Nach 20 - 30 Seiten geht mir jedesmal der etwas larmoyante Stil Pessoas leicht auf den Wecker...
Fazit: In kleinen, appetitlichen Häppchen ist es immer wieder ein Genuß, der traurigen Stimme Pessoas zu lauschen.
Viele Grüße
Sir Thomas
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Hallo
ich weiß nicht ob Pessoas Stil larmoyant zu nennen ist. Vielleicht ist er einer der letzten Romantiker, vielleicht ein Seher, vielleicht ein Verzweifelter, vielleicht ein sich selbst Unbequemer, vielleicht ist er auch zuviel um nur eines zu sein, ich weiß es nicht zu sagen.
Ich habe ein Jahr lang gewartet um mit dem Buch zu beginnen, vielleicht in der Art wie ich damals lange gewartet habe, um Nietzsche endlich zu lesen, die Erwartungshaltungen sind oft groß und dann...
Pessoa ist ein Einzigartiger, wenn man sich auf ihn einlässt sollte man wissen, es ist niemals ein Buch - auf einem "Ritt" zu lesen, da gebe ich obigen Kommentaren in dieser Richtung vollkommen recht, aber es ist immer ein Buch das man mehrmals lesen wird.
Und nun überlege ich: Ist Pessoa ein Atheist oder ein Auserwählter? Ist Pessoa ein Trauriger oder in sich Getrösteter? Ist Pessoa ein Verlorener oder einer dieser Begnadeten, die er in einer Passage selbst erwähnt:
"Wie alle großen Verfluchten werde ich immer fühlen, das denken mehr wert ist als leben."
Ja, ich jedenfalls meine - er zählt zu diesen Großen, zählt für mich zu den Bestraften, den Erleuchteten, den Leidenden die um ihr auserwähltes Schicksal wussten. Unanbdingbar.
Und wenn Pessoa schreibt:
"Die Literatur ist die angenehmste Art, das Leben zu ignorieren."
So steckt dahinter eine große (für uns einfache) Wahrheit, die gerade die Userinnen und User dieses Ausnahmeforums am besten nachvollziehen können.
Pessoa lesen heißt für mich auch, während des Lesens sich wiederfinden, sich besser verstehen lernen, mit sich und den Menschen wieder behutsamer umgehen, kurz - sein Selbst dann wieder einmal von den gefährlichen Schlacken seines "Unterichs" zu befreien.
Nun denn, was ich in Pessoa hinein oder herauslese, das mag ein anderer Leser wieder ganz anders erleben, und das ist dann doch gut so. Ich jedenfalls habe auf meinem Lesetisch schon den nächsten Pessoa liegen: Antonio Moira, die Rückkehr der Götter. Und ich freue mich besonders darauf, dann wieder ein Buch lesen zu dürfen für das man viel, sehr viel Zeit benötigt und das man gewiss immer wieder einmal lesen wird.
Entschuldigt bitte meinen grenzenlosen Enthusiasmus, aber man freut sich eben, das es Menschen wie Pessoa, wie Hölderlin, wie Goethe, wie Benn, wie... gibt. Schriftsteller dann, die uns das Leben auf diesem seltsamen Planeten ein wenig, oder ein wenig mehr, verstehbarer und damit erträglicher machen!
Liebe Grüße,
Peter