Beiträge von Leibgeber


    Das habe ich völlig überlesen! Glaubst du, dass das auch ein Synonym für den Fleck auf der Seele sein könnte?
    Bei der oben von dir zitierten Stelle habe ich nur daran gedacht, dass Jim dorthin zurückschwimmen wollte, wo er zum Helden hätte werden können, anstatt sich unverortet und somit sinnlos direkt am Boot den Freitod zu geben.


    Ich hatte es auch überlesen.


    Und ansonsten, gut, diese lange Szene im Rettungsboot.
    Hier kommt nochmal der Heizer - Maschinist - George ins Spiel.
    Und das muss doch der auf dem Schiff verbliebene Verstorbene sein, oder?
    Den die anderen an Bord des Bootes wähnten, und stattdessen kriegen sie - Jim.


    Zitat


    Ich bin jetzt im XIV. Kapitel, Jim ist inzwischen als Schiffsagent auf Vermittlung von Marlow in einem entlegenen Hafen im Osten. Dennoch - wie du, Leibgeber erhellend bemerktest - vermischen sich auch hier wieder die Zeitebenen. Nach Einblendung eines Zeugen, der das havarierte Schiff mit in den Hafen schleppte, wird wieder zurückgeblendent in das entscheidende Gespräch zwischen Jim und Marlow auf der Veranda.


    Ich hatte mir, wie auch seinerzeit bei der Strudlhofstiege :breitgrins:
    überlegt, ein Diagramm anzulegen. Um da vielleicht eine Struktur reinzukriegen.
    Habe mal wieder davon abgesehen.


    Zitat


    Ein Kommentar, der mich berührte:
    Die wahre Bedeutung von Verbrechen liegt darin, dass sie einen Vertrauensbruch gegenüber der Menschheitsfamilie darstellen .... . (Kap. XIV, rel. am Anfang)


    Das bringt ziemlich genau auf den Punkt, wie die meisten gegenüber Verbrechen empfinden, weil Conrad hier die Menschheit herunterbricht auf die überschaubaren Regeln, die für eine Familie gelten.


    finsbury


    Ja, das ist so was von der Lebensweisheit, die er öfters durchblicken lässt.
    Und dabei war er da doch erst anfangs 40 :zwinker:

    Auffällig ist schließlich, wie sich das ganze Geschehen auf die Mannschaft konzentriert.
    Die Hauptbetroffenen, die Passagiere, bleiben im Hintergrund.
    Einmal räumt Jim einen durch einen Schlag beiseite, oder?
    (Ich finde die Stelle gerade nicht.)
    Jene Passagiere, die der Kapitän nicht gerade freundlich bezeichnet als:
    "'Look at dese cattle,' said the German skipper to his new chief mate."
    (Nett, wie hier das miserable Englisch durchkommt. Das fällt in meiner Übersetzung unter den Tisch.)


    Verwirrt hingegen haben mich Jims Sprung und die Begleitumstände: Die drei rufen vom Boot aus nach George, dem Heizer. Denn das kann nicht der Maschinist, der dritte "Offizier" sein, denn der ist ja kurz zuvor einem Schlag oder Infarkt erlegen. Der Heizer hingegen stolpert, rafft sich scheinbar auf und dann springt - Jim! Ich kann es mir nur so erklären, dass die Rufe auf Jim suggestiv gewirkt haben, wie man einen Sog verspürt, wenn man am Bahngleis steht und ein Zug einfährt.


    Das war mir auch aufgefallen, aber:


    George muss doch der Maschinist sein.
    Denn die anderen, die im Boot, wissen nicht, dass er tot ist. Und deshalb rufen sie nach ihm. Oder?


    Und was mag es in Jim auslösen, dass sie nicht nach "Jim" rufen.
    Ihn umgibt die ganze Zeit eine Aura von Einsamkeit.



    Was auch wunderbar geschildert ist, ist die Atmosphäre auf der Veranda, während Jim seine Geschichte erzählt: Zunächst die Begleitgeräusche und Lichter von den anderen Gästen und Bediensteten, dann immer leiser, immer weniger künstliches Licht und um so abstruser wird die Geschichte, werden Jims Handlungsweisen ... .
    finsbury


    Ich fand das auch beeindruckend.
    JC muss ja:


    1. mal plausibel machen, dass es sich sowieso um eine Erzählung, die von Marlow, handelt.
    Er spricht das ja im Vorwort an:
    "After thinking it over for something like sixteen years, I am not so sure about that. Men have been known, both in the tropics and in the temperate zone, to sit up half the night 'swapping yarns'. This, however, is but one yarn, yet with interruptions affording some measure of relief; and in regard to the listeners' endurance, the postulate must be accepted that the story was interesting. It is the necessary preliminary assumption. If I hadn't believed that it was interesting I could never have begun to write it. As to the mere physical possibility we all know that some speeches in Parliament have taken nearer six than three hours in delivery; whereas all that part of the book which is Marlow's narrative can be read through aloud, I should say, in less than three hours. Besides—though I have kept strictly all such insignificant details out of the tale—we may presume that there must have been refreshments on that night, a glass of mineral water of some sort to help the narrator on."


    und 2. muss er es noch hinkriegen, in Marlows Erzählung nun wiederum Jim erzählen zu lassen.
    Und der erzählt 3. die Ereignisse auch nicht einfach so durch.


    Eine der Passagen, bei denen ich mich gefragt hab:
    wie behält so ein Autor in dem Durcheinander die Übersicht.


    Ganz so sehr der nautischen Literatur wie du war ich zwar nicht ergeben, aber so erinnere ich auch. Was mich an dieser Passage, auf die ich in der von dir zitierten Stelle einging, nur so irritiert, ist eben, dass durch die Zeitdehnung der Eindruck vermittelt wird, dass man - abgesehen davon, dass die verantwortlichen Offiziere bis zuletzt die Verantwortung tragen - doch etwas hätte tun können, und Jim schneidet ja auch, bevor er springt und sich entzieht, in der Tat die die Rettungsboote haltenden Seile durch: Bei sechs übrig gebliebenen Booten ist das immerhin auch eine zeitaufwändige Handlung.
    Aber du deutest ja schon an: Uns werden wohl noch die einen oder anderen Lichter aufgehen ...


    finsbury


    Stell dir mal vor, du wärest in der Lage ... :winken:


    es gibt objektive Zeit, gemessen durch welchen Chronometer auch immer.
    Und es gibt die subjektive Zeit.
    Und mir scheint, dass sich, was in objektiver Zeit eher schnell abspielt, für Jim unendlich dehnt.
    Sein Zeitgefühl in der Katastrophe ist ein ganz eigenes.
    In der doppelten Katastrophe, der des Schiffs, und der seines Lebens.


    Es ist ein Kunstgriff, jede Einzelheit präzise zu beschreiben, mit der typischen nicht-lineare Erzähltechnik.
    Und damit versucht JC, uns, die Leser, in "Jims Zeit" zu ziehen.


    Mir gab es ein Gefühl unendlicher Einsamkeit und Weite.
    Die Patna allein auf dem Wasser, gleißende Sonne, Ausgeliefertsein.


    Und JC will uns vielleicht auch das Gefühl vermitteln:
    ja, man hätte doch etwas tun können.


    Aber was ich nicht verstehe: In meiner Ausgabe (S. Fischer TB von 1998) sagt Conrad in seinem Vorwort zu einer 17 Jahre später erscheinenden Auflage, dass die Leser Probleme mit der Erzählperspektive gehabt hätten: alles aus der Sicht des hinlänglich bekannten Kapitän Marlow, der dies alles erzählt. Ich habe nun aber die ersten vier Erzählabschnitte gelesen, und die sind aus der Sicht eines anonymen Er-Erzählers geschrieben. Hmmm ....


    Im Vorwort schreibt JC ja, ursprünglich sei nur die Patna-Episode dagewesen.
    Und wenn er den Rest des Romans, den weitaus größeren Teil also, darum herum, bzw. darangebaut hat, würde sich die wechselnde Perspektive erklären.
    Es sei denn - das wäre auch Fiktion ...
    Aus dem, was ich bisher gelesen habe, geht ja auch hervor, dass JC für diese wechselnden Erzähler und Perspektiven eine Vorliebe hatte.
    Und auch im Marlow-Teil, dem längsten, wird ständig vor- und rückgeblendet.
    Es wird NIE linear erzählt.


    Gruß, Leibgeber


    Die Situation auf dem Dampfer ist tatsächlich schwierig. Wie würde ein mutiger und heldenhafter Mensch damit umgehen? In aller Schnelle, Frauen, Kinder, junge Leute zuerst in die Boote und mit den anderen versuchen, das Schott zu verstärken?
    Dem Leser wird einerseits durch Jims Erzählung vermittelt, dass das Sinken eine Frage von Sekunden gewesen sei, andererseits wird die Zeit durch die moralischen Exkurse so gedehnt, dass ich mich unwillkürlich fragte, ob man nicht doch locker Zeit zum Abfieren der Rettungsboote gehabt hätte. So können einen Erzählzeit und erzählte Zeit in die Irre führen.


    Mag sein, die Lage ist schwierig.
    Nur ist das, insbesondere für Landeier :zwinker: ja gar nicht so klar.
    Frage ist: wie wäre eine andere Mannschaft damit umgegangen?


    Ich hab, als ich noch jung war, eine Unmenge Seefahrer-, Entdecker-, Piratenliteratur verschlungen.
    Und erinnere mich ganz genau:


    das Schimpflichste überhaupt ist, wenn die Mannschaft vor den Passagieren das Schiff verlässt.
    Und der Kapitän hat es als letzter zu verlassen.


    Und deshalb hat Jim versagt, und zwar schon zum zweiten Male, nach der Situation auf dem Schulschiff im ersten Kapitel.


    Davon abgesehen: abwarten ... :zwinker:


    Hallo zusammen,


    hat schon jemand von euch die Biographie über Joseph Conrad von Elmar Schenkel gelesen, die anlässlich des 150. Geburtstag 2007 herausgekommen ist?
    Gruß,
    Maria


    Da ich ja immer in die Vollen geh, hatte ich einen Erwerb in Erwägung gezogen.
    Aber mit dem dickleibigen Werk von Mr. Karl werde ich noch lange zu tun haben.

    Für die Lord-Jim-Interessenten:
    schon zum zweiten Mal finde ich hier einen Deutschen, den feigen wie schurkischen Hotelier Schomberg, der nicht gerade gut wegkommt.
    "Teutonicig, manly in a portly style, and profusely bearded, with a glass of beer in his thick paw, ..." (Teil 1, Kap. 3)


    Das erste Mal kam er vor in "Lord Jim".
    Und da haben wir auch gleich noch so ein Exemplar, den Kapitän der "Patna".
    Weil es mir so gut gefiel:
    "The Patna was a local steamer as old as the hills, lean like a greyhound, and eaten up with rust worse than a condemned water-tank. She was owned by a Chinaman, chartered by an Arab, and commanded by a sort of renegade New South Wales German, very anxious to curse publicly his native country, but who, apparently on the strength of Bismarck's victorious policy, brutalised all those he was not afraid of, and wore a 'blood-and-iron' air,' combined with a purple nose and a red moustache. After she had been painted outside and whitewashed inside, eight hundred pilgrims (more or less) were driven on board of her as she lay with steam up alongside a wooden jetty."
    (Kap. 2)


    Und Schomberg muss, warum nur, auch noch mal extra im Vorwort zu "Sieg" erwähnt werden.
    "That I believe him to be true goes without saying. I am not likely to offer pinchbeck wares to my public consciously. Schomberg is an old member of my company. A very subordinate personage in Lord Jim as far back as the year 1899, he became notably active in a certain short story of mine published in 1902. Here he appears in a still larger part, true to life (I hope), but also true to himself. Only, in this instance, his deeper passions come into play, and thus his grotesque psychology is completed at last.
    I don't pretend to say that this is the entire Teutonic psychology; but it is indubitably the psychology of a Teuton. My object in mentioning him here is to bring out the fact that, far from being the incarnation of recent animosities, he is the creature of my old deep-seated, and, as it were, impartial conviction. "


    War Mr. Conrad/Korzeniowski teutonophob? :zwinker:
    Als "Sieg" erschien, war Erster Weltkrieg …


    Es fiel mir auch mal wieder auf, wie interessant Conrads Vorworte sind.
    In dem zu "Sieg" erzählt er denn auch, wo er die drei Vorbilder zu Mr. Jones, Ricardo, Pedro gesehen hatte. Oder habe.
    Denn ich stelle mir die Frage:
    war es wirklich so? Oder eine weitere Fiktion?
    Das Wechselspiel Leben(serfahrung) - Literatur ...


    (Fortsetzung folgt.)


    "Sieg".


    Und schreib ich noch was zu den Bösewichtern.
    Ein Gaunertrio, das es in sich hat, drei völlig unterschiedliche, einzeln in sich und in ihrem Wechselspiel, stimmig gezeichnete Charaktere.
    Ein bisschen Sprengstoff hat darin, denke ich, zumindest 1915 gelegen. Insofern der Anführer, Mr. Jones, ein Homosexueller ist.
    Bzw. das Zerrbild eines solchen, und damit ein Abbild von seinerzeit üblichen und immer noch nicht ausgeräumten Vorurteilen.


    Und fast 100 Jahre später muss sich die Frage stellen:
    (so wie auch bei dem in allen von mir bisher gelesenen Büchern vorhandenen Rassismus)
    was davon ist dem „Erzähler“ zuzuschreiben, und was dem Autor?
    Wie weit hängt dieser vom geistig - moralisch - kulturellen Umfeld seiner Zeit ab - DASS er es tut, ist ja keine Frage -
    wie weit transzendiert er es in seine Literatur?


    Nein, ich bin nicht selbst darauf gekommen:
    in dem bisschen Sekundärliteratur, in das ich reingelesen habe, fand ich den Hinweis auf ein weiteres, sehr berühmtes Gaunertrio.
    Das im "Malteser Falken".
    Auch die sind, im Film (irgendwie haarscharf an Hollywoods Zensur verbeigedreht) noch mehr als im Buch, homosexuell.
    Und damit eventuell Ausdruck der homophoben Ängste ihrer Verfasser.
    Ich hab Diane Johnsons Dashiell-Hammett-Biographie rausgekramt.
    Und fand immerhin einen Hinweis, dass Hammett Conrad gelesen hatte.


    Der "Showdown" auf der Insel, das ist ja literarische Qualität, Spannung pur, davon können andere nur lernen.


    Und damit lass ich es gut sein.
    Dabei gäb es noch viel mehr.
    Bspw. die zwei hochinteressanten weiblichen Hauptpersonen. Ja, auch Mrs. Schomberg ist eine ...
    Und die Interpretation des Romantitels.
    Der im Roman nur einige Male, aber dann in bezeichnenden Zusammenhängen, vorkommt.
    Was ist das, dieser SIEG, der über allem schwebt?
    Was ist wahrer Sieg, was ist ironisch gebrochen?

    Heyst, geprägt durch einen übermächtigen Vater, versucht, dem Leben soweit möglich aus dem Weg zu gehen. Durch Abgrenzung, durch Vermeidung, durch eine Haltung, die Conrad selbst in der „Authors Note“ als „stoicism“ bezeichntet.
    Ich hab Schopenhauer gelesen, und Conrad hatte das auch, also nenne ich es eher Weltverneinung.


    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
    Wer englischsprachige Literatur im Original liest, noch mehr.
    Ich fand den Hinweis auf etwas, das mir natürlich entgangen war.
    Der Roman beginnt mit: „There is, ...“ und endet mit „Nothing!“


    ( Noch härter: Beginn: „There is, as every schoolboy knows ...“ Ende: „Nothing!“ )


    Und so endet ja „Die Welt als Wille und Vorstellung“. Mit dem alles umfassenden Wörtlein: „Nichts.“


    Thematisiert wird, was aus dieser Haltung werden könnte, wenn sie ernsthaft auf die Probe gestellt wird. Wie lebe ich, wenn ich mit meinen Mitmenschen konfrontiert werde, und meine „Werkzeuge“ ihren Wert erweisen müssen? Wenn kein Rückzug mehr möglich ist.


    Es handelt sich insofern um einen „philosophischen Roman“, als Grundprobleme des Denkens und Handelns, der ganz eigenen, privaten Ethik auch, behandelt werden.


    Und Heysts Pessimismus, verbunden mit der Thematik des bedrohten Paradieses, kann auch als Abgesang auf den Kolonialismus gelesen werden.
    Heyst und Lena versus Ureinwohner der Insel und den Chinesen Wang.
    Die weißen Eindringlinge, die schlussendlich weichen müssen.
    Was im Erscheinungsjahr 1915 absehbar war, soweit nicht schon erfolgt.
    (Ich hab es bisher nicht nachgelesen.)


    Und wieder mal habe ich mich gefragt:
    ist der unterschwellige Rassismus Sehweise des gerade präsenten Erzählers -
    oder die des Verfassers? Bzw. beider.


    Mag sein ich weiß mehr, wenn ich mich durch diese dickleibige Biographie gelesen habe.


    (Fortsetzung folgt.)


    Ich habe gerade ausgelesen:
    Sieg.


    Nach einer guten Woche sacken lassen, ein wenig überdenken, und ein wenig stöbern in online zugänglicher Sekundärliteratur, ist mir der Roman immer vielschichtiger geworden.


    Mann (Axel Heyst, schwedischer Herkunft) hat sich, von Leben und Menschheit enttäuscht, auf eine einsame Insel zurückgezogen.
    Auf einer seiner Reisen rettet er eine junge Frau (Lena, eigentlich Magdalen oder Alma) aus einer Notlage und nimmt sie mit sich.
    In das Inselparadies nistet sich, durch eine Intrige dorthin gelockt, eine Gruppe von drei Schurken ein.


    Wäre das alles, hätten wir ja einfach eine romantische Liebesgeschichte.
    Aber dahinter verbirgt sich viel mehr.


    Der Paradiestopos ist offensichtlich.
    Und wird betont durch Alliteration, Axel-Adam, Lena-Eva.
    Der Rückzug auf die Insel kann auch als Robinsonade gesehen werden. Es gibt auch einen Freitag, den chinesischen Diener Wang.
    Der sich aber, sobald er es für notwendig befindet, absetzt.
    Zu den Ureinwohnern das Paradieses, die sich hinter eine Barriere zurückgezogen haben, als die Weißen, zum Kohleabbau, einfielen.
    Das Paradies, der Rückzugsort, den Heyst sich erschaffen will, ist von Anfang an bedroht.


    Schauplatz ist, wie häufig, Südostasien.
    Die handelnden Personen jene dort ansässige Enklave von Weißen.
    Versus die eigentlichen Einwohner.
    In Teil 1, Kap. 2 wird von Heysts verstorbenen Kompagnon Morrison gesagt:
    Morrison was „one of us“.
    Dieses „einer von uns“, einer der privilegierten weißen Kaste, findet sich auch in „Lord Jim“.


    Und es augenscheinlich, dass Heyst, der Sonderling, sogar von dieser Kaste abgesetzt wird. Er gehört nicht einmal dazu.


    (Fortsetzung folgt.)


    Da ich schon an der Treppe (Strudelhofstiege) gescheitert bin, wird dieser Berg wohl noch eine Weile auf mich warten müssen. ;) Vielleicht werde ich ja noch älter UND reifer. :belehr:


    Naja, ich sehe bei dir 42.
    Ich war in der zweiten Hälfte meiner 20 an der Stiege gescheitert.
    Und hatte dann mit 47 ein großes Doderer-Lesejahr.
    ( Du hast also noch Zeit :winken: )


    Und fand die Stiege grandios, hatte sogar die Geduld, mich durch die Dämonen zu lesen, die ich nicht ganz so grandios fand.
    Anderes, bspw. die Merowinger, blieb liegen und wartet auf die nächste Doderer-also-Stiege-nochmal-Lektüre.


    SEHR empfehlenswert übrigens: die Biographie von Schmidt-Dengler.


    Gruß, Leibgeber


    Hallo Leibgeber,


    ich verfolge dein Leseprojekt mit großem Interesse. Bisher kenne ich nur "Herz der Finsternis" und das hatte tatsächlich auch eine Sogwirkung auf mich. Du machst mich auf die weiteren Werke neugierig. Danke schön.


    Gruß,
    Maria


    Hi und danke,


    ich hätt es ja bis vor 2 Monaten auch nicht gedacht.
    Aber scheint, ich stecke mal wieder in einem Leseprojekt, wie es die letzten Jahre öfters vorkommt.
    2009/10 war es bspw. - ähnlich unerwartet - Thomas Bernhardt.


    Es wird zunehmend spannender.
    Ich werde also versuchen, auch zu "Sieg" was zu schreiben.


    Stelle nur mal wieder fast, dass mir zwar, wie üblich, eine Menge einfällt.
    Es "zu Papier" zu bringen, das krieg ich aber nur schwer hin.
    Vielleicht der Grund, warum ich kein Kritiker geworden bin.
    Oder gar Autor :zwinker:


    Außerdem ist doch wohl sowieso schon alles gesagt und aufgeschrieben ...


    Ich hab mich gerade ein wenig durch online verfügbare Sekundärtexte gewühlt.
    Und jetzt ist für heute Schluss mit dem PC.
    Lesekiller Internett ...
    Und her mit der Papierliteratur pchallo


    Gruß, Leibgeber


    Ich lese jetzt:
    Nostromo.


    Der Mr. Conrad hat so ein Talent, mich in seine Geschichten einzusaugen, bevor ich es überhaupt merke, und dann bin ich auch so lange drin, bis er mich zum Ende, also hier nach über 600 Seiten, wieder entlässt.
    Mal wieder unter einem schönen understatement von Untertitel: A Tale from the Seaboard.


    Diese Meeresküste ist eine Provinz (Sulaco) eines fiktiven lateinamerikanischen Staates (Costaguana), und was hier vorgeht an schmutzigem Kleinkrieg, Bühnengenerälen, Geldgier, Gewalt, Ausbeutung, Folter und Mord, das wird nie linear durcherzählt, sondern in ständigen Digressionen.


    Die Hauptperson, Nostromo (= unser Mann, also auch: der Mann unserer Interessen, der Mann, der nach unseren Interessen handelt - so hab ich es nachgelesen), ist vordergründig nur die geringste Zeit präsent, und trotzdem im Zentrum des Ganzen, alles spielt sich um ihn herum ab.
    Der "Capataz de Cargadores" (ich lass mir diesen Phantasietitel immer noch auf der Zunge zergehen), ein Abenteurer, Spieler, Frauenheld, ist bedacht auf seine Unabhängigkeit, und doch macht sich der Mann aus dem Volk und Mann des Volkes abhängig von seinen Herren - und als er sich gegen sie stellt, vom Gott Mammon. Denn um den geht es in der Hauptsache.


    Die Personen sind so glaubwürdig dargestellt, durchleuchtet, motiviert, dass sie zu leben anfangen.


    Das ist nicht nur ein Abenteuer- und Politischer Roman (den Begriff Polit-Thriller gab's da noch nicht), sondern auch der Roman Lateinamerikas - und letztendlich Weltliteratur, nicht nur, weil es großartig geschrieben ist, sondern auch in dem Sinne, dass beschrieben wird, wie es in der Welt vorgeht. Denn Sulaco ist ein kleiner Teil davon, und steht doch für das Ganze.


    Ich habe mich immer wieder an Eric Ambler erinnert gefühlt, von dem ich früher viel gelesen habe, mit seinen Geschichten aus manchmal realen, manchmal fiktiven Staaten. Es geht um Menschen, die im Großen, ein paar hundert Meilen weiter schon, keine Rolle spielen, obwohl es für sie doch um Leben und Tod geht. Und das sind letztendlich wir alle. Spielbälle von Mächten, auf die wir keinen oder fast keinen Einfluss haben.


    Mag sein, dass der auf die Insel verbrachte Schatz, der das Leben so Vieler beeinflusst, und Einige ihres kostet, nichts weiter ist, als mal wieder eine Deutung des Tanzes ums Goldene Kalb.


    (Haben Ambler (und Hammett – siehe den Malteser Falken) Conrad gelesen?)


    Very Highly Recommended!


    Ich habe gerade ausgelesen:
    Sieg.


    Und lese jetzt:
    Der Geheimagent.


    Ich lese jetzt: Freya von den Sieben Inseln.


    Zwei lieben sich und der Eifersüchtige Dritte mag es nicht.
    Tun wir noch den Papa der schönen Freya hinzu, ein schönes Schiff, als Schauplatz die Südsee - schließlich schreibt's ja der Conrad - und wenn das alles wär, wär es eine "normale“ Geschichte.
    Mit einer Reihe von gelungenen Szenen - Freya und Heemskirk bspw. am Klavier, das ist brillant.


    Aber wie in "Herz der Finsternis“ und "Lord Jim" führt Conrad einen Erzähler ein, und fast wäre ich ihnen beiden auf den Leim gegangen.


    À la Marlow in diesen beiden Romanen gibt auch der in "Freya“ das Geschehen fast schon betulich zum besten. Aber was eigentlich bezweckt er, und ist er vielleicht mehr in das Geschehen involviert, als er glauben machen will?


    Und liebt nicht der Mann eher die Brigg und die Frau ihre Unabhängigkeit?


    "A Story of Shallow Waters“.
    Versucht man, die Untiefen auszuloten, entwickelt sich zwischen Freya - Vater - Jasper - Heemskirk - Erzähler ein Wechselspiel, das zu Nachdenken veranlasst.


    Ein kleines Werk, lange Erzählung oder kurzer Roman, dessen Umfang durch das Lesen zwischen den Zeilen erheblich wächst.


    Ich lese jetzt:
    Nostromo.


    Gruß, Leibgeber