Hallo Steffi
Zitat von "Steffi"
Ich komme jetzt zu 13. Kapitel. Die Szene im 12. Kapitel, als Mr. Ramsay's innere Gedanken zum Vorschein kommen, hat mich sehr erstaunt. Wieder ein anderer Blickwinkel - ein eher bemitleidenswerter, rationaler Mensch, der sein Inneres, seine Empfindungen nicht äußern kann und in seiner Rolle der Abweisung (des Irrens ?) verharrt, sich aber so sehr die Liebe seiner Frau wünscht. Komisch, wie er sich damit in meinen Augen verändert hat.
seine inneren Gedanken zeigen seine Unsicherheit und ich empfand Mitleid mit ihm. Dann wiederum am Esstisch als Augustus Carmichael Suppe nachschöpfte und er sich darüber ärgerte, verschwand sie wieder, denn der Tyrann kam wieder zum Vorschein und dem Leser in Erinnerung.
Minta kommt mit ihm nur klar, weil sie das Dummchen spielt. Das wurde wohl von Frauen damals erwartet, dass sie schön sind aber nicht klug. Auch Tansey äußert sich ähnlich über Frauen
Er blieb eigentlich beständig in seinen Allüren. Ich als Leser konnte ihn einordnen, er überraschte mich nicht.
Schwankender, wie ein Zweig, kam mir Mrs. Ramsey vor. Sie verwirrt mich sehr mit ihren Gedanken. Was für eine Person ist sie wirklich?
eine liebende Gattin? - oder nicht?
eine liebende Mutter? - das ist m.E. sicher.
eine Kupplerin!
zufrieden? - Nicht zufrieden?
Egozentrisch? (Sie denkt ihre Bekannte 'Carrie Manning' habe sich nicht weiter entwickelt, nur weil sie keinen Kontakt mehr zu ihr hatte) :rollen:
Mrs. Ramsey ist sehr facettenreich.
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Ich glaube, er ist Philosoph. Irgendwann sagt Bankes "Wie kann man 8 Kinder mit Philosophie ernähren." Oder so ähnlich. Bankes halte ich eher für den Naturwissenschaftler.
Danke 
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Ohne Sinn für Kunst und Kreativität - das genaue Gegenstück zu Lily Briscoe. Ihre Gedanken zu Kunst (9. Kapitel) fand ich sehr interessant - die Angst, sich zu entblößen aber gleichzeitig auch der Drang dazu. Ob sich Virginia so gefühlt hat?
ein weiterer Hinweis auf Virginia? Vorstellbar.
Lily ist auch kinderlos, wie Virginia immer blieb.
Lily Briscoe ist für mich im Buch die leidenschaftlichste Person. Sie kann ich mir bisher am besten vorstellen. Obwohl sie doch überraschend am Esstisch einlenkte und Tansey nicht mehr provozierte, sondern das tat was Mrs. Ramsey von ihr erwartete.
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Manchmal staune ich ja über ihre offenen Gedanken z.B. Ende des 10. Kapitels über Kinder, die Gefühle einer Mutter und das Leben:
... meistenteils jedoch, so seltsam das war, das mußte sie zugeben, empfand sie dies Etwas, das sie Leben nannte, als etwas Schreckliches, Feindseliges, das rasch bereit war, auf einen einzuschlagen, wenn man ihm eine Chance gab.
Auch Mrs. Ramsay hat eine dunkle Seite und ist nicht nur die weibliche, anbetungswürdige Muse, nicht nur die Verkörperung des Lebens.
das Leben ein einziger Kampf, den Sinn des Lebens zu finden?
Lily hat doch diesen Baum vor Augen, den sie in die Mitte rücken muß. Das Symbol des Baumes kommt ab der Essensszenen immer wieder vor. Auch in den Gedichten kommen Bäume, Wälder oder Zweige vor.
(Baum des Lebens im Garten Eden?
ein weiterer Bibelaspekt kommt von Tansey als er über die "Schuld der Frauen" denkt. Dann diese Früchte in dieser Muschel, wie eine Versuchung, die keiner anfassen sollte, und doch wird das "Bild" zerstört)
wird dieser Aufenthalt vielleicht noch die schönste Zeit für alle, wo man sich gerne zurück erinnert?
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weißt du ob sich Virginia für Philosophie interessierte?
Ein ausgeprägtes Interesse hatte sie, glaube ich nicht. Aber da sie in einer Atmosphäre des literarischen Wissens aufgewachsen war und im Bloomsbury-Kreis sicherlich auch über Philosophie diskutiert wurde, hatte sie bestimmt fundierte Kenntnisse. Übrigens war ihr Vater in erster Ehe mit einer Tochter von Thackeray verheiratet !
gut, daß du dich bereits so ausführlich mit V.W. befaßt hast. Deine Ergänzungen sind die Sahnehäubchen in der Leserunde 
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Wie schon vorher bei Mr. Ramsay hat sich ihr Bild bei mir wieder geändert. Auch nicht gerade erstrebenswert, seine Gedanken immer um Hochzeit, Familie usw. kreisen zu lassen und dabei das Leben so zu fürchten ! Auch interessant, wie sie sich als der Mittelpunkt des Lebens empfindet, mit welchem Erstaunen sie feststellt, dass das Leben auch außerhalb ihres Gesichtskreises weitergeht. Da verstehe ich nun auch Virginias Bestreben nach etwas mehr Freiheit für die Frauen !
Genau! du bringst das auf dem Punkt, was ich oben versucht habe zu erklären. In dem 1. Teil mußte das Frauenbild immer wieder zurechtgerückt werden, damit es zu der damaligen Gesellschaftform paßte. Besonders Lily litt darunter.
Was mich fasziniert ist, daß V.W. in kurzen Sätzen soviel ausdrückt:
Irgendeine Last war von ihnen genommen worden; alles Mögliche konnte passieren, so empfand sie.
und so empfand ich auch.
Mr. Ramsey's plötzliche Einsicht gegen Ende Teil 1:
Doch jetzt, so empfand er es, war es herzlich gleichgültig, wer Z erreichte (falls das Denken wie ein Alphabet von A nach Z verlief). Es würde schon jemand dorthin kommen - wenn nicht er, dann eben ein anderer.
ich staune. :zwinker:
Am Schluß von Teil 1 heißt es, dass Mrs. Ramsey siegte, ohne ihm laut zu sagen, daß sie ihn liebte.
Aber hat sie wirklich dadurch gesiegt?
Ich komme nun zum 2. Teil "Zeit vergeht" und freue mich darauf, was die Zeit alles verändert hat.
Liebe Grüße
Maria