Hallo zusammen
Steffi: Auch von mir
. Echt spitze! Danke für Deine Recherche. Ich habe nämlich auch noch etwas nachgegrübelt, was das wohl für Zitate sein könnten.
Ich habe aber auch etwas recherchiert und bin hinter das Geheimnis des Buchtitels gekommen: Thomas Wolfe wollte das Buch zunächst "O verloren" nennen, das sich ja auch als Leitmotiv durch den ganzen Roman zieht. Sein Verleger war damit aber nicht einverstanden und bat um Änderung des Titels. So bediente sich Wolfe eines Zitats aus einer Elegie von John Milton. Dieser hier:
http://www.bartleby.com/4/210.html (Zeile 163)
Ich bin nun auch mit dem Buch durch und kann sagen, daß es für mich eines der beeindruckendsten war, vor allem sprachlich, die ich je
gelesen habe. Ich kann allerdings auch Leser wie Dyke oder Dana verstehen, die keinen Zugang finden. Anfangs hatte ich auch, wie wir alle, glaube ich, etwas Mühe in die Geschichte hineinzufinden.
Thomas Wolfe schweift ab, gerät ins philosophieren, oft versteht man nicht, was er meint, (besonders die Schlußkapitel und vor allem Eugenes Vision haben mir da zu schaffen gemacht), viele Personen treten auf, man verliert sie wieder aus den Augen bis sie wieder erscheinen. Aber auch von den Familienmitgliedern, die einen durch das ganze Buch hindurch begleiten bleiben alle merkwürdig fern. Bis gegen Ende vielleicht bei Ben´s
Sterbeszene und Eugene´s "Ausbruchsversuch" an die Küste von Virginia. Da hatte ich das Gefühl einer gewissen Nähe zu den Figuren. Manchmal
ist mir der Roman auch eher wie eine Ansammlung fragmentarischer Kurzgeschichten vorgekommen, da ein durchgehender Handlungsfaden fast völlig fehlt. Je länger ich jedoch am Buch las, desto mehr hat es mich in seinen Bann gezogen.
Für mich ist es die tragische Geschichte einer Familie, deren Mitglieder sich, allerdings ohne böse Absicht, das Leben schwer machen und
aneinander leiden. Der Schoß der Familie als Gefängnis. Sämtliche Aktionen der Familienmitglieder haben ihren Antrieb in Fluchtgedanken.
Oliver Gant flüchtet sich in den Alkohol, zu welchem ja alle, bis auf Eliza, eine gewisse Affinität besitzen. Auch Eugene empfindet den
Rauschzustand nach seinem köstlichen alkoholischen Selbstversuch als befreiend und "göttlich". Er fragt sich sogar, warum eigentlich nicht
alle Menschen dauernd betrunken wären. Eliza flüchtet sich in die Arbeit für ihre Pension und in Grundstücksspekulation. Sie kann gar nicht
verstehen, warum ihr nicht alle aus Dankbarkeit für ihren materiellen Wohlstand zu Füßen liegen. Helen flüchtet sich in die Pflege ihres
Vaters. Daisy gründet früh eine eigene Familie. Luke geht zur
Marine. Ben ist die traurigste Figur. Er hat einen richtigen Haß auf die Familie, insbesondere auf seine Mutter und deren Raffgier. Sein
Freiheitswunsch ist am ausgeprägtesten und er scheitert am tragischsten. Alle leben sie ihr "begrabenes Leben" aus unerfüllten Träumen und enttäuschten Hoffnungen und schaffen es nicht, sich
daraus zu befreien. Dabei leben sie doch im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" in dem angeblich jeder sich entfalten und selbst
verwirklichen kann. Eugene flüchtet in die Literatur und später ins Studium. Sein Versuch in Virginia in der Kriegswirtschaft Geld zu
verdienen und auf eigenen Füßen zu stehen scheitert zwar kläglich, letztendlich schafft er es aber, als Einziger, doch, aus dem
Familiengefängnis zu entkommen.
Vielleicht hat mir das Buch auch deshalb so gut gefallen, weil mich die Geschichte und er Schreibstil Thoams Wolfes manchmal an Thomas Mann
erinnert haben. (Auf die Ähnlichkeit zu den Buddenbrooks hat Rainer ja auch schon hingewiesen.) Nicht nur daß beide den selben Vornamen haben :smile:. Wolfes Altamont (bzw. Asheville) ist Manns Lübeck. Beide haben auch reale Vorbilder für ihre Romanfiguren genommen und
sind dadurch in ihrer Heimatstadt sehr angefeindet worden. Vor allem durch ihre nicht sehr schmeichelhaften Personenbeschreibungen.
Insbesondere hat mir aber diese wohlformulierte Sprache und die manchmal abenteuerlichen Wort- bzw. Satzschöpfungen gefallen. Wenn auch nicht immer leicht zu lesen.
Dana: Ich verstehe Dich sehr gut. Ich bin ja auch erst kürzlich umgezogen und weiß daher, daß sich zum Lesen weder Zeit noch Muße finden.
Viele Grüße
ikarus