Liebe Mitgefangene, hätte ich beinahe gesagt, da ich annehme, dass der Roman euch genauso wie mich gefangen genommen hat,
Erst ein Wort zu Madeleine:
Angst und Schrecken muss der Fürst gar nicht erst verbreiten. Das ist wie bei einem leibhaftigen Leoparden, wir fürchten ihn einfach deshalb, weil er das ist, was er ist. Ebenso reagieren die Kinder des Fürsten, seine Dienerschaft, seine Frau, sobald er sich nähert. Sie unterbrechen ihre Tätigkeiten, zollen ihm Respekt und schauen zu ihm auf. Von seinem Sohn Paolo heißt es im ersten Kapitel "er hatte allen Mut zusammengenommen und wünschte ihn zu sprechen." Vom Essen wird berichtet: "Während man schweigend aß, blickten des Fürsten blaue, unter den halbgeschlossenen Lidern etwas verengte Augen die Kinder, eines um das andere, scharf an und ließen sie dadurch vor Furcht endgültig verstummen." Das er, während er sie anschaut, denkt, "alles schöne Kinder", wissen sie nicht und es würde an ihrer Haltung auch nichts ändern. Seine Tochter Concetta wagt es nicht, direkt mit ihm zu sprechen, wenn um ihre Gefühle zu Tancredi geht. Man könnte noch viele Beispiele anführen. Der Fürst ist eben nicht nur, wie er selbst es allen Sizilianern zuschreibt, ein Gott, sondern Gottvater Zeus.
"Die großen Herren waren zurückhaltend und schwer zu durchschauen, die Bauern deutlich und klar; doch der Teufel wickelte beide gleicherweise um den kleinen Finger." Ein wichtiger Satz, ein Gedanke, der vieles relativiert, in diesem enormen Totentanz, den Lampedusa da vor uns entwirft.
Doch inzwischen bin ich am "Ende von allem" angekommen und bin bewegt von diesem düsteren, traurigen "Endspiel". Ich fühle mich an Virginia Woolf erinnert, die Liebe zu Stendhal ist unverkennbar. Bei Virginia Woolf ist es auch so, das Menschen dir in ihrer ganzen Lebendigkeit vor Augen gebracht werden, von denen es im nächsten Kapitel dann nur noch lapidar heißt, sie seien vor Jahren verstorben, wie es hier mit der Fürstin, mit Pater Pirrone und Tancredi passiert.
Wirklich ein meisterliches, tief empfundenes und eindrucksvolles Werk!
Doch jetzt werde ich erst einmal eure Kommentare lesen, dazu bin ich leider noch gar nicht gekommen.
Viele Grüße von der Leserin