Beiträge von Wolf

    Zitat von scardanelli


    suum cuique - ich mag weder diese sendung noch den gedruckten conrady (zu subjektiv seine auswahl, zu unkritisch oft sein material zu gewissen zeiten);


    Mir dagegen gefällt die gedruckte Conrady-Gedichtanthologie sehr gut, sie bietet einen guten Überblick über die deutsche Lyrik von den althochdeutschen Anfängen bis zur Gegenwart, gerade auch für Lyrik-Einsteiger halte ich den Conrady deshalb für sehr empfehlenswert. Den Vorwurf der Subjektivität kann man natürlich immer machen, nur: wie soll denn eine objektive Auswahl aussehen? Welche Anthologie macht das besser als der Conrady? Mir fiele da noch die von Walther Killy hrsg. Sammlung Deutsche Lyrik von den Anfängen bis zur Gegenwart ein, erschienen in zehn Bänden bei dtv. Die ist natürlich auch sehr interessant.


    Klar, jeder wird im Conrady das ein oder andere Gedicht vermissen (bei zeitgenössischen Gedichten hat das manchmal auch ganz einfach nur urheberrechtliche Gründe), dafür wird er im Conrady aber auch vieles ihm Unbekannte antreffen.


    Die gesprochene Conrady-Anthologie habe ich als Hörbuch, da höre ich gerne immer wieder mal hinein, das einzige, was mich stört, ist, daß die Namen der Dichter nicht angesagt werden. Wenn man wissen will, wen man da eigentlich gerade hört, muß man ins Beiheft schauen, das hätte man besser machen können.


    Zitat von scardanelli


    zudem wirft dies die grundsätzliche frage auf, gedichte laut lesen oder nicht?


    Das eine schließt das andere ja nicht aus. Zum Hör-Conrady gibt es übrigens auch eigens eine dazu passende gedruckte Ausgabe, in der man alle vorgetragenen Gedichte nachlesen kann.


    Ansonsten sind die meisten Gedichte ja zum Lautlesen gedacht, es ist natürlich richtig: aus einem bloß gehörten Gedicht kann man normalerweise nicht das Druckbild rekonstruieren, das bei Gedichten aber wichtig ist, denn Gedichte bestehen aus Versen, und die Verseinteilung kann man in vielen Fällen nicht "erhören", man muß sie sehen. Der optische Eindruck eines Gedichtes ist sehr wichtig, es handelt sich nicht um Prosa, die mehr oder weniger beliebig umformatiert werden kann. Aber wie gesagt: Der Hör-Conrady soll einen ja nicht vom Gedichtelesen abhalten, ganz im Gegenteil.


    Manche Gedichte erschließen sich auch erst richtig beim Hören, ich denke da an die Dialektgedichte von H. C. Artmann oder auch an Gedichte von Oskar Pastior, wie etwa seine "Ballade vom defekten Kabel". Die meisten Dichter haben ihre Gedichte auch vorgelesen - oder auch Gedichte, die sie übersetzt haben. Von Paul Celan gibt es beispielsweise das schöne Hörbuch: Paul Celan liest Gedichte von Ossip Mandelstam und Sergej Jessenin.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat von "Jaqui"


    Das Buch ist heute angekommen und ich bin sehr begeistert. Danke wolf für den tollen Tipp. :winken:


    Na prima, das freut mich, daß es Dir gefällt. :winken:


    Die ganze Reihe "Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch" finde ich sehr gelungen, ich habe mir inzwischen schon ein Dutzend Bücher aus dieser Reihe zugelegt. :-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Knabe,


    Zitat von "Knabe"


    Nun habe ich Siebenkäs und Flegeljahre hinter mir, und ich frage mich, ob es sich nach all der großen Begeisterung für diese zwei Romane eigentlich noch lohnt, die kleineren Bücher zu lesen, wie Quintus Fixlein oder Dr. Katzenbergers Badereise.


    natürlich lohnt sich das, insbesondere den Dr. Katzenberger solltest Du Dir auf keinen Fall entgehen lassen, das ist ein schrulliger Kauz, den man woanders in der Literatur so nicht wieder trifft, ein richtiges Ekelpaket. :-) Den <i>Quintus Fixlein</i> habe ich <a href="http://klassikerforum.de/forum/index.php?thread/2794.0">kürzlich als Hörbuch gehört</a>, da geht es wesentlich ruhiger zu als in <i>Dr. Katzenbergers Badereise</i>, das erste ist eine sanfte Idylle, das zweite eine Satire, viel schwärzer und beißender. Den braven <i>Quintus Fixlein</i> könntest Du einstweilen zurückstellen, wenn Du nicht der unbedingte Jean-Paul-Fan bist, aber der <i>Dr. Katzenberger</i> ist unverzichtbar. ;-)


    Zitat von "Knabe"


    Ich schwanke immer, so alte Ordner nach Jahren wiederzubeleben.


    Das brauchst Du aber nicht, einen neuen Ordner halte ich für unnötig, außerdem war der letzte Beitrag noch gar nicht so lange her, denn als Klassikerleser rechnet man ja sowieso eher in Jahrhunderten als in Jahren. :breitgrins:


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo,


    es fängt ja schon mit den großen höfischen Romanen an: der <i>Parzival</i> von Wolfram und Gottfrieds <i>Tristan</i>. Beides übrigens schöne Beispiele dafür, wie unsinnig es ist, von der Überlegenheit einer nationalen Literatur über die andere zu sprechen, denn der <i>Parzival</i> und der <i>Tristan</i> sind ja alles andere als rein deutsche Gebilde, sie sind in die europäische Literatur eingebettet, insbesondere der Einfluß der französischen Literatur und Sprache ist hier unübersehbar - und beim Lautlesen auch unüberhörbar.


    Auch die deutsche Barockliteratur war teilweise sehr dickleibig. ;-) Da gibt es einige umfangreiche Romane, davon ist Grimmelshausens <i>Simplicissimus</i> zwar nicht der dickste, aber der wohl bekannteste und wichtigste.


    Der umfangreiche Briefroman <i>Aristipp</i> von Wieland fällt mir auch noch ein. So etwas hätte Dostoevskij nicht schreiben können - wäre ihm aber wahrscheinlich egal gewesen, weil er ganz andere Dinge und Stoffe im Kopf hatte. :-)


    Auffällig an der klassischen, älteren russischen Literatur ist übrigens das Fehlen von weiblichen Autoren. Erst gegen Ende des 19. Jh.s rücken dort die ersten weiblichen Autoren ins Rampenlicht. Das betrifft nicht nur die "dicken Romane", sondern die Literatur generell, so auch die Unterhaltungsliteratur (in Deutschland: Marlitt) oder die Lyrik (in Deutschland: Droste-Hülshoff), wobei natürlich die deutsche Literatur hier wiederum gegenüber der englischen Literatur deutlich abfällt: Eine Jane Austen oder eine Emily Brontë gab es seinerzeit auch in Deutschland nicht.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat von "Steffi"


    Wie sieht es eigentlich mit möglichen Manipulationen aus ? Einmal im Internet, könnte doch der Text verändert werden und niemand merkt es ?


    Man kann einen Text mit Datum und Uhrzeit versehen und das ganze auch noch durch eine digitale Unterschrift absichern. Dabei wird eine Art Prüfsumme über den gesamten Text gebildet, so daß man kein einziges Zeichen verändern kann, ohne daß es auffällt. Allerdings macht man das normalerweise nicht, weil es zu aufwendig ist. Deshalb ist man bei E-Texten in der Praxis nur ungenügend gegen Manipulationen geschützt.


    Zitat von "Steffi"


    Ich würde wahrscheinlich ein E-Book nur mit einem mulmigen Gefühl lesen.


    Ein hübsches Beispiel dazu: In dem Roman "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" (Erstdruck 1852) von Willibald Alexis heißt es an einer Stelle laut Projekt Gutenberg-DE (Hervorhebung von mir):


    »Sollen Wagen und Proviant hinaus, die Flüchtlinge einzuholen? Soll ihnen ein Lager abgesteckt werden? Soll junge Mannschaft geworben werden? Sollen wir <b>Pullover</b> holen, Kugeln gießen, abkochen für die Ankömmlinge? Alles das weiß der Bürger nicht, Exzellenz, aber er hat ein Recht, von denen es zu erfahren, die der König zurückließ an seiner Statt.«
    http://gutenberg.spiegel.de/?id=12&xid=38&kapitel=93


    Mitte des 19. Jh.s gab es natürlich das Wort "Pullover" noch nicht, es muß hier "Pulver" heißen, da hat wohl eine automatische Rechtschreibkontrolle Unsinn produziert.


    Wenn ein Text nur noch als E-Buch existiert, dann kann man ihn nicht mehr mit dem Text aus einem gedruckten Exemplar vergleichen, und ein Original im eigentlichen Sinne gibt es ja auch nicht mehr, denn die "Manuskripte" eines Schriftstellers sind ja heutzutage meist nur noch bloße Computerdateien, die jederzeit verändert werden können, wenn sie nicht, wie oben beschrieben, durch ein technisches Verfahren dagegen geschützt wurden. Aber genau das ist das Problem, denn eine Schreibmaschinenseite oder eine Buchseite bieten von sich aus schon einen gewissen Schutz: nachträgliche Veränderungen können da in den meisten Fällen von Experten nachgewiesen werden.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Katrin,


    in der Taschenbuchreihe des Deutschen Klassiker-Verlages ist mittlerweile auch der Band mit Schillers Gedichten erschienen. Laut Verlagsangabe ist das die "bisher umfassendste Sammlung von Schillers Gedichten", kostet 20 Euro:
    http://www.suhrkamp.de/titel/titel.cfm?bestellnr=68031
    Wenn Du nicht nur eine vollständige, sondern auch eine ausführlich kommentierte Ausgabe suchst, dann solltest Du Dir das mal ansehen. Mit 1532 Seiten ist das natürlich für ein Taschenbuch ein ganz schöner Brocken, aber man kann das noch handhaben. :-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo BigBen,


    von Walter Serner habe ich Anfang dieses Jahres <a href="http://www.keinundaber.ch/buecher_und_records/records/die_tigerin/index.html">"Die Tigerin"</a> als Hörbuch gehört, ganz hervorragend gelesen von Sona MacDonald. Die Titelfigur, Bichette, genannt "Die Tigerin" spricht einen eigenwilligen Slang (Argot) mit merkwürdigen Wortbildungen und Kunstwörtern, was im Hörbuch sehr stimmig und glaubwürdig klingt, obwohl es eine eher künstliche/künstlerische Umgangssprache ist, die Walter Serner hier zu Papier gebracht hat. Nachdem ich das Hörbuch gehört hatte, habe ich mir gleich eine Buchausgabe der <i>Tigerin</i> gekauft, um nachzulesen, wie diese merkwürdigen Wörter, die ich da gehört habe, eigentlich geschrieben werden. ;-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat von "Stoerte"


    Wie das dann mit der Ausleihe in Bibliotheken funktionieren würde? Mit ganz viel Digitalem Rechte Management?


    Ja genau, mit ganz viel DRM. :-) In Form der sogannten "Onleihe" bieten das ja schon einige Stadtbibliotheken an, siehe: http://www.bibliothek-digital.net


    Ich habe das vor einiger Zeit schon einmal ausprobiert. Man lädt ein verschlüsseltes PDF herunter, das man vor dem ersten Lesen via Internet freischalten muß. Dann kann man es für die Dauer der Leihfrist auf dem PC lesen. Jedesmal wenn man das Leseprogramm (in diesem Fall den Acrobat Reader) startet, wird eine Internetverbindung aufgebaut und überprüft, ob die Leihfrist noch nicht abgelaufen ist. Nach Ende der Leihfrist kann man das E-Buch nicht mehr öffnen, man braucht es also nicht zurückzugeben, sondern es wird ganz einfach unbrauchbar.


    Auch mit einem Hörbuch habe ich das schon einmal ausprobiert, das hat allerdings nicht geklappt. Da kam beim Öffnen eine Javascript-Fehlermeldung, was nicht so besonders vertrauenerweckend aussah. ;-)


    Auch die angesprochene Buchpreisbindung könnte man mit DRM durchsetzen, wenn man das wollte. Bei DVDs gibt's ja den Regionalcode, der verhindern soll, daß beispielsweise ein in den USA gekaufter Film auf einem europäischen DVD-Player abgespielt werden kann.


    Abgesehen davon gibt es ja heute schon digitale Bücher, die als Software ohne feste Preisbindung verkauft werden. Als ich mir den letzten Rechtschreibduden auf CD-ROM gekauft habe, hat der nicht überall dasselbe gekostet. Auch Hörbücher sind nicht preisgebunden, obwohl darin derselbe Text vorkommt wie in einer gedruckten Ausgabe. Die Preisbindung für gedruckte Bücher blieb davon unberührt.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo zusammen,


    vor einiger Zeit hatte ich hier vom Raabe-Hörbuch "Die Gänse von Bützow" berichtet, das von Hans Jochim Schmidt gelesen wird, und das in seinem Kleinverlag <a href="http://www.vorleser-schmidt.de/">Vorleser Schmidt</a> erschienen ist. Dort gibt es auch die Möglichkeit, sich ein Hörbuch nach Wunsch sprechen zu lassen, man kann da also beispielsweise einen Klassiker, den man gerne als Hörbuch hätte, als Unikat anfertigen lassen. Die Preise dafür sind sehr günstig, man findet sie hier: http://www.vorleser-schmidt.de/wordpress/?page_id=5


    Weil ich neugierig war, ob sich Jean Paul als Hörbuch überhaupt sinnvoll genießen läßt, habe ich das mal ausprobiert, und das gleich vorweg: vom Ergebnis bin ich begeistert. :-)


    Auf dem Hörbuchmarkt gibt es von Jean Paul momentan eigentlich nur die kurze Erzählung "Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz", ich wollte aber gerne mal etwas längeres hören, da kam mir das Angebot von "Vorleser Schmidt" gerade recht. In einem sehr netten Mail-Kontakt habe ich Hans Jochim Schmidt nach einer Leseprobe aus dem "Hesperus" gefragt, um mal zu hören, ob und wie er mit Jean Paul zurechtkommt. Das ist ja kein leichter Autor, da braucht man als Vorleser schon einige Erfahrung und Einfühlungsvermögen, um mit dieser manchmal doch sehr verwickelten Prosa zurechtzukommen. Ich hatte auch meine Zweifel, ob sich diese Prosa überhaupt hörenderweise genießen läßt. Nach meiner Mailanfrage fand ich schon nach zwei Tagen eine 22minütige Leseprobe aus dem "Hesperus" in meinem Briefkasten, noch dazu kostenlos, was wirklich ein außergewöhnlich guter Service ist. Von dieser Hörprobe war ich sehr angetan, das klang für mich alles sehr stimmig und auch sehr professionell, denn wenn jemand gleichsam auf Zuruf, ohne lange Vorbereitungszeit einen solchen Text so gut vorlesen kann, dann versteht er wirklich etwas von der Sache.


    Der "Hesperus" war mir allerdings zu lang, die Lesung kostet zwar nur einen halben Euro pro Leseminute (eigentlich ein Spottpreis, eine nur halbwegs angemessene Entlohnung müßte deutlich höher sein), aber bei einem dicken Roman läppert sich da schon einiges zusammen, deshalb habe ich mir den "Quintus Fixlein" vorlesen lassen, der auch noch den Vorteil hatte, daß ich ihn noch nicht kannte, weil ich ihn zwar einmal zu lesen angefangen hatte, dann aber schon nach wenigen Seiten wieder weggelegt hatte, weil sich andere Bücher dazwischenschoben.


    Jetzt habe ich nun also den "Quintus Fixlein" als Hörbuch und bin froh darum, denn es ist ein rundum gelungenes Hörbuch, und ich habe es sehr genossen. Die Erzählung selbst hat freilich einige Jean-Paul-typische Längen, über die einem ein guter Vorleser aber hinweghilft. Das ist ein Vorteil eines Hörbuchs. Beim Selberlesen besteht da oft die Gefahr (jedenfalls bei mir), daß man über manche Passagen hinweghuscht und nur noch oberflächlich liest, wenn man sich zu langweilen beginnt.


    Sehr gelungen fand ich auch die Art, wie Hans Jochim Schmidt die Fußnoten in seine Lesung integriert hat. Das ist immer etwas knifflig, denn solche Fußnoten lassen sich manchmal schlecht integrieren, deshalb wurden auch einige kürzere, unwichtige Fußnoten weggelassen, das meiste ist aber in der Lesung enthalten. Das ist eine ähnliche Lösung, wie sie beispielsweise auch in der Tristram-Shandy-Lesung von Harry Rowohlt angewandt wurde. Da wurden ebenfalls einige Fußnoten weggelassen, weil sie sich nicht integrieren lassen, ohne den Lesefluß zu zerreißen.


    Nochmal etwas zu den Preisen von "Vorleser Schmidt": 50 Cent pro Leseminute ist wirklich sehr günstig. Bei einer mehrstündigen Lesung ist das natürlich für den Käufer trotzdem einiges an Geld. Deswegen kaufen sich die meisten Leute auch lieber ein fertiges Hörbuch, weil sie dann ein Hörbuch derselben Länge für weniger Geld bekommen. So ein Wunschhörbuch ist dafür etwas ganz besonderes, es macht große Freude, wenn man als Hörbuchhörer ein solches eigens angefertigtes Hörbuch in Händen hält und anhören kann. Man muß da, wie gesagt, auch nicht die Katze im Sack kaufen, man kann erst einmal um eine Hörprobe aus dem jeweiligen Text bitten und dann entscheiden, ob einem das gefällt oder nicht. Der Mail-Kontakt mit Hans Jochim Schmidt ist sehr angenehm, man kann, wenn man das will, vorher die Dinge besprechen, die einem wichtig sind, so wie in meinem Fall die Sache mit den Fußnoten im "Quintus Fixlein".


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo zusammen,


    auch bei den Comics gibt es (moderne) Klassiker. :-) Vor rund 30 Jahren erschienen in Frankreich zwei Science-Fiction-Comics, die zu den Meisterwerken der europäischen Comic-Kunst gehören: Arzach (1976) und Die hermetische Garage des Jerry Cornelius (1979). Jean Giraud, der Autor und Zeichner dieser beiden Comics, veröffentlichte diese experimentellen und nicht unbedingt marktgängigen Arbeiten unter seinem Pseudonym Moebius. Unter seinem bürgerlichen Namen war Jean Giraud als Zeichner der Westernserie Blueberry bekanntgeworden (inzwischen ebenfalls ein Klassiker, erscheint derzeit im Rahmen einer Gesamtausgabe bei Ehapa), parallel dazu konnte er als Moebius seiner künstlerischen Phantasie freien Lauf lassen. Der Zeichenstil von "Moebius" und "Jean Giraud" unterschied sich anfangs deutlich. In einem SZ-Interwiew sagte er einmal: »Mit 'Blueberry' unterwerfe ich mich den klassischen Zeichenregeln. Als Moebius plündere ich die Kunstgeschichte und bin zugleich auf der Suche nach einer Art schamanischen Erfahrung.« Seine letzten Blueberry-Alben sehen allerdings schon recht Moebius-artig aus; jetzt kann ihm da wohl auch keiner mehr dreinreden. ;-)


    Arzach und Die hermetische Garage waren lange Zeit nicht in deutscher Übersetzung erhältlich, vor einigen Monaten hat sie der <a href="http://www.cross-cult.de">Cross-Cult-Verlag</a> endlich wieder auf deutsch verfügbar gemacht. Auf der Verlagsseite gibt es Leseproben zu <a href="http://www.cross-cult.de/sites/scifi-fantasy/arzach/arzach_set.htm">Arzach</a> und zur <a href="http://www.cross-cult.de/sites/scifi-fantasy/die_hermetische_garage/die_hermetische_garage_set.htm">Hermetischen Garage</a>.


    Arzach besteht aus mehreren unzusammenhängenden Episoden: ein Krieger, der auf einer Art Flugsaurier reitet, ist die Titelfigur. Der eigentliche Comic (die Ausgabe enthält noch Zusatzmaterial) kommt größtenteils ohne Text und Sprechblasen aus, also ein reiner Bildercomic in satten Farben und mit perfekt durchkomponierten Einzelseiten. In der kleinformatigen Leseprobe wird das vielleicht nicht so deutlich, aber wenn man das Album vor der Nase hat, ist das ganz großes Kino. :-) Es ist allerdings ein Comic, der nicht jedem gefällt, man kann das auch völlig langweilig und bescheuert finden, außerdem ist der eigentliche Arzach (d. h. ohne das Zusatzmaterial) relativ kurz. Dies nur als kleine Warnung, damit keiner enttäuscht ist.


    Auch Die hermetische Garage entspricht sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Zeichnerisch völlig anderes gestaltet als der erwähnte Arzach: schwarzweiße Zeichnungen in wechselnden Stilen (mal realistisch, mal cartoonhaft). Die Handlung kann man nur schwer wiedergeben, es hätte auch wenig Sinn, denn im Vordergrund steht das Erzählen selbst, nicht die Darstellung eines Geschehens. Moebius hatte vorher keinen durchkomponierten Plan, sondern die Geschichte entwickelte sich während des Zeichnens der einzelnen Episoden. Das ganze wirkt oft surreal und hat einen eigenwilligen Humor, schrullige Figuren tauchen auf, scheinbare Nebensächlichkeiten werden detailliert dargestellt, vieles bleibt ungeklärt und geheimnisvoll, der Autor foppt den Leser mit Zusammenfassungen an den jeweiligen Kapitelanfängen, die meistens völlig nichtssagend sind. Auffallend ist die Liebe zum Detail: Nebenfiguren, die nur einmal vorkommen (etwa in Menschenmengen) haben ein individuelles Aussehen und die Figuren tragen unterschiedliche Kleidung, die teils recht exotisch und phantastisch aussieht.


    Beide Alben sind nun also endlich wieder auf deutsch erhältlich; erschienen bei Cross-Cult in sehr guter Ausstattung, sie haben einen festen Einband, sind fadengeheftet und auf gutem Papier gedruckt, es wurde ein Computerlettering verwendet, das sich an die Handschrift von Moebius anlehnt. Wer sich für Comic-Kunst interessiert, sollte da mal einen Blick hineinwerfen, gerade auch weil es Werke sind, die polarisieren, das sieht man auch an den Amazon-Rezensionen: manch einer kann damit überhaupt nichts anfangen, obwohl diese beiden Comics gemeinhin als Meisterwerke und Marksteine des europäischen Autorencomics gelten.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat von "giesbert"


    Wenn man da keine eigenen Texte draufkopieren kann und davon abhängig bleibt, was Amazon anbietet, taugt das Gerät schon mal nichts.


    Man kann Textdateien und selbsterzeugte Mobipocket-Dateien direkt über USB auf den Kindle laden und dann dort lesen. Den kostenlosen "Mobipocket eBook Creator" gibt's aber, glaube ich, nur für Windows. Wer HTML- oder DOC-Dateien auf dem Kindle lesen will, kann den (kostenlosen) Konvertierungsservice von Amazon in Anspruch nehmen, wobei sich HTML-Dateien angeblich auch direkt auf den Kindle kopieren und anzeigen lassen, wenn man die Datei-Endung in .TXT ändert: die HTML-Dateien werden dann korrekt angezeigt (nicht etwa nur der Quelltext, was ja unbrauchbar wäre), wenn sie nicht zu kompliziert aufgebaut sind. Unicodefähig ist der Kindle derzeit allerdings noch nicht, weil dem eingebauten Font viele Zeichen fehlen (z. B. griechische Buchstaben).


    Zitat von "Bigben"


    Also für mich wäre es ein starkes Kaufargument, wenn man die Bände der Digitalen Bibliothek auf den Kindle kopieren könnte.


    Die PC-Version der Digitalen Bibliothek hat ja eine Exportfunktion ins TXT- und RTF-Format, insofern kann man das auf jedem Lesegerät lesen, mit dem man Textdateien lesen kann.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Maria,


    Zitat von JMaria


    Amazon startet eBook-Lesegerät im Herbst 08 in Deutschland


    na, da bin ich mal gespannt, was das Gerät und die zugehörigen E-Bücher kosten werden. Interessant wird auch sein, welche Gebühren für die mobile Datenverbindung anfallen. In den USA ist ja beim Kindle beispielsweise auch das Nachschlagen in der Wikipedia kostenlos.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo zusammen,



    Wenn ich solche Worte wie "Plurk" oder "Twitter" lese, denke ich "man bin ich alt geworden - keine Ahnung was das ist".


    Ich kenne beides schon seit längerem, und zwar aus Dostoevskijs/Markus' <a href="http://www.bibliomaniac.de/notizen/">Bücherlei-Notizen</a>, der ja dankenswerterweise immer den neuesten <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Web_2.0">Web-2.0</a>-Schnickschnack ausprobiert und dann davon berichtet. :winken: Diskussionsforen finde ich allerdings wesentlich interessanter als "Plörk" und "Schnatter". :-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Schweitzer,


    Zitat von Schweitzer


    ich habe vor die Ilias in Übersetzung zu lesen und habe mir deswegen verschiedene Ausgaben angeschaut. Dabei ist mir aufgefallen, daß bei vielen Büchern jeder Vers grundsätzlich mit einem Großbuchstaben beginnt.


    Weiß vielleicht jemand was ist der Sinn dieser bizarren Sitte sein soll?


    wenn Du als Klassikerleser nicht nur Prosa, sondern auch Gedichte und Verserzählungen lesen willst, dann wirst Du Dich wohl oder übel an diese "bizarre Sitte" gewöhnen müssen. ;-) Die Großschreibung am Versanfang ist nichts Ungewöhnliches, bis ins 20. Jh. hinein war das sogar der Normalfall. Der Vers wird eben von zwei Seiten begrenzt: am Anfang durch den Großbuchstaben, am Ende durch den Leerraum. In älteren Zeiten, als man noch alles von Hand schrieb und Papier oder Pergament sparen mußte, hatte das wohl auch einen ganz praktischen Zweck, denn damals schrieb man platzsparend die Verse fortlaufend wie Prosa, weil der Beschreibstoff so teuer war.


    Zitat von Schweitzer


    Ich finde, wenn schon die Wortstellung gewöhnungsbedürftig ist muß man doch dem Leser das Lesen nicht noch zusätzlich erschweren. Da fragt man sich doch permanent ob grade ein neuer Satz anfängt oder nicht.


    Auf den Großbuchstaben am Versanfang achtet man nach einiger Zeit gar nicht mehr. Das Satzende erkennt man notfalls auch am Punkt. Schwierig zu lesen sind Hexameter auf jeden Fall, denn sie sind von der gewohnten Alltagssprache recht weit entfernt. Wenn der Übersetzer dann auch noch den Ehrgeiz hat, die uns ungewohnte griechische Syntax einigermaßen getreu nachzubilden, wirkt das noch einen Schritt fremdartiger. Das kann man aber auch positiv sehen: Solche Verse zwingen einen Leser zum Langsamlesen, er muß sich intensiver mit den einzelnen Wörtern und Sätzen auseinandersetzen. Deshalb werden in modernen Übersetzungen unter Umständen gar keine Satzzeichen mehr verwendet und außerdem alles wird kleingeschrieben. ;-)


    Wenn man mit den Versen nicht so richtig zurechtkommt, gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit sich das ganze vorlesen zu lassen, da nimmt einem der Vortragende die Mühe ab, die richtige Betonung und den Satzrhythmus zu finden, das ist dann viel eingängiger. Ich habe mir kürzlich die vollständige Lesung der Ilias in der Lesung von Hans Jochim Schmidt zugelegt:


    [kaufen='3937976973'][/kaufen]


    Vorgetragen wird hier die klassische Übersetzung von Johann Heinrich Voß aus dem Jahre 1793. Die Lesung auf zwei MP3-CDs dauert 21:37 Stunden und ist mit 40 Euro recht günstig, wie ich finde. Ich habe bislang erst einen Gesang gehört, der mir aber sehr gut gefallen hat. Nach und nach werde ich mir so die komplette Ilias anhören.


    Das ist momentan, glaube ich, die einzige vollständige Lesung der Ilias auf dem Hörbuchmarkt. Im Oktober kommt allerdings eine Lesung der Neuübersetzung von Raoul Schrott heraus, die offenbar ebenfalls ungekürzt ist (21 CDs) und knappe 80 Euro kosten wird:


    [kaufen='3867171882'][/kaufen]


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo sandhofer,


    Zitat von sandhofer


    Auch gedruckte Bücher sind meist schwarz-weiss.


    die Buchblöcke vielleicht, aber zu einem kompletten Buch gehört auch der Einband, und der ist heutzutage meist ziemlich bunt. :breitgrins:


    Aber es ist schon richtig: ein Schwarz-Weiß- oder Graustufen-Display reicht zum Lesen vieler Bücher völlig aus, trotzdem wird das E-Papier der Zukunft farbfähig sein müssen, denn Farbdruck ist heutzutage im Buchdruck etwas völlig Normales, nicht nur wenn es um Bilder geht, sondern auch bei reinem Text: Der aktuelle Rechtschreibduden ist in Rot, Blau, Gelb und Schwarz gedruckt.


    Zitat von sandhofer


    Farbige Bücher kosten gleich viel mehr ... ;) :winken:


    Na ja, so teuer auch wieder nicht. Ich habe mir gerade den neu erschienenen sechsten Band der Prinz-Eisenherz-Werkausgabe für 19,80 Euro bestellt. :-) :winken:


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat von giesbert


    Allerdings bin ich, was dezidierte Lesecomputer angeht, ebenfalls skeptisch. Warum sollte man sich so etwas kaufen, wenn leistungsfähige Alternativen wie Subnotebooks oder Smartphones verfügbar sind?


    Ihr meintet wahrscheinlich "dedizierte Geräte", denn "dezidiert" bedeutet etwas anderes. ;-)


    Was das ePaper oder E-Ink-Display betrifft, ist es natürlich richtig: gerade für die Textdarstellung hat das einige Vorteile. Es braucht außerdem auch viel weniger Strom als ein herkömmliches Display. Nachteile sind: nur schwarzweiße Darstellung und schlechte Schaltzeiten, d.h. man kann beispielsweise keine Texte damit schreiben, weil die Buchstaben nicht so schnell dargestellt werden könnten, wie man sie eintippen würde. Mit dem Kindle macht das Lesen von Internetseiten nicht viel Spaß, weil das vom PC oder Notebook gewohnte Scrollen des Bildschirminhalts nicht möglich ist, das Display ist dafür zu langsam. An beiden Problemen wird allerdings schon gearbeitet, es gibt bereits erste Farbdisplays in dieser Technik und die Schaltzeiten werden auch immer besser. Aber solche Displays wird man in Zukunft dann wohl auch in tragbaren Computern und in Handys finden.


    Noch in diesem Jahr soll übrigens ein E-Reader mit klapp- oder rollbarem Display herauskommen:
    http://www.readius.com/pocket-ereader
    http://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=26037
    Wird aber vermutlich nicht ganz billig werden. ;-)


    Eine wirkliche Leserevolution bedeutet das Lesen auf einem E-Papier-Bildschirm meiner Meinung nach ohnehin nicht. Viel wichtiger finde ich, daß das computergestützte Lesen durch die Volltextsuche einen ganz neuartigen Textzugriff bietet. Man kann umfangreiche Lexika oder hunderte Romane in Sekundenschnelle nach bestimmten Wörtern oder Wendungen durchsuchen. Das ist etwas, was es vorher überhaupt nicht gab. Außerdem kann man sich die Digitalisate älterer Bücher für einen Spottpreis oder sogar kostenlos auf seinen Computer laden. Ein kompletter Pierer aus dem 19. Jh. kostet keine 10 Euro (im Netz ist er sogar kostenlos), eine ein oder zwei Jahre alte Britannica bekommt man ebenfalls für 10 oder 20 Euro. Das sind Preise, die noch vor einem Jahrzehnt völlig unvorstellbar waren. Ich habe mir kürzlich in Form von digitalen Ausgaben das "Allgemeine Theaterlexikon" aus dem Jahr 1846 und das "Vollständige Materialien-Lexicon" aus dem Jahr 1721 gekauft, die haben zusammen weniger als 30 Euro gekostet. Für einen solchen Preis kauft man sich gern auch einmal Bücher, die man eigentlich gar nicht braucht. :breitgrins:


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo klassikfreund,


    Zitat von "klassikfreund"


    Kann man einen Kindle live in Deutschland betatschen?


    bislang wird er nur in den USA verkauft. Eine internationale Vermarktung des Kindle ist derzeit nicht geplant. Der Buchkauf erfolgt ja über Mobilfunk, und für Deutschland und Europa müßte Amazon erst einmal entsprechende Verträge mit Mobilfunkprovidern abschließen.


    Was das Konzept des Kindle anlangt, so glaube ich eigentlich nicht, daß das eine große Zukunft haben wird. Wer heutzutage E-Books liest, der tut das in der Regel auf Geräten wie PDAs, Notebooks oder Handys (iPhone). Diese Geräte haben viele Funktionen, das bloße "Textelesen" ist eine Nebenanwendung, für die sich nur in Ausnahmefällen jemand ein eigenes (teures) Gerät kaufen wird.


    Handliche Computer mit gutem Display und mobilem Internetzugang werden sicherlich eine Zukunft haben, dafür wird es dann (so wie schon heute) auch Programme zum E-Buch-Lesen geben. Spezielle Lesegeräte werden wohl ein Nischenprodukt bleiben.


    Das vier Jahre alte Lese-Programm auf meinem PDA, das ich immer noch verwende, konnte übrigens schon Blocksatz und hatte eine automatische Silbentrennung für verschiedene Sprachen. Man konnte auch Truetype-Fonts, die man auf dem PC hat, konvertieren und dann auf dem PDA verwenden. All das ist bei heutigen E-Book-Readern leider noch keine Selbstverständlichkeit.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo sandhofer,


    Zitat von "sandhofer"


    Ja, ich hab's gesehen. So was, wenn man's im voraus wüsste ...


    ich hatte seinerzeit eine gebrauchte, aber noch neuwertige Kosmos-Ausgabe gekauft, die mich inklusive Versand knappe 45 Euro gekostet hat. Deshalb brauche ich mich jetzt über den billigen 30-Euro-Kosmos bei Zweitausendeins nicht besonders zu ärgern.


    Aber jetzt ist es natürlich ein echtes Schnäppchen, und wenn man erst mal die ersten hundert Seiten über die Lanzenpflege Vulkane hinter sich gebracht hat, wird das Buch richtig gut ... :breitgrins:


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Egophagus,


    Zitat von "Egophagus"


    Ich möchte jedem Hörbuchbegeisterten Ovids Metamorphosen (Übersetzung: Erwin Rösch) gelesen von Rolf Boysen ans Herz legen.


    dem kann ich voll und ganz zustimmen. Ich habe dieses Hörbuch vor einiger Zeit gehört und war von Rolf Boysens meisterhaftem Vortrag hellauf begeistert. So etwas Geniales hört man nicht alle Tage, das sollte man sich nicht entgehen lassen.


    Schöne Grüße,
    Wolf