Beiträge von Stoerte

    Kritik wird ihm sicher mehr gerecht, als Versuche, ihn zum Fürsprecher irgendeiner Ideologie zu stilisieren, sich das rauszusuchen, was einem in den Kram passt und ihn dann, gutgemeinter Weise, drauf zu reduzieren.


    Lapidar zu schreiben, er sei von der Rassenlehre beeinflusst worden, halte ich dann aber für, wenn auch nicht ungeschickt, Dreck werfen. Mag nicht komplett falsch sein, Wagner kann von Gobineau beeinflusst worden sein, Nietzsche wiederum von Wagner (oder irgendwer kann auch irgendwo irgendwann N. beim Lesen von G. gesehen haben), nur wo und wie macht sich die Rassenlehre bei Nietzsche bemerkbar?


    Wie er über jüdische Deutsche schreibt ist rassistisch, in der Art, dass auch die Behauptung jüdische seien aufgeweckter als christliche Deutsche rassistisch ist. Da braucht's aber keine Rassenlehre für, Antisemitismus gibt's schon seit ewig in der christlichen Kultur. Die Behauptung, Juden hätten ihre Rache ans Kreuz genagelt ist ebenfalls rassistisch, zusätzliches Pech für N., dass die antisemitischen Christen von damals die antisemitischen Neuheiden von heute sind.


    Sein Hass auf "Rassenschwindler", auf Abschaum wie Fritsch, ist dokumentiert. Nach der Abkehr von Wagner hat er dann auch Heine für sich entdeckt, und im Gegensatz zu G. erwähnt, was aber nurmehr für seine nicht zu vernachlässigende Entwicklung spricht. Tucholsky meinte "sag mir was du brauchst, und ich will dir dafür ein Nietzsche-Zitat besorgen".


    Eigentlich wollt ich ja nur fragen, was "bunte Kuh" in der "drei Verwandlungs"-Rede des Zarathustras heissen könnte...
    edit: Antwort gibt's hier

    Gute Argumentation. Ehrlich gesagt hab ich Eco erst vor nicht allzu langer Zeit für mich entdeckt, und bis jetzt nur "Name der Rose" gelesen, was vorher für mich das Buch zum Film war. Bis mich Uralt-Glossen Ecos vom Wühltisch eines Antiquars anlachten, in diesen zieht Eco u.a. Parallelen zwischen der 68-er Bewegung und Scholastikern, womit er dem Leser dann beide Gruppen und ihre Eigentümlichkeiten wechselseitig näher bringt. (Hat nur eben nichts mit seinen Romanen zu tun.)

    Will mal generell mein Interesse an einer Bernhard-Leserunde bekunden, da sind wir dann immerhin schon zu zweit ;). Sehr gerne auch mit einem seiner Prosa-Werke.
    In "Wittgensteins Neffe" soll er verhältnismässig wenig granteln (Absätze macht er aber auch dort keine). Es wäre nebenbei auch ein Anlass sich kurz mit Wittgenstein zu beschäftigen. Bernhards Sprache ist wirklich klasse, meiner unbescheidenen Meinung nach mit Karl Kraus der österreichische Autor des letzten Jahrhunderts.

    Zitat von "sandhofer"

    Hallo zusammen!



    Yep. Auch als Lizenz an verschiedenen Orten erschienen. Erfüllt m.E. Deine Kriterien.


    Wobei es die 12 Bde KSA wieder für 140€ gibt. In meiner Schlechta-Ausgabe sind keine Anmerkungen, was bei Latein-Brocken, für mich zumindest, nützlich wäre. Latein-Übersetzer[1] und google tuts aber auch und philosophisches Wörterbuch ist sowieso eine lohnende Anschaffung (evt. Schichkoff/Schmidt).
    Den kompletten Nachlaß der KSA braucht man, zumindest ich, wirklich nicht. Schlechta war/ist lange die Referenz und ist frei von Verfälschungen seiner debilen Schwester, vor allem gibt es sie gebraucht sehr günstig (hab für meine gebundene von 1980, 6 Bde. ohne Indexband, weniger als 25€ bezahlt).


    [1] http://lysy2.archives.nd.edu/cgi-bin/words.exe

    CAPUT XVI

    Code
    1. Auch deine Fahne gefällt mir nicht mehr,
    2. Die altdeutschen Narren verdarben
    3. Mir schon in der Burschenschaft die Lust
    4. An den schwarzrotgoldnen Farben.


    Damit wird drauf angespielt, dass Burschenschaften (heute deutschtümelnde Studentenverbindungen) die deutschen Farben - nach dem Vorbild eines Freikorps - auf dem Wartburgfest als allgemein durchsetzten. Dort wurde auch eine Bücherverbrennung undeutscher Autoren verbrochen. (Heines Satz, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man später auch Menschen, rührt daher.)


    Die Farben wurden dann allgemein von Befürwortern eines einheitlichen Deutschlands verwendet.


    http://gutenberg.spiegel.de/heine/nachlese/michel.htm

    Mahlzeit, etwas spät, aber besser als nie. Prima Idee übrigens, das Gedicht :)


    Caput V:

    Code
    1. Sie philosophieren und sprechen jetztVon Kant, von Fischte und Hegel


    Die deutschen Philosophen hat Heine bei den Franzosen bekannt gemacht. Wenn ers gleich drauf, mit den Philistern, wieder ins Lächerliche zieht, denk ich mir, will er zeigen, dass man am deutschen Wesen nicht zwangsläufig genest.



    Zitat von "Maja"


    Darauf stellt sich der Erzähler in eine Reihe mit Paganine, Napoleon und Sokrates, indem er wie sie einen Geist als Begleiter haben will. Ein bisschen grössenwahnsinnig, scheint mir!


    Sokrates bekam vom Orakel in Delphi gesagt, keiner sei weiser als er. Konnte er nicht glauben, worauf er Politiker und Gelehrte testete, zum Ergebnis kam, dass diese sich zwar einbildeten gescheit zu sein, alles zu wissen, letztendlich aber eigentlich nichts wussten. Einfache Leute, die er drauf testete, waren sich des Nichts- bzw. Wenigwissens bewusst, wussten also hierin mehr.
    Er hielt es nun für seinen göttlichen Auftrag den Athenern ihre Fehler bewusst zu machen, was denen weniger zusagte.
    Letztendlich wurde er wegen Lästerung der Götter und Verderbens der Jugend angeklagt, blieb aber weiterhin, bis zum Schierlingsbecher, seinem Gotte und damit seinen Prinzipien, treu.


    Caput VI:

    Code
    1. Dem Konsul trug man ein Beil voranZu Rom, in alten Tagen,Auch du hast deinen Liktor, doch wirdDas Beil dir nachgetragen.


    Das Beil war bei den Römern, wie auch, später dann, bei den Faschisten das Zeichen der Macht: http://home.uchicago.edu/~janie/fasces.htm


    Code
    1. [...] ich binDie Tat von deinem Gedanken


    quasi der Geist des zukünftigen Weinachtsmärchens ;-). Also die Macht des Gedankens, die Welt zu verändern. Beim Hinterhertragen der faces, des Beils, also dem Umkehren des Rituals, würde ich auf Zwanglosigkeit spekulieren.


    Zitat


    Hier in Köln stört ihn dieser Geist plötzlich, der ihn früher beim Schreiben nie störte. Was bedeutet das?? :confused:


    Das erschließt sich mir auch nicht.



    Die Apfelsinen-Parabel in Caput XX fand ich sehr schön:

    Code
    1. "Mein liebes Kind! Wie denkst du jetzt?
    2. Treibst du noch immer aus Neigung
    3. Die Politik? Zu welcher Partei
    4. Gehörst du mit Überzeugung?"
    5. "Die Apfelsinen, lieb Mütterlein,
    6. Sind gut, und mit wahrem Vergnügen
    7. Verschlucke ich den süßen Saft,
    8. Und ich lasse die Schalen liegen."


    Und da Kritik die höchste Form der Würdigung ist: Andere Ländern als Deutschland und Frankreich wertet er ab, er idealisiert Napoleon und "Schwarzer Undank", in Caput V, bezogen auf den Mohrenkönig, ist natürlich rassistisch. Würde ich aber unter Zeitgeist verbuchen.