinen Wahrnehmung" (schöne Formulierung aus einer FAZ-Rezension).


    An welcher Stelle wird denn zum erstenmal von seinem "bedeutenden Ruf" gesprochen? Ich habe das wohl überlesen.


    LG


    Tom


    Thoreaus "Walden..." habe ich mir letztes Jahr gekauft und wartet noch auf Lesezeit.



    Hmmm, "Walden" habe ich mir 2007 im Ramsch bei Zweitausendeins zugelegt. Aber irgendwie finde ich nicht den richtigen Anreiz, mich mit dem Werk zu beschäftigen ...


    Dieses Buch umschleiche ich seit Jahren. Vom Kauf hält mich meine Erinnerung an Emerson ab. Dieses esoterische Schwärmen hat mir die Bewegung der amerikanischen "Transzendentalisten" ziemlich verdächtig gemacht. Whitmans "Leaves of grass" bilden, so weit ich sie gelesen habe, eine Ausnahme, weil dort neben aller Naturverehrung auch das Individuum gefeiert wird und immer wieder die amerikanische Realität durchscheint.


    Schön Anna, dass du jetzt auch mitliest ...


    Ich schließe mich an! :klatschen:


    Gestern habe ich mit dem zweiten Teil begonnen. Der Wechsel von ländlicher Kargheit in die Hölle städtischen Elends hat mich überrascht. Dann fiel mir auf, dass Laxness diesen Übergang am Ende des ersten Teils sehr schön als Bootsfahrt über den vernebelten Fjord gestaltet hat: "Ihm kam es so vor, als sei er gestorben und zu ewigem Leben erwacht und fahre jetzt dem unbekannten Land auf der anderen Seite entgegen. ... Selbst die Männer vor ihm im Boot waren dabei, sich in ein blaues und gelbes Farbenspiel aufzulösen; ihre gleichmäßigen Bewegungen beim Rudern gehorchten den Gesetzen einer anderen Sphäre, einer höheren Seefahrt." Gedanken an Styx, Charon etc. liegen da wirklich nicht mehr fern. Für die weitere Geschichte lässt das nichts Gutes hoffen ...


    LG


    Tom


    ... ich schreibe "Du" und "Dein" auch grundsätzlich groß und ich bin bestimmt nicht Hubert.


    Von der lieben Gewohnheit, Anreden immer groß zu schreiben, werde ich in diesem Leben nicht mehr abrücken. Ich bin übrigens auch nicht Hubert.


    :winken:


    Tom


    ... bei mir schiebt sich immer das Bild des 'armen Poeten' von Carl Spitzweg vor, wenn ich die Passagen in der Dachschräge las ...


    Naja, der arme Poet Spitzwegs ist wohl eher als Idylle gedacht, während Olafur mehr in einem Gefängnis als in einer Idylle haust.


    mich lässt diese Ost-West-Verbindung nicht los und lässt mich an den West-östlichen Diwan denken, worin Goethe Westliche und Östliche Dichtung als gleichberechtigt ansieht.


    für was könnte hier Ost - West stehen?


    Sicher wird Laxness Goethe gekannt haben. Ob er aber wirklich den West-östlichen Diwan im Sinn hatte? Das Zitat deutet für mich eher auf eine Vereingung von Gegensätzen hin - was immer das an dieser Stelle bedeuten mag.


    LG


    Tom


    In <a href="http://www.koellerer.net/2012/01/19/bucher-in-den-muell/">Bücher in den Müll?</a> weist Christian Köllerer auf den Artikel <a href="http://bibliobrary.net/2012/01/19/why-i-no-longer-collect-books/">Why I no longer collect books</a> des kanadischen Bibliothekars Dale Askey hin.


    Interessanter Denkanstoß! Unbedingt mal reinlesen, mit welcher Intoleranz der arme Bibliothekar sich herumplagen muss (in der Diskussion)! Das nährt den Verdacht, dass Bücherverehrung durchaus mit religiösem Eifer verbunden sein kann. Was für eine unheilige Allianz!


    ... bereits im 10. Kapitel ... wird vom "Licht der Welt" gesprochen ...


    Ich muss wohl etwas gründlicher zu Werke gehen, denn diese Stelle war mir entfallen. :redface: Und noch ein Geständnis: Sigurdur Breidfjörd habe ich für einen fiktionalen Charakter gehalten. :redface: :redface:


    Herr Laxness macht es mir nicht einfach, ganz und gar nicht. Ich hoffe, dass mein Zugang zu diesem Roman sich ab dem 2. Teil leichter gestaltet.


    :winken:


    Tom


    Ich vermisse schmerzlich ein Nachwort in meiner Ausgabe.


    Anmerkungen wären auch nützlich. Was ist z.B. diese "Postille", aus der sonntags vorgelesen wird? Ein Synonym für die Bibel? Eher nicht. Möglicherweise handelt es sich um eine religiöse oder pietistische Erbauungsschrift.


    Apropos Religion: Mir scheinen die Figuren des Romans allenfalls oberflächlich christianisiert (protestantisch-lutherisch?) zu sein. Rituale (wie das Vorlesen) werden jedenfalls leb- und lieblos, wie eine lästige Pflichtübung abgehakt. Weiß jemand mehr über die Religion(en) des Landes?



    ... vielleicht sogar eine Jesus Metapher? Weltlicht anders definiert als "Licht der Welt"?


    Dann würde Laxness auf Dostojewskis Spuren wandeln ("Der Idiot"). Schon möglich.


    LG


    Tom