Wenn Du in eine unbekannte Stadt kommst...

  • Hey Leute :winken:


    Da der Zweigleisig-Lesen-Thread so gut "besucht" wird, nutze ich mal Euer Umfrage-Interesse:


    Was interessiert Euch, wenn Ihr in eine unbekannte Stadt kommt? Welche Geschichten soll Euch die Stadt "erzählen"?


    Bye, Ivy

  • Hallo Evelyne,


    gar nicht so einfach zu beantworten. Ich persönlich interessiere mich sehr für die Geschichte von Orten - ich besuche gerne Stellen wie die alte Stadtmauer oder einen noch weitgehend mittelalterlich anmutenden Stadtkern, und stelle mir vor, wie es hier wohl vor ein paar hundert Jahren ausgesehen haben mag. Ich gehe auch recht gezielt auf die Suche nach Inschriften und Gedenktafeln an interessanten Gebäuden. Bei all dem interessieren mich jedoch weniger Jahreszahlen und berühmte Namen, sondern ich versuche zwischen den Zeilen etwas über das damalige Leben in dieser Stadt zu erfahren. Darum liebe ich auch historische Romane sehr - speziell wenn ich die Handlungsschauplätze kenne oder die Möglichkeit habe, sie mir bei Gelegenheit anzuschauen.


    Von der geschichtlichen Vergangenheit abgesehen, interessiert mich an der Gegenwart einer Stadt vor allem ihr Flair und die Ausstrahlung ihrer Bewohner - und da stelle ich auch gern Vergleiche an. Es ist schon interessant, wie sich die Mentalitäten oft nicht nur von Land zu Land, sondern sogar von Stadt zu Stadt unterscheiden.


    Hm, mehr fällt mir so spontan nicht ein - aber während ich weiter nachdenke, kannst du doch mal erzählen, was dich an unbekannten Städten reizt? :zwinker:


    Liebe Grüße,
    Bluebell

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Evelyne Marti"

    Was interessiert Euch, wenn Ihr in eine unbekannte Stadt kommt?


    Ihr Geruch. Und ihre Speisekarten ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Ivy


    wenn ich in eine unbekannte Stadt komme (aus kulturellem Interesse), dann ist es mir ein Bedürfnis sie von oben zu sehen. Also such ich mir eine Kirche, einen Fernsehturm o.ä. wo man hochsteigen kann
    und das obwohl ich nicht ganz schwindelfrei bin :breitgrins:


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Zitat von "sandhofer"

    Ihr Geruch. Grüsse


    Sandhofer


    Hallo Sandhofer,
    erinnert mich an eine Dichtung von Gregory Corso (Beat-Generation). Ich kenne sie nur auf italienisch und konnte im Netz keine Übersetzung finden. Trotzdem schreibe ich es mal hier rein:


    "Qual è l'odore di Berlino?"


    Ogni città ha il suo odore.
    New York sa di scarpa nuove
    Parigi sa di cinematografo
    Londra sa di carcere correzionale
    Stoccolma di biancheria lavata
    Atene di terra battuta
    Barcellona di rosso
    Amsterdam di budino di mele
    Venezia di umanità
    E Berlino?
    Non conosco l'odore di Berlino.

    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Alle Geschichten, die ich über diese unbekannte Stadt in die Finger kriegen kann, interessiert mich brennend.
    Das ist das Besondere am Verreisen, finde ich. Wenn ich an einen Ort fahre, an dem ich körperlich noch nie war, über den ich aber Geschichten kenne, die in mir Gefühle ausgelöst haben, dann ist das ja fast so, als wäre ich zumindest in meiner Phantasie schon mal dort gewesen.
    Das ist es auch, was einen Haufen Steine für die eine Person so interessant machen kann (wenn man zum Beispiel weiß, dass dieser Steinhaufen der geheime Treffpunkt in einem Roman war oder so) und für eine andere Person eben nur das ist: ein Haufen Steine.


    Ob die Geschichten nun wahr sind oder nicht, bleibt sich für mich gleich. Ich fühle mich trotzdem an einem geschichtsträchtigen Ort, wenn auch nur eine fiktive Geschichte dort stattgefunden hat. Der Fantasie sind schließlich keine Grenzen gesetzt.


    Wendy (die jetzt wirklich gerne ins nächste Flugzeug steigen würde)

    "All children, except one, grow up."

  • Zitat von "Bluebell"

    Hallo Evelyne,


    Hm, mehr fällt mir so spontan nicht ein - aber während ich weiter nachdenke, kannst du doch mal erzählen, was dich an unbekannten Städten reizt? :zwinker:


    Liebe Grüße,
    Bluebell



    Hei Leute


    Danke für Eure sympathischen Antworten! :schmetterling:


    Mir geht es ganz ähnlich, wenn ich in eine unbekannte Stadt komme...


    Zuerst beschaffe ich mir eine Stadtkarte, denn ich liebe es, den Stadtkern zu Fuss kennenzulernen, vor allem die Altstadt zieht mich an. Und wie Ihr frage ich mich, wer hier vor hundert und mehr Jahren unter welchen Umständen gehaust hat, welche Schicksale sich hinter den alten Fassaden verbergen, wie das war, als die alten Römer diese Mauern errichteten usw., versuche, es mit der Digitalfotokamera einzufangen, kauf mir Fotoreiseführer, wenn es sich ergibt, und suche in Buchhandlungen, Bibliotheken und Archiven nach neuen "Geschichten" der Stadt.


    Natürlich interessiert mich auch das gegenwärtige Leben der Stadt, beobachte die Menschen, welche durch die Strasse eilen oder den Tauben zu Fressen geben, lausche den Stimmen um mich, sehe die Leute in den Buchhandlungen, wie sie sich neuen Lesestoff suchen, merke, wie die Menschen sich vorzugsweise in die Altstadt drängen, sich dem Flair der Altstadt hingeben...


    In solchen Augenblicken frage ich mich, welche Menschen wohl morgen durch die Stadt schlendern werden, wenn wir bereits vergessen sind, wie viel vom Stadtkern noch erhalten sein wird, wie die Menschen in hundert Jahren darüber nachsinnen, wer wir wohl waren... :cry: *sentimental gerührt*


    Bye, Ivy

  • Hallo zusammen!
    Hallo JMaria!


    Danke für das Gedicht. Obwohl ich nicht Italienisch spreche, kann ich es doch verstehen. Da ich Berlin nicht kenne, kann ich dem Autor aber auch keine Auskunft geben darüber, wie es denn nun riecht ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen
    Hallo Sandhofer,


    ich habe gehofft, dass ein bißchen Verstehen rüberkommt. An eine direkte Übersetzung wage ich mich nicht.


    Ich weiß nur nicht wie Jugendhaftanstalten (London's Geruch) riechen. :breitgrins: Was hatte der Autor nur für Erfahrungen und wo hielt er sich auf, es gibt doch viel schönere Viertel in London *bg*


    welchen Duft Berlin hat, kann ich nicht benennen, ich war auch noch nie dort.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hi zusammen! :roll:


    Ich war letztes Jahr in Berlin - na ja, einen speziellen Geruch hab ich nicht wahrgenommen... ich überleg gerade...lag es vielleicht an meinem Heuschnupfen?


    Auf meiner Fototour vom Berliner Zoobahnhof zum Brandenburger Tor bis zum Alexanderplatz stank es erstaunlicherweise nicht mal nach Abgasen...hatte wohl wirklich ne verstopfte Nase...oder nur Augen für die Sehenswürdigkeiten, war schön!


    Bye, Ivy


  • Cara Maria,
    perché no? Conosci la risposta?
    Schrieb er das Gedicht vor oder nach der Wende?


    Liebe Grüße,
    Gitta

  • Hallo,


    wenn ich in eine neue Stadt komme, die mich kulturell interessiert, setze ich mich gerne erst einmal stundenlang in ein nettes Straßencafé und atme die Stimmung ein.


    Besonders sympathisch sind mir Orte, an denen man stille Menschen beobachten kann: Leute die allein im Café oder auf einer Bank sitzen, Zeitung lesen oder noch besser einfach nur schauen.
    Spannend finde ich auch, wie sich die Menschen in ihrem Alltag bewegen, um dann weiter zu spinnen, was sie wohl anschließend machen könnten, wohin sie gehen, welche Jobs sie haben könnten, wen sie heute noch besuchen, was sie lesen, ob sie ins Theater gehen oder welche Filme sie gerne sehen... Eben tausend Welten voller Leben. Was will man mehr von einer reizvollen Stadt erwarten? Stille und Lebendigkeit.


    Liebe Grüße :sonne:
    Michael

  • Zitat von "Gitta"

    Cara Maria,
    perché no? Conosci la risposta?
    Schrieb er das Gedicht vor oder nach der Wende?


    Liebe Grüße,
    Gitta


    Hallo Gitta
    nein, leider kenne ich die Antwort nicht darauf. Er starb 2001 und könnte das Gedicht nach der Wende geschrieben haben. Aber ich glaube seine Lyrik hat er früher veröffentlicht. Aber sicher weiß ich das nicht.


    sprichst du italienisch? Ich lerne noch und mit dem Sprechen tu ich mich sehr schwer, das liegt u.a. an der wenigen Übung und an meiner Schüchternheit und die Angst Fehler zu machen *seufz*


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat

    sprichst du italienisch? Ich lerne noch und mit dem Sprechen tu ich mich sehr schwer, das liegt u.a. an der wenigen Übung


    Hallo Maria, hallo Evelyne u. Alle hier,


    einer alltäglichen Unterhaltung kann ich folgen u. mich daran beteiligen. Dies liegt z. T. an meiner ital. Freundin, meinen Italienaufenthalten und einer starken musikalischen Motivation (ich möchte Opern im Original verstehen). Deswegen hatte ich vor Jahren auch einen Fernkurs belegt und mehrere VHS-Kurse, die mir viel brachten. Du hast recht: Anfänglich hat man Sprechhemmungen, in jeder Fremdsprache, doch wenn Du erst mal Mut gefaßt hast, wirst Du erleben, daß es ganz leicht ist, u. kein Muttersprachler wird Dich auslachen. Diese Erfahrung habe ich im Ausland oft gemacht. Zum Auffrischen meines Italienisch lege ich z. B. beim Autofahren oder Kartoffelschälen entspr. Kassetten ein, man muß noch nicht mal zuhören (den Seinen gibt's der Herr im Schlaf :breitgrins:)


    Zum Gedicht: Es ist wirklich nicht schwer zu verstehen, trotzdem kann man interpretieren, was hier aber zu weit führen würde. Berlin hat mich schon oft gesehen, schon zu DDR - Zeiten, mein letzter Besuch war im März, speziell wegen der MOMA (die ja gerade beendet ist). Geruch? Es kommt tatsächlich auf die Stadtteile an. Kreuzberg riecht nach Knoblauch und anderen würzigen Sachen, Prenzlauer Berg nach der Wende anders als davor, aber wie soll man undefinierbare Gerüche beschreiben?...
    Potsdamer Platz u. was Evelyne beschrieben hat - tatsächlich ohne Abgasgestank - seit die Trabis weg sind.
    Athen u. Venedig kenne ich noch nicht, u. übern großen Teich bin ich auch nicht gewesen, wünsche es mir aber.
    Bevor ich in eine fremde Stadt komme, sehe ich zu, daß sie mir vorher schon ein bißchen bekannt ist. Klingt paradox, ist aber einfach. Ich besorge mir einen Reiseführer, picke mir die Orte heraus, die ich aufzusuchen im Sinn habe. Es sind meist kulturelle u. historische Dinge, z. B. Stadtmauern, Türme, Brücken u.ä. Sehr gern besuche ich alte Friedhöfe, bes., wenn bedeutende Persönlichkeiten dort ihre letzte Ruhestätte gefunden haben (Berlin, Paris).


    Viele Grüße,
    Gitta

  • Hi zusammen!


    Gitta, dann musst Du unbedingt nach Zürich und Umgebung. Thomas Manns Grab liegt da irgendwo, war selbst allerdings noch nie an seinem Grab, aber stosse immer wieder beim Lesen auf Thomas Manns Liebe zu den bescheidenen Schweizern usw, hat also schon eine Bedeutung. Ich bin da weniger bescheiden, hab auch deutsche Vorfahren. :breitgrins:


    Bye, Ivy

  • Hallo zusammen


    Zitat von "Evelyne Marti"

    Gitta, dann musst Du unbedingt nach Zürich und Umgebung. Thomas Manns Grab liegt da irgendwo,


    Um genau zu sein, in Kilchberg, ein paar Meter südlich von Zürich, am linken Ufer des Zürichsees. Ebenfalls dort begraben sind übrigens C. F. Meyer und Manns Sohn Golo.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    Ebenfalls dort begraben sind übrigens C. F. Meyer und Manns Sohn Golo.


    und auch Elizabeth Mann Borgese, die jüngste Tochter von Thomas Mann.
    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!
    Hallo Evelyne Marti!


    Ich war zwar schon in Kilchberg; ich bin aber nicht unbedingt der Gräber-Aufsuch-Typ, habe also die Manns in Frieden ruhen lassen ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus