Hallo zusammen
Beim Weiterlesen des Don Quijote sind mir noch ein paar Gedanken gekommen.
Nachdem ich das Buch die ersten Kapitel eher als Parodie auf Ritterromane
gelesen habe, denke ich nun, daß doch etwas mehr dahinter steckt. Die
Figuren gewinnen an Tiefe. Don Quijote erscheint mir nicht mehr nur als der
tumbe Narr, sondern als Getriebener in Sachen Menschlichkeit. Er meint es ja
nur gut und glaubt ständig, jemanden aus Gefahr befreien und überhaupt gegen
das Böse in der Welt ankämpfen zu müssen. Seine Bemühungen enden jedoch alle
in Enttäuschung. Eine eher tragische Figur.
Sehr schön zu lesen finde ich auch, wie sich langsam eine Freundschaft
zwischen Sancho Pansa und seinem "Herrn" entwickelt.
Ich kann mir vorstellen, daß ein nicht unwichtiger Aspekt ist, daß Cervantes
den Roman zu Zeiten der spanischen Inquisition geschrieben hat.
Mitmenschlichkeit war damals keine sehr gefragte Tugend. Ob Cervantes seine
Landsleute dazu aufrütteln wollte mehr Menschlichkeit zu üben und sich gegen
die Inquisition zu stellen? Und auch wenn dieser Widerstand zu
Enttäuschungen führt nicht aufzugeben?
Vielleicht ist der Roman auch autobiographisch und Cervantes war jemand, der
sich stets für das Gute eingesetzt hat und dabei ständig enttäuscht worden
ist? Ich weiß nichts über die Lebensgeschichte Cervantes´. Vielleicht wäre
eine Cervantes-Biographie zum besseren Verständnis des Buches hilfreich?
Das Phänomen, daß Menschen nicht mehr zwischen Realität und Fiktion
unterscheiden können finde ich auch ein zeitloses Thema und gerade wieder
sehr aktuell. Was bei Don Quijote die Ritterromane bewirkt haben, schafft
heute das Fernsehen, die Werbung, Computerspiele etc. Und auch heute treten
wieder Zensoren auf, die meinen bestimmen zu können, was gut oder schlecht ist. (Wie der Pastor bei der Bücherverbrennungsszene im 6.
Kapitel).
Und: Steckt nicht in jedem von uns ein Don Quijote? Sieht nicht
jeder die Welt so, wie er sie sehen möchte?
Das Buch scheint jedenfalls vielschichtiger zu sein, als es zunächst den
Anschein hatte.
Nur so ein paar Gedanken vom
ikarus