Hallo Dyke,
ich habe mich vorgestern mal ein bißchen mit den Büchern befasst. Es ist eine Ausgabe von 1918!!!! und war damals schon die 62!!! Auflage!
Ich hab mich ein bißchen geschämt, weil ich die Bücher so lange hab einfach unbeachtet liegen lassen und dabei hat meine Großmutter sich sicher was dabei gedacht, als sie sie mir hinterlassen hat, und das ist nun schon über 20 Jahre her!
Ich hab auch ein bißchen darin gelesen. Mein Eindruck ist: Agnes Günther hat geschrieben wie ein Maler, der ein Bild malt. Jede einzelne Kleinigkeit wird bis ins kleinste hinaus beschrieben. Irgendwie wunderschön, aber sehr, sehr anstregend zu lesen.
Dies ist der Anfang des 1. Bandes:
"Ein dichter Nebel lag drei Tage über dem Waldrand, dann kam die scharfe Kälte, und nun hat der Wald sein schönstes Weihnachtskleid angezogen. Wie feierliche Kandelaber sind die alten Schirmtannen, die oben auf der freien Höhe stehen, nur daß sie ihren Kerzenschmuck nach unten hängen. Tief bis auf den Boden senken sich ihre Äste unter der schweren Last, die nun ein heimliches Nest bilden, von dem man sich denken möchte, dass darunter irgend ein frierendes Häslein oder Reh ein Obdach fände. Die Birken sind mit tausend und aber tausend Kristallperlen behangen, und an ihr feines Gefieder hat sich der Rauhreif angesetzt, wo ein Blattknöspchen auf den kommenden Frühling wartet, dass es läßt, als wollte der Baum mitten im Winter seinen Mai haben, aber einen silbernen. Jedes Möslein am Weg, der Dornstrauch dort, aus dessen kristallenem Gezweig noch die roten Beeren hervorleuchten, alle haben sich in köstliche Festgewänder geworfen. Wie zierlich und fein steht der Distel ihr Silberkrönlein, wie ist aus dem geduckten Schlehenstrauche das Meisterstück eines Elfensilberschmiedes geworden!
Ganz still ists, und nur zuweilen geht ein feines Klingen durch den Wald und ein Seufzen, wenn ein Zweig einen Teil seiner Last, die ihm zu schwer geworden ist, abschüttelt. "
Kannst du es dir vorstellen? Es ist fast unheimlich, wie sie das alles beschrieben hat. Niemand nimmt sich - glaube ich wenigstens - heute noch so viel Zeit, einen Winterwald zu beschreiben. Man hat das Gefühl, man steht mittendrin, eigenartig!
Aber wie gesagt, sehr anstregend zu lesen, weil dieser Stil nicht mehr der heutigen Zeit entspricht und sehr sehr gewöhnungsbedürftig ist, vor allem die Dialoge (ich habe einige gelesen) sind hoffnungslos altmodisch.
Möchtest du es wirklich lesen? Überleg es dir, ob es sich für dich wirklich lohnt, das Buch zu kaufen.
Wenn du wirklich möchtest, bin ich im Juni gerne dabei. So lange kann ich es sicher noch aushalten, weil ja vorher noch mein Urlaub winkt.
Liebe Grüße und ein schönes
Wochenende!
Ingrid