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Hallo finsbury!
Ich habe diesen Thread mal ins allgemeine Diskussionsforum verschoben
Hallo Sandhofer,
Ich war mir auch nicht sicher, ob der Beitrag dahin gehört, weil ich ja keine lange Lesereise durch das Buch lostreten will.
Du schlägst uns ja nicht vor, den Neidhart zu lesen (was mich persönlich eher reizen würde!), sondern beginnst eine Diskussion über Sekundärliteratur.
Ich würde Dieter Kühn nicht als Sachbuchautor, sondern durchaus als eigenständigen Literaturproduzenten ansehen, der sich eben auf Biografisches - aber in künstlerischer Brechung - verlegt hat. Gerade sein Neidhart-Buch zeigt seine eigenwillige Herangehensweise gut.
Das von Dir angesprochene Buch kenne ich nicht; den Neidhart habe ich vor Jahrzehnten mal gelesen, oder wenigstens Teile seines Werks. Persönlich würde ich ihn übrigens nicht als Vorläufer des Wolkenstein betrachten, sondern den Wolkenstein als Epigonen Neidharts.
Das finde ich aber überhaupt nicht! Nach dem, was ich bis jetzt von Neidhart gelesen habe, wiederholt der sich vor allem ständig selbst; Er bleibt ständig bei den Topoi der Bauernschelte, bzw. bei oder auch kombiniert mit Gesprächen zwischen Mutter und Tochter, eben den bekannten Winter- und Sommerliedern. Oswald dagegen, der zwar viel später ist , ist dennoch kein Epigon, sondern viel farbiger und politischer in seiner Lyrik. Da geht - selbst für einen modernen Menschen - richtig die Post ab, während ich Neidharts Lyrik am Stück langweilig finde, z.B. im Vergleich mit Walther v.d.V., der in seinen Themen überaus vielseitig ist und auch schon mit der "hohen Minne" bricht.
Hildegard von Bingen? Die hat, soweit ich mich an ihren Lebenslauf erinnere, doch keinen Kontakt mit deutschsprachigen, weltlichen Lyrikern gehabt, oder?
Sie dient Kühn hier auch nur dazu, seine Herangehensweise an die Lebensbeschreibung Neidharts zu rechtfertigen, so in dem Sinne, dass erst das ganze Panorama des Drumherum eine Person plastische hervortreten lässt. Das ist ja auch einer der Kritikpunkte, die ich an diesem Buch habe, weil ich es an den Haaren herbeigezogen finde, Albertus Magnus und Hildegard von Bingen sozusagen aus dem Off für Kühs Erzähltechnik sprechen zu lassen .
Dennoch ist das Buch durchaus lohnenswert, weil es um Annäherung an
ein Thema geht, das eben nicht mehr klar zu rekonstruieren ist.
Gruß
Finsbury