Beiträge von montaigne

    Hallo Klaus,


    allem was du schreibst kann ich nur zustimmen, insbesondere fand auch ich die "Schleifenstruktur" sehr beeindruckend, eine Technik, die man eigentlich erst ca. 100 Jahre nach Emily verorten würde. Mir hat der Roman so gut gefallen, dass ich jetzt als nächstes Anne Bronte lesen werde, auch um einen direkten Vergleich mit ihrer Schwester zu haben.


    Die Leserunde hat auch mir viel Freude gemacht, unabhängig von den Anregungen die so eine Runde mit sich bringt, zeigt es sich, dass man beim gemeinsamen Lesen viel intensiver liest. Dafür allen Mitlesenden und an der Diskussion Beteiligten vielen Dank.


    montaigne


    (Allerdings muß ich hier zugeben, dass ich die rechtlichen Zusammenhänge bei der Erbschaft nicht ganz verstanden habe - auch wenn es auf der von riff-raff genannten Webseite erklärt wird.)


    Wikipedia schreibt dazu auf der von mir im Materialienthread zum Roman verlinkten Seite:


    Das Geschehen im zweiten Teil des Romans wird verständlicher, wenn man den rechtsgeschichtlichen Hintergrund hinzuzieht, der Heathcliffs Wirken ermöglicht. Im 19. Jahrhundert herrschte in Großbritannien ein ausschließlich männliches Erb- und Eigentumsrecht, welches nur in Ausnahmefällen durch besondere Vertrags- oder Testamentsregelungen ausgesetzt werden konnte. Im Todesfall ging sämtliches Eigentum grundsätzlich an den nächsten männlichen Verwandten über, in der Regel an den ältesten Sohn. War dieser noch minderjährig, konnte die Mutter bis zur Volljährigkeit das Besitzrecht bekommen. Hatte ein Erblasser nur Töchter, ging das Erbe nicht an die Töchter, sondern an einen Neffen oder sogar an einen weiter entfernten männlichen Erben. Häufig hinterließ der Verstorbene deshalb im Testament bindende Verfügungen, sodass die Annahme des Erbes mit jährlichen Rentenzahlungen an die Töchter und die Ehefrau verbunden war.


    Falls eine Frau in Ausnahmefällen über Eigentum verfügte, ging dieses in der Regel bei Heirat an den Ehemann über.


    Dementsprechend wird im Roman dargestellt, wie sich Heathcliff durch Heirat (erst er selbst mit Isabella, dann sein Sohn mit Catherine) in die Verwandtschaft und damit Erbfolge der Lintons einbringt.


    Natürlich ist das von Emily auch eine Kritik am herrschenden Erbrecht bei dem Frauen benachteiligt wurden und ein verstecktes Eintreten für die Gleichberechtigung der Frau. Eine wirklich starke Autorin.


    Etwas, das ich nicht nachvollziehen kann, da mir beim Lesen überhaupt keine "erotisch-sexuelle Ebene" aufgefallen ist. Etwa euch?)


    So direkt, wie man das aus zeitgenössischer Literatur gewöhnt ist, natürlich nicht, aber zwischen den Zeilen ist da doch einiges zu erahnen



    In der Inhaltsangabe zum Taschenbuch steht: "Als sein [Heathcliffs] Zerstörungswerk aber auch die nächste Generation zu bedrohen beginnt, regt sich der Geist der toten Cathy." Ursprünglich bin ich deshalb auch davon ausgegangen, dass es sich beim Roman um eine Gespenstergeschichte handle, bin aber froh, dass Emily sich nicht so eindeutig festlegt und man den Schluss so oder so lesen kann. Entweder greift wirklich Catherines Hand aus dem Jenseits ins Geschehen ein oder aber der arme Kerl wird schlichtweg verrückt oder ...


    Gerade der Schlußsatz „....und fragte mich, wie irgend jemand glauben konnte, die Schläfer in dieser stillen Erde schlummerten nicht in Frieden.“ wenn auch von Lockwood erzählt, zeigt imo, dass Emily nicht an Gespenster glaubte, die Gespenstergeschichten spielen sich also in Heathcliffs Kopf ab, was man heute als verrückt bezeichnet.


    Unter anderem hat man sich dort die Mühe gemacht, die einzelnen Erzähler im Buch aufzulisten.


    Diese Auslistung stellt die Erzählsituation imo zu einfach und dadurch falsch dar. In allen 34 Kapitel ist nämlich Lockwood der Erzähler der dem Leser erzählt und nur bei Situationen, die er selbst nicht kennen kann, lässt er sich von Ellen berichten, die aber nie direkt dem Leser erzählt, sondern immer nur Lockwood, der dann das ihm Erzählte an den Leser (gefiltert?) weitererzählt und Situationen, die Ellen nicht selbst erlebt hat lässt diese sich wiederum von einem Dritten Erzähler berichten. Die Liste müsste also ungefähr so aussehen:


    1. Erzählebene:2. Erzählebene: 3. Erzählebene:
    Kapitel I Lockwood
    Kapitel II Lockwood
    Kapitel III Lockwood Catherine
    Kapitel IV Lockwood Ellen
    Kapitel V Lockwood Ellen
    ....
    Kapitel XIII Lockwood Ellen Isabella
    usw.


    Hallo Maria,


    nein, die Bleistiftzeichnung kannte ich noch nicht, vielen Dank, ja ist wirklich meisterlich gezeichnet. Auch ich bin immer wieder überrascht über die drei Schwestern, vor allem wenn wann bedenkt, dass alle drei schon sehr jung starben, Emily wurde ja nicht mal 30 Jahre alt und trotzdem haben sie ein unsterbliches Werk hinterlassen. Taubengrau, wie Arno Schmidt die Schwestern nannte, waren die nicht.


    Ja, du hast Recht, das Cover der Reclam Ausgabe passt sehr gut. Wenn mir jemand dieses Bild zeigen würde, verbunden mit der Frage, welcher Romantitel mir dazu einfällt: - die Antwort wäre klar: „Sturmhöhe“.


    Viele Grüße


    montaigne


    Entschuldigt bitte, dass ich die Leserunde nicht richtig auf die Reihe bekommen habe, ich dachte die ganze Woche, dass ihr länger brauchen würdet und dass ich noch Zeit hätte. Jetzt habe ich gerade mal angefangen. :redface:


    Das nächste Mal beteilige ich mich richtig an der Leserunde, jetzt habe ichs einfach verpasst. Für mich selber ist es nicht so schlimm, ich werde einfach nach und nach die Anmerkungen mitlesen.


    Es sei dir verziehen. Falls du nach „Sturmhöhe“ Lust hast einen weiteren Roman der Brontes zu lesen, trag dich einfach bei dem Lesevorschlag „Die Herrin von Wildfell Hall“ ein. Ich werde diesen Roman auf jeden Fall in absehbarer Zeit lesen

    So, ich habe den Roman heute Vormittag beendet. Es wurde ja immer spannender, so dass ich gar nicht mehr unterbrechen wollte.


    Zu den Erzählebenen: Ich denke schon, dass die Handlung aus mehreren Perspektiven erzählt wird, zwar ist Ellen die Haupterzählerin, aber wenn Lockwood erzählt wird doch klar, dass man alles auch anders sehen kann und dann gibt es ja mehrmals noch eine dritte Erzählebene (z.B. wenn Ellen einen Brief bekommt) und es scheint wieder alles ganz anders. Im Gegensatz zu anderen Schriftstellern in der Zeit, macht Emily meiner Meinung nach das sehr gut, erinnern will ich nur mal an Moby-Dick, vier Jahre nach „Sturmhöhe“ geschrieben und da erzählt Ismael oft von Sachen die er überhaupt nicht wissen kann, z.B. was in der Kapitänskajüte beim Essen gesprochen wird usw.


    Zu den Handlungsmotiven: Für mich ist das meiste sehr gut nachvollziehbar, vor allem, dass sich Isabella in Heathcliff verliebt ist durchaus vorstellbar (Gegensätze ziehen sich an) und eine große Auswahl an Männern hatte sie in der abgelegenen Gegend ja nicht zur Verfügung. Revolutionär für die damalige Zeit finde ich dagegen, dass Isabella Heathcliff verlässt und mit ihrem kleinen Kind nach London zieht.


    Alles in allem: ein gut geschriebenes Buch aus einer für uns fernen Zeit mit einer spannenden aber durchaus nachvollziehbaren Handlung.


    "Jane Eyre" hab ich leider nicht gelesen, ...


    Da hast du was verpasst, solltest du unbedingt gelegentlich nachholen. Ich hab’ mal an der Uni Bonn ein Seminar gehört, da ging es hauptsächlich darum wie Charlotte in „Jane Eyre“ das Wetter beschreibt um die dann folgenden Situationen anzudeuten. Sehr interessant.


    Aber es gibt ja noch einen interessanteren Lesevorschlag und zwar zu Anne Bronte die jüngsten der drei Bronte-Sisters und zwar zu ihrem zweiten Roman: „Die Herrin von Wildfell Hall“
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4499.0.html


    und ich würde mich freuen, wenn du und klaus daran teilnehmen würdest. Ob wir Anne vor oder nach Theodor Fontanes „Irrungen, Wirrungen“ lesen, diese Entscheidung würde ich klaus überlassen.
    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4516.0.html


    Ich bin jetzt schon recht weit in den zweiten Teil des Romans vorgedrungen. Das Buch liest sich sehr angenehm und ist spannend genug, um einen zum Weiterlesen zu animieren.
    ....
    Auf die Genealogie greife ich noch öfter zurück, auch wenn es schon stimmt, dass sie vieles vorwegnimmt, was man eigentlich lieber erst im Verlauf der Lektüre hätte erfahren wollen.


    Dann will ich auch mal die Zügel wieder anziehen. Der Roman ist ja für einen Klassiker wirklich sehr spannend und inzwischen denke ich, dass diese Genealogie obwohl sie vieles vorwegnimmt, gerade auch dadurch die Spannung steigert. Im Rückblick auf das erste Buch, muss ich gestehen, habe ich mich manchmal gefragt wie kriegt Emily die Kurve, dass Caty I nicht Heathcliff heiratet, sondern Linton, und jetzt kann ich es kaum erwarten, zu erfahren was passiert damit Caty II ein zweites Mal heiratet. Die Emily, glaube ich, war eine ganz raffinierte Autorin!

    Beim Warten auf weitere Beiträge, ich lese i.M. mit gezügeltem Tempo weiter, habe ich mir das Titelbild unserer DTV-Ausgabe etwas näher betrachtet. Es handelt sich um das Gemälde „gusty weather“ (böiges Wetter) von 1878 des in Edinburgh geborenen schottischen Landschaftsmalers Peter Graham (1836 – 1921)
    http://www.amazon.de/Sturmh%C3…3123486#reader_3423123486
    Vermutlich in den schottischen Highlands gemalt passt es doch auch in die nordenglische Gegend in der der Roman Sturmhöhe spielt. Die karge Heidelandschaft – und die windschiefen Bäume werden ja auch gleich am Anfang des Romans als typisch für die menschenfeindliche Gegend erwähnt.


    Noch besser allerdings könnte ich mir das Bild als Titelbild zum Roman „Jane Eyre“ von Emilys Schwester Charlotte vorstellen. Peter Graham scheint genau die Stelle des Romans gemalt zu haben als Mr. Rochester begleitet von seinem Hund auf sein Anwesen Thornfield Hall zurückkehrt, und kurz bevor sein Pferd scheut und ihn abwirft weil die neue Gouvernante, Jane Eyre, ihm zum ersten Mal über den Weg läuft. Was meint ihr? Oder kennt ihr „Jane Eyre“ gar nicht?


    Hier noch ein Link zu einem von Peter Grahams bekanntestem Bild, „Hochwasser in den Highlands“ von 1868:
    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20100909163234

    Ich hielt Ausschau nach den drei Grabsteinen auf dem Abhang am Moor und fand sie auch schon bald - ….
    Ich verweilte ein wenig bei ihnen unter dem milden Himmel, sah die Nachtfalter zwischen Heidekraut und Glockenblumen umherflattern, lauschte dem sanften Wind, der mit leichtem Hauch übers Gras strich, und fragte mich, wie irgend jemand glauben konnte, die Schläfer in dieser stillen Erde schlummerten nicht in Frieden.

    Soeben bin ich von einem Besuch bei meinem Gutsherrn zurückgekehrt – diesem einsiedlerischen Nachbarn, der mir noch zu schaffen machen wird. Was für eine schöne Gegend!


    Ich finde die Familienverhältnisse eigentlich nicht so furchtbar kompliziert. Am Anfang war es eine Hilfe, später habe ich immer weniger draufgeschaut.


    Sehr kompliziert sind die Familienverhältnisse nicht, da hast du Recht, mir erscheinen sie geradezu so vereinfacht, dass man direkt merkt wie Emily das konstruiert hat, aber gerade am Anfang war ich etwas verwirrt weil Caty II anwesend war, aber über Caty I berichtet wurde und ohne die Tafel hätte ich da nicht so schnell durchgeblickt.