Peter Härtling: Herzwand. Mein Roman (1990)
Peter Härtlings (1933-2017) autobiografischer Roman erschien 1990.
Zum Inhalt und zur Form
Der Autor kommt aufgrund einer Verdickung seiner hinteren Herzwand – verursacht durch jahrelangen unbehandelten Bluthochdruck - in eine Rehaklinik am See. Dort hat und nimmt er sich die Zeit, auf sein bisheriges Leben zurückzublicken. In kürzeren und längeren Abschnitten erzählt er von prägenden Phasen vor allem in seinen jungen Jahren.
Auf der Flucht von Sachsen über das ehemalige Mähren kommt der Autor (der in den Rückblicken perspektivisch zur dritten Person greift) mit seiner Mutter, Großmutter und Tante nach Nürtingen in Württemberg. Sein Vater wird nicht mehr lebend aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft heimkehren. Aber auch die Mutter verliert er 1946, da sie ihrem Leben ein Ende setzt. Sie konnte die Erlebnisse der letzten Jahre sowie eine letzte Liebesenttäuschung nicht mehr verarbeiten. Der Junge wendet sich von seiner wenig verständnisvollen Großmutter immer mehr ab und kommt zum Journalismus, zunächst in Nürtingen selbst, wo er auch beginnt, Gedichte unter dem Pseudonym Jamin zu schreiben. Später wechselt er zu einer Redaktion nach Heidenheim, wo er einige interessante Kollegen kennen lernt, die ihm Stoff für in den Roman eingeschobene „Novellen“ geben.
So erhalten wir Leser eine stimmen- und aspektreiche Einsicht in die unruhigen Kriegs- und Nachkriegsjahre. Als einziges neueres Thema beschäftigt sich der Erzähler – der nun mit seiner Familie im hessischen Walldorf wohnte - mit seinem Engagement anlässlich des Protestes gegen die Startbahn West des Frankfurter Flughafens in den Anfang achtziger Jahren. Das Werk endet mit einem endoskopischen Eingriff zur Untersuchung des Herzens und zusammenfassenden Reflexionen bezüglich des autobiografischen Erinnerns.
Meine Meinung
Zunächst konnte mich das Buch nicht recht packen. Es ist das erste Werk, das ich von Peter Härtling bisher gelesen hatte, und ich musste mich auf seine Erzähl- und Denkweise erst einmal einlassen. Später packte mich der Stoff dann stärker, da ich mich in den letzten Wochen und Monaten recht intensiv mit den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Mitteleuropa auseinandersetzte und die Erzählung hier interessante weitere zusätzliche Aspekte brachte – zum Beispiel über die Menschen aus dem ehemaligen Sudetenland und der Batschka, einem früheren Siedlungsraum der Donauschwaben im heutigen östlichen Kroatien. Dennoch konnte ich zum Stil und zur Aussage nicht so den rechten Draht finden, es kam mir alles recht ich- und auf eine intellektuelle Männerwelt bezogen vor. Einen Roman – Felix Guttmann - vom Autor habe ich noch, den ich sicher auch irgendwann noch lesen werde. Ansonsten werde ich vielleicht nochmal auf die oben gelobten biografischen Bücher von Härtling zurückgreifen.