Beiträge von Harald

    Hallo alle, hallo Rodion,


    Mir scheint inzwischen die von mir sogenannte "Konsens"-Definition für den Anfang am vernünftigsten zu sein. Danach ist ein Klassiker ein Text, der von einer bestimmten Gruppe zu einer bestimmten Zeit als besonders bedeutend, interessant, lesenswert, wichtig... eingestuft wird.


    Daraus folgt z.B., dass der Begriff "Klassiker" von der Auswahl der Gruppe abhängig ist. Da nicht jeder jedes Werk selbständig und unabhängig beurteilen kann, ist auch klar, dass es gruppendynamische Prozesse bei der Auswahl der "Klassiker" gibt, da die Meinung von anderen immer bei der eigenen Meinungsbildung mitwirkt.


    Was nicht klar ist, ist die Frage, ob es objektiv nachprüfbare Qualitäten gibt, die eine Einstufung eines Werkes als Klassiker fördern oder sogar eine notwendige Bedingung dafür sind. Dies wäre empirisch zu überprüfen. Es ist durchaus denkbar, dass die Auswahl nicht nach Qualität erfolgt, sondern nach inhaltlichen Gesichtspunkten: Wie relevant ist das Werk für mein Leben? Es wäre auch denkbar, dass es mehrere ganz heterogene Kriterien für die Auswahl gibt, so verschiedene Werke aus ganz unterschiedlichen Gründen zu Klassikern geworden sind (die einen wegen ihrer Aussage, die anderen wegen ihrer sprachlichen Form etc.).


    Ich bin damit, glaube ich, nicht weit von Sandhofers erstem Beitrag zu diesem Thema entfernt...?!


    Gruß, Harald

    Hallo Rodion,


    Die einfachste zirkuläre Definition ist "Eine Klassiker ist ein Klassiker".


    Zirkulär ist auch das Paar von Definitionen:


    Ein klassischer Autor ist ein Verfasser eines klassischen Werkes.
    Ein Werk ist klassisch, wenn es von einem klassischem Autor verfasst wurde.


    In beiden Fällen wirst Du bei dem Versuch, die Definition aufzulösen, im Kreise laufen. Dagegen ist die Definition:


    Ein Klassiker ist, was die Leute 'Klassiker' nennen.


    nicht zirkulär, weil der Begriff "Klassiker" auf die Benutzung des Wortes " 'Klassiker' " zurückgeführt wird, was etwas ganz anderes ist... klar?


    Um es konkret zu machen: Du könntest ein paar tausend Leser z.B. in Deutschland repräsentativ für die Gesamtbevölkerung auswählen, sie befragen: Welche Werke sind für Sie klassisch? und die Antworten auswerten. Wo ist da die Zirkularität? Die Antworten der Leute hängen ja nicht von Deiner Definition ab - das wäre Zirkularität - sondern folgen dem Sprachgebrauch eines jeden einzelnen.


    Zitat von "Rodion"


    Was bringt es aber, die Eigenschaften von 'Klassikern' vorzugeben, und dann nach den Eigenschaften der so definierten Objekte zu fragen?


    Nun, wenn man z.B. Klassiker wie oben als Konsensbegriff definiert (das muss man nicht, aber mal angenommen, man tut es), dann kann man sehr wohl nach den Eigenschaften der Werke fragen, die schließlich in diesen Listen landen. Es wäre doch interessant, danach zu fragen, welchen Einfluss Autoritäten (MRR), die Medien, die Schule usw. haben, inwieweit die Aussagen von aktuellen Diskussionen bestimmt werden, in welchem Tempo sich diese Listen ändern... und ob überhaupt und wenn ja welche werkimmanenten Eigenschaften bei der Auswahl eine Rolle spielen... was ist daran nicht zu verstehen?


    Zitat von "Rodion"


    Oder habe ich das jetzt falsch verstanden und Du wolltest eine Menge von Werken als 'Klassiker' kennzeichnen und dann nach ihren Eigenschaften fragen? Aber auch dann wären wir wieder am Anfang, nämlich bei der Frage, welche Objekte denn zu der Menge gehören.


    Ich wollte überhaupt nichts kennzeichnen. Aber wenn man eine Menge (wie auch immer) ausgezeichnet hat, ist es doch nicht trivial, nach den Eigenschaften der Objekte dieser Menge zu fragen. Dies ergibt sich nicht unbedingt von selbst aus der Definition der Menge. Beispiel: Es ist einfach zu definieren, was eine Primzahl ist. Aber schon der Beweis, dass die Menge der Primzahlen unendlich ist, ist nicht ganz einfach, wenn auch nicht wirklich tiefsinnig. Wenn es dann aber zur Verteilung der Primzahlen kommt... da gibt es bis heute ungelöste mathematische Probleme!


    Ich bin einfach der Meinung, dass eine solche Diskussion ohne Logik nicht sinnvoll ist.


    Gruß, Harald

    Hallo Sandhofer,


    Wenn ich auch sonst vielen Deiner Gedanken nur zustimmen kann, hier fehlt mir das Verständnis...


    Schon die Fragestellung ist sinnlos. Die Frage "Was ist XXX?" wird gerade von Philosophen gerne gestellt, und gefragt wird nach einer Begriffsbestimmung. Nun ist es aber so, dass ich ohne eben diese Begriffsbestimmung gar nicht weiß, wonach eigentlich gefragt wird. Mit anderen Worten, der Sinn dieser Frage ist erst klar, nachdem sie beantwortet wurde.


    Was man tun kann, ist nach dem Sprachgebrauch fragen: Was meinen die Leute, wenn sie "Klassiker" sagen? Du wirst viele mehr oder wenig ähnliche, teilweise inkompatible Definitionen erhalten. Das Ergebnis wäre ein Wörterbucheintrag, der den aktuellen Gebrauch der Sprache dokumentiert.


    Alternativ kannst Du eine Definition vorgeben: "Mit 'Klassiker' meine ich im Folgenden: ..." und dann nach den Eigenschaften der so definierten Objekte fragen. Dann handelt es sich aber nicht mehr um eine Definitionsfrage (die Definition ist ja für den aktuellen Diskurs vorgegeben), sondern um literarische, ästhetische, soziologische... Fragestellungen.


    Typisch für diese Begriffsverwirrungen ist Dein eigener Beitrag. Zunächst sprichst Du von Leselisten und Kanons. Das ließe darauf schließen, dass Du eine common sense Definition von "Klassiker" voraussetzt (etwa so: Klassiker sind Werke, die von einer Mehrheit der informierten Leser als 'Klassiker' empfunden und bezeichnet werden" (und nein, Rodion, diese Definition ist <b>nicht</b> zirkulär)), womit eine Abhängigkeit des Klassikerbegriffs von Ort und Zeit gegeben wäre. Im folgenden Absatz sagst Du dann:


    Zitat von "Sandhofer"


    Natürlich ist es zuerst die Qualität eines Werks, das einen Klassiker ausmacht.


    Das sieht wie eine Begriffsbestimmung (= Definition) aus. Wenn Du aber "Klassiker" wie oben bereits definiert hast, dann handelt es sich hier um eine Aussage, die wahr oder falsch sein kann. Mit anderen Worten, Du <b>behauptest</b>, dass zumeist die Qualität (aber was für eine?) über die Meinung der "informierten Leser" entscheidet. Das ist zumindest fragwürdig bzw. müßte von Dir nachgewiesen werden. Das eigentliche Problem ist aber der Mangel an Logik: Es wird nicht zwischen Definition und Aussage unterschieden.


    Fazit: Ohne klare Begriffsbildung wird die Diskussion sich endlos im Kreise drehen.


    Gruß, Harald

    Hallo Daniela und Hubert,


    Ich halte Verbrechen und Strafe nicht für einen Liebesroman, denn die Liebesgeschichte spielt in diesem Roman zwar eine Rolle, ist aber nicht das Thema des Romans. Und ein Liebesroman ist nicht etwa ein Roman, dessen Thema die Liebe ist, sondern ein Roman, der eine Liebesgeschichte erzählt. Das ist nicht ganz dasselbe...


    Eine ähnliche Unterscheidung würde ich für den Begriff "Kriminalroman" machen wollen: Im landläufigen Sinne bezeichnet "Kriminalroman" nicht einen Roman, der die Geschichte eines Verbrechens beschreibt, sondern einen Roman, der die Geschichte der Aufklärung eines Verbrechens beschreibt. Das ist wieder nicht dasselbe...


    Warum muss man überhaupt ein so bedeutendes Buch in eine Kategorie einordnen? Das Thema von Verbrechen und Strafe ist m.E. die seelische (im weitesten Sinne) Entwicklung des Täters nach der Tat. Dieses ist so genial und vollkommen geschildert, dass mir kein Vergleich dazu einfällt (was natürlich nicht heißen muss, dass es nichts Vergleichbares gibt). Ich hätte also nichts dagegen, für "Verbrechen und Strafe" eine eigene Kategorie aufzumachen: "Bildungsroman des Verbrechens" ;-)


    Gruß, Harald

    Zitat von "elahub"


    "Pour qui sonne le glas" von Hemingway


    "For whom the bell tolls" = "Wem die Stunde schlägt". Auch ein sehr lesenswerter moderner Klassiker, eine Geschichte aus dem spanischen Bürgerkrieg.


    "For whom the bell tolls" wiederum ist ein Zitat von (wenn ich mich nicht sehr irre) John Donne. Gemeint ist die Totenglocke. ("it tolls for thee"...)


    Gruß, Harald

    Hallo alle Grimmelshausen-Leser,


    Ich habe noch eine überzählige Ausgabe des Simplicissimus: Ein Taschenbuch, dtv klassik (Lizenz des Winkler Verlages), 1. Auflage 1975. Nur geringfügig vergilbt. Für sein Alter eine sehr gut erhaltene Ausgabe. Mit Anmerkungen, Glossarium und Zeittafel. Wer Interesse hat, möge mir seine Adresse zuschicken. Ich kann allerdings erst nach dem 14.1. versenden, da ich vom 10. bis 14. verreist bin.


    Gruß, Harald

    Zitat von "melanie"


    Ich wollte nur kurz einwerfen, dasss sauberes Trinkwasser sehr wohl ein Luxusgut ist ! Wasser zu haben ist ein Grundbedürfnis ja, aber trotzdem oder genau deshalb ist es ein Luxusgut ! (Es ist auch nicht unbegrenzt verfügbar, auch wenn viele Leute das meinen!)


    Nun, wir haben offenbar unterschiedliche Definitionen von Luxus.


    Melanie und Sandhofer: Luxus = selten und wertvoll
    Harald: Luxus = teuer und überflüssig


    wobei teuer nicht gleich wertvoll!


    Vielleicht mag ein Forumsteilnehmer mit einem aussagekräftigen Wörterbuch (Hubert? Hubert!) bei Interesse klären, welche Definition die richtigere ist.


    Gruß, Harald

    Hallo Berch,


    Zitat von "Berch"


    Gerade darum frage ich mich persönlich in letzter Zeit auch, warum unsere Regierung nicht bei den ganz normalen Bürgern stärker ansetzt. Die Steuererleichterung wird tatsächlich direkt auf anderem Wege (Krankenhassen, Zigarettensteuer, etc.) wieder reingeholt.


    Um nun doch ein wenig zu politisieren: Meiner Meinung nach müßte eine Regierung azyklisch handeln, d.h. in guten Zeiten einen Teil des Wohlstandes zur Seite legen, um diesen in schlechten Zeiten wieder unter das Volk zu bringen. Welche Politiker aber haben die Selbstdisziplin, die in guten Zeiten steigenden Steuereinnahmen <b>nicht</b> auszugeben?


    Die Bundesregierung müßte jetzt Schulden machen, um Geld in die Wirtschaft zu pumpen, was wegen des Maastrichtskriteriums, und weil der Schuldenberg sowieso schon zu groß ist, nicht möglich ist. Mit anderen Worten: Meiner Meinung nach ist die Verschwendung aus der Zeit der fetten Jahre dafür verantwortlich, dass während der mageren Jahre der Spielraum für Konjunkturförderung fehlt.


    Denke einmal an den Traum des Pharao und an die sieben fetten Jahre und an die sieben mageren Jahre: Schon vor dreitausend Jahren waren Menschen, die mit Weitblick zu handeln wagten, selten. Daran hat sich bis heute nichts geändert...


    Gruß, Harald

    Hallo Sandhofer,


    Ich kann Dir da nicht ganz zustimmen. Hältst Du z.B. sauberes Trinkwasser für einen Luxus, weil Millionen Menschen keins haben?


    Ich denke, man sollte schon zwischen den Grundbedürfnissen und dem Überflüssigen (das heißt nämlich meiner Meinung nach "Luxus") unterscheiden. Und Informations- und Meinungsfreiheit zähle ich zu den Grundbedürfnissen, neben Nahrung, Kleidung, Wohnung etc. Und wenn vielen Menschen die Erfüllung bestimmter Bedürfnisse verwehrt ist, wird noch lange kein Luxus daraus.


    Ansonsten stimme ich Dir zu: Bis auf die letzten 100 Jahre oder so, und in vielen Teilen der Welt bis heute, war und ist Lesen ein Privileg einer Minderheit. Die großen Klassiker der englischen Literatur des 18. Jh. wie "Tom Jones" von Fielding wurden zu Beginn nur von ca. Tausend Menschen gelesen. Selbst damalige "Bestseller" wie Robinson Crusoe dürfte nicht mehr als in einigen tausend Exemplaren verkauft worden sein.


    Übrigens ist Goethes Bibliothek nicht klein... Ich meine mich zu erinnern, dass es ca. 2000 Bände sind. Wenn Du jede Woche ein Buch daraus liest - und wenn Du das tust, liest Du viel - bist Du in 40 Jahren durch... Wenige in diesem Forum dürften so viele Bücher haben. Man bräuchte 10 bis 12 Billy-Regale, um eine solche Menge unterbringen zu können.


    Außerdem hatte Goethe Zugriff auf die herzogliche Bibliothek und hat dies auch genutzt.


    Die Geschichte der Leihbibliotheken im 19. Jahrhundert schließlich ist die Geschichte der zunehmenden Alphabetisierung aller Bevölkerungsschichten und des damit zunehmenden Bedarfs an Bildung und Unterhaltung.


    Gruß, Harald

    Hallo Atomium,


    Ich habe das Insel Taschenbuch.


    Übrigens gibt es beim Winkler Verlag zwei gebundene Ausgaben. Die für Euro 39,90 ist mit Sicherheit kommentiert, bei der für Euro 24,90 kann ich nicht sagen, ob sie mit der Dünndruckausgabe inhaltlich identisch ist.


    Außerdem gibt es die Ausgabe im Deutschen Klassiker Verlag (der eine Auswahl der Schriften von Grimmelshausen in drei Bänden herausgegeben hat). Diese Bände sind alle ausführlich kommentiert, haben aber ihren Preis: Euro 80,- allein für den Simplicissimus, alle drei Bände für Euro 230,-.


    Die dtv-Ausgabe (Taschenbuch, Lizenz des Winkler Verlages) und die Reclamausgabe scheinen Dir ebenfalls entgangen zu sein. Ganz zu schweigen von der Ausgabe aus dem Niemeyer Verlag...


    Ich glaube nicht, dass es einen großen Unterschied macht, welche Ausgabe man liest. Wahrscheinlich unterscheiden sie sich am ehesten in der Modernisierung der Orthografie und in der Ausführlichkeit der Worterklärungen (von Wörtern, die im modernen Deutsch nicht mehr vorkommen oder ihre Bedeutung verändert haben).


    Gruß, Harald

    Hallo Nimue,


    Zitat von "nimue"


    Was ich damit sagen wollte, ist lediglich, dass man überhaupt nicht pauschal sagen kann, ob es der Branche nun schlecht geht, weil man gebrauchte Bücher kauft oder weil man nur wenige Hardcover kauft. Es geht derzeit so ziemlich jeder Branche schlecht - es ist aber meiner Meinung nach recht kurzsichtig, den Grund dafür in den Käufern zu sehen.


    Warum sonst sollte es der Branche schlecht gehen (wenn wir mal davon ausgehen, dass dieser Befund zutrifft)? Hat sie denn noch andere Einnahmequellen außer den Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Waren? Oder meinst Du, die Kosten seien so stark gestiegen? Und dass es in anderen Bereichen nicht anders aussieht, beweist gar nichts - schließlich erstreckt sich die Kaufzurückhaltung der Kunden ja nicht nur auf Bücher.


    Das ist ja kein Vorwurf an die potentiellen Käufer. Die Schuld kann genauso gut bei der Wirtschaft liegen, die ihre Kapazitäten in der Zeit des Booms überdimensioniert hat und jetzt in allen möglichen Bereichen gezwungen ist, wieder abzubauen. Das dadurch bei den Menschen bewirkte subjektive Gefühl, dass es "abwärts" geht, bewirkt rational nachvollziehbar eine geringere Neigung, zu kaufen bzw. vermehrt auf "Schnäppchen" zu achten. Was wiederum die wirtschaftliche Lage der Unternehmen verschlechtert. Das Ganze ist eben ein typischer Abschwung mit einer Tendenz zur Deflation. Beide Teile - Wirtschaft und Kunden - verhalten sich aus ihrer Sicht rational.


    Wie ich schon einmal gesagt habe: Mich wundert ein wenig, dass Viele zwar die Ursachen für ihr Verhalten erkennen, aber nicht sehen, dass dieses Verhalten selbst eine Ursache ist (nämlich für die nächste Umdrehung der Schraube).


    Berch: "aber Geld, daß ich nicht habe, kann ich auch kaum ausgeben..." Diese Einstellung ehrt Dich, ist aber in der Praxis vielfach widerlegt worden ;-)


    Gruß, Harald

    Hallo Daniela,


    Nun, "antiquarisch" heißt im Prinzip "second hand", wobei man bei "antiquarisch" tendenziell an seltenere, ältere und daher wertvollere Bücher denkt. Das Spektrum ist aber sehr weit: Von Antiquariaten wie Shapero in London, wo Du für nur wenige Tausend Euro Erstausgaben von Werken wie Robinson Crusoe oder Gullivers Reisen bekommst, bis zum sogenannten "modernen Antiquariat", in dem Restauflagen von praktisch verlagsfrischen Büchern verramscht werden (Beispiel jokers).


    In einem Antiquariat stöbern ist für mich noch interessanter, als in einer Buchhandlung zu stöbern.


    Ich lasse mir nie Bücher schenken - ich habe schon so zu viele. Deshalb nehme ich mir im Gegensatz zu Euch auch jedes Jahr vor, mir <b>weniger</b> Bücher zu kaufen. Es klappt aber nie.


    (Ein Freund von mir hat mal gesagt: Bücher kaufen macht fast noch mehr Spaß als Bücher lesen. Er ist Germanistikprofessor geworden.)


    Gruß, Harald

    Hallo Nimue,


    Du meinst also, die fallenden Preise werden durch wachsende Stückzahlen wettgemacht, d.h. die Umsätze bleiben gleich, es wird nur mehr gelesen? Interessanter Gedanke. Allerdings: Wenn das so wäre, könnte von einer Krise der Verlage und Buchhändler keine Rede sein. Es scheint aber, dass es der Buchbranche zur Zeit nicht so gut geht. Aber vielleicht stimmt das so auch gar nicht...


    Markus: Ich wollte auch gar nicht kritisieren, dass Leute versuchen, möglichst günstig an Bücher heranzukommen. Das ist nicht nur legitim, sondern als ökonomisch denkender Mensch mit beschränktem Einkommen <b>muss</b> man das so machen. Mich hat nur verwundert, dass dem einen oder anderen die wirtschaftlichen Konsequenzen dieses Verhaltens nicht klar sind.


    Vielleicht werden letztlich die höheren Preise für Neubücher dadurch ausgeglichen, dass die Erstkäufer Einnahmen aus dem Verkauf eines Teils ihrer Bücher über Amazon, Ebay, Antiquariate usw. erhalten, so dass sich ein neues Gleichgewicht herstellt - nur dass insgesamt mehr gelesen wird. Wär doch nicht die schlechteste Entwicklung. Das setzt aber voraus, dass genügend viele "Erstkäufer" bereit sind, erst einmal tiefer in die Tasche zu greifen.


    Gruß, Harald

    Hallo Historikus,


    David Copperfield ist ein autobiographisch gefärbter Roman. Sehr spannend und gut geschrieben. Nur die Länge könnte den einen oder anderen abschrecken. Trotzdem wird der Roman nie langweilig. Uriah Heep z.B. ist eine Figur in David Copperfield, die man nicht vergißt. Auch Mr. Micawber ist unvergeßlich. Einer von Dickens' besten Romanen.


    Gut zu lesen sind auch die Romane von Jane Austen. Aus der deutschen Literatur würde ich von Thomas Mann "Die Buddenbrooks" und von Heinrich Mann "Der Untertan" empfehlen - falls Du den in der Schule noch nicht hattest...


    Gruß, Harald

    Hallo,


    Ich muss mich schon etwas wundern. Die Ursache für den Preisverfall bei den Büchern... seid Ihr!


    Das Internet hat eine Plattform und damit einen Markt geschaffen, den es noch vor zehn Jahren so nicht gegeben hat. Wenn ein Buch, nachdem es vom Erstleser "verwertet" wurde, noch zwei- oder dreimal per Internet weiterverkauft wird, muss es entsprechend weniger neu gekauft werden. D. h. die "Ressource Buch" wird effizienter genutzt, und der Wert von verlagsneuen Büchern nimmt ab. Dass in der Folge die Qualität leidet, ist klar. Die Verlage müssen einsparen, wenn sie überleben wollen.


    Ursache ist die "Geiz ist geil"-Mentalität. Die Schnäppchenjäger (von denen es offenbar auch in diesem Forum viele gibt), sind in erster Linie für diesen Trend verantwortlich.


    Eigentlich ist gar nichts dagegen zu sagen, dass es eine große Auswahl zu günstigen Preisen gibt. Frage ist nur: Wie erhält man die Verlage am Leben? Irgendwo müssen die Einnahmeverluste ausgeglichen werden. Maria hat ein Beispiel genannt ("übergroßes Taschenbuch"). Vielleicht muss man damit leben, dass Hardcover teurer werden, um den Preisverfall bei Taschenbüchern auszugleichen. Aber wenn niemand mehr Hardcover kauft, weil alle auf die Taschenbuchausgabe warten?


    Wirklich gute Bücher haben übrigens nach wie vor ihren Preis. Beispiele: Die wirklich ausgezeichnete Fontane-Ausgabe des Hanser-Verlages und die Bände des Deutschen Klassiker Verlages: Ausführlich kommentierte Klassiker. Ich habe aber den Eindruck, dass das Qualitätssegment kleiner und teuer wird. Vielleicht wird es in wenigen Jahren ganz abgestorben sein. Dann gibt es nur noch Fastbooks. Die Käufer wollen es so.


    Gruß, Harald

    Zitat von "Dostoevskij"


    Ich verstehe schon das Anliegen, die Schnittmenge der Klassiker "rein" zu halten, um sie desto klarer in Abgrenzung zu sehen.


    Darum ging es mir nicht. Es ist ein Problem der Begriffsbildung: Wenn man "echte (nicht moderne) Klassiker" sagt, impliziert das, dass die modernen Klassiker irgendwie "unecht" sind. Dann wären sie aber aber keine modernen, sondern überhaupt keine Klassiker.


    Zitat von "Dostoevskij"


    Selbstverständlich möchte auch jeder "seine" Autoren möglichst als Klassiker gewertet sehen und sich als deren Leser in ihrem Lichte sonnen.


    Keineswegs. Ich kann auch Bücher lesen, an denen ich Spaß habe, ohne sie als Klassiker werten zu müssen, z.B. Krimis. Andere lesen mit Begeisterung SF oder Fantasy und würden auch nicht all das als Klassiker einordnen wollen.


    Zitat von "Dostoevskij"


    Lesen wir einfach die Bücher, die uns Freude machen und weiter bringen, seien sie nun vor 1000 Jahren erschienen oder letzte Woche, seien sie Klassiker oder Saisonware.


    Hundertprozentige Zustimmung!


    Gruß, Harald

    Hallo Dante-Leser,


    Ich bin jetzt auch wieder dabei, mittlerweile bei den letzten Gesängen des Purgatorio. Sehr beeindruckend die Schilderung von Beatrices Vorwürfen und Dantes Zerknirschung.


    Mein Gesamturteil wird sich wohl auch nach dem Paradiso nicht mehr ändern: Das Werk ist weltanschaulich für mich nicht relevant. Und ich möchte Hafis zustimmen: Es lebt sehr von seiner sprachlichen Ausdruckskraft, die wohl nur im Original ganz zu erleben ist.


    Gruß, Harald

    Ich denke, es ist schwer, von hier aus (aus dem deutschsprachigen Raum) zu beurteilen, wie "einflußreich" ein Autor in der französischsprachigen Literatur war. Für Germanisten konzipierte Leselisten sind da kein Maßstab. Im Reclamheftchen "Die Leseliste" (enthält ca. 600 kommentierte Titel, Schwerpunkt deutschsprachige Literatur, mit kleineren Kapiteln für fremdsprachige Literaturen) wird Voyage au bout de la nuit mit acht weiteren Titeln der französischen Literatur des 20. Jahrhunderts genannt - dafür aber fehlt Camus - ist also alles nicht zu ernst zu nehmen.


    Übrigens lese ich auch Wieland und bin kein Germanist (aber sicher ein Literaturenthusiast).


    Die Qualifikation "echte (nicht moderne) Klassiker" halte ich dagegen für bedenklich.


    Ich würde die Tatsache, dass man sich um Celine streitet, eher als Hinweis darauf werten, dass möglicherweise etwas dran ist (daran, dass Celine als moderner Klassiker zu werten ist), mit dem Vorbehalt, dass ich meine Meinung nach der Lektüre evtl. revidieren muss. Was Hafis über Celines Bedeutung zitiert, klingt interessant. Auf meiner Lesewunschliste ist der Roman schon mal nach oben gerückt :-) Es scheint mir doch besser, <b>nach</b> der Lektüre zu urteilen.


    Gruß, Harald

    Hallo Daniela,


    Ich habe mich ungenau ausgedrückt. Es handelt sich nicht um einen Comic, sondern um eine reich (400+ Zeichnungen) illustrierte Ausgabe von "Voyage au bout de la nuit", die den kompletten Text enthält. Erschienen bei Futuropolis, Paris.


    In meinem Besitz befindet sich aber nur die niederländische Übersetzung: Reis naar het einde van de nacht, Uitgeverij van Oorschot, 1989. Das Copyright für die Zeichnungen liegt bei Futuropolis, Paris, 1988.


    Suche auf http://www.amazon.fr nach "celine tardi", dann findest Du die französische Ausgabe.


    Über Jacques Tardi ließe sich einiges sagen: "Les aventures extraordinaires d'Adele Blanc-Sec [sic!]", eine mehrbändige Comicreihe, ist etwas für Freunde des skurrilen, schwarz angehauchten Humors. Er hat auch einige der Kriminalromane von Leo Malet (Detektiv Nestor Burma) in Comic-Form umgesetzt, u.a. "120, Rue de la Gare". Sehr leidenschaftlich seine Kritik an der französischen (europäischen) Politik/Gesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg und dem Krieg selber.


    Soviel in aller Kürze dazu. Lass es mich wissen, wenn Du an "Reis naar het einde van de nacht" Interesse hast. Ich werde es wohl nicht mehr in dieser Version lesen. Und holländisch liest Du doch, oder? ;-)


    Gruß, Harald