Hallo JMaria
Ich bin heute mit dem Buch fertig geworden und habe eine etwas zwiespältige Meinung davon.
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Er ist dem Weine zugetan, kann also genießen. Das hat er wohl von seiner Mutter
Aus Adeles Schilderungen hatte ich eher den Eindruck, daß August mehr aus Kummer zu viel trinkt. Weniger des Genusses wegen. Trotzdem hast Du recht. seine Mutter konnte das Leben sehr genießen, weniger den Wein. Diesem war wiederum mehr sein Vater zugetan, was Thomas Mann im 8. Kapitel auch zum Ausdruck bringt. 2 Liter Wein pro Tag waren für Goethe normal.
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Wie fandet ihr das Einbinden dieser Liebe August zu Achim von Arnim in diese Geschichte? War das nicht typisch Thomas Mann? Egal ob kameradschaftlich oder homosexueller Art, Thomas Mann greift in seinen Geschichten gern darauf zurück, oder
?
Das fand ich auch sehr typisch. Manns versteckte Homosexualität kommt in seinen Werken immer wieder zum Vorschein. Wenn ich solche Stellen lese, bekomme ich immer ein wenig Mitleid mit dem Autor, weil man oft merkt, daß das Schreiben die einzige Form war, in der er seinen Gefühlen freien Lauf lassen konnte.
Die lang erwartete Begegnung von Charlotte mit Goethe verläuft ja mehr als entäuschend. Das war allerdings zu erwarten nach Goethes Bemerkung zu August: "Konnt´ sie sich´s nicht verkneifen, die Alte, und mir´s nicht ersparen?" Goethe empfängt Lotte sehr kühl und steif bei einem offiziellen Mittagessen. Ich hatte den Eindruck, daß alle Beteiligten froh waren, als sie´s endlich hinter sich gebracht hatten. Erst zum Schluß dann ein vertrauliches Gespräch in der Kutsche. Und auch dort wirkte Goethe eingebildet und hochnäßig. Mir sehr unsympathisch. Aber Charlotte sagt ihm auch die Meinung: "So sehr wohl und behaglich war mir´s nicht eben in deiner Wirklichkeit, in deinem Kunsthaus und Lebenskreis, es war eher eine Beklemmung und eine Apprehension damit, das laß mich gestehen, denn allzusehr riecht es nach Opfer in deiner Nähe...Diese Riemer, die immer mucken und maulen, und deren Mannesehr´ auf dem süßen Leime zappelt, und dein armer Sohn mit seinen siebzehn Gläsern Champagner uin dies Persönchen, das ihn also zu Neujahr heiraten wird und wird in die Oberstuben fliegen wie die Mücke ins Licht...-was sind sie denn als Opfer deiner Größe." Goethe sieht sich allerdings selbst als Opfer. Als Flamme, in die sich die anderen stürzen, aber auch als brennende Kerze, die ihren Leib opfert damit das Licht leuchte. Selbstmitleid?
Insgesamt hatte ich mit dem Buch oft enorme Verständnisschwierigkeiten. Eine Goethe-Biographie zu lesen, wie Steffi in ihrem Urlaub vor hat, ist sicher nicht die schlechteste Idee. So gut kenne ich mich aber im Leben und Werk Goethes beileibe nicht aus, wie es für das Verständnis des Romans notwendig wäre. Ich finde, Thomas Mann setzt beim Leser zu viel Wissen voraus. Besonders das 3. und 7. Kapitel waren schon harte Brocken. Sehr schön fand ich das 2. Kapitel, in dem sich Charlotte an die Zeit mit Goethe zurückerinnert, und vor allem natürlich das 5. Kapitel "Adeles Erzählung". Ein Hochgenuß!
"Lotte in Weimar" war für mich, trotz seiner Kürze, der bisher anstrengendste Roman von Thomas Mann. Das lag sicher auch an dem überaus gestelzten Sprachstil, mit dem er sich an Goethe anpassen wollte. Und ich glaube kaum, daß, wenn ich dieses Buch als erstes von Thomas Mann gelesen hätte, noch weitere gefolgt wären. Zum Glück war´s aber ja nicht so.
Viele Grüße
ikarus