Beiträge von ikarus

    Hallo JMaria


    Ich habe Karl May auch erst als Erwachsener kennengelernt. Mein kleiner Neffe erzählte mir eines Tages sehr begeistert davon und fragte mich, welche Karl-May-Bücher ich denn schon gelesen hätte. Und zu meiner Schande mußte ich zugeben "Gar keins". Daraufhin hat er mir die 3 Winnetou-Bände in die Hand gedrückt. Und nur ihm zuliebe habe ich, eher widerwillig, angefangen zu lesen. Aber schon nach kurzer Zeit war ich doch sehr angetan, habe sämtliche Vorurteile über Bord geworfen und die 3 Bücher regelrecht verschlungen. Ich fand sie überraschend kitsch-frei, sehr spannend und viel weniger moralisierend als befürchtet. Danach las ich gleich noch den "Schatz im Silbersee" (das hat mir übrigens am besten gefallen) und "Der Ölprinz". Die Verfilmungen haben mit den Büchern meist nicht viel mehr als den Titel gemein (was ja leider öfter der Fall ist). Davon sollte und darf man sich wirklich nicht abschrecken lassen.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo JMaria


    Das interessiert mich in jedem Fall.
    Ich denke auch noch gern an unserer gemeinsames Leseerlebnis zurück. Hermann Kurzke ist für mich immer noch der profilierteste Thomas-Mann-Kenner und schon deshalb werde ich mir das Buch bestimmt kaufen. Aber bis 2004 noch warten? Oh Mann!! :rollen:


    Vielen Dank für den Hinweis.


    Gruß
    ikarus

    Hallo zusammen


    Ich hatte schon befürchtet, daß ihr alle schon mit dem Buch fertig seid. jetzt bin ich aber froh, daß dem doch nicht so ist.


    Rainer hat eine interessante Frage gestellt


    Zitat

    Dabei komme ich auch zu der Frage, wie Bücher wie "Ulysses" einzuordnen sind, die eigenständig, also ohne diese oben genannten Hilfsmittel, gar nicht lesbar sind- zumindest für mich!


    Ich schließe mich da Fevvers Meinung an und würde es auch als Experimentalliteratur bezeichnen, die für den Durchschnittsleser sicher nicht gedacht ist, sondern eher für Leser wie uns, die Lust darauf und Spaß daran haben sich mit solchen Büchern eingehender zu beschäftigen und auseinanderzusetzen.


    Zur "Witzigkeit" von Sekundärliteratur :winken: Steffi, hier eine Textstelle aus Harenbergs Literaturlexikon:


    "Wie allgemein im Roman geht es in Ulysses auch um Erfassung und sprachliche Umsetzung von Wirklichkeit. Joyce geht aber einen entscheidenden Schritt weiter, indem er zugleich problematisiert, ob und in welcher Form literarische Erzählstile - vom Stil des altenglischen Heldenepos bis zum inneren Monolog - überhaupt Wirklichkeit einzufangen vermögen. Ulysses wird zum Roman im Roman. Geht es Joyce in den ersten acht Episoden vor allem darum, das bewußtseinshafte Erfassen von Wirklichkeit vorzuführen, so thematisiert er danach Strategien ihrer Abbildung, z. B. durch die synchrone Relativierung von Stillagen in >Cyclopen< oder die Desavouierung von Genauigkeit in >Ithaka<. Mit seinen Stilexperimenten legt Joyce verschiedene Verfahren des Erzählens als gänzlich sprachliche Konventionen bloß, die allenfalls dazu angetan sind, den Alltag in Ausschnitten wiederzugeben, nicht aber seine wesentliche Totalität"


    Für mich ein gutes Beispiel dafür, daß einen Sekundärliteratur eher noch mehr verwirrt, als zum Verständnis des Werkes beizutragen. Für mich ist das reinstes Germanisten-Kauderwelsch. "Synchrone Relativierung von Stillagen", "Desavouierung von Genauigkeit" - Hä???


    Keine Ahnung, was mir diese Worte sagen wollen.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Ich habe mich jetzt durch die Bandwurmsätze des Eumäus-Kapitels gequält. Sehr ermüdend fand ich es. Liegt aber vielleicht auch daran, daß mir die nötige Konzentration gefehlt hat, weil ich sehr mit Urlaubsvorbereitungen beschäftigt war. Ich bin nämlich für die nächsten zwei Wochen weg und muß mich deshalb aus unserer Leserunde verabschieden. Den Ulysses kann ich leider nicht mitnehmen und bis ich wiederkomme seid ihr bestimmt fertig. Ich werde die restlichen Kapitel dann lesen wenn ich wieder da bin (das Eumäus-kapitel wahrscheinlich nochmals) und bin schon gespannt auf Eure Beiträge.


    Viel Spaß noch
    ikarus

    Hallo zusammen


    JMaria: Hervorragende Idee von Dir die Dubliners zu lesen. Irgendwo habe ich gelesen, daß man die Werke Joyces in chronologischer Reihenfolge lesen sollte. Auf meinem SUB liegen die Dubliners jedenfalls auch schon.


    Fevvers:


    Zitat

    Gerty ist des Bürgers Enkelin?


    Genau so habe ich das auch verstanden.


    Zitat

    Also, liebe Mitleser, ich für mein Teil betrat ein Kapitel (Rinder des Sonnengottes), in dem meine Leidensfähigkeit als Leser bis aufs äußerste strapaziert wurde!


    Rainer, Du sprichst mir aus der Seele! Dieses Kapitel ist die reinste Zumutung. Zähne zusammenbeißen und durch! Auch dieses Kapitel endet mal - aber dann kommt schon das nächste:


    Gerade habe ich "Circe" geschafft. Ein Kapitel wie ein einziger Drogenrausch, das sich unmöglich zusammenfasssen läßt oder gar deuten. Völlig surreal. Sämtliche Personen bisher tauchen wieder auf. Sie wechseln ihr Geschlecht, Alter, Wesensart. Nichts ist unmöglich. Bloom gebiert acht Kinder und wird bei lebendigem Leibe verbrannt. (Ich glaube sogar von der Feuerwehr). Dinge beginnen zu sprechen.
    Sehr ergreifend fand ich das Schlußbild, als sich Bloom als einziger um den zusammengeschlagenen Stephen kümmert, in ihm seinen Sohn erkennt und dann noch sein verstorbener Sohn Rudy, jetzt ein 11-jähriger Knabe, als Traumbild erscheint.
    Verstanden habe ich von den Anspielungen und Symbolen in diesem durchgeknallten Kapitel wohl das wenigste, aber trotzdem hat es mir einen Riesenspaß gemacht :breitgrins:
    Die Namen der Soldaten, Gemeiner Compton und Gemeiner Carr, sollen übrigens von zwei persönlichen Feinden Joyces in Zürich stammen, wie Burgess schreibt.


    Und weiter geht´s mit "Eumäus".


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo Alex


    Einer der bedeutendsten Autoren dieser Epoche ist sicherlich Heinrich Heine. Und an den würde ich mich halten. Ich an Deiner Stelle würde mich über sein Gedicht "Die schlesischen Weber" hermachen:


    Die schlesischen Weber (Heinreich Heine, 1844)


    Im düsteren Auge keine Träne,
    Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
    Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
    wir weben hinein den dreifachen Fluch -
    Wir weben, wir weben!


    Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
    Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
    Wo jede Blume früh geknickt,
    Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
    Wir weben, wir weben!

    Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
    In Winterskälte und Hungersnöten;
    Wir haben vergebens gehofft und geharrt
    Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt -
    Wir weben, wir weben!


    Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht
    Wir weben emsig Tag und Nacht -
    Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
    Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
    Wir weben, wir weben!


    Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
    den unser Elend nicht konnte erweichen,
    Der den letzten Groschen von uns erpreßt
    Und uns wie Hunde erschießen läßt -
    Wir weben, wir weben!


    Dieses Gedicht spiegelt für mich exemplarisch die damalige gesellschaftliche Situation aus der die Ideen des Vormärz erwuchsen. Politisch engagierte Literatur. Da läßt sich meiner Meinung nach viel herausholen. Über die Bedeutung der Weberei zur damaligen Zeit und die soziale Situation der Weber die schließlich zum Weberaufstand führte. Heinrich Heine an sich ist auch eine interessante Person. Viel Material um damit eine Stunde Referat zufüllen, wie ich finde.


    Das Werk Georg Büchners würde sich natürlich auch eignen. Z. B. seine Erzählung "Lenz", die präzise Studie einer Psychose anhand des Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz, oder das Drama "Woyzeck", ein sozialkritisches Stück, das die Erniedrigung und Abhängigkeit eines „der Geringsten unter den Menschen“ (Büchner) zeigt.


    Soweit meine Anregungen.


    Viel Erfolg
    ikarus

    Hallo zusammen


    Ich habe endlich das Helios-Kapitel geschafft.
    Wer bitte soll das verstehen? Ich jedenfalls nicht! Ich bin mir vorgekommen wie in einer lärmenden Kneipe. [Blockierte Grafik: http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/argue.gif] War ich froh, als Mrs. Purefoy endlich ihr Kind geboren hatte. Gepaßt hat, daß zum Schluß alle besoffen sind. Dieses Kapitel hat nämlich auch bei mir einen Mords-Kater hinterlassen [Blockierte Grafik: http://img.gulli.com/smilies/mad/015.gif]


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Steffi
    Die Form der Ich-Erzählung habe ich nur als eine weitere Erzähltechnik angesehen. Das hatten wir bisher noch nicht. Nichts weiter.


    Zitat

    Beim Bürger würde ich noch etwas weiter gehen: ich empfinde ihn als Metapher für die Eire, also die irische Nation, die unter den Einflüssen der Briten/Juden/Protestanten usw. leidet...


    Genial! Deshalb hat ihm Joyce wohl auch keinen Namen gegeben. Er steht für alle Bürger Irlands. Sehr gut, Steffi!


    Zum Nausikaa-Kapitel:
    Ist ja auch Zeit geworden,daß nach dem aggresiven Cyklopen-Kapitel wieder etwas Frieden und Liebe einkehrt. Aber ist es wirklich Liebe zwischen Gertie und Bloom? Sie hängt ihren romantischen Illusionen nach und für Bloom ist es reine Begierde.
    Der anfangs an einen kitschigen Liebesroman erinnernde Stil paßt gut zu den Mädchen und bringt die Abendstimmung am Strand gut zur Geltung. Einfach großartig wie Joyce es dann schafft die anschwellende Begierde in Bloom mit Hilfe der Beschreibung des Feuerwerks zu schildern. Tolle Allegorie! Wahrscheinlich werde ich nie mehr ein Feuerwerk betrachten können, ohne an diese Masturbations-Szene zu denken :-) Mit Bloom, der sich in einer wohligen Schlaffheit weidet, schlafft auch die Sprache ab, wird schläfrig und einlullend. :schnarch: "Fühl mich müd´ jetzt. Soll ich aufstehn? Wart noch. Hat doch die ganze Männlichkeit aus mir gesogen, die kleine Hexe." Ab da wird´s recht zäh. Gedankenfetzen von den Ereignissen des bisherigen Tages jagen kunterbunt durch Blooms Hirn und vermischen sich mit Gedanken aus seinem bisherigen Leben. Manchmal dachte ich: "Entweder schläft Bloom gleich ein, oder ich." Burgess bezeichnet dieses Kapitel als "ein Wunder der Verdichtung". Und das ist es ganz sicher.


    Die Wissensdisziplin des Kapitels soll die Malerei sein? Das hat sich mir nun überhaupt nicht erschlossen.


    Was symbolisiert eigentlich die Fledermaus?


    Ich habe schon das nächste Kapitel in Angriff genommen. Bis jetzt fällt es mir schwer in diesem Kauderwelsch (was für eine Sprache soll das eigentlich sein?) einen Handlungsfaden zu erkennen. Mal sehen, ob das mit der Zeit besser wird, wenn ich mich an die Sprache gewöhnt habe. Bin gespannt wie´s euch damit geht.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo Ghosty


    Es hätte die Recherche schon erleichtert, wenn Du wenigstens den Autorennamen richtig geschrieben hättest, nämlich Sverdrup!


    Leider konnte ich im Web auch nichts finden. Wenn es für Dich aber überlebenswichtig ist, wende dich doch einfach mal an den Verlag:


    Verlag Friedrich Oetinger
    Postfach 658230
    22374 Hamburg
    Poppenbütteler Chaussee 53
    22397 Hamburg


    Tel.: 040-607909-02
    Fax: 040-6072326
    E-Mail: oetinger@vsg-hamburg.de


    Vielleicht können die Dir ja weiterhelfen.


    Gruß
    ikarus

    Hallo zusammen


    Steffi:


    Zitat

    Eigentlich komisch, obwohl Ulysses so schwierig zu lesen ist und sehr viel Nachdenken erfordert, hat es mich richtig gefesselt und ich bin immer schon gespannt auf das nächste Kapitel. Ich lese nur im Schneckentempo und kann es einfach nicht weglegen. Wie geht es euch ?


    Das hast Du gut beschrieben. Genau so geht´s mir auch. Ich lese auch sehr langsam und daß man auf´s nächste Kapitel immer so gespannt ist liegt meiner Meinung nach daran, daß man sich in dem Buch wie in einem Labyrinth vorkommt. Es ist voller überraschender Wendungen. Sowohl im Stil als auch in der Geschichte. Man weiß nie was einen hinter der nächsten Ecke erwartet und wo einen der Weg überhaupt hinführt. Eine wahre Lese-Odyssee. Ich finde auch, daß das gemeinsame Lesen bei diesem Buch besonders viel bringt.


    Rainer: Mach´Dich nicht verrückt. Ich habe nach manchem Kapitel auch schon zwei Tage gebraucht um meine Gedanken einigermaßen auf die Reihe zu kriegen. Ich habe auch gemerkt, daß man sich viel an Lesespaß vergibt, wenn man sich ständig fragt: "Wie ist das nun schon wieder gemeint?" Gerade beim Sirenen-Kapitel habe ich manchmal einfach abgeschaltet und nur auf den Rhythmus und die Melodie der Sprache "gehört". Unmöglich in diesem Buch alles verstehen zu wollen. Das werden, denke ich, nicht mal "akademisch-literarisch Vorbelastete" schaffen.


    JMaria:


    Zitat

    Aber auch die beiden Bardamen
    "Gold und Bronze" oder auch "Mina und Lydia" genannt sind die Sirenen


    Das hat mich anfangs sehr verwirrt. Ich bin davon ausgegangen, daß die Bardamen die Sirenen sind. Plötzlich fangen aber die Gäste an Musik zu machen. Also müssen die die Sirenen sein. Aber Du hast recht. Bei Burgess habe ich jetzt gelesen: "Beide tragen musikalische Namen - Mina (ein Wortspiel mit >minor<, also "Moll") und Lydia (eine Anspielung auf die Lydische Tonleiter - F-Dur mit H statt B)" (was immer das heißen mag, bin auch kein Musik-Experte.)


    Zitat

    Bloom geht, der Apfelwein - oder wars der Burgunder - rumort und mit einem Furz endet das Kapitel. Soviel zu "Verführung", besser hätte Bloom den "Sirenen" nicht antworten können. Genial.


    Toller Aspekt! Super! Diese ganze Singerei ging Bloom sowieso am A**** vorbei. Er war vor allem mit seinem Brief und seinem Essen beschäftigt.


    Zum Cyklopen-Kapitel:
    Joyce wollte mit dem Ulysses eine moderne Parodie auf Homers Odyssee schreiben. Das wird in diesem Kapitel besonders deutlich. In keinem anderen bisher waren für mich die Anspielungen und Symbole so deutlich zu erkennen. Immer wieder Hinweise auf das eine Auge. Gleich zu Anfang, als ein Schornsteinfeger dem Erzähler beinahe seine Gerätschaften ins Auge rammt. Der "Bürger" (Polyphem) reibt sich mit der Hand "das Auge", einem Boxer ist ein Auge zugeschwollen und zum Schluß tritt jemand mit einem Pflaster über einem Auge auf. Blooms "Mordszigarre" ist als Odysseus´ glühender Holzpflock anzusehen, der "Wein des Landes", das irische Bier, fließt in Strömen und setzt den "Cyklopen" auch teilweise schwer zu.
    Der kurze Dialog einige Kapitel vorher zwischen Bloom und Bantam Lyons über das Pferderennen in Ascot hat ungeahnte Folgen und führt zur Eskalation der ohnehin sehr aggressiven Stimmung, als Bloom von seinem vermeintlichen Gewinn keine Runde ausgeben will. Das Hinterherwerfen der Keksdose nach Blooms Kutsche durch den Bürger löst sogar ein Erdbeben aus :entsetzt: . Aber wie Polyphem verfehlt auch der betrunkene Bürger unseren "Helden". :smile:
    Ein furioses Kapitel, das mir großen Spaß gemacht hat.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo JMaria


    Zu diesem Irrfelsen-Kapitel ist vielleicht deshalb so wenig geschrieben worden, weil es vor allem nach dem schwierigen Skylla-und-Charybdis-Kapitel, doch sehr einfach zu lesen und zu verstehen ist. Mir hat es auch überaus gut gefallen. Man bekommt ein sehr lebendiges Bild des Dublin um 1904 vermittelt.
    Joyce sagte einmal: "Ich will ein so vollständiges Bild von Dublin vermitteln, daß die Stadt, wenn sie eines Tages plötzlich vom Erdboden verschwände, nach meinem Buch wieder aufgebaut werden könnte."
    Das ist ihm wohl gelungen und ich kann mir gut vorstellen, daß schon viele literarische Stadtbummler mit dem "Ulysses" in der Hand durch Dublin gestreift sind.

    Zitat

    Nicht zu vergessen, unseren Schnösel (so nenn ich ihn in Gedanken, seit ich das Kapitel gelesen habe) Blazes Boylan. Wie er sich den Korb mit Früchten von der jungen Verkäuferin füllen ließ.


    Besonders gut haben mir da die "schamgesichtigen Pfirsiche" gefallen :smile:


    Zitat

    War J.J. kein Amerika-Freund? Eine Aussage war ja ziemlich hart: S. 322


    Amerika? .... Was ist das denn auch? Der Abschaum aller Länder, einschließlich unseres eigenen. Stimmts etwas nicht? Ist doch Tatsache


    Ich glaube das war damals in allen europäischen Ländern die vorherrschende Meinung unter den Daheimgebliebenen; daß nämlich nur diejenigen nach Amerika gehen, die es zu Hause zu nichts gebracht haben und somit nur Nichtsnutze und Faulpelze auswandern um die es nicht schade ist wenn sie gehen. So daß Amerika nur ein Schmelztigel sämtlicher verkrachten Existensen Europas sei.


    Zum Untergang der "General Slocum" in New York enthält dieser Link noch mehr Informationen:


    http://www.volksstimme.at/arch/woche/2003/08-16-02.html


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Ich habe gerade das Sirenen-Kapitel gelesen. Und in diesem läuft der Sprach-Artist Joyce zu wahrer Hochform auf. Ich finde es überwältigend, wie er es versteht Musik in Sprache zu verwandeln.
    Joyce stellt das Sirenen-Motiv der Odysee geradezu auf den Kopf. Nicht die Sirenen singen, sondern die Gäste der Ormond-Bar versuchen mit ihrer Musik die Bardamen zu becircen, die sich jedoch gut hinter ihrem "Thekenriff" verschanzt haben.
    Insgesamt erinnert mich dieses Kapitel an eine Oper. Einigen Figuren sind musikalische Motive zugeordnet. Das Tapp, Tapp dem blinden Klavierstimmer, bzw. seines Stocks, das Klingeling zu Boylan bzw. seiner Kutsche auf dem Weg zu Molly. Auch tauchen immer wieder plötzlich zusammenhanglose Sätze oder Satzfetzen auf, die auf vergangene Ereignisse verweisen. Vielleicht manchmal auch auf zukünftige, von denen wir noch nichts wissen.
    Bloom läßt sich in das ganze Geschehen nicht mit hineinziehen, sondern ißt und schreibt.
    Ob man den Stift mit dem Bloom den Antwortbrief an Martha schreibt als den Mastbaum an den sich Odysseus fesseln lies interpretieren kann?
    Grandios wie Joyce es versteht die verschiedenen Handlungsstränge miteinander zu verzahnen. Das Schreiben des Briefes, die Fahrt Boylens zu Molly, das Musizieren der Gäste und das Näherkommen des Klavierstimmers.
    Zum Schluß fängt auch noch Blooms Körper an Geräusche zu machen. Aber nachdem er es ja "Geschafft!" hat mache ich mich nun mit ihm auf zu den Zyklopen.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo JMaria


    Danke für Deine Recherche und die Links.


    Die IRA wurde erst 1919 gegründet. Kommt also auch nicht in Frage. Zur Geschichte der Konzentrationslager habe ich aber jetzt folgendes gefunden:


    Konzentrationslager


    Konzentrationslager gibt es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts; immer dienten sie dazu, politische Gegner zu unterdrücken. Die Bezeichnung geht auf das spanische reconcentrados 'Zurückgehaltene' zurück, womit die Revolutionäre gemeint waren, die im kubanischen Unabhängigkeitskrieg von der Kolonialmacht inhaftiert wurden. Das deutsche Wort Konzentrationslager ist eine Lehnübersetzung des englischen concentration camp. In solchen Camps hielt die britische Kolonialmacht während des Burenkriegs die Zivilbevölkerung gewaltsam fest


    Bereits die berüchtigten britischen „concentration camps” während des Burenkriegs 1890 bis 1902 entsprachen in ihrer Grausamkeit nicht ihrem an sich harmlosen Namen.


    Ich vermute mal, daß Joyce diese Lager gemeint haben könnte.


    Bei Deiner Stacheldraht-Frage kann ich Dir leider nicht weiterhelfen. Aber von einer Nonne scheint er nicht erfunden worden zu sein:


    http://www.wilder-westen-web.de/wk003.htm


    Joyce wollte mit diesem Satz aus Blooms innerem Monolog vielleicht lediglich die selbsgewählte Ausgrenzung der Nonnen beschreiben. Oder so


    Schon erstaunlich in welche Bereiche man bei der Beschäftigung mit dem Ulysses vorstößt :rollen:


    Zitat

    Einige Wortspiele gefielen mir sehr:
    z.B.
    Darf ich Sie vielleicht noch ein ganz klein wenig Seezungenfilet verlocken, Miss Dusedat? Ach ja, dun Se dat. Und dann dat se dat.


    Das gefällt mir auch immer. Ich habe nicht nur höchste Bewunderung für Joyces Sprachkunst, sondern mindestens genau so viel für die Übersetzungsleistung Hans Wollschlägers.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Das Skylla-und-Charybdis-Kapitel war ein noch härterer Brocken als ich befürchtet hatte. Ich kam mir auch vor wie vom Strudel der Charybdis durcheinandergewirbelt um dann am Felsen der Scylla zu zerschellen. [Blockierte Grafik: http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/sad/confused5.gif]Sehr anstrengend und schwierig. Mit diesem Kapitel konnte ich gar nichts anfangen. Vielleicht hätte es geholfen, wenn ich mich besser im Leben und Werk Shakespeares auskennen würde, aber wahrscheinlich auch nicht viel.
    Burgess schreibt dazu:
    "Nach einem solchen Kapitel wird es eine Befreiung sein, einmal mehr dem einfachen Leben der Stadt zu begegnen, sich in Handlungen verstricken zu lassen, wie trivial sie auch immer sein mögen, und mit der zu erzählenden Geschichte voranzukommen."
    Im Vertrauen darauf werde ich mich nun den "schwimmenden Felsen" widmen :smile:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Das Lestrygonen-Kapitel hat mir bis jetzt auch am Besten gefallen. Die Stadt Dublin als Verdauungstrackt. Ein ewiges Verschlingen und Ausscheiden. Geburt und Tod.


    Das Aeolus-Kapitel hat mich etwas ratlos und verwirrt zurückgelassen. Viele Personen treten auf, sehr geschwätzig, oft versteht man nicht gleich worum es eigentlich geht, alles sehr hektisch. Aber so sind Zeitungen manchmal. (Wenn ich manchmal das Wochenmagazin mit den vielen "Fakten" lese, geht´s mir auch immer so :grmpf: )


    Ich habe gerade das Scylla-und-Charybdis-Kapitel begonnen und das scheint ein richtig harter Brocken zu werden.
    Schon nach ein paar Seiten, bei der Unterhaltung über Hamlet, bin ich über diesen Satz gestolpert:
    "Der bluttriefende Schlachthof im fünften Akt ist eine Vorwegnahme des Konzentrationslagers, besungen von Mr. Swinburne."
    Damit kann ja wohl kaum das Konzentrationslager des dritten Reiches gemeint sein. Ulysses erschien 1922 und spielt 1904. Von Hamlet ganz zu Schweigen. Aber was ist dann damit gemeint?


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Ganz so weit wie ihr bin ich noch nicht. Bisher ist es mir nämlich noch nie gelungen mehr als ein Kapitel am Stück zu lesen, weil danach mein Kopf so voller Eindrücke und Gedanken, daß ich erstmal eine Pause machen muß um das irgendwie auf die Reihe zu kriegen.


    Fevvers schrieb:


    Zitat

    Die gelegentliche Unsicherheit rührt wohl daher, dass dieser Roman dermaßen bedeutungsschwanger ist, dass man einfach hinter jeder Formulierung etwas ungemein Gehaltvolles wittert.


    So scheint es uns allen zu gehen. Burgess schreibt dazu:
    "Häufig erscheinen die inneren Monologe sowohl Blooms als auch Stephens wie der sichtbare Teil eines Eisbergs, mit untergetauchten Gebirgen und Querbezügen, die wir erst erreichen können, wenn wir vergessen, dass der Ulysses ein Kunstwerk ist, und ihn als enzyklopädischen Führer zur echten Geschichte benutzen...Wirklicher Naturalismus ruft nach Schatten und Geheimnissen und Fingerzeigen, denen wir nachgehen mögen oder auch nicht, wie wir es gerade wollen. So wie wir im Ulysses nicht alles verstehen können, so können wir auch nicht alles im realen Leben verstehen."
    Irgendwie tröstlich. Das Bild mit dem Eisberg finde ich sehr treffend
    :smile:


    Ich habe gerade das Lotophagen-Kapitel gelesen und nachdem ihr, bisher erfolglos, versucht habt euch zu blamieren, probiere ich das jetzt auch mal:
    Die innere und äußere Reinigung scheint für Bloom eine große Rolle zu spielen. Das Braten der Niere (Blutreinigungsorgan) sehe ich als eine Art Brandopfer, in Anlehnung an die Odyssee. Dort wurden auch immer die Schenkel der Tiere als Opfer verbrannt. Und mit der Reinigung klappt es danach ja auch ganz gut. Zunächst erfolgreich und lustvoll auf dem Abtritt, dann kauft er sich Seife und geht ins Bad.
    Dieses Verhalten steht im genau im Gegensatz zu dem von Stephen. Der scheint nämlich von Reinlichkeit nicht viel zu halten. Denn gleich im ersten Kapitel kam es zu folgendem Dialog mit Mulligan:
    - Ist nicht heute dein monatliches Bad fällig, Kinch?
    Dann sagte er zu Haines:
    Der unreinliche Barde legt nämlich Wert darauf, sich einmal monatlich zu waschen.
    - Ganz Irland wäscht der Golfstrom, sagte Stephen...

    Vielleicht gewinnt dieser Gegensatz ja mal eine Bedeutung. Wer weiß? Ist mir nur aufgefallen.


    JMaria schrieb:


    Zitat

    und sah die dunklen verstrickten Löckchen seines Büschels fluten, das flutende Haar des Stroms rings um den lahmen Vater von Tausenden, eine schlaffe flutende Blume.


    Ich nehme mal an, J.J. beschreibt hier das alternde, männliche Geschlecht.


    Nicht ganz. Nicht das alternde, sondern das erschlaffte. Was Bloom wohl in der Badewanne gemacht hat? :redface:


    Überhaupt scheint er Probleme mit seiner Geschlechtlichkeit zu haben. Er bemerkt die kastrierten Pferde ("Können so trotzdem durchaus glücklich sein") und denkt über Eunuchen nach ("Auch ein Ausweg"). Die zusammengerollte Zeitung und die Minaretts der Bade-Moschee deute ich mal als Phallus-Symbole.
    Auch die Beziehung zu dieser Martha scheint mir rein platonisch zu sein. Sie schreibt: "...wann werden wir uns treffen?" Ist das vielleicht nur eine Brieffreundschaft?


    JMaria schrieb:


    Zitat

    Teilweise hat mich das Kapitel "Hades" , besonders der Abschnitt wo sich Bloom Gedanken über den Friedhofswärter und dessen Arbeit macht, an den Vortrag über den Tod von Hofrat Behrens(?) aus Thomas Manns' Zauberberg erinnert. Beides morbid, aber faszinierend.


    Darauf habe ich gewartet, JMaria :breitgrins: Thomas Mann mußte ja mal auftauchen. Ich wollte auch schon Bezug zum Zauberberg nehmen, habe mich aber nicht getraut :redface: Das Lesen des Ulysses kann man gut mit dem Lesen des Zauberbergs vergleichen. Auch dort ist alles bedeutungsvoll und symbolhaft. Im Vergleich zum Ulysses kommt mir aber der Zauberberg immer mehr als kleiner Hügel vor. :rollen:


    Ich komme nun zur Hades-Episode.


    Viele Grüße
    ikarus


    Fevvers: Für Deine Beschreibung der Shakespeare-Theorie

    Hallo zusammen


    Ich habe gerade die ersten beiden Kapitel gelesen und finde es schon sehr anstrengend und schwierig. Von Lese-"Genuß" kann bis jetzt keine Rede sein. Eher von Arbeit. Ich bin ständig dabei irgendwas nachzuschlagen und das hemmt das Lesen doch sehr. Alles scheint bedeutungsvoll zu sein und deshalb bin ich auch gezwungen sehr langsam zu lesen. Ohne erklärende Literatur stünde ich auf völlig verlorenem Posten. Außer euch :smile: ist mir besonders das Buch von Burgess eine große Hilfe.
    Er schreibt: "Zu Beginn seiner literarischen Karriere sagte James Joyce, eine seiner künstlerischen Waffen werde die des Labyrinth-Erbauers sein." (Das ist ihm zweifellos gelungen :smile: ) Und weiter: "Kein Schriftsteller war autobiographischer als Joyce, doch keiner hat in der Darbietung seiner Geschichte so wenig von sich preisgegeben."


    JMaria: Danke für die Erklärung der Milchfrau. Sehr interessant. Symbol für Irland. Aber warum kann sie dann kein irisch? Sie schämt sich auch dafür, es nicht zu können. Und wegen Stephen hätte sie gar nicht zu kommen brauchen. Er hätte den Tee, im Gegensatz zu Haines und Mulligan, auch ohne Milch getrunken. Was das wohl zu bedeuten hat? :rollen:


    Zitat

    Ebenso unverständlich sind mir die plötzlichen antisemitischen Ausbrüche des Schuldirektors Mr. Deasy (=Nestor) sowie sein Interesse an Maul- und Klauenseuche.


    Diese Tirade gegen die Juden ist mir bisher auch unverständlich, aber Mr. Deasys Interesse an der Maul- und Klauenseuche erklärt Burgess so:
    "Nestors Schloß stand unweit der Mündung des Flusses Alpheus, jenes Flusses, den Herakles umlenkte, um die Ställe des Augias auszumisten. Um diesen Fluß gruppiert sich ein ganzes Heer von Rinderassoziationen (die semitischen Buchstaben alif, lam, pa bilden eine Wurzel mit der Bedeutung "Stier"; der Buchstabe Alpha ist von der simplen Abbildung eines Stierkopfes abgeleitet). Es ist daher recht passend, daß Mr. Deasy sich sehr stark um die Maul- und Klauenseuche in Irland und ein angedrohtes Handelsembargo gegen irisches Vieh sorgt."
    Der Stier könnte dabei als Fruchtbarkeitssymbol stehen. Stephen bezeichnet sich am Ende dieser zweiten Episode aber als "der ochsenfreundliche Barde". Und Ochsen sind ja kastrierte Stiere. Was das nun wieder zu bedeuten hat? :rollen:


    Ich werde mich dann mal an die dritte Episode wagen.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Ich habe noch nicht angefangen, sondern auch erstmal nach Sekundärliteratur Ausschau gehalten. Die Ellman-Biographie hatten sie in unserer Bücherei leider nicht, dafür ein anderes Buch: "Joyce für Jedermann" von Anthony Burgess. Dort heißt es über die Schwierigkeiten von Joyces Werken:

    "Wir müssen die Schwierigkeiten also nicht nur akzeptieren, sondern sie sogar als unablösbare Bestandteile ganz in dem Sinne auffassen, wie die Sterne am Himmel sich unvermeidlich mit dem Leben des Mannes verbinden, dessen Blick beim Wasserlassen im Freien zu ihnen emporschweift."


    So einen Satz kann wohl nur ein Engländer schreiben :breitgrins:


    So, jetzt geht´s aber los! Ich bin mal gespannt, ob und wie ich mit diesem Monstrum von Buch zurechtkomme.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo Kang


    Danke für diesen interessanten Einblick hinter die Kulissen. Klasse Bericht! Ich schaue mir die Sendung auch regelmäßig an. Das Schweizer Fernsehen kann ich zwar nicht empfangen, aber 3Sat wiederholt diese Diskussion immer. Das nächste mal wieder am 30. März und ich werde diesmal besonders auf einen "grünen Pullover mit schwarzem Strich" in der ersten Reihe achten :smile:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo Nimue


    Zitat

    Jetzt würde mich aber mal interessieren, ob hier vielleicht noch jemand Romane kennt, die sich mit dem Thema Buch beschäftigen.


    Zum "Thema Buch" in Romanen oder vielmehr "obsessive Leser" fallen mir spontan ein:


    -"Don Quijote" von Cervantes.
    Wohlbekannt. Exzellente Darstellung der Gefahren, die Leib und Leben durch übermäßiges Lesen und daraus resultierender Identitätsprobleme drohen :breitgrins:


    -"Anton Reiser" von Karl Philipp Moritz.
    Auch er ein unersättlicher Leser. Identifiziert sich sehr mit den Helden seiner Bücher, z. B. Goethes Werther, den Dramen des Sturm und Drang oder mit Shakespears Figuren.


    - "Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman" von Wilhelm Genazino.
    Ganz aktuell. Auch der Protagonist dieses Romans ist ein Literaturfreak und denkt immer nur ans Lesen und Schreiben.


    Viele Grüße
    ikarus