Beiträge von Leserin

    Elfriede Jelinek gehört zu den ganz Großen, ist absolut unverzichtbar. Es gibt außer ihr kaum nennenswerte Autorinnen der Gegenwart, schon gar nicht im deutschsprachigen Raum. Sie ist die legitime Nachfahrin von Thomas Bernhard. Sie sagt, wie es ist. Sprachgewaltig, klug, mutig und verzweifelt, besitzt sie alle Eigenschaften, die ein Schriftsteller braucht, damit wir ihn brauchen. Möge ihre Stimme noch lange und laut ertönen.
    Gruß von der (Jelinek-)Leserin

    Hallo Sandhofer,
    Da stimme ich dir wirklich zu. Wie soll ich den Rat oder die Empfehlung eines Menschen annehmen, den ich nicht kenne? Das scheint mir aber auch den Reiz dieses Forums auszumachen, sich mit Fremden über das Vertrauteste (die Literatur) auszutauschen. Viele Beiträge in diesem Ordner schienen mir darauf hinzuweisen, dass ihr euch um dieses Buch herumdrücken wollt. Deshalb mein dringlicher Appell, es zu lesen.
    Gruß von der Leserin

    Was ihr alle gegen Paul Auster habt, verstehe ich nicht. Ich schätze seine Bücher, auch "Stadt aus Glas", in dem man erleben kann, wie jemand verloren geht, dann "Die Musik des Zufalls", wo es auch um das Verlorengehen geht und schließlich und vor allem "Die Erfindung der Einsamkeit", eine einfühlsame Auseinandersetzung mit dem Vater, der der Welt und sich selbst verloren gegangen ist. Auster hat Bücher geschrieben, die mir nicht ganz so gut gefallen, "Mr. Vertigo", "Das Buch der Illusionen" und "Die Nacht des Orakels". Doch das tut meiner Meinung über ihn keinen Abbruch. Ich erwarte in Zukunft noch viele literarische Wunder von ihm.
    Viele Grüße
    Die Leserin

    An dieser Leserunde würde ich mich gerne beteiligen, kann allerdings nicht sagen, wieviel Zeit ich erübrigen kann. Die "Leviathan"-Runde hätte mich auch interessiert, konnte es aber zeitlich nicht rechtzeitig einrichten. Für mich ist es ein interessantes Experiment, eine neue Lektüreerfahrung, auf diese Weise mit anderen ein Buch zu lesen, das möchte ich einmal ausprobieren.
    Viele Grüße
    Die Leserin

    Thomas Bernhard hat zu meiner Menschwerdung beigetragen, ohne die Lektüre seiner Bücher könnte ich mir mein Leben nicht vorstellen. Er war mein Lehrmeister, bleibt mein Leitstern.
    Die Leserin

    Ach, heftig würde ich das nicht nennen. Ich finde mich eher zurückhaltend. Was ich hier im Forum alles so zu lese bekomme, vieles davon würde, wenn ich mir freien Lauf ließe, wirklich heftige Reaktionen bei mir hervorrufen. Aber ich zähme mich, denn wenn das Gegenüber bei einer Auseinandersetzung anonym bleibt, ist eine Verständigung und die Einordnung des Geschriebenen sehr viel schwerer. Aber grundsätzlich müssen Diskussionen über Literatur engagiert geführt werden, sonst ist es ein blosses Kaffeekränzchen, was ja auch ganz nett sein kann, nur mir reicht das eben nicht. Die Literatur hat es verdient, dass wir uns für sie engagieren. Sie ist kein Unterhaltungs-Medium, kein blosser Zeitvertreib, sondern eine lebenslage Schule und Richtschnur unseres Denkens und Fühlens.
    Viele Grüße
    Die Leserin

    Mal davon abgesehen davon, dass es um die Frage des allgemeinen Zeitempfindens des 20. Jahrhunderts und wie es sich in der Literatur widerspiegelt, gehen soll, sicher ein gewaltiges Projekt für die Historiker, Kultur- und Literaturwissenschaftler der kommenden Generationen, überrascht mich euer Namens-Angebot. Remarque ist doch eher von zeitgeschichtlichem als von literarischem Interesse, Böll ist ein Irrtum der Literaturgeschichte, er hat nichts geschrieben, dass Bestand haben wird und Joseph Roth sitzt oben im Olymp neben Rilke, Kafka und Musil, überzeitlich geborgen und aufgehoben.
    Julien Green, so sehr sich mich einige seiner Bücher beeindruckt haben (er hat aber auch weniger gute geschrieben), gehört mit seiner ungesunden und unverarbeiteten Mischung aus Katholizismus und Homosexualität überhaupt nicht in den Kreis der hier gesuchten Kandidaten.
    Sandhofers Beitrag hat mich schwer befremdet, sowohl inhaltlich als auch von seiner Wortwahl.
    Das 20. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch Zäsuren. Erschütterungen des Lebens, des Sinnzusammenhangs, vor denen die Sprache, die Literatur nicht verschont geblieben ist (keiner hat das klarer erkannt als Adorno), haben die Menschen an den Abgrund geführt. Aus diesem Jahrhundert des Abgrunds ertönen, wie ein Wunder, ja als ein Wunder, die Stimmen von Paul Celan, von Samuel Beckett, von Thomas Bernhard und Imre Kertész.
    Die Leserin

    Kümmert euch doch nicht so sehr darum, was andere über dieses Buch sagen (obwohl ich Claus Peymann dankbar dafür bin, es wieder ins Gespräch gebracht zu haben, er war eben schon immer ein kluger Mann). Lest es einfach, es ist so notwendig wie das tägliche Brot.
    Die Leserin

    Danke für den Hinweis, Enigma, die Diskussion im "Literaturschock" ist wirklich interessant und fachkundig.
    Apropos, kann mir jemand von euch, der in beiden Foren angemeldet ist, sagen, warum dies sinnvoll ist? Was unterscheidet sie von einander? Ich habe den Eindruck, dort wird oft viel leidenschaftlicher, engagierter diskutiert, andererseits werden da aber so viele schreckliche Bücher konsumiert. Ich würde gerne eure Meinung dazu hören.
    Grüße von der Leserin

    Mich entsetzt die Ablehnung Goethes und ich könnte euch Abhandlungen über die Schönheit des "Werther" und über die wundervollen, klugen, anrührenden, einfühlsamen "Wahlverwandtschaften" schreiben. Aber was soll`s? Was soll dieses Top und Flop-Getue? Es sagt doch viel mehr über jeden von uns aus, über unsere Vorlieben, unseren Unverstand, unsere Ignoranz, als über die alten Meister, wenn wir hier Lob und Tadel verteilen. Und Reich-Ranicki ist doch nun wirklich kein Vorbild in Sachen guter Geschmack oder Sachverstand. Er schätzt Brecht (nichts gegen Brecht) höher als Hölderlin, von Musil und Celan hält er nicht viel, Raabe gehört für ihn zum alten Eisen. Sicher, er hat auch seine Verdienste, aber kann so jemand ein Maßstab sein?
    Ich gebe zu, es fällt mir schwer, Menschen, die sich mit Literatur beschäftigen, ernst zu nehmen, wenn sie sagen, dass sie von Goethe, Dante, Homer, Thomas Mann (und weiss der Himmel, was da sonst noch für grausige Enthüllungen lauern), nichts halten. Denn ich lebe nach dem Motto: Ich lese, also bin ich und du bist, was du liest.
    Aber sei`s drum, hier kommt mein Outing: Ich halte von Karl May, Uwe Jonhson, von der ganzen Gruppe 47 und von Arno Schmidt (nur seine Poe-Übersetzungen sind grandios) nichts. Nach vielen Anläufen ist es mir irgendwann gelungen einen Roman von Jane Austen (Sinn und Sinnlichkeit) zu lesen. Ich fand ihn recht nett und amüsant, aber ehrlich gesagt auch ziemlich langweilig. Mal sehen, wann ich wieder etwas von ihr probiere. Den "Ullyses" müsste ich eigentlich wieder mal lesen, denn die erste Lektüre liegt ewig zurück und war für mich keine Offenbarung. Hesse ist der größte Kitsch.
    Diese Einschätzungen sind natürlich subjektiv (nur bei der Gruppe 47 sind sie zugleich auch politisch) und haben damit zu tun, dass ich beim Lesen auf existentielle Erschütterungen warte. Ich glaube, es gibt die Schmidt-Menschen und die Bernhard-Menschen, zu den letzteren gehöre ich.
    Viele Grüße
    Die Leserin

    Ich habe mich im Forum schon zu Pascal Mercier/Peter Bieri geäußert (im Zusammenhang mit der Debatte um Umberto Eco, den ich weitaus mehr schätze). Mercier/Bieri ist für mich sowohl ein überschätzter Schriftsteller als auch ein überschätzter Philosoph. Seine Belletristik ist philosophisch überfrachtet, ohne dadurch an Tiefe zu gewinnen, seine philosophischen Bücher ("Das Handwerk der Freiheit") zielen auf eine populärwissenschaftlich interessierte Leserschaft. Auf beiden Gebieten vermag er nicht zu überzeugen. Zu seinen literarischen Vorbildern gehört Iris Murdoch, die in ihren Romanen ebenfalls Literatur und Philosophie auf nicht eben sehr geglückte Weise, aber doch sehr viel besser als Mercier, vermischt hat. Am besten gefällt mir noch sein Roman "Perlmanns Schweigen", er ist originell, witzig und spannend. Die anderen Bücher hätte er sich ruhig sparen können. Seine Sprache ist hölzern, seine Dialoge verkrampft, ihm fehlen Erzählfluß und Atem.
    Jetzt zu der Frage, warum mir "Nachtzug nach Lissabon" nicht gefällt. Hierzu eine kleine Demonstration, ein Experiment. Man nehme die bei btb erschienene Taschenbuchausgabe zur Hand und schlage eine beliebige Seite im ersten Drittel des Buches auf: "Er spürte wie enttäuscht er wäre und wie mutlos er würde, wenn er dem melancholischen Mann, der die portugiesische Sprache neu hatte setzen wollen, weil sie in der alten Form so abgegriffen war, nicht mehr begegnen könnte." (S.88)
    Jetzt eine zufällige Stelle in der Mitte: "Ich war überwältigt und rieb mir in der Anfangszeit jeden Morgen die Augen." (S.258)
    Nun noch eine im letzten Drittel: "Nichts mehr vom früheren Quecksilber in seinen Adern, nichts mehr von seiner Kühnheit. Seine Lebensglut war erloschen. Er sprach davon, dass er das Leben ganz neu lernen müsse." (S.400)
    So, das sollte eigentlich reichen, ich habe nicht geschummelt. Ihr könnt das Experiment ja wiederholen. Man kann auch nichts auf die Übersetzung schieben. Hier kann einer selbst nicht schreiben. Trotzdem Hymnen in "Der Spiegel", "Die Welt", "Der Zeit". Wie ist das zu erklären? Können die alle nicht lesen? Ich vermute, die deutsche Presse will einfach nicht akzeptieren, wie schlecht es um die deutschsprachige Gegenwartsliteratur bestellt ist, darum wird auf Teufel komm raus alles gelobt, was auf Deutsch erscheint. Nach dem Motto: Ich behaupte, was ich mir wünsche. Damit tut man weder den Autoren noch den Lesern einen Gefallen.
    Viele Grüße
    Die Leserin

    Kein Buch Fontanes hat mich so bewegt wie "Irrungen, Wirrungen". Fast glaube ich, nur eine Frau kann es wirklich verstehen und nachempfinden. Umso erstaunlicher ist es, dass ein Mann dieses Buch schreiben konnte (der sich privat im Umgang mit Frauen so wenig sensibel verhielt). Sicher, ihr werdet sagen, auch Flaubert und Tolstoi haben es verstanden, über Frauen zu schreiben, und die noch Beleseneren unter euch werden mich auf Hawthorne, Henry James und Thomas Hardy verweisen, doch dann werde ich erwidern, dass ich trotzdem finde, keinem gelingt es so erstaunlich nahe an die Gefühle einer Frau heranzukommen wie Fontane.
    Was meint ihr generell, können Männer über Frauen und Frauen über Männer schreiben, ohne das Männer- und Frauenphantasien dabei herauskommen?


    Grüße von der Leserin

    Wieso soll Faulkner denn ein verwahrloster Klassiker sein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand der sich für Literatur interessiert, ihn nicht kennt und bewundert. Und noch eine andere Frage, die mich beschäftigt: Weshalb muss es eigentlich alle 8-10 Jahre Neuübersetzungen fremdsprachiger Klassiker geben? Ich verstehe ja, dass Übersetzer auch Geld verdienen und ihre Kunst unter Beweis stellen wollen, aber Goethe, Hölderlin & Co können wir uns schließlich auch nicht alle paar Jahre neu übersetzen lassen. Warum soll beispielsweise einer der vielen heutigen Shakespeare-Übersetzer näher an seine Sprache herankommen, als Schlegel/Tieck es konnten? Vor kurzem habe ich z. B. einige ältere und neuere Bronte - und Virginia Woolf -Übersetzungen miteinander verglichen und keine qualitativen Quantensprünge entdecken können. Abgesehen davon, dass nichts besser ist als das Original (obwohl es auch da Ausnahmen geben kann), sehe ich nicht ein, warum ein heutiger Übersetzer mehr von z.B Faulkner verstehen soll als einer seiner Zeitgenossen. (An meiner Diogenes -Faulkner- Ausgabe gibt es gar nichts auszusetzen). Ich weiss natürlich, wieviel von einer guten Übersetzung abhängt, aber müssen deswegen ständig neue produziert werden? Sicher verändert sich unsere Sprache ständig, das macht ihren lebendigen Prozess aus. Darum haben es viele ältere Bücher (sofern sie nicht zeitlos sind, sondern sich am Zeitgeist orientiert haben) auch so schwer, Leser zu finden, sie sind heute nur noch von historisch-musealem Interesse. Übersetzungen sollen und müssen Zugänge schaffen, doch inwieweit verzerren moderne Übersetzungen nicht auch den Blick auf klassische Texte? Es interessiert mich, eure Meinung dazu zu erfahren.


    Grüße von der Leserin

    Hallo liebe Freunde und Verteidiger des Hörbuchs,


    da habe ich wohl in ein Wespennest gestossen, wie eure Reaktionen zeigen, damit habe ich auch gerechnet. Auch ich liebe große Schauspieler mit schönen Stimmen (Rolf Boysen, Peter Simonischek, Hans Michael Rehberg, Monika Bleibtreu, Otto Sander, Bruno Ganz etc.). Peter Matic z.B. vermittelt durch seine Interpretation ein wirklich einmaliges Proust-Erlebnis (das die Proust- Lektüre jedoch niemals ersetzen kann, denn wie schon gesagt, es handelt sich um vollkommen verschiedene Kunstformen). Christian Brückner zählt für mich ausdrücklich nicht zu den großen Stimmen. Deshalb befremdet es mich auch, das ein sonst so vernünftiger Mann wie Ulrich Greiner in der "Zeit" die Empfehlung gibt, man solle sich "Moby Dick", weil die Lektüre so anstrengend sei, von Christian Brückner vorlesen lassen. "Moby Dick" ist eben kein Abenteuerroman, sondern ein philosophisches Werk mit biblischen Dimensionen, es muss entziffert und studiert werden.
    So, jetzt habe ich euch aber genug geärgert. Jetzt lest und hört weiter, so viel ihr könnt und wollt, denn etwas Besseres als die Literatur findet ihr nicht.


    Viele Grüße von der Leserin

    Hallo Maria und Xenophanes,
    Natürlich spreche ich nur für mich, wenn ich hier schreibe. Ich denke, das muss nicht extra betont werden. Das gilt auch für folgendes: Ich sehe in den Hörbüchern, so bequem wie sie sind, langfristig eine Gefahr für das Lesen. Außerdem gibt es zu viele überschätzte Schauspieler, die dieses Genre dominieren.
    Wenn ich ein Hörbuch höre, bin ich eben nicht allein mit dem Text, ich bin allein mit dem Hörbuch, das bedeutet mit dem Schauspieler, der sich, so gut oder so schlecht auch immer, mit dem Text auseinandergesetzt hat und mir seine Interpretation liefert. Das kann niemals ein Ersatz für die eigene Auseinandersetzung sein. (meiner Meinung nach)
    Gruß von der Leserin