Beiträge von Vulkan

    @ Sandhofer
    Nur, damit es niemand in den falschen Hals bekommt: Ich finde, Aufgabe der Literatur ist es, einem neue, andere, auch unangenehme Ansichten näher zu bringen und sie (eventuell) zu verstehen. Herta Müller versucht aber nicht einmal, Handlungs- oder Sichtweisen anderer zu verstehen oder zu erklären, sondern hält alle, die nicht ihre Assoziationen haben, in diesem Buch für "naiv". (Mit diesem Wort betitelt sie pauschal alle deutschen Schriftsteller, die es wagen zu sagen "Sprache ist Heimat" ohne selbst Emigrationserfahrung zu haben, weil sie unterstellt, dass sich diese Autoren nicht mit dem Ursprung dieses Satzes beschäftigt hätten.) Und ein paar andere, ähnliche oder schlimmere Absurditäten finden sich im Verlauf des Buches, einschließlich der Bemerkung, die Kinder in einem Kindergarten, in dem sie kurz arbeitete, würden sich nach Prügel als der einzigen Aufmerksamkeit, die sie bekommen und durch die sie sich spüren könnten, sehnen... Unreflektiert, unwidersprochen und in einer Art, dass man das Gefühl hat, die Autorin hat nicht Mitleid mit den Kindern, sondern höchstens mit sich selbst, dass sie in so einem Umfeld arbeiten soll... Und so etwas ist im 21. Jahrhundert nobelpreiswürdig? :rollen: Entschuldigt, meine Aggressionen werden durch die einhelligen positiven Würdigungen der letzten Woche vielleicht noch etwas verstärkt.


    @ Jacqui
    Ja. Oder das Komitee hat nicht so gründlich gelesen, oder...
    Aber ärgern tut es mich trotzdem.


    @ Lauterbach
    Mir fällt nicht mehr ein als das, was ich im ersten Absatz geschrieben habe. Wenn solche Autoren die Antwort auf Kommunismus sind oder als Überwindung totalitärer Regime gelten, bin ich wohl doch eher Kind des 20. Jahrhunderts mit Solschenizyn oder selbst Schalamow. (Wobei ich ersteren noch mehr schätze.)
    Muss ich Dietrich Perler kennen?


    Zur Schreibwerkstatt: Ist ja nichts Neues, daß Künstler ziemlich eigenwillig und ungnädig sein können. Mich überrascht das gar nicht, na ja, man hat eben nicht umsonst Arno Schmidt gelesen. :breitgrins:


    Ich habe keine fiktionalen Texte von Herta Müller gelesen und kann somit ihre literarische Qualität nicht einschätzen. Ich habe lediglich "Der König verneigt sich und tötet" gelesen und mich maßlos geärgert.
    Ohne Frage kann sie mit Sprache umgehen, ihre Reflexionen über Begriffe können durchaus spannend sein. Und nun das große Aber: Ich habe noch nie jemanden gelesen, der so starr und so einseitig seine Wahrnehmung als die einzig richtige dargestellt hat. Nicht nur, dass das ihre sprachlichen Reflexionen über Begriffe (deren Wahrnehmung eben von individuellen Erfahrungen abhängt) ad absurdum führt, ihre unhinterfragten Ansichten sind teilweise dermaßen selbstgerecht bis grausam, dass ich es nur schwer ertragen konnte. Mag sein, dass ihre fiktionalen Texte diese charakterliche Eigenart von ihr besser kaschieren, aber meine Lust auf ihre Romane ist doch sehr massiv gesunken.
    Und da der Nobelpreis nicht nur aus ästhetischen Kriterien heraus vergeben wird, sondern auch aus ideelen (so hat es zumindest Alfred Nobel verfügt), frage ich mich schon, was mir das Nobelkomitee mit dieser Preisvergabe sagen möchte.


    Schutz für das Buch. Sieht gut aus. Hilft beim Umzug.


    Hängt das nicht von der Art der Nutzung ab? Wenn ich ein Buch ständig aus dem Schuber heraushole und wieder hereinfummele, zweifele ich an der Schutzfunktion. Wenn man ständig umzieht - vielleicht. Bleibt der ästhetische Aspekt, aber der unterliegt bei mir immer den funktionalen. :zwinker:

    Von der Zeit wurde mal eine "Bibliothek der 100 Bücher" herausgegeben (von F. J. Raddatz), in die ich immer wieder gern hineingucke, weil ich die Artikel zu den 100 Klassikern zum großen Teil sehr ansprechend finde. Ich lese die Liste aber nicht ab, sondern lasse mich treiben von einem Interessencluster zum nächsten. Aber einiges habe ich aufgrund der dortigen Anregungen schon gelesen.

    Mich wundert ja, dass Ihr der zweiten Bedingung so viel Aufmerksamkeit schenkt... :zwinker:
    @ BigBen
    Warum nimmt Du die Bände der 2. Auflage nicht aus dem Pappschuber heraus, damit Du leichter herankommst? Ist das ein mir unbekannter Bücherfrevel?


    @ topic
    Mich hat die neue Ausgabe (nein, ich habe keine der vorhergehenden) sehr angesprochen, wobei mehrere Bedinungen zum Kauf nicht so richtig erfüllt waren. Gestern habe ich festgestellt, dass man mit einem Nutzerausweis der Staatsbibliothek Berlin einen "remote access" (also Zugang vom heimischen Computer) zur digitalen Variante des neue(ste)n Kindler hat. So schick die Ausgabe auch ist, mir kam es vor allem auf den Inhalt an und daher ist für mich seit gestern das Thema gestorben. Und irgendwie fallen mir auch andere sinnvolle Dinge ein, die ich mit dem Geld anstellen kann.

    @ BigBen
    Die Winkler-Ausgabe kenne ich und habe sie im Visier. Aber wenn Klassikfreund von einer "hochgelobten Gogol-Ausgabe" schreibt, muss ich die erst mal finden und begutachten, bevor ich mich entscheide - zumal ich schon die Manesse-Ausgabe mit Erzählungen habe, aber die ist nicht so vollständig. Ein Beweis dafür, dass auch ich Fehler in der Ausgaben-Wahl mache. :breitgrins:


    Hallo,
    ja im Prinzip müsste man sich schon jeweils die beste Werkausgabe des jeweiligen Autors besorgen. Da habe ich allerdings das Problem, dass ich von den 5..20 Bänden jeweils nur 1/3 lesen werden / möchte. Der Rest sind Briefe, Tagebücher oder Lyrikbände. Für eine vollständige Bibliothek ist dies sicherlich nicht schlecht, aber für einen Lesenden reichen doch die wichtigsten Bücher des Autors aus. Dies machen eben die Klassikerverlage, mehr oder weniger gut.


    Naja, das kommt auf den Leser an. Ich bin sicher kein Tolstoi-Experte, aber ich fand es extrem angenehm, sämtliche Tagebücher und Briefe zu haben. Ich habe während und nach meiner "Krieg und Frieden"- und "Anna Karenina"-Lektüre da viel reingelesen. Natürlich lese ich dann nicht jede Seite, aber es gibt schon einen guten Einblick in das Leben von Tolstoi und die Werkentstehung. Auch die Volkserzählungen und sein Engagement hinsichtlich einer Fibel fand ich spannend.
    Nötig ist das sicher nicht, aber ich glaube, hier im Forum gibt es eben so einige "Freaks", die Werkausgaben wirklich nutzen.


    Natürlich kauft man nicht als erstes eine Werkausgabe, wenn man den Schriftsteller noch nie gelesen hat. Werkausgaben kauft man in der Regel von Autoren, die man bereits kennt und für die man sich so interessiert, dass man möglichst viel von ihnen parat haben möchte.


    Zu Deiner Frage kann ich nur nochmal sagen: Gerade wenn Du als Leser die Ausgabenfrage lösen willst, wirst Du um unterschiedliche Ausgaben nicht herum kommen. Entweder, weil nicht jeder Verlag alle Autoren hat, die Du suchst, oder weil Du vielleicht doch mit der Zeit die Unterschiede zwischen verschiedenen Übersetzungen merkst und eine billige TB-Ausgabe mit guter Übersetzung einer teuren Schmuckausgabe mit schlechterer Übersetzung vorziehst. Ich entscheide bei jedem neuen Buch neu, von welchem Verlag ich es möchte - ich gebe zu, der Entscheidungsprozess dauert manchmal und im schlimmsten Fall irrt man in der Auswahl.
    Außerdem, ganz im Ernst - die meisten begeisterten Leser sind eher befremdet, wenn sie ein Bücherregal sehen, in dem sich nur ein Verlag befindet. Es geht doch noch immer eher um den Inhalt als um die äußere Aufmachung, oder? Oder bin ich jetzt ein allzu protestantisch geprägter Atheist?

    Ich kann Klassikfreund nur zustimmen: Wenn es einem auf gut übersetzte und gemachte Ausgaben ankommt, man also als Leser an die Frage der Ausgaben-Auswahl herangeht, wird es nicht bei den drei von Dir genannten Ausgaben (Meiner, Tusculum, Winkler) bleiben, auch wenn ich alle drei Verlage durchaus schätze und auch von jedem einige oder mehrere Bände habe.


    Wenn man als Ästhet und nicht als Leser an die Frage herangeht (oder sehr sicher im Französischen ist :zwinker:), würde ich die französische "Bibliothèque de la Pléiade" des Gallimard-Verlags empfehlen.


    Ich selbst mixe bunt - wir haben Werkausgaben der großen Russen und Franzosen und einiger Deutscher in leinengebunden Bänden von DDR-Verlagen. Ich habe Kafka, Zweig und Proust in TB-Ausgaben. Th. Mann kommt in der gebundenen GFKA des Fischerverlags langsam dazu. Kleinere Lücken (einzelne Romane) werden mit Manesse, Winkler oder TB-Ausgaben aufgefüllt, je nachdem wie wichtig einem der Autor/Roman ist und wo es die beste Übersetzung /Ausgabe gibt. Aber ich gehe auch als Leser an meine Büchersammlung heran - bibliophile Anwandlungen habe ich eher selten.

    Lermontow und Gonscharow wären auch die einzigen, die mir noch eingefallenwären. Die neuere russische Literatur beginnt ja erst mit dem 19. Jahrhundert. (Bitte korrigiert mich, falls ich mich irre.) Wenn Dich das 20. Jahrhundert nicht reizt, fällt mir auch nichts weiteres ein.
    Wenn Du mit Solschenizyn nichts anfangen kannst, versuchst Du es vielleicht mal mit Aitmatow - auch wenn es ein Kirgise war, der allerdings weitgehend russisch geschrieben hat. Ich habe Djamila, Abschied von Gülsary und den Weißen Dampfer zwar im Regal zu stehen, aber noch nicht gelesen, so dass ich Dir keine weiteren Tipps geben kann. Bulgakows "Meister und Margarita" steht hier auch noch herum, entstammt aber auch dem 20. Jahrhundert.


    "Krieg und Frieden" und "Schuld und Sühne" sind sicher nicht ohne Grund so bekannt - wenn man an andere Bücher diesen Maßstab anlegt, wird man wahrscheinlich enttäuscht werden. Ich fand kleinere Formate wie Solschenizyns "Iwan Denissowitsch" oder Turgenjews Erzählungen trotzdem sehr schön - auch wenn sie sicher nicht mit dem Epos "Krieg und Frieden" zu vergleichen sind.


    ...hmm - Unterhaltung ist das denkbar letzte Kriterium, warum ich lese; ich möchte mein Wissen erweitern, die Welt besser verstehen - ein Grund, warum ich auch mehr Philosophie als Literatur lese und an Literatur halt andere Ansprüche stelle (es reicht mir z.B. nicht, wenn Literatur die Welt nur abbildet, wie sie ist )...


    Die Unterhaltung war eines von mehreren Kriterien, die ich genannt habe. Warum ich Unterhaltung für wichtig halte, wurde schon von mombour erklärt. (Danke :smile:) Es gibt genug Bücher, die allen von mir genannten Kritierien genügen. Warum also sollte ich auf den Unterhaltungswert verzichten und mich statt dessen langweilen? Denn genau das ist für mich die Abwesenheit von Unterhaltung: Langeweile. Übrigens finde ich auch so manche Philosophen und politische Denker durchaus unterhaltsam. Manche verstehen unter Unterhaltung Zerstreuung, aber das ist meines Erachtens etwas anderes.
    Ich finde es übrigens durchaus sympathisch von Schriftstellern, dass sie Unterhaltung nicht als etwas negatives empfinden, sondern als Voraussetzung für ihre Rezeption. In der E-Musik sieht das ja teilweise etwas anders aus. :rollen:
    Ob nun die Philosophie die Welt besser erklärt als die Literatur, mag ich bezweifeln. Es sind unterschiedliche Herangehensweisen, unterschiedliche Aspekte, auf die man seinen Schwerpunkt legt. Ich interessiere mich sehr für politische Ideengeschichte, aber ich glaube, dass ich die Vielfalt menschlichen Handelns, Denkens und Fühlens eher durch Schriftsteller kennengelernt habe als durch politische Denker und Philosophen. Aber das ist vielleicht auch sehr von Persönlichkeit, Interessen, Alter, etc. abhängig.

    Um noch mal zur Ausgangsfrage zurückzukommen:
    Ich glaube schon, dass HP zu einem Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur werden wird. Die Zeit, in der ich Jugendliteratur gelesen habe, ist schon ein bisschen her, aber nach dem, was ich da in Erinnerung habe, sticht HP schon hervor. Die Charaktere sind eben nicht aalglatt, nicht nur böse oder gut, sie zeigen eine Entwicklung und auch die Sprache Rowlings finde ich für Jugendliteratur nicht so schlecht.
    HdR kann ich leider nicht einschätzen, weil ich - bekennender Fantasymuffel - zwar mal versucht habe, mich reinzulesen, aber kläglich gescheitert bin. Das ist aber explizit kein Urteil über die Qualität von Tolkiens Büchern. Ich würde Fantasy prinzipiell nicht literarische Qualitäten absprechen: Literatur hat für mich die Aufgabe, den Leser zu unterhalten, ihm neue oder ungewöhnliche Gedanken oder Emotionen darzustellen, ihn intellektuell und/oder emotional zu bereichern. Zudem kann es ein rein ästhetisches Vergnügen sein, das sich über Sprache vermittelt. Ich sehe nicht, dass der Inhalt der Geschichte, die Rahmenhandlung da so sehr bedeutend ist. Zumindest habe ich in den letzten Jahren gut daran getan, mich eben nicht mehr allzu sehr vom Inhalt im Sinne des Klappentextes abhängig zu machen - denn der sagt über die literarische Qualität eines Buches nun sehr wenig aus.

    Ich lese momentan Solschenizyns "Archipel Gulag", bin deprimiert, habe ständig Alpträume und weiß nicht, wie ich die restlichen 2 1/2 Bände durchstehen soll. Aber ich schätze Solschenizyn sehr und finde eindrucksvoll, wie er über Ursprung, Wirkung und Folgen des Stalinismus reflektiert.

    Hallo Zapatoo,


    herzlich willkommen und viel Spaß wünsche ich Dir hier.


    Ich muss mich jetzt erst mal auf die Suche nach "russischem Symbolismus" machen - sagt mir leider gar nichts. Ich hatte 2008 mein "russisches Jahr mit 3 Tolstoi-Romanen und einigen Erzählungen von Puschkin, Turgenjew, Gogol. Aber über Sologub und Bely bin ich noch nicht gestolpert.
    (Nach getaner Amazon- und Wiki-Recherche: Was kannst Du mir empfehlen? "Petersburg" und "Der kleine Dämon"? Oder etwas anderes?)


    Viele Grüße
    Vulkan

    Die Geschwister Oppermann habe ich vor einem Jahr gelesen und kann mich an keine Schrankszene erinnern. Meine "Exil"-Lektüre ist schon etwas länger her, zumal ich die meines Wissens nicht bis zu Ende gelesen habe - auch da kann ich mich nicht an die von Dir beschriebene Szene erinnern, halte sie aber für eher möglich. Also ich würde eher in "Exil" suchen, aber vielleicht hat ja noch jemand anderes hier mehr und bessere Erinnerung?

    Diesen Masochismus habe ich auch nicht. :smile:
    Entweder ein Buch gefällt mir, hat aber hin und wieder Exkurse, die ich gerade weniger spannend finde, dann überspringe ich die Seiten mit sehr schnellem diagonalen Querlesen. Oder ein Buch hat nur langweilige "Exkurse", dann breche ich es ab.
    "Krieg und Frieden" fand ich zum Beispiel hervorragend, aber die Schlachtbeschreibungen fand ich öde. Also habe ich diese zu großen Teilen nur überflogen. Das Gemeine von Tolstoi ist nämlich, dass er an diesen Stellen die zwei(?) phantastischen Monologe von Andrei und Nikolai einflechtet, und die fand ich wiederum grandios. Auch seine Anspielungen auf die Kriegstheorie von Clausewitz hätte ich ungern verpasst. Man muss also schon sehr vorsichtig sein mit dem Querlesen, damit man nichts verpasst. :zwinker:
    Aber ein schlechtes Gewissen gegenüber Tolstoi habe ich nicht. Ich sehe es als Recht jedes Lesers an, über bestimmte Stellen hinwegzulesen, wenn man damit das Buch als ganzes für sich "rettet". Und "Krieg und Frieden" würde ich trotz einiger überlesener Seiten auf die ganz, ganz vordern Plätze meiner Lieblingsbücher setzen.


    Ich interpretiere das so, dass einige literarische Werke für sie eine existentielle Bedeutung haben, quasi lebensbegleitend sind, und das bringt mich auf die Idee euch Forenmitwirkende zu fragen, ob es auch für euch auch Bücher gibt, die für euere Existenz oder Entwicklung wenigstens zeitweise bedeutsam waren oder noch sind.


    Eine wirklich spannende Frage!
    Für mich gibt es zwei Kategorien von Büchern: Erstens Bücher, die man immer wieder liest, durch die man auf völlig neue Themenkomplexe oder neue Autoren aufmerksam wird, die vielleicht auch wirklich reale Entscheidungen des Lebens mitbeeinflusst haben.
    Für mich waren Sophokles, Thukydides und Aristoteles ohne Zweifel Gründe, Alte Geschichte zu studieren. (Ich bin dann auch immer bei den Griechen geblieben, und nur wenn es gar nicht anders ging, zu den Römern abgeschweift.)
    Während des Abiturs habe ich einige Romane von emigrierten Schriftstellern gelesen (Familie Mann, Feuchtwanger, Zweig). In meiner Promotion habe ich einige dieser Autoren wiedergetroffen, und das war kein geheimnisvoller Zufall.


    Ich fühle mich momentan aber noch zu jung, um "Lebensbücher" zu nennen - mein bewusstes Leseleben umfasst erst ein Jahrzehnt, kaum ein Buch habe ich seit dem doppelt gelesen.


    Aber beim Thema "Literatur und die eigene Existenz" sind es nicht solche Verbindungen von Lese- und Lebensentscheidungen, die ich relevant finde, oder an die ich zuerst denken würde, sondern die Frage, inwiefern Bücher (und hier komme ich zur zweiten Kategorie) eine Persönlichkeit formen und bilden. Allerdings ist diese Frage sehr schwer zu beantworten, weil ich kaum in der Lage bin, meine jetzige Person mit der vor 10 Jahren objektiv zu vergleichen und dazu noch aufzuschlüsseln, welche Lese- und welche Lebenserfahrungen für welche Entwicklungen entscheidend sind.


    Dennoch bin ich sicher, dass ich ohne die Bücher,die ich gelesen habe, ein anderer Mensch wäre - andere Empfindungen, Reaktionen, Gedanken und Assoziationen hätte. Gute Autoren geben einem die Möglichkeiten, Gefühle und Gedanken, die außerhalb der eigenen begrenzten Lebenswelt liegen, zu entdecken. Und wenn man das ernst nimmt, kann man durchaus klüger, weiser, toleranter und "multikultereller" werden. Diese Wahrnehmung, dass mich Bücher direkt und unmittelbar beeinflussen und verändern, habe ich allerdings auch erst in den letzten Jahren gemacht. Vielleicht auch, weil man als Teenager ohnehin soviel verschiedenen Einflüssen ausgesetzt ist, dass man zwischen diesen kaum unterscheiden kann.

    Hallo Ihr,


    ich bin schon seit einer Weile stille Mitleserin bei Euch und habe jetzt entschieden, mich bei Euch anzumelden, weil einige Themen bei Euch einfach zu spannend sind, als immer nur passiver Leser zu sein... :smile:


    Einige kennen mich vielleicht schon aus dem Literaturschock-Forum von nimue.


    Meinen Einstieg in die "seriöse" Erwachsenenliteratur fand ich vor einem Jahrzehnt mit den deutschsprachigen Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Hesse, Zweig, Mann-Familie, Feuchtwanger). Das ist bisher das einzige "Cluster", das sich gebildet hat. Stifter mag ich ganz gern, Kleist, Lessing und Jean Paul stehen für das nächste Jahr auf meiner Leseliste (die allerdings häufig abgeändert wird.) Ansonsten lese ich sehr viel querbeet: russische Romane des 19. Jahrhunderts, Solschenizyn, ein paar moderne Amerikaner, Japaner, Deutsche. Franzosen sind für mich noch sehr unbekannt - bis auf ein kurzes Intermezzo mit Proust, Beauvoir, Sartre und Camus, aber das kann ja noch werden...
    Insgesamt bin ich kein Vielleser, aber ein Leser, der sich (hoffentlich) sehr bewusst die Bücher aussucht, mit denen er seine Zeit verbringt.



    Studiert habe ich Geschichte und Politik - deswegen finde ich Eure Leserunden zu Klassikern der Geschichtsschreibung und Politiktheorie auch ziemlich spannend.


    So, ich hoffe, Ihr habt einen Eindruck bekommen, mit wem Ihr es lesetechnisch zu tun habt. :winken:


    Viele Grüße und ein schönes Weihnachten wünscht Euch
    Vulkan