Beiträge von Steffi

    Oh, wow, da muss ich erstmal schlucken, Gontscharow :zwinker:


    Ich habe den Roman ganz anders gelesen, gerade die offene Handlung, dass also nicht alles erklärt wird und der Leser mitunter weniger weiß als der Erzähler, gefiel mir besonders, für mich ist das ein Hinweis, dass Doderer es ernst meint mit der Beschreibung eines kleinen Teils einer Gesellschaft, die man doch nur von außen und nur in Einzelteilen begreifen kann. Eben nicht das Interesse an dem dargestellen Charakter als Person sondern das Zusammenspiel der Charaktere. Es ist mehr ein Beobachten als ein Erklären. Sind dies nicht auch Stilmittel des modernen Romans ?


    Ja, es stimmt, manche Bilder sind in der Wiederholung etwas aufdringlich, was für mich aber nicht so immens störend wirkte.


    Wegen der offenen Fragen: zu der einen oder anderen gibt es meiner Meinung nach schon Antworten, im Moment fehlt mir jedoch die Zeit, das näher herauszusuchen. Aber ich schreibe dazu später mehr.

    Mal wieder Emile Zola, diesmal Band 10 des Rougon-Maquart-Zyklus Ein feines Haus. Sehr schön, wie er die Bürgerlichkeit mit ihrem schönen Schein nach außen beschreibt, wie immer mit allen netten Kleinigkeiten, die das Ganze sehr lebendig machen !


    Aber ich glaube, dass auch Mary K. und Leonhard nur in den Augen Doderers wirklich entwickelte und gesellschaftlich reife Menschen sind, denn sie leben doch beide sehr in ihrer eigenen Blase des Sich- selbst- überwunden- habens, ohne dass daraus erkennbare Konsequenzen für ihre Umgebung erfolgen.


    Ja, das stimme ich dir zu. Ich glaube, dass Doderer hier auch nicht wirkliche Menschen darstellen will, sondern eher bestimmte Charakterzüge oder auch im Hinblick auf das, was er dem Leser verdeutlichen will. Alle Hauptpersonen sind doch mehr oder weniger realitätsfremd und es geht mehr um das große Ganze, als um naturalistische Kleinigkeiten und Lebensechtheit. Auch wenn ich die Naturalisten z.B. Zola sehr liebe, so mag ich die Gesamtheit von Doderers Darstellung, die er allerdings auch mit naturalistischen Stilmitteln erzeugt. Je mehr man bei ihm über einzelne Dinge nachdenkt, je größer wird die Tiefe des Romans, das finde ich faszinierend. Für mich ist Doderer einer der ganz besonderen Schriftsteller und jedesmal, wenn ich etwas von ihm lese, begreife ich nicht, warum er nicht viel bekannter ist. Wenn ich ihn z.B. mit Thomas Mann vergleiche, so hat Mann mehr Theorie in seine Werke gepackt, aber Doderer hat mehr Poesie für mich. Beide sind für mich in der Verwendung der Sprache gleichwertig.

    Zu Quapp habe ich mir auch ein paar Gedanken gemacht. Gerade im letzen Kapitel kommt sie nicht ins Zentrum, sie wird wieder von Geza aufgegriffen und fährt mit ihm aus der Stadt heraus, sie fahren "aus einer Schwierigkeit hinaus ins Freie" Sie beobachten aus der Entfernung. Quapp hat somit keinen direkten Zugang zu Wien. Auch scheint mir, dass sie sich selbst gar nicht einschätzen kann (Geige), bedingt durch ihre ungeklärte Herkunft, und daher ist ihr auch keine Apperzeption möglich. Sie bleibt im Zustand der Kaulquappe stecken. Indem sie die Geige zurücklässt, befreit sich sich von den Zwängen und auch von Wien.

    Lt dem Essay von Wendelin Schmidt-Dengler:


    Das große Feuer-Kapitel ist bestimmt von der Antithese "Brandgeruch" und "Kampferduft", wobei jener für die politische Aktivität, dieser für die Privatsphäre steht, die wieder idealtypisch durch die Frau Mayrinker repräsentiert wird.

    http://www.doderer-gesellschaf…ovonDoderer_1896-1966.pdf


    Es ist schon toll, wie Fr. Mayrinker ihr eigenes "privates" Feuer bekämpft !
    Gerade diese Szene zeigt aber auch, wie unpolitisch Doderer geschrieben hat, statt den Brand des Justizpalastes anzuprangern sieht er darin eher das Problem, dass die Menschen nicht ihr eigenes Fehlverhalten erkennen, ihre eigenen Ursachen bekämpfen, ihre zweite Wirklichkeit nicht verlassen mögen. Könnte man daher die Figuren Mary K und Leonhard dazu nicht als Ausweg begreifen, nämlich dass Bildung und Realitätsbewusstsein aus diesem Dilemma herausführen ?

    Ich habe Die Dämonen beendet ! Das Feuer-Kapitel hat nochmal alle Protagonisten ins Licht gerückt, ich hätte nicht gedacht, dass Doderer einen so konventionellen Abschluß schreibt, der aber dann doch ein bißchen mehr ist als Happy-End. Das hat mich wieder mal überzeugt, wie einzigartig Doderer ist, der sich insgesamt eigentlich immer treu bleibt und doch eine ganz eigene Doderer-Welt erschafft.

    Hallo Gontscharow,


    ich wünsche dir auch schöne drei Wochen und freue mich schon jetzt auf deine abschliessenden Eindrücke !


    JMaria: Nein, bei mir ist das Kapitel 8 nur einmal vorhanden. Da hast du ja mehr Doderer fürs Geld bekommen :breitgrins:


    Die Sache mit der Apperzeption bzw. die erste und zweite Wirklichkeit finde ich sehr einleuchtend ! Ich glaube, dass dieses Thema im Grunde einen Aspekt beleuchtet, der immer aktuell ist. Gerade wenn man sich das Internet und das Social Network daraufhin anschaut oder aber eben die Verführbarkeit, die man hat, wenn man sich selbst und seine eigene Richtschnur nicht gefunden hat.


    Ich bin noch nicht ganz zu Ende, aber schon jetzt nehme ich nur ungern Abschied von Doderer.


    Nichtsdestotrotz sind die "Prüfungsobjekte" durchweg jüdische( Vgl. Kap Topfenkuchen, Ein entzückendes Konzil etc)


    Das ist mir gar nicht aufgefallen, allerdings muss ich sagen, dass ich im ganzen Roman nicht sehr auf die nationalsozialistische Komponente geachtet habe, zuviel anderes stand da im Vordergrund.


    Dass Doderer tatsächlich eine solche Annoce aufgegeben hat, finde ich kurios. Passt aber wiederum auch, da es scheint, dass sehr viel von ihm persönlich in seinen Werken steckt.


    Ich habe noch ca. 100 Seiten vor mir, das Feuer findet statt und Doderer positioniert seine Figuren rund um die Demonstrationen und den Brand. Ich finde, diese Passagen seltsam objektiv und unberührt geschildert, obwohl er z.T. starke Bilder verwendet, z.B. wie Milch und Blut ineinanderfließen. Rot-Weiß-Rot ist ja auch die österreichische Flagge.

    Genau wie ihr empfinde ich auch eine seltsame Heiterkeit und die schon fast trivial anmutenden Glücksmomente aller Personen. Ich musste erst einmal nachlesen, was Anabasis bedeutet und finde, dass dieses Kapitel damit sehr gut beschrieben wird.


    Unangenehm fällt mir in dem letzten Buch neben dem latenten Antisemitismus Doderers auch dessen hier besonders ausdrücklicher Chauvinismus gegenüber den weiblichen Hauptfiguren auf auf, die hier fast alle als nur auf emotionale Intelligenz reduziert dargestellt werden. Alle wenden intuitiv Tricks und Maßnahmen an, um an ihr bevorzugtes Alphatier zu kommen, ob dies nun Agnes Gebaurs Knöchel, Gretes Deklaration der Neudegg-Reise als Hochzeitsfahrt oder Quapps Fühlen statt kognitives Verstehen (z.B. S. 1010) betrifft.


    Man könnte dies allerdings auch als Schwäche des männlichen Geschlechts sehen, die es nicht merken, dass ihr Glück da vor ihnen steht oder die es einfach nicht auf die Reihe kriegen, zu handeln. Ich finde nach wie vor, dass die weiblichen Hauptfiguren mehr Handlungsinitiative ergreifen als die männlichen, die in ihrer Vergeistigung etwas gefangen erscheinen. Insofern aber stimme ich zu, die Reduzierung auf die emotionale Intelligenz war damals durchaus gewollt und in der bürgerlichen Geselslchaftsschicht, die Doderer ja fast ausschließlich beschreibt, erwünscht. Ein Zyniker war er bestimmt.


    Ich bin in Kapitel III/7.


    Dahinter steckt eine Freundin von Doderer namens Gabriele Murad. die Zusammenhänge sind mir allerdings noch nicht klar, vielleicht stoße ich in der Biographie noch darauf. Außerdem gabs ein Skizzenbuch mit diesem Namen...


    Im "Skizzenbuch für Licea" aus dem Sommer 1943 steht geschrieben: "Die Feder des Schriftstellers ist oft klüger als er selbst, wie mitunter das Pferd gescheiter als der Reiter."


    Interessant - dann ist der Name im privaten Umfeld entstanden, danke für den Hinweis !

    September 1925: Unfall Mary K.
    Vorfrühling 1926: Leonhard Kakabsa und Malva Fiedler begegnen sich
    Spätsommer 1926: Kreis um Trix K.
    Herbst 1926: Geyrenhoff zieht nach Döbling
    Mary K. kommt nach Wien zurück
    Treffen der Ungarn in Mörbisch (Pinta, Sevcik, Graf)
    Mord an Hertha durch Meisgeier
    Dorbila begegnet Mary K; bei Lilly Likartz im Atelier in Döbling
    Sa, 13.11.1926: Leonhard trifft Mary K.
    20.11.1926: Geyrenhoff begegnet Schlaggenberg an der Verkehrsinsel
    21.11.1926: Beginn der Chronik
    Ende 1926: Schlaggenberg zieht nach Döbling
    Sa, 8.1.1927: Oper Rosenkavalier (Fr. Ruthmayr, Dr.Neuberg, Levielle)
    Eulenburgs Troupeaux bei Fr. Ruthmayr; Schlaggenberg und Stangeler treffen sich
    Versammlung gegen Grete Siebenschein im Café
    Camy Schlaggenberg fährt nach England
    Lasch ist auf Geschäftsreise
    Hausball bei Baron Frigoni
    Mo, 10.1.1927: Grete und Stangeler streiten
    Quapp kommt an
    30.1.1927: Schattendorfer Morde
    Gyurkicz ist in Schattendorf
    1.2.1927: Quapp zieht nach Döbling
    Februar 1927: Gyurkicz und Eulenfeld ziehen nach Döbling
    Skiausflug Quapp, Schlaggenberg und Stangeler
    Mitte Februar 1927: Tod Claire Charagiel
    März 1927: Gründungsfest der Unsrigen
    Mi, 23.3.1927: Tod Baron Neudegg
    Fr. 25.3.1927: Geyrenhoff trifft Levielle auf dem Graben
    Mo, 28.3.1927: Levielle trifft Schlaggenberg
    Ende März 1927: Stangeler belauscht Lasch und Levielle
    Frühling 1927: Geyrenhoff beginnt Chronik
    Mitte April 1927: Ausflug der Unsrigen
    Quapp zieht in die Nähe von Gyurkicz
    Sa, 30.4.1927: Geselligkeit bei Mary K.
    Ende April 1927: Stadtbummel Geyrenhoffs
    Sa, 14.5.1927: Treffen Mährischl, Altschul, Levielle, Lasch
    Levielle reist nach Paris, trifft Frigoni am Westbahnhof
    Quapp trifft Stangeler und verspätet sich
    Tischtennis bei Siebenschein
    Geyrenhoffs Erleuchtung
    Oper Rosenkavalier (Fr. Ruthmayr + Geyrenhoff)
    So, 15.5.1927: Geyrenhoff erhält Brief von Camy
    Geyrenhoff bei Gontard (Gespräch über Revolution)
    Geyrenhoff trifft Gach (Testament über Erbe Quapps)
    Geyrenhoff trifft Mucki Langingen u. Alfons Croix
    Mo, 16.5.1927: Jan Herzka erbt
    Stangeler und Herzka nach Burg Neudegg
    Di, 17.5.1927: Mary K. + Trix auf Urlaub im Semmering (4 Wochen)
    Quapp + Gyurkicz treffen sich in Altenburg
    Quapp trifft Gach (Erwachen bei der Kastanienblüte)
    Mi, 18.5.1927: Quapp erfährt vom Testament Neudeggs
    Licea + Sylvia mit Gyurkicz im Schnapslokal
    Gyurkicz trifft Pinta im Café
    Do, 19.5.1927: Stangeler + Herzka zurück in Wien
    Fr, 20.5.1927: Stangeler trifft Williams und Drobila an der Donau
    5.7.1927: Schwurgericht "Schattendorfer Morde"
    15.7.1927: Demonstration und Brand Justizpalast
    18.7.1927: Verhaftung Anni Gräven wegen Mord an Hertha


    Aber doch scheint mir das halbherzig und wehleidig dahergesagt... Denn die Tracht Wissen, die ihm hintnach verabreicht wurde, scheint so schmerzhaft nicht ausgefallen zu sein, wenn er quasi unbelehrt in den 50ern Lust verspürte bzw. keine Hemmungen hatte, sein antisemitisches Romanprojekt mit dem gleichen Personal wieder aufzunehmen und zu vollenden ...


    Für mich hatte diese Stelle auch ein bißchen ein "Gschmäckle" - es klingt wie eine Rechtfertigung, aber mir ist das etwas zu flapsig und oberflächlich. Dumm wehgetan hat es vielleicht Doderers Ego, aber was sagen die vielen Toten ? Von Einsicht jedenfalls zeugt diese Stelle nicht !


    Ich habe die Kapitel um das blaue Einhorn auch gerne gelesen, auch wenn ich auch empfand, dass Doderer die bürgerliche Arbeiterschicht immer etwas zu biedermeierlich-idyllisch zeigt.


    Über den Namen Licea habe ich noch ein bißchen geforscht, aber außer, dass es eine Gattung der Schleimpilze ist, nichts weiter herausgefunden. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass Doderer diesen Namen einfach so erfunden hat.


    Und auch über die Hütchen habe ich mir Gedanken gemacht, ich kann mit vorstellen, dass entweder eine bestimmte Beschaffenheit des Filzes gemeint ist oder dass es eine Art Ausruf oder Bezeichnung ist, z.B. abgewandelt von isolé (=einzigartig). Es wäre interessant, diese Stelle in einer Übersetzung zu lesen.


    Mit III/5, dem Nachtbuch, konnte ich nicht wirklich etwas anfangen, eine Art Vorausschau auf den Tod Krächzis ? Oder waren es die Träume nach seinem Tod ?

    Fontanes Welt von Nürnberger habe ich auch und ich finde sie auch sehr gelungen, da sie sich eben nicht nur mit Fontane und seinem Werk sondern auch der damaligen Zeit befasst ! Empfehlenswert !

    Naja, ich kann mir vorstellen, dass das auch heute schon Verlage deutlich auf die Autoren einwirken und massentaugliches schreiben lassen. Vielleicht steigt dann mit Hilfe der ebook-Auswertungen die Qualität ...

    Auch ich habe "Dort unten" beendet. Ich fand es etwas mühselig zu lesen, ich hoffe, Stangeler findet kein weiteres Manuskript :zwinker: Die Interpretation von JMaria, dass Doderer seine Neigungen mit der Sprache auch verschleiert, gefällt mir gut ! Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass es für einen Historiker auch mal schön sein kann, ein Dokument sozusagen legal zu fälschen. Und auch passt es in die Problematik, die sich durch autobiografische Texte ergeben können; hierbei ist nicht nur Doderer zu nennen, der die Dämonen 1929 beginnt und erst später, nämlich 1956 zu Ende schreibt, auch G-ff beginnt seine Chronik 1927 und schreibt erst 1955 zu Ende und auch Ruodlieb schreibt das Manuskript 1517, die Ereignisse haben sich aber 1464 abgespielt. Jeder der Texte ist also in einem zeitlichen Rückblick entstanden und somit schon durch den Autor interpretiert.


    Sicherlich sind euch auch die Namen aufgefallen: Heimo (Spitzname von Heimito), Ruodlieb (der erste fiktionale Roman des Mittelalters), Oswald (von Wolkenstein ?)



    Stangeler sieht den Namen als Kryptogramm.


    Das verstehe ich auch nicht so ganz, denn unter Kryptogramm versteht man doch eigentlich ein Rätsel, bei dem die Buchstaben Zahlenwerte enthalten ?



    Die beiden letzten Kapitel des zweiten Buches zeigen uns zwei verwandelte Hauptpersonen des Buches, René Stangeler und Geyrenhoff, der auch in der Kapitelübeschrift "Der Sturz vom Steckenpferd" anzeigt, dass er vom Hobbychronisten in seine eigene Geschichte hereingestürzt ist. Wobei auch er zunächst wieder zum Beobachter und Erschließer wird und die Zusammenhänge zwischen Quapps Abstammung und einem Betrug Levielles bei ihren Erbansprüchen immer deutlicher werden.


    Es wird hier eindeutig, dass sowohl Stangeler als auch Geyrenhoff sich von ihrer 2. Reaität verabschiedet haben und in die tatsächliche 1. Realität gelangt sind. Die Apperzeption ist geglückt. Stangeler hat nun ein Ziel, auch fühlt er sich durch die neue Arbeit sicher und selbstbestätigt. Und auch Geyrenhoff erkennt, wie falsch sich die anderen benehmen und dass er für Quapp handeln muss.


    Gerade die zwei Kapitel: Am Strom und Sturz vom Schaukelpferd haben mit sehr gut gefallen. Überhaupt mag ich Dwight Williams und die Drobila ganz gerne. An der Donau erkennt Stangeler, dass das Leben immer weiter geht und wie die äußere und innere Ordnung in Einklang zu bringen ist. Es herrschte Ordnung bei ihm. (S. 820 beck)



    Was die Ausdrücke konvex und konkav in diesem Zusammenhang bedeuten, will sich mir nicht recht erschließen. Meint er damit nur die Nasenform oder die Leibesfülle der entsprechenden Damen? Konkav und Leibesfüllle schließen einander aber doch wohl aus?


    Ich bin noch nicht soweit. Konkav für die Taille, je breiter, also konvexer Hüfte und Busen, desto konkaver die Taille ? Im übrigen, die dicken Damen, die bisher beschrieben wurden, wiegen ca. 70 kg, also Kleidergröße 38 oder 40, in meinen Augen kann man da noch nicht wirklich von Leibesfülle sprechen.


    Auf S. 696 (dtv) besucht er seine Eltern und dann Grete, allen gegenüber tritt er versöhnlicher auf, denn er will wohl nicht wie die anderen, zu denen er auch Schlaggenberg (dicke Damen), Eulenfeld (Trunksucht), Körger und die Ungarn (politisch-ökonomische Intrigen?) zählt, zum Getriebenen werden.


    Danke - Eulenfeld und Trunksucht, natürlich ! Auch wird mir Stangelers Entwicklung deutlicher, ich denke, dass auch der historische Aspekt irgendetwas damit zu tun hat. Allerdings, um vieles zu verstehen, müsste ich wohl mehrmals Die Dämonen lesen.


    Ich komme nun zum Kapitel "Dort unten" und bin nach euren Ausführungen schon sehr gespannt, was mich dort unten erwartet :breitgrins:

    Rahel könnte auch für die "Frauen" in dem Kapitel insgesamt gelten:


    -Emmy hat ihr Geheimnis gewahrt und es ist auch für sie ein erfolgreicher Abend.
    -von Trix heißt es mehrmals, dass sie alles wußte.
    -Mary sowieso, wie wir festgestellt haben. Sie ist in diesem Kapitel die Hauptfigur.


    In der Bibel heißt es "Rahel weint um ihre Kinder". Doderer lässt sie triumphieren !


    Danke - ich hatte etwas Schwierigkeiten, den Titel in Verbindung zu bringen und ihr habt das wunderbar dargelegt ! Ich denke auch, dass Mary eine Lieblingsfigur von Doderer ist, das sie eine derartig positive Energie ausstrahlt.



    "Die Falltür" zeigt die düstere Seite von Jan Herzka. Er hat sexuelle Gewaltphantasien, ausgelöst durch Madonnenfiguren die demütig sich binden und quälen lassen. Sinnigerweise hat er auch eine Gurt-Fabrik. Er sieht in Stangeler den Mann der den Schlüssel für sein Leben in den Händen hält.


    Ich denke, das sind nicht nur Phantasien, sondern ganz konkret scheint er Magdalene Güllich vergewaltigt und gefoltert zu haben.
    In Doderers Erzählung "Die Bresche" scheint das Geschehen um Herzka, Güllich und Slobedeff näher ausgeführt zu sein.


    Im Kapitel 6: Die Kavernen von Neudegg begegnen wir der Mutter von Quapp, Claire Charagiel, geb. von Neudegg, wenn auch nur als Bild. Aber der Ausdruck des Hohnes, der Frechheit und zugleich völiger Nichtigkeit in diesem Antlitz ... S.714 beck


    Überhaupt gibt es in diesem Kapitel einiges zu entdecken - nicht nur die Kavernen, welches mir als Bild auch besonders gefällt, sondern auch, dass Stangeler Körger, Schlaggenberg, Eulenfeld und Orkay als Wahnsinnige bezeichnet, die hierher auf die Burg zu Herzka gehören würden. Die Dämonen von Schlaggenberg und Herzka kenne ich, aber welche Dämonen könnten die anderen heimsuchen ?


    Was haltet ihr von Stangeler - warum ist er plötzlich nicht mehr so lethargisch sondern hat alles im Griff ? Kann es nur die konkrete Beschäftigung als Historiker sein ?


    Nun aber wird derselbe Morgen, der in der Stadt über Anne, die gleich den Mord entdecken wird und Kajetan, der einsam und verloren auf der Straße zurückbleibt, trüb und grau dämmert, an anderem Ort beschrieben, nämlich im Hochgebirge, an Leonhards Erinnerungsort. Welch ein Kontrast! Der Tagesanbruch in den Bergen mit dem Pfeifen der Murmeltiere, ein strahlender Sonnenaufgang begleitet von einem Moment absoluter Stille. Wegen solcher Passagen mag ich den Roman und verzeihe D. so manches an Trivialität und ideologischen Fehlgriffen. Das ist sprachlich unglaublich brillant und gekonnt „komponiert“! Nach dem Durchschreiten menschlicher Niederungen erlebt der Leser ein paar erhebende kosmische Momente. :sonne:


    Gontscharow, ganz lieben Dank, dass du für mich diese Szene so gut eingeordnet hast. Ich bin beeindruckt, wie du solche Szenen wiederfindest, für mich müsste dafür das Buch schon als e-book vorliegen, damit ich nachsuchen könnte !


    Und ja, diese Passagen sind großartig, eigentlich immer, wenn Doderer Naturbeschreibungen oder auch Interieurbeschrebungen verwendet um Stimmungen einzufangen, aber auch Hinweise zu geben - herrlich ! Ich finde ja auch, manchmal verliert er sich in Geschwafel oder in Hinweisen über 5 Ecken, die dann in eine Sackgasse verlaufen, aber diese Szenen fangen mich auch immer wieder ein :smile: