Beiträge von Germa

    Ich bin erst heute morgen mit dem Zauberberg fertig geworden. :redface:
    Mal genieße ich den schönen Stil und dann ärgere ich mich auch über gewissen Längen.
    Die "Geisterbeschwörung" z.B: Ich habe den Eindruck, dass dieser Einschub keine besondere Bedeutung hat, sondern dass Th.Mann während seiner langen Schreibphase an diesem Roman alle Bereiche eingebaut hat, die ihn interessierten. Vielleicht war es gerade "in" an Seancen teilzunehmen. Auch der Einschub, als HC sich mit der Medizin und Anatomie beschäftigte. Muss man das wirklich lesen, um die Gesamtwirkung des Romans zu erfassen? Ich denke nicht.
    Mir hätte der Roman um einiges besser gefallen, wenn Th.Mann diese Exkurse in extra Essays verarbeitet hätte. Die geistige Entwicklung HC`s wäre trotzdem zu sehen gewesen.


    :entsetzt: Oh, ihr werdet mich jetzt kritisieren, aber ich wollte doch mal meine Meinung kundtun.


    Sehr gut hat mir der Umgang mit der Zeit gefallen, die Charakterisierung der vielen Personen, die Entwicklung HC`s und der grandiose literarische Stil + Ironie.


    Ich werde den Zauberberg in ein paar Jahren sicherlich nocheimal lesen.


    Lg
    Germa

    Ich habe inzwischen auch das Kapitel Mynheer Peeperkorn beendet und fand es wunderbar ironisch. :breitgrins:
    Ganz im Sinne von Loriot: "Männer sind und Frauen auch. Gut, dass wir darüber gesprochen haben"


    Laut Interpretationen soll Th.Mann mit der Figur Peeperkorn Gerhard Hauptmann gemeint haben. Mochten die beiden sich nicht? Sah Mann in Hauptmann einen Literat der leeren Worte, der viel Wind um nichts machte?


    Ich habe auch eine Stelle gefunden, die nochmal besagt, dass die alte Stelle in HC Lunge vermutlich die unerfüllte Liebe zu Hippe ist und die frischen Stellen wegen Clawdia entstanden sind:
    "Denn außer den alten Narben von früher her, aus meiner Schulzeit, du weißt, ist da die frische Stelle, die Behrens gefunden hat und die mir das Fieber macht."


    Bin ich die letzte, die noch liest? Was ist mit Roland? Bist du noch dabei?


    Lg
    Germa

    Ich lese gerade das Kapitel Schnee.
    HC`s Kampf gegen den Schneesturm steht sehr im Gegensatz zu seinem letargischen Verhalten im Berghof. Hier kämpft er gegen die Müdigkeit und das Verlangen aufzugeben an. Gegen den Bann, den der Aufenthalt im Sanatorium auf ihn ausübte hat er sich in keinsterweise gestellt. Woher nimmt er plötzlich diese kämpferische Kraft?
    "Doch hielt Hans Castorp sich redlich und widerstand der Lockung, sich hinzulegen." Im Berghof widersteht er den Liegekuren nicht!


    Selbst in diesem düsteren Kapitel verzichtet Mann nicht auf Ironie.
    "... und Settembrini, wenn er mit seinem Hörnchen kommt, um nach mir zu sehen, findet mich hier mit Glasaugen hocken, eine Schneemütze schief auf dem Kopf." totlach


    Oder den Vergleich des lebensbedrohlichen Schneesturms mit den Diskussionen von Naphta und Settembrini:
    "Benommen und taumelig, zitterte er vor Trunkenheit und Exzitation, sehr ähnlich wie nach einem Kolloquium mit Naphta und Settembrini, nur ungleich stärker."


    Manjula: Mir geht es genauso: Das Buch gefällt mir sehr gut, aber an manchen Stellen komme ich auch nur in kleinen Häppchen voran.


    Lg
    Germa

    Ich finde die Stelle, an der Naphta den Jesuitenorden mit der Kadettenanstalt Joachims vergleicht sehr witzig und mutig, aber ich kann diese Parallelen schon nachvollziehen.


    Die Beschreibung von James Tienappels Besuch auf dem Zauberberg finde ich auch sehr gelungen. Mann zeigt hier die gleichen Stadien der Akklimatisation wie bei HC. Körperlich wie geistig. Doch der Onkel sucht das Weite, was HC verpasst hat, obwohl ihn Settembrini mehrmals dazu aufgefordert hatte.


    Germa

    Ich habe mir mal den Film von Geißendörfer angesehen, und muss sagen er ist sehr gut umgesetzt. Natürlich fehlt einiges aus dem Buch, aber die Szenen, die verfilmt wurden halten sich genau an das Buch und die Darsteller sehen wirklich so aus wie ich sie mir vorgestellt habe.


    Jetzt muss ich auch zugeben, dass die Liegekuren an Leichen erinnern. Denn die eingewickelten Patienten erinnern sehr daran. Auch im Zauberberg sagt HC einmal etwas von endgültiger Horizontalen.


    Ein ruhiges Lesewochenende wünscht,
    Germa

    Zitat von "alpha"

    man liest ihn nicht voller Spannung (oder doch?) sondern eher bedächtig, den akkuraten Schreibstil geniessend.


    Genauso werde ich es ab jetzt tun. Alpha hat das sehr schön formuliert.
    Ich lese jetzt jeden Tag ein paar Seiten weiter und beobachte den Stil und den Aufbau des Romans.


    Lg
    Germa

    Bei mir ist eine Leseflaute eingetreten, aber ich möchte jetzt auf gar keinen Fall aufgeben. Aber ich brauche ein Zweitbuch neben dem Zauberberg. Mir kommt er doch etwas in die Länge gezogen vor.


    Ihr werdet mich steinigen, aber meiner Meinung nach hätte man das ganze auch um 300 Seiten kürzen können und trotzdem nichts an literarischer Qualität eingebüßt. Ist es wirklich nötig 4 Seiten lang den aufkeimenden Frühling zu beschreiben?


    :breitgrins: Ich werde durchhalten, aber sicher noch eine ganze Weile an diesem Werk knabbern!


    Germa

    Ich möchte kurz etwas zu Th. Manns literarischem Stil schreiben. Ich finde, so einen Schreibstil findet man in der aktuellen Literatur gar nicht mehr. Die Autoren lassen sich gar nicht soviel Zeit bestimmte Stimmungen genau und feinfühlig zu beschreiben.
    Mir gefällt eine Stelle ganz besonders, an der Th. Mann die Stille beschreibt, und zwar, dass es zwei verschiedene Sorten von Schweigen gibt.


    " ...,und zwar eines Schweigens, das man sehr stark als Gegenteil und Widerspiel des Redens, als Verstummen also, keineswegs aber als inhaltsleer und ereignislos empfand." (in Totentanz)


    Ich finde diesen Satz sehr beeindruckend. Wie geht es euch dabei? Habt ihr auch so Leseerlebnisse, dass ihr innehaltet und über einen Satz nachgedacht habt? Welche waren das?


    Lg Germa

    Zitat von "lebenszeichen"


    und eine allgemeine gewöhnung an den tod ist auch sichtbar, wenn man bedenkt, wie gleichgültig jene wesen "da oben" mit dem tod diverser patienten umgehen.


    Ich glaube es ist keine Gleichgültigkeit, sondern ein Verdrängen. Krank ist von Denen da oben jeder gerne, aber mit dem Tod wollen sie dann doch nichts zu tun haben. Der Tod ereilt nur die anderen, aber nicht sie selbst.

    Ich bin inzwischen im Kapitel Totentanz angekommen.


    Hier wird ziemlich deutlich, dass HC mit seinem Leben in Hamburg abgeschlossen hat. Er sagt der Witwe des Herrenreiters gegenüber, "er sei Techniker gewesen". Seine Interessen gehen jetzt eher in Richtung Medizin und Theologie.


    HC konfrontiert die Sanatoriumsbewohner auch mit dem Tod, was gar nicht gerne gesehen wird. Besonders Fr Stöhr regt sich immens darüber auf. Kann es daran liegen, dass sie durch die Konfrontation mit dem Tod an ihren eigenen denken müssen? Dass der Verdrängungsmechanismus nicht mehr so reibungslos funktioniert?
    In einer meiner Literaturgeschichten habe ich den Hinweis gefunden, dass die Liegekuren auf den Tod (man liegt im Sarg) anspielen. Ich finde diesen Gesichtspunkt allerdings etwas zuweit hergeholt und hinein interpretiert.


    Lg
    Germa

    Zitat von "alpha"

    heisst es nicht, der schlimmste Alptraum sei, wenn ein Traum wahr wird? - Ich müsste das genaue Zitat suchen, weiss auch gerade nicht mehr, von wem es stammt, aber es besagt, dass Träumen schön und gut ist, dass die Realität, die Verwirklichung der Träume jedoch schlimmer ist, als die Sehnsucht, die Träume möchten sich erfüllen...


    Vielleicht ist das genau der Grund, warum HC Clawdia aus der Ferne verehrt. Hat er Angst, sein Bild von ihr könnte durch die Realität kaputt gehen?


    Gruß, Germa

    Dass es im Berghof nicht wirklich um die Genesung der Patienten gehen kann, zeigt auch der Zigarrenkonsum. HC raucht seine Maria Mancini und sogar der Arzt Behrens raucht. Gerade in einem Lungensanatorium ziemlich kontraindiziert !!!
    Th.Mann spielt hier auch mit Ironie. Das Laster wird fast schon als Medizin dargestellt: wohlfabriziertes pflanzliches Reiz-und Betäubungsmittel oder Krautwickel wird die Zigarre genannt. :breitgrins:


    Gruß Germa

    Ich stimme dem zu. Deshalb lese ich Bücher auch gerne mehrmals. Beim ersten Lesen ist man zu sehr auf die Handlung konzentriert.


    Beim Zauberberg geht es mir allerdings etwas anders. Da ich in vielen meiner Literaturgeschichten über Thomas Mann und den Zauberberg nachgelesen habe ist mir die Handlung (viel ist es ja nicht) und die Absicht des Autors bekannt. Ich kann also genau auf den Aufbau achten und die Charakterisierungen beobachten.


    Lg
    Germa

    Laßt euch alle ruhig Zeit beim Lesen! Ich selber bin auch ein sehr langsamer Leser und gerade im Zauberberg gibt es viel nachzudenken und vieles was man in anderen Büchern nachschlagen möchte.
    Die Passagen mit Settembrini finde ich z. B. alle sehr anstrengend zu lesen und ich komme dann manchmal nur wenige Seiten voran.


    Gerade bin ich am Wendepunkt angekommen, an dem HC nicht mehr von Denen da oben sondern im Kapitel Freiheit von Uns hier oben und Denen dort unten spricht. So schnell kann das gehen! :zwinker:


    Lg
    Germa, sie sich ein reines Lesewochenende gönnt. :klatschen: