Zitat
Ich könnte mir außerdem vorstellen, dass etwas von der deutschen Weltkriegsliteratur überlebt, aber es müsste schon etwas sein, das auch ohne den Krieg zustande gekommen wäre. Die restliche Literatur sehe ich langsam hinter dem Schleier des Vergessens und der "Nicht-mehr-Aktualität" verschwinden. Man denke nur an Böll (brr)
Hallo zusammen,
hallo Nightfever,
obiger Meinung von Nigtfever kann ich mich nicht anschließen oder ich interpretiere falsch.
Zunächst aber eine Frage: Wie kann man von "Weltkriegsliteratur" oder etwas allgemeiner, von Kriegsliteratur sprechen, die "ohne den Krieg" zustande gekommen ist/ wäre? Widerspricht sich das nicht? Ich kann mir schlecht vorstellen, daß in jener mörderischen Zeit ernstzunehmende Autoren andere Themen im Kopf hatten, als eben diese Zeit. Und das, was sie im Kopf hatten, durften sie nicht schreiben. Ich denke nicht an Naziliteratur oder gar - filme. Die Joseph-Tetralogie von Thomas Mann, schon 1926 in Deutschland begonnen, im Exil 1943 fertig gestellt, zähle ich nicht unbedingt zu "Weltkriegsliteratur". Wenn Nightfever sie allerdings dazu zählen möchte, wäre das ja dann eines der von ihr/ ihm gewünschten Werke. Zumal es sehr beliebt ist u. einer der meistgelesenen Romane von Mann.
Konkret: Wäre der "Simplicissimus" ohne den 30-jährigen Krieg zustande gekommen? Manzonis "Die Verlobten" ohne die gesetzlose Lage in Oberitalien? Oder Tolstois "Krieg und Frieden"? Oder Hemingways "Wem die Stunde schlägt"? Das ist alles Kriegsliteratur und Weltliteratur zugleich.
Die großen Themen der meisten Bücher sind Liebe, Krieg u. Tod.
Zu Böll: Auch da bin ich anderer Meinung. Gerade seine Kriegserzählungen oder Nachkriegserzählungen, die alle den noch stattfindenden oder gerade beendeten Krieg behandeln, z. B. sein meisterliches "Wanderer, kommst du nach Spa.." oder "Lohengrins Tod" u. viele andere sind in einer derart dichten, eindringlichen Sprache geschrieben, daß ich noch heute beim Lesen schaudere. Auch seine frühen Romane sind für mich das, was ich der Literatur abverlange, nämlich, daß sie mich zum Nachdenken bringt. Man spürt, daß der Autor dieses Grauen selbst erlebt hatte. Spätere Werke wie "Gruppenbild mit Dame" oder "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" finde ich nicht so stark, bes. letzteres doch mehr eine Kolportage.
Wenn ich also an Böll denke, ist es Aktualität, denn im Grunde sind alle Kriege und ihre Folgen gleich, auf der ganzen Welt. Ich bin der Meinung, zumindest Bölls Erzählungen werden wieder entdeckt werden.
Grüße,
Gitta