Beiträge von xenophanes


    Beim Lesen des Artikels der Welt wunderte ich mich, was "stromlinienförmig" heissen mag. Ist alles, was Erfolg hat oder Erfolg und eine Zielgruppe haben kann stromlinienförmig? Ich denke doch nicht. Dass 2001 "schon immer" stromlinienförmig gewesen sei halte ich also für Quatsch, für Springer-Presse-Quatsch.


    Hängt wohl stark vom "Strom" ab, in dem man schwimmt :zwinker:



    CK

    Hallo!



    Klar ist der Bachelor auch etwas wert, aber ich würde doch so gerne noch viel mehr wissen :zwinker: Und schätzungsweise gibt es schon einen ziemlichen Unterschied zwischen 3 Jahren und 5-6 Jahren, oder?


    Da gibt es einen großen Unterschied. Bachelor bedeutet man absolviert das Grundstudium. D.h. man erhält etwas Überblick über den Gegenstand und eine Einführung in einige wichtige Methoden. Ansatzweise wissenschaftliche Arbeiten inklusive Spezialisierung findet erst im Hauptstudium statt (also irgendwo zwischen Bachelor und Master). Die Abschlussarbeit zeigt dann, ob man das gelernt hat. Eigenständiges Forschen wiederum steht dann erst mit einem Doktoratsstudium auf dem Programm.


    Betreibt man ein Literaturstudium ernsthaft muss man hunderte von Büchern lesen, das ist in drei Jahren zeitlich schon gar nicht zu schaffen.


    CK


    Astrid: Ich bin froh über meine Studienfachwahl.


    Würde es auch sofort wieder studieren. Bin aber dankbar für die Philosophie als zweites Hauptfach. Dort habe ich methodisch / wissenschaftlich denken gelernt, nicht während des Germanistik-Studiums.


    Ein paar Studenten finden sich immer, die Literatur wirklich gerne haben. Ich habe während des Studiums bis zu 150 Bücher im Jahr gelesen.


    CK

    Mein Favorit wäre aber: Krieg und Frieden von Tolstoi. :breitgrins: Keine Ahnung warum aber ich habe mich irgendwie in dieses Buch verliebt.


    Also ich fand die vielen Exkurse immer unpassend, weshalb ich "Anne Karenina" bevorzuge. Was aber nicht heißen soll, dass es kein KuF kein tolles Buch ist.


    CK


    Und wenn sie auch wirklich lesen! - Hörte vor kurzem einen Germanistik-Professor klagen, moderne StudentINNen würden nicht mehr lesen wollen. - Vielleicht noch knapp die vorgeschriebene Lektüre, aber kein Quäntchen mehr und voraussetzen könne man nichts mehr... - Ob das früher anders war, kann ich nicht beurteilen, aber er behauptete es zumindest...


    Das höre ich auch ständig. Als ich letztes Semester als Literaturtheoretiker als Gast in ein Seminar eingeladen wurde, hielt sich das Verständnis der Studenten (um es höflich zu sagen) sehr in Grenzen.


    CK


    [Aber Idioten (wenns wenigstens Fachidioten wären, die sind ja u.U. noch nett und unterhaltsam!), Sadisten, Schickanierer, Leute mit Verfolgungswahn und psychischen Defekten und erschreckenden Lücken in der Allgemeinbildung sind eben schlimmer, wenn sie lehren als wenn sie lernen.


    Mag sein, dass es solche gibt. Mit denen bin ich aber naturgemäß nicht befreundet :zwinker:



    CK


    Mein Tip: Wenn Du nicht auf Lehramt studieren willst, was ich sehr symphatisch fände, studier kurz rein, geniesse die Zeit, sei schockiert, was da für Idioten an der Uni lehren dürfen und kratz rechtzeitig die Kurve, um etwas vernünftiges zu lernen...


    Mir erzählen Uni-Germanisten immer, welche Idioten immer öfters Germanistik studieren. Die Verachtung ist also offenbar inzwischen gegenseitig :breitgrins:


    CK

    Hallo!



    Im Moment fällt mir eigentlich nur der Lehrberuf, als sicheres Metier, ein.
    Es wird aber doch bestimmt noch mehr Mäglichkeiten geben;
    kann mich da mal jemand informieren?


    Dürfen auch Germanisten antworten, die nicht mehr studieren? :smile:


    Wie bei allen geisteswissenschaftlichen Berufen gibt es eine Menge Möglichkeiten, aber jeweils nur eine Handvoll Stellen:


    Schule, Universität, Bibliotheken, Kulturmanagement, (Kultur)journalismus, Erwachsenenbildung, Verlagswesen, (Online-)Redakteur, Wissenschaftsmanagement u.ä.


    Manche (wie mich) verschlägt es sogar in klassische Wirtschaftsberufe als Brotberuf.


    CK

    Hallo!



    Deine minimalistischen Posts haben zwar einen gewissen postmodernen Charme (inclusive Hypertextualität :breitgrins:), aber ich habe nicht Philosophie studiert. Was sind denn die Kriterien, denen eine Theorie deiner Meinung nach standhalten muss?


    Sobald ich mehr Zeit habe, werde ich mich ausführlicher äußern. Im Moment ist es besonders eng (habe u.a. zwei Abende pro Woche durch Sprachkurs blockiert).


    Allerdings kann ich mich hier ohnehin nicht in dem Detailgrad verbreiten wie in meiner Diplomarbeit und Diss. zum Thema. Da wird das ja ausführlich aufgedröselt :smile:


    CK

    Hallo!



    Euer beider Theoriefeindlichkeit teile ich nicht, wenn ich auch mit dir, scheichsbeutel, konform gehe, dass ein interessanter Textzugriff auch ohne eine übermäßige theoretische Beschlagenheit gelingen kann. Im Weg ist mir Theorie aber noch nie gestanden.


    Ich bin im Gegensatz ein großer Theorienliebhaber. Allerdings bestreite ich, dass es sich bei vielen postmodernen Ergüssen um "Theorien" handelt. Da gibt es in Logik und Wissenschaftstheorie doch relativ strenge Kriterien :-)


    CK

    Hallo!


    Ich schrieb Ende letzten Jahres zu dem Buch:


    Josephus Flavius: Der Jüdische Krieg
    (Goldmann Klassiker)


    Bevor ich in sechs Wochen nach Israel aufbreche, wollte ich die wichtigste antike Quelle zur Region (neben der Bibel) nicht länger ungelesen im Bücherregal verstauben lassen. Josephus schildert auf knapp 600 Seiten die Geschichte Palästinas von ca. 180 vor bis 70 nach unserer Zeitrechnung. Wenn man kein Kenner dieser Periode ist, empfiehlt es sich aufgrund der Vielzahl von involvierten Personen, entsprechende Nachschlagewerke parallel zu verwenden. In meinem Fall erfüllten der Große Ploetz sowie einschlägige Artikel aus der Britannice (etwa "Palestine") diesen Zweck ausgezeichnet.
    Josephus war nun kein unbeteiligter Büchermensch, der in Rom sitzend seine Geschichte schrieb. Er war Feldherr des Aufstands auf jüdischer Seite bis er in der Mitte der Auseinandersetzung von den Römern gefangen genommen wurde und sich dann mit den involvierten römischen Persönlichkeiten befreundete. Er beobachtete den restlichen Kriegsverlauf also von römischer Seite aus. Später würde er römischer Hofhistoriker und verfasste das einflussreiche Geschichtswerk von dem hier die Rede ist. Es versteht sich, dass er die Römer deshalb sehr wohlwollend beurteilt. Jedoch keineswegs in einem oberflächlichen "propagandistischen" Sinn. So beschreibt er sehr genau zahlreiche militärische Fehler, die der römischen Kriegsmaschinerie unterlaufen. Er beschreibt die Römer und vor allem den Feldherrn Titus als (nach antiken Maßstäben gemessen) humane Charaktere. Die Härte des Krieges und die katastrophale Vernichtung des weltberühmten Tempels wird auf jüdische Zwistigkeiten zurückgeführt. Tatsächlich herrschten zwischen diversen jüdischen Fraktionen bürgerkriegsähnliche Zustände, vor allem in Jerusalem vor und während der römischen Belagerung.
    Josephus beschreibt die Grausamkeit des antiken Kriegswesens mit beeindruckender Anschaulichkeit. Das fängt bei der verheerenden Wirkung hellenistischer Waffentechnik an (etwa Steinkatapulte die bei einem Treffer gruppenweise Menschen töten) und hört bei dem brutalen Umgang mit der Zivilbevölkerung nicht auf. Bekanntlich pflegte man damals nach der Eroberung einer Stadt oft alle männlichen Bewohner zu töten und die übrigen als Sklaven zu verkaufen. Man lernt viel über antike Kriegstechnik, speziell was Belagerungen angeht.
    Josephus war der Sohn einer einflussreichen jüdischen Familie und schrieb die erste Fassung seines Buches auf Aramäisch. Eine Übersetzung ins Griechische folgte erst später. Wie nahe er der jüdische Kultur und Religion steht, wird immer wieder deutlich. Er neigt deshalb auch zu "unhistorischen" Erklärungsmustern, etwa wenn er das Unglück der Juden durch Vernachlässigung ihrer religiösen Pflichten begründet.
    Wer mit anthropologischem Interesse liest, wird ebenfalls nicht enttäuscht werden. Viel erfährt man beispielsweise über religiöse Psychologie. Nimmt man etwa eine Szene, wo eine Gruppe junger Fanatiker aus religiösen Gründen ein römisches Herrschaftssymbol zerstört, könnte deren Rechtfertigung direkt aus dem Mund eines Selbstmordattentäters unserer Tage kommen. Herodes verhört sie:



    Dessen erste Frage lautete, ob sie sich wirklich erkühnt hätten, den goldenen Adler zu zerschmettern, was sie ohne weiteres zugaben. Als der König anschließend wissen wollte, wer ihnen den Befehl dazu erteilt hätte, antworteten sie: "Das Gesetz der Väter." Und auf die weitere Frage, warum sie so fröhlich gestimmt seien, wo doch der Tod auf sie warte, erwiderten sie, nach dem Tod kämen sie nur in den Genuß eines großen Glücks.
    [S. 146f.]


    Im Vergleich mit Thukydides "Peloponnesischen Krieg" fehlt Josephus eine vergleichbare intellektuelle Brillanz. Trotzdem empfehle ich uneingeschränkt die Lektüre, auch ohne Israelreise als konkreten Anlass.