Hallo Leila, hallo zusammen,
Deine Frage finde ich so spannend, dass ich zwischenzeitlich (bei dieser doch etwas sonderbaren Verbindung ist ein wenig literarischer Voyeurismus bei mir nicht abzustreiten :breitgrins: ) ein wenig in meiner Goethe-Biografie stöberte. Es ist die von Richard Friedenthal, Goethe, Sein Leben und seine Zeit, Piper Verlag München u. Zürich. Diese Biografie wird allgemein als sehr zuverlässig beschrieben und sie gilt als Standardwerk.
Darin wird an einer Stelle versucht, dieses in der Weimarer Gesellschaft abgelehnte und diffamierte Verhältnis zu durchleuchten. Da heißt es:
Seine Ehe ist eine Beziehung, die nicht nur den Weimarern Philistern fragwürdig erscheint. Er selber hat sie …..als schwere, fast lebensbedrohende Fessel empfunden. Seine Anhänglichkeit an die Gefährtin bleibt bestehen…..Trotz ist dabei, auch Dankbarkeit für treue Pflege, mutige Haltung im Notjahr und einfache Gewöhnung. Erträglich ist das Verhältnis nur, weil er sich jede Freiheit nimmt. Christiane nimmt das geduldig hin.
Also auch hier eine merkwürdige Ambivalenz.
Mit „Notjahr“ ist die Anwesenheit Napoleons in Jena gemeint. Leila, Du hast auf die gar nicht so gebildete Konversation hingewiesen, diesbez. fand ich folgende Aussage:
…..die ganze innere Roheit der hochkultivierten Gesellschaft bricht zuweilen aus…..Der Oberforstmeister Nordheim sagt auf der Redoute zu Goethe: „Schick dein Mensch nach Hause! Ich habe sie besoffen gemacht!
Tja, die feine Gesellschaft! Dann wieder:
Um die Meinung der Weimarer Gesellschaft hat sich Goethe aber überhaupt nicht gekümmert….
Etwas weiter:
Aber er lässt sie doch immer wieder allein.Wenn Gäste kommen, isst sie nicht mit bei Tisch……, nur Vertraute bekommen sie zu sehen.
Ein Landgut wird erworben…….das Bemühen Goethes, für Christiane eine etwas angesehenere und gehobenere Position zu schaffen.
Dann schließlich die räumliche Trennung:
So zieht er sich, vor allem wenn er arbeiten will………nach Jena zurück in eine Art Junggesellenwirtschaft. Christiane hat von Weimar her für Zufuhr an Lebensmitteln zu sorgen und darf auch gelegentlich einmal zu Besuch kommen.
Soweit einige Auszüge. Letztendlich erklären alle diese Zitate nicht, warum Goethe bei dieser angeblich nicht zu ihm passenden Frau blieb.
@ Sandhofer: Es gab vielleicht eine Frau im Umfeld des Dichterfürsten, die er als geistig oder bedingt literarisch ebenbürtig betrachtet. Ich meine Marianne von Willemer, die „Suleika“. Ihre Gedichte im West-Östlichen Divan befinden sich nach Meinung von Biografen (z. B. auch der von Friedenthal, S. 512) und meiner bescheidenen auf der gleichen poetischen Höhe wie diejenigen von Goethe selbst.
Liebe Grüße,
Gitta