Robert Harris: „Pompeji“

  • Hallo Bluebell,


    Du hast gepostet:
    Sehr schockierend fand ich die Szene mit dem Sklaven, der den Muränen vorgeworfen wurde. Dass die Herren damals theoretisch die Macht über Leben und Tod ihrer Sklaven hatten, weiß ich zwar, aber ich frage mich, ob davon tatsächlich so grausam Gebrauch gemacht wurde!?


    Ja, fand ich auch schockierend, von Harris wirklich gut erzählt und solche Szenen sind m.M.n. dafür verantwortlich, dass es sich lohnt historische Romane zu lesen, weil die „nur in einem Geschichtsbuch gelesene“ Tatsache, dass die römischen Herren die Macht über Leben und Tod ihrer Sklaven hatten, führt einem ja die Grausamkeitt dieses Umstandes nicht so vor Augen und ich denke, dass es auch so schrecklich war.


    Und ein Satz hat es mir bereits angetan: Was war Führerschaft schließlich anderes als die blinde Wahl einer Route und die selbstsichere Behauptung, dass die Entscheidung auf Vernunft beruht hat?


    Toller Satz, wobei ich noch nicht mal glaube, dass der Satz so sarkastisch ist, wie er hier vom Kontext losgelöst, sich liest.


    Und es gibt noch etwas, auf das ich sehr neugierig bin, nämlich was es mit Sabina und ihrem Ende auf dem Scheiterhaufen auf sich hat.


    Hmm, ich glaube, da steckt nicht mehr dahinter, als die gängigen römischen Bestattungsriten:
    Zwar nennt das Zwölftafelgesetz im römischen Reich die Sitten der Körperbestattung und der Feuerbestattung nebeneinander, m.W’s überwog aber in der Hochzeit der römischen Republik die Feuerbestattung und im 1. Jhd. n. Chr.. om dem der Roman spielt, wurden die Toten allgemein verbrannt. Erst ab den folgenden Jahrhunderten ging unter christlichem Einfluss die Feuerbestattung zugunsten der Körperbestattung zurück. Im 8. Jahrh. n. Chr. wurde die Feuerbestattung dann von der Kirche endgültig als heidnischer Brauch verboten.


    Sabina, die mit 22 Jahren gestorbene Frau von Attilius war also vermutlich nach ihrem Tod gesalbt und mit der Toga bekleidet drei bis sieben Tage im Attrium des Hauses auf einem Paradebett öffentlich aufgebahrt und danach außerhalb der Stadtgrenzen auf einem Scheiterhaufen verbrannt worden. Vermutlich hatte Sabina während ihrer Verbrennung eine Münze in ihrem Mund, die ihr nach griechischer Tradition, die von den Römern übernommen wurde, dazu dienen sollte, die Überfahrt über den Fluss Styx durch den Fährmann Charon in das Unterweltreich Plutos zu bezahlen und vermutlich sangen die Trauergäste Klagelieder bis Sabina völlig verbrannt war und die Asche mit Wein gelöscht wurde.


    Gruß von Hubert


  • Hi Hubert,


    ich bin inzwischen mit dem ersten Tag fertig.


    Zitat von "Hubert"

    Hmm, ich glaube, da steckt nicht mehr dahinter, als die gängigen römischen Bestattungsriten


    Ich denke bei Scheiterhaufen immer zuerst an Verbrennen bei lebendigem Leibe, entweder als Hinrichtung oder als Opferritus. Aber du hast natürlich recht, so kann es auch gemeint sein!


    Bist du schon bereit, um den Rest vom ersten Kapitel zu diskutieren und mit Kapitel 2 loszulegen, oder soll ich noch warten?


    Liebe Grüße,
    Bluebell

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Hallo Bluebell,


    am Sonntag Abend bin auch ich mit dem ersten Tag (Mars 22. August) fertig geworden. Da sind wir ja jetzt gleich weit.
    Robert Harris hat diesen ersten Teil genutzt für eine m.M.n. erstklassige Exposition. Der Leser kennt, auch durch die auf den inneren Umschlagseiten abgebildete Karte, die Gegend, er weiß einiges über die Zeit und die handelnden Personen werden vorbildlich kapitelweise in Gruppen vorgestellt:


    1. Im Kapitel „conticinium“ der Wasserbautrupp:


    - Marcus Attilius Primus, 27 Jahre, Wasserbaumeister
    - Gavius Corax, Aufseher
    - Becco
    - Musa
    - Polites, Skave, Grieche
    - Corvinus, Sklave


    2. Im Kapitel „Hora undecima“ die Bewohner der Villa Hortensia:


    - Numerius Popidius Ampliatus
    - Celsinus, sein Sohn
    - Corelia Ampliata, seine Tochter
    - Scutarius (Hausverwalter)
    - Hipponax, ein Sklave
    - Atia, die Mutter von Hipponax


    3. Im Kapitel „Hora duodecima“:


    - Gaius Plinius, Oberbefehlshaber der Flotte
    (Diese historische Person, ist in ihrer historischen Wirklichkeit, incl. Asthmaleiden, sehr gut beschrieben)
    http://www.aberhallo.de/lexiko….php/Plinius_der_%C4ltere

    4. Im Kapitel „Vespera“ die Gäste bei Gaius Plinius:


    - Pedius Cascus, ein Senator, der früher einmal Konsul war
    - Pomponianus, ein alter Kampfgefährte des Plinius
    - Antius, Kommandant des kaiserlichen Flaggschiffs Victoria
    - Gaius Plinius Caecilius Secundus, der Neffe von Plinius (aus seinem Brief an Tacitus wissen wir heute Einzelheiten über den Vesuvausbruch von 79 n. Chr.)
    - Rectina, die Frau des Senators


    Ansonsten finde ich das Buch besser, als erwartet. Da Harris ja als Thriller-Autor bekannt ist, hatte ich eher ein Buch befürchtet, bei dem Spannung im Vordergrund steht. Tatsächlich schreibt Harris aber historisch genau und man merkt, dass er sich für die Recherchen Zeit genommen hat.


    Seit ich zum ersten Mal vor und auf dem „Pont du Gard“ in Südfrankreich und vor dem römischen Aquädukt in Segovia (Mittelspanien) stand bin ich ein großer Fan der römischen Wasserleitungssysteme, die ich für eine der größten Ingenieursleistungen aller Zeiten halte und da kannst Du Dir ja vorstellen wie mich das Buch fasziniert.


    Da wir beide den ersten Tag abgeschlossen haben, werde ich heute Abend mal schauen, ob der zweite Tag das zu erwartende „erregende Moment“ bringt.

    Liebe Grüße von Hubert

  • Hallo Hubert,


    da sind wir uns ja einig, dass uns das Buch bisher gut gefällt! :smile:
    Gestaunt habe ich über deine Analyse zur Einführung der Figuren - so detailliert wäre mir das nun wirklich nicht aufgefallen. Da sieht man halt doch, dass du schon mehr Übung hast ...
    Die Karte ist mir auch schon sehr positiv aufgefallen. Ich blättere bei fast jeder Ortsangabe vor bzw. zurück, obwohl ich die Reihenfolge der Orte nun schon fast auswendig kenne.
    Sehr gefreut habe ich mich außerdem, als Plinius auf der Bildfläche erschienen ist. Nicht, dass er mir sonderlich sympathisch wäre, aber wir haben damals im Lateinunterricht Auszüge aus seiner "Historia naturalis" übersetzt und auch einiges über den Vesuvausbruch.


    Zum Thema historische Korrektheit traue ich mich noch nicht allzu viel zu sagen. Natürlich wirkt es vor allem durch die durch Ausgrabungen belegbaren Beschreibungen und durch die sehr originalgetreu dargestellte Figur des Plinius auch auf mich erst einmal so, als wäre alles genau und korrekt recherchiert. Allerdings habe ich gehört, dass in dem Buch doch grobe Fehler passiert sein sollen - z.B. die Darstellung von Pompeji als lasterhafter Luftkurort für reiche Römer.


    Bisher habe ich übrigens das Gefühl, dass Robert Harris seine Erfahrungen als Thrillerautor eher zugute kommen als im Weg stehen. Ich finde schon, dass auch jetzt bereits ein Spannungsaufbau da ist - wenn sich die ganzen Kleinigkeiten summieren und sich in Attilius' Kopf bereits wie ein Puzzle zusammenzufügen beginnen und er bereits ahnt, dass da eine ungeheure Katastrophe im Heraufziehen ist ...


    Zitat von "Hubert"


    Seit ich zum ersten Mal vor und auf dem „Pont du Gard“ in Südfrankreich und vor dem römischen Aquädukt in Segovia (Mittelspanien) stand bin ich ein großer Fan der römischen Wasserleitungssysteme, die ich für eine der größten Ingenieursleistungen aller Zeiten halte und da kannst Du Dir ja vorstellen wie mich das Buch fasziniert.


    Oh, um diese Erfahrung beneide ich dich aber!
    Ich war schon zweimal in Rom und in letzter Zeit wächst meine Lust, wieder einmal hinzufahren - und dieses Buch steuert dem bisher nicht gerade entgegen! :breitgrins:


    Liebe Grüße,
    Bluebell

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  • Hallo Bluebell,


    Du hast gepostet:
    Zum Thema historische Korrektheit traue ich mich noch nicht allzu viel zu sagen. Natürlich wirkt es vor allem durch die durch Ausgrabungen belegbaren Beschreibungen und durch die sehr originalgetreu dargestellte Figur des Plinius auch auf mich erst einmal so, als wäre alles genau und korrekt recherchiert. Allerdings habe ich gehört, dass in dem Buch doch grobe Fehler passiert sein sollen - z.B. die Darstellung von Pompeji als lasterhafter Luftkurort für reiche Römer.


    Da ich etwas in Zeitnot bin, nur ganz kurz zu diesem Thema. Da ich kein Historiker bin, kann ich natürlich nicht beurteilen, ob jede Kleinigkeit historisch korrekt ist, andererseits kenne ich mich in römischer Geschichte und auch am Golf von Neapel doch so gut aus, um sagen zu können, dass Harris bis zu der Seite im Buch die ich heute erreicht habe, kein grober Fehler unterlaufen ist. „Die Darstellung von Pompeji als Luftkurort“ wäre ein solch grober Fehler. Nur kommt das m.M.n. in dem Buch nicht vor.


    Nachdem Attilius am 23. August nach Pompeji kommt, wird diese Stadt ausführlich beschrieben und zwar historisch korrekt, als weitläufiges Produktions- und Handelszentrum. Die Pompejaner produzierten und handelten mit Wein, Öl, Oliven, Weizen, Stoffen, Wolle und Ziegeln. Wenn also jemand die o.a. Behauptung aufstellt, dann kann man davon ausgehen, dass er den Roman nicht gelesen hat, sondern wahrscheinlich nur den ersten Satz auf der Umschlagseite: „Im Sommer des Jahres 79 kommen wie eh und je die Reichen und Schönen aus Rom an den Golf von Neapel, um in ihren Villen am Meer Feste zu feiern....“ Davon abgesehen, dass der Text auf der Umschlagseite normalerweise nicht vom Autor, sondern vom Verlag verfasst wird, darf man natürlich auch nicht den Golf von Neapel mit Pompeji gleichsetzen. Tatsächlich war nämlich im Gegensatz zur Stadt Pompeji der Golf schon vor den Römern, während der Römerzeit und bis heute Ziel für Touristen:


    Pozzuoli (die heutige Bezeichnung von Puteoli) wurde bereits im 6. Jahrh. v. Chr. von Exilgriechen gegründet. Von seiner großen römischen Vergangenheit zeugen heute noch das riesige „Anfiteatro Flavio“ (hier starb 304 n. Chr. der hl. Januarius/’Gennaro den Märtyrertod), sowie die Überreste einer römischen Markthalle (Tempel des Serapis). Heute wird es auch wegen seiner Schwefelbäder von Touristen aufgesucht.


    Cuma (Cumae) gilt als eine der ältesten griechischen Kolonien in Italien. Zum Parco Archeologico gehört neben einer Akropolis und einem Apollotempel, die erst 1932 ausgegrabene Orakelgrotte der Sibylle (Antro della Sibilla), die Harris in seinem Roman erwähnt, und die Vergil in seinem Epos „Aeneis“ verewigt hat.


    Baia (Baiae) war als vornehmste und lasterhafteste Stadt der Römer Schauplatz orgiastischer Feiern der antiken High-Society. Die von ihnen erbauten Luxusvillen (auch Nero hatte hier einen Sommerpalast) sind jedoch größtenteils im Meer versunken. Erhalten sind die Reste mehrerer Thermen im luxuriösen Ruheräumen.


    Also der Golf war, obwohl das Harris überhaupt nicht extra erwähnt, historisch nachweisbar Sommerziel der reichen Römer. Dies gilt bis heute, wobei heute reiche Touristen aus aller Welt, die den beiden Kaps am Golfo di Napoli vorgelagerten Inseln bevorzugen: Capri, mit der Grotta Azzurra, Ischia mit den heilsamen Thermalquellen, sowie die malerische Insel Procida.


    Dass Harris, Pompeji nicht als Luftkurort sieht, zeigt er schon dadurch, dass der Geschäftsmann Ampliatus, der in Pompeji seinen Geschäften nachgeht, neben seinem dortigen Stadthaus, seine Erholungsvilla Hortensia in der Nähe der Piscina Mirabilis bei Misenum hat. Historisch auch korrekt ist, dass der Senator Pedius Cascus eine Villa bei Herculaneum besaß. Anders als Pompeji war Herculaneum ein gepflegter Wohnsitz von Bürgern und Patriziern und damals noch direkt am Meer gelegen. Es war zur Zeit des Vesuvausbruchs von ca. 5.000 Menschen bewohnt, die sich zum größten Teil retten konnten.



    Liebe Grüße von Hubert

  • Hallo Hubert,


    so sieht es also aus, wenn du nur "ganz kurz" etwas in "Zeitnot" postest! :breitgrins:
    Aber sag einmal, in welcher Zeitnot kann man denn um 3 Uhr 50 sein?? Wenn du deinen Beitrag in Mitteleuropa verfasst hast, musst du entweder gerade auf dem Weg ins Bett oder zum Flughafen gewesen sein ... obwohl, sorry, geht mich ja nix an! :rollen:


    Spaß beiseite, danke für deine Anmerkungen zu den im Roman vorkommenden Orten. Solche netten Hintergrundinfos sind beim Lesen für mich irgendwie das Tüpfelchen auf dem i.


    Zitat von "Hubert"

    Wenn also jemand die o.a. Behauptung aufstellt, dann kann man davon ausgehen, dass er den Roman nicht gelesen hat, sondern wahrscheinlich nur den ersten Satz auf der Umschlagseite:


    Hm, das könnte sogar der Fall sein. Werd mich mal schlau machen ...
    Mir kommt das Buch bisher nämlich auch ausgesprochen gründlich recherchiert vor! Aber trotz aller Details wirkt es insgesamt irgendwie sehr "modern" auf mich - also von der Atmosphäre her, verstehst du was ich meine? Das ist keinesfalls negativ gemeint, es fällt mir eben nur im Vergleich zu anderen historischen Romanen auf - und davon hab ich mittlerweile doch schon ein paar gelesen.


    Wie weit bist du eigentlich? Ich stehe gerade am Beginn der Hora Sexta (12.00 Uhr), natürlich noch immer am zweiten Tag.


    Liebe Grüße,
    Bluebell

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  • Hallo Bluebell,


    Du hast gepostet:
    so sieht es also aus, wenn du nur "ganz kurz" etwas in "Zeitnot" postest!


    Na ja, ich wollte damit andeuten, dass mir i.M. die Zeit fehlt, um auf alle Deine Punkte einzugehen. Deshalb greife ich jetzt auch den folgenden Punkt noch mal auf:


    Bisher habe ich übrigens das Gefühl, dass Robert Harris seine Erfahrungen als Thrillerautor eher zugute kommen als im Weg stehen. Ich finde schon, dass auch jetzt bereits ein Spannungsaufbau da ist - wenn sich die ganzen Kleinigkeiten summieren und sich in Attilius' Kopf bereits wie ein Puzzle zusammenzufügen beginnen und er bereits ahnt, dass da eine ungeheure Katastrophe im Heraufziehen ist ...


    Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht so genau, was einen Thriller eigentlich ausmacht, aber dass Harris Spannung aufbauen kann: klar, da hast Du Recht. Zum einen wird die Spannung, wie Du sagst aufgebaut, durch das im Kopf von Attilius entstehende Bild einer Verschwörung/Bedrohung (Wieso ist Exomnius verschwunden?, Warum steht ihm der Aufseher Corax feindlich gegenüber?, Welche Rolle spielt Ampliatus? usw) zum anderen durch die jedem Kapitel/Stunde vorangestellte Entwicklung im Vulkan, von der ja nur der Leser weiß, die Romanfiguren aber nicht, sowenig wie damals die Bewohner von Pompeji, obwohl die Katastrophe ja zwar plötzlich ausbrach, aber sich tatsächlich ja langsam entwickelte. Hätte man das Unglück voraussehen können, und damit die Bewohner Pompejis retten können. Mit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Vulkanologie nervt Harris aber nicht, wie das weniger gute Autoren wahrscheinlich Seitenweise getan hätten, wen’s nicht interessiert, der kann die den Kapiteln kursiv vorangestellten Anmerkungen auch überlesen, trotzdem wird klar, die Bedrohung durch den Vulkan kommt unausweichlich näher



    Mir kommt das Buch bisher nämlich auch ausgesprochen gründlich recherchiert vor!


    Wie genau an der historischen Wirklichkeit Harris schreibt, habe ich gerade heute Abend wieder festgestellt. Ampliatus, der ehemalige Sklave, der durch Grundstücksspekulation zu Geld und damit Macht gekommen ist, und nun mit allen Mitteln auch Ansehen erreichen will, schien mir die ganze Zeit, doch zu sehr Harris Phantasie entsprungen. Und was lese ich jetzt in einem meiner Pompeji-Bildbände (Kommentar von Antonio Varone, einem studierten Archäologen, der von 1986 bis 1991 die Ausgrabungen in Pompeji leitete):


    „Die Freigelassenen, also ehemalige Sklaven, .... strebten für sich und für ihre Nachkommen nach gesellschaftlicher Anerkennung und Reputation. .... Als umtriebige Unternehmer .... bildeten die das dynamische Element der Gesellschaft. .... Diese Erscheinung, ziemlich verbreitet in der römischen Welt, nahmen in Pompeji einen besonders ausgeprägten Charakter an in der Folge des Erdbebens vom Jahre 62, das einerseits zu erheblichen Schäden führte und andererseits Anlass war für eine umfangreiche Wiederaufbautätigkeit. ... Berühmte Besitzungen wechselten die Eigentümer, Güter alter Familien kam in die Hände von Neureichen, die mächtige Atriumhäuser in „Renditehäuser“ umbauten.
    Die erheblichen finanziellen Mittel, über welche die Neureichen verfügten, und ihr Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung reizten sie nun unvermeidlich zum Drang nach politischem Einfluss...Zwei Persönlichkeiten bieten für diese Epoche der pompejanischen Geschichte ein gutes Beispiel: NUMERIUS POPIDIUS AMPLIATUS war vormals Sklave im Besitz einer der ältesten Familien. Als Freigelassener stieg er dank seines Vermögens zu einer angesehenen Stellung auf. ... Um den Aufstieg seiner Nachkommenschaft in die pompejanische Aristokratie zu sichern, die ihm selbst, als ehemaligem Sklaven verwehrt war, finanzierte er im Namen seines sechsjährigen Sohnes CELSINUS den Wiederaufbau des Isistempels und als Dank für die Großzügigkeit des Vaters nahmen die Stadträte durch Kooptierung den Sohn in ihren Kreis auf., „


    War Dir klar, dass Ampliatus und sein Sohn Celsinus geschichtliche Figuren sind?



    Aber trotz aller Details wirkt es insgesamt irgendwie sehr "modern" auf mich - also von der Atmosphäre her, verstehst du was ich meine? Das ist keinesfalls negativ gemeint, es fällt mir eben nur im Vergleich zu anderen historischen Romanen auf - und davon hab ich mittlerweile doch schon ein paar gelesen.


    Hmm, das Buch wurde m.M.n. 2003 veröffentlicht, jetzt haben wir 2004 – zugegeben wir leben in einer schnelllebigen Zeit, aber wieso soll ein Buch, das noch keine zwei Jahre alt ist, schon nicht mehr modern wirken? Ein historischer Roman soll, die historische Wirklichkeit wiedergeben, aber doch nicht, wenn er im 1. Jahrh. nach Chr. spielt, die damaligen Autoren nachahmen. Wenn ich das will, kann ich Ovid, Phaedrus oder Seneca direkt lesen. Also ich bin Harris dankbar, dass er einen modernen historischen Roman geschrieben hat und keinen Kitsch wie die meisten Autoren historischer Romane..


    Davon abgesehen waren die Römer in vielem "moderner" als wir heute. Beispiel Sexualität: „Auf erotischem Gebiet gab es in Pompeji keine Tabus. Sowohl männliche als auch weibliche Homosexualität waren alltäglich, .... ebenso Liebesspiele zu dritt oder viert“. (Zitat aus einem Sachbuch). Nicht das ich meine, wir sollten es den Römern auf diesem Gebiet nachtun, sicher nicht, aber man darf auch nicht meinen, dass es vor Oswald Kolle u.ä. noch nie Sexuelle Freiheit gegeben hätte. Ich persönlich wünsche mir allerdings nicht, dass wir auf diesem Gebiet so modern werden, wie die Römer waren, und Pornographie an jeder Hauswand mag ich sowenig wie Pädophilie (beides in Pompeji im Jahre 79 an der Tagesordnung).



    Wie weit bist du eigentlich? Ich stehe gerade am Beginn der Hora Sexta (12.00 Uhr), natürlich noch immer am zweiten Tag.


    Schön, dass Du deinen Lesestand nennst, ich bin zwar i.M. etwas weiter (Hora duodecima am zweiten Tag) aber voraussichtlich komme ich erst wieder am Sonntag zum Lesen und spätestens bevor ich mit „Jupiter, 24. August, Der Tag des Ausbruchs“ anfange, warte ich ja wie vereinbart auf Dich, aber wahrscheinlich hast Du mich dann eh eingeholt.


    Liebe Grüße,


    Hubert

  • Hi Hubert!


    Zitat

    War Dir klar, dass Ampliatus und sein Sohn Celsinus geschichtliche Figuren sind?


    Nein, das war mir ganz und gar nicht klar! *staun*
    Bin ehrlich begeistert, wie genau sich Robert Harris an die historischen Tatsachen hält. Und die nächste Person, die mir einreden will, dass der Autor nachlässig recherchiert hat, kriegt einfach den Link zu diesem Thread! :breitgrins:


    Zitat

    Ein historischer Roman soll, die historische Wirklichkeit wiedergeben, aber doch nicht, wenn er im 1. Jahrh. nach Chr. spielt, die damaligen Autoren nachahmen.


    Nein, so habe ich das nicht gemeint. Natürlich soll ein heutiger Schriftsteller keine "alten Autoren" nachahmen - aber ganz ehrlich: wer tut das denn schon?
    Ich glaube, mein Gefühl rührt eher daher:


    Zitat

    Davon abgesehen waren die Römer in vielem "moderner" als wir heute.


    Diese Tatsache kommt in dem Roman sehr schön zur Geltung und ist für jemanden, der das Leben im Alten Rom bisher hauptsächlich aus dem Lateinunterricht kennt, einfach eine ganz neue Erkenntnis. :zwinker:


    Aber Einspruch muss ich bei diesem Satz erheben:


    Zitat

    Also ich bin Harris dankbar, dass er einen modernen historischen Roman geschrieben hat und keinen Kitsch wie die meisten Autoren historischer Romane.


    Vielleicht hatte ich bei meiner bisherigen Lektüre einfach unverschämtes Glück, aber Autoren wie Ken Follett, Umberto Eco oder auch Iny & Elmar Lorentz entwerfen ein stimmungsvolles Bild vergangener Zeiten ohne Kitsch.


    Und, bist du inzwischen zum Weiterlesen gekommen? Ich bin auf Seite 225 (Nocte concubina).


    Liebe Grüße,
    Bluebell

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  • Hallo Bluebell,


    Du hast gepostet:
    Nein, so habe ich das nicht gemeint. Natürlich soll ein heutiger Schriftsteller keine "alten Autoren" nachahmen - aber ganz ehrlich: wer tut das denn schon?


    Umberto Eco zum Beispiel. Beweis: Gib mal die folgende Liste mit 13 Kapitelüberschriften fünf verschiedene Leute die noch nie etwas von Eco gelesen haben. Wenn es 3 dieser fünf gelingt herauszufinden welche der Kapitelüberschriften aus einem Roman des 20. Jahrh. und welche aus einem Roman des 17. Jahrh. stammen, nehme ich meine Aussage wieder zurück.


    Worin die Geschichte der Bibliothekare ergründet wird und man noch einiges mehr über das geheimnisvolle Buch erfährt.


    Wie und was Ursachen der Jäger nach Frankreich praktiziert worden


    Worin man einer Predigt über das Kommen des Antichrist lauscht und Adson die Macht der Namen entdeckt.


    Wie er sich für einen Komödianten gebrauchen lässt, und einen neuen Namen bekommt


    Worin die Principes sederunt und Malachias zu Boden stürzt.


    Warum die Geistlichen keine Hasen essen sollen, die mit Stricken gefangen worden


    Worin William Adsons Traum erklärt.


    Wie der Jäger vom Gegenteil gefangen wird.


    Worin Recht gesprochen wird und man den beklemmenden Eindruck hat, dass alle im Unrecht sind.


    Wie beide Freund den Winter hinbringen


    Worin eine brüderliche Diskussion über die Armut Christi stattfindet.


    Wettstreit zwischen der Verschwendung und dem Geiz; und ist ein wenig ein länger Kapitel als das vorige


    Worin man erneut ins Labyrinth eindringt und an der Schwelle des Finis Africac gelangt, aber nicht hineinkann, weil man nicht weiß, was der Erste und Siebente der Vier sind, während Adson abermals einen diesmal übrigens recht gelehrten – Rückfall in seine Liebeskrankheit erleidet.



    Vielleicht hatte ich bei meiner bisherigen Lektüre einfach unverschämtes Glück, aber Autoren wie Ken Follett, Umberto Eco oder auch Iny & Elmar Lorentz entwerfen ein stimmungsvolles Bild vergangener Zeiten ohne Kitsch.


    Kann sein, dass Du mit Deiner Auswahl bisher Glück gehabt hast, ich habe auch nicht gesagt, dass alle Historischen Romane Kitsch sind. Ich lese selbst ab und zu Historische Romane.
    Ich will jetzt auch nicht die Bücher dieser drei von Dir genannten Autoren besprechen, aber vielleicht mal zwei Unterschiede zwischen „Pompeji“ und Ecos „Der Name der Rose“. Ich nehme „Der Name der Rose“ weil ich das Buch für einen guten Roman halte. Es ist m.M.n. ein packender Krimi und ein Roman über die Macht von Büchern. Ein moderner historischer Roman wie „Pompeji ist es m.M.n. nicht.


    Warum kein moderner Roman?
    Vergleiche mal den ersten Absatz der beiden Romane. Bei Pompeji von „Sie verließen den Aquädukt .....“ bis „......, als ihnen bewusst war." M.M.n. wird hier in heutiger Sprache erzählt ohne unnötiges Beiwerk. Bei Eco: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (das ist zwar einer der schönsten Buchanfänge der Literaturgeschichte, nur stammt der nicht von Eco sondern aus dem Johannesevangelium) bis „.... gänzlich aufs Böse gerichteten Willen“ Kannst Du mir mal erklären was Eco da erzählt?


    Warum kein historischer Roman?
    Im Gegensatz zu Harris, der nicht nur historische Vorbilder für seine Protagonisten hat, sondern die historischen Personen sogar selbst und zwar historisch genau beschrieben, auftreten lässt, verwendet Eco Vorbilder die mit der beschriebenen Zeit, nämlich dem Mittelalter absolut nichts zu tun haben. Beispiel: Für Jorge de Burgos, den rätselhaften Herrn der Bücher, ist das Vorbild Jorge Luis Borges. Jorge Luis Borges ist aber keine Figur aus dem Mittelalter, sondern wurde 1899 in Buenos Aires geboren und war u.a. ab 1955 für fast 20 Jahre Direktor der argentinischen Nationalbibliothek (Herr der Bücher)


    Mag also sein, dass Dir das von Eco vermittelte Bild als stimmungsvoll vorkommt, mit dem Bild einer mittelalterlichen Klosterbibliothek hat es m.M.n. aber weniger zu tun, .als Harris Bild von Pompeji mit der römischen Wirklichkeit.. Übrigens sind mittelalterliche Klosterbibliotheken eine meiner großen Leidenschaften.



    Und, bist du inzwischen zum Weiterlesen gekommen? Ich bin auf Seite 225 (Nocte concubina).


    Ich habe jetzt den Tag Merkur beendet und konnte mich nur mühsam bremsen nicht weiter zu lesen. Ich warte also auf Dein Startzeichen für „Jupiter – Der Tag des Ausbruchs“.


    Liebe Grüße von Hubert



  • Hi Hubert,


    bin grad akut unter Zeitdruck, wollte nur den Startschuss für das nächste Großkapitel geben!


    Viel Spaß,
    Bluebell *flitz*

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  • Hi Hubert!


    Der heutige Tag war bei mir endlich wieder einmal etwas leseintensiver als die letzten Wochen, und so hab ich den Tag Jupiter in einem Rutsch durchgelesen. Es ist echt verdammt spannend, und ich kann's kaum erwarten zu erfahren, was die letzten 30 Seiten noch bringen!


    Hm, was soll ich zu den Kapitelüberschriften bei der Rose sagen. Ich hätte diese nicht als "Nachahmen" im Sinne von Abkupfern aufgefasst, sondern eher als bewusst eingesetztes Stilmittel. Zu Beginn des Romans erzählt Eco ja die fiktive Entstehungsgeschichte des Buches - wieviele Abschriften und Übersetzungen zwischen dem "ursprünglichen" Manuskript und dem gedruckten Werk liegen, das der Leser in Händen hält - und insofern finde ich diese Form nicht kitschig, sondern eher originell.


    Zitat

    Ich lese selbst ab und zu Historische Romane.


    Tatsächlich? Das wusste ich nicht, aber jetzt hast du mich neugierig gemacht! Gibt es historische Romane, die dir besonders gefallen haben? *immer auf der Suche nach Tipps* :zwinker:


    Zitat

    Ich nehme „Der Name der Rose“ weil ich das Buch für einen guten Roman halte. Es ist m.M.n. ein packender Krimi und ein Roman über die Macht von Büchern. Ein moderner historischer Roman wie „Pompeji ist es m.M.n. nicht.


    Da stimme ich dir im Großen und Ganzen zu.


    Zitat

    Vergleiche mal den ersten Absatz der beiden Romane. [...] Kannst Du mir mal erklären was Eco da erzählt?


    Leider nein, weil sich das Buch in meinem Zimmer befindet, ich mich dagegen in Wien, und dazwischen 50km liegen! :breitgrins:
    Werde es aber bei Gelegenheit nachholen.


    Zitat

    Im Gegensatz zu Harris, der nicht nur historische Vorbilder für seine Protagonisten hat, sondern die historischen Personen sogar selbst und zwar historisch genau beschrieben, auftreten lässt ...


    Diesbezüglich bin ich noch immer hin & weg von Plinius und Ampliatus! Das hat Harris einfach großartig hingekriegt.


    Zitat

    ... verwendet Eco Vorbilder die mit der beschriebenen Zeit, nämlich dem Mittelalter absolut nichts zu tun haben. Beispiel: Für Jorge de Burgos, den rätselhaften Herrn der Bücher, ist das Vorbild Jorge Luis Borges. Jorge Luis Borges ist aber keine Figur aus dem Mittelalter, sondern wurde 1899 in Buenos Aires geboren und war u.a. ab 1955 für fast 20 Jahre Direktor der argentinischen Nationalbibliothek (Herr der Bücher)


    Oh, das ist ärgerlich. Wusste ich bisher gar nicht!


    Zitat

    Übrigens sind mittelalterliche Klosterbibliotheken eine meiner großen Leidenschaften.


    Auch zu diesem Thema bin ich eine bereitwillige Gesprächspartnerin! :breitgrins:
    Viele dieser Bibliotheken konnte ich in meinem bisherigen Leben zwar noch nicht besichtigen, aber mich interessiert alles was damit zusammenhängt, und ich lese auch gerne Artikel in Zeitschriften & Internet zu dem Thema.


    Sag einfach Bescheid, wann wir uns an Venus heranmachen sollen. :zwinker:


    Bis bald,
    Bluebell

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  • Schon wieder ich! :breitgrins:


    Wollte nur melden, dass ich morgen für 3 Tage wegfahre und erst nächste Woche wieder Internetzugang habe. Bis dahin werden wir sicher beide das Buch beendet haben, und ich freu mich schon aufs Weiterdiskutieren.


    Ich wünsch dir viel Lesespaß und ein angenehmes Wochenende!


    Bluebell

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  • Zitat von "Bluebell"

    Wollte nur melden, dass ich morgen für 3 Tage wegfahre und erst nächste Woche wieder Internetzugang habe. Bis dahin werden wir sicher beide das Buch beendet haben, und ich freu mich schon aufs Weiterdiskutieren.


    Ich wünsch dir viel Lesespaß und ein angenehmes Wochenende!


    Hi Bluebell,


    auch Dir ein schönes Wochenende und noch viel Vergnügen mit den letzten 30 Seiten des Buches. Zwar bin ich mit dem Tag Jupiter noch nicht ganz fertig aber übers Wochenende werde ich dann auch das Buch zu Ende lesen. Du hast Recht, es ist verdammt spannend.


    In irgend einer Buchbesprechung hatte ich gelesen, dass bei einem Buch über Pompeji, wo ja das Ende bekannt ist, keine echte Spannung aufkommen könnte, aber anscheinend hat auch dieser Besprecher, das Buch nicht gelesen. .


    Du hast gepostet:
    Hm, was soll ich zu den Kapitelüberschriften bei der Rose sagen. Ich hätte diese nicht als "Nachahmen" im Sinne von Abkupfern aufgefasst, sondern eher als bewusst eingesetztes Stilmittel. Zu Beginn des Romans erzählt Eco ja die fiktive Entstehungsgeschichte des Buches - wieviele Abschriften und Übersetzungen zwischen dem "ursprünglichen" Manuskript und dem gedruckten Werk liegen, das der Leser in Händen hält - und insofern finde ich diese Form nicht kitschig, sondern eher originell.


    Hmm, auch Ecos „Einfall“ mit der fiktiven Entstehungsgeschichte, verschiedenen Abschriften und Übersetzungen – ist eigentlich eine Erfindung von Cervantes, der diese Idee schon für seinen „Don Quixote“ benutzte und wenn Eco dann, nachdem diese Idee schon von ca. 678 anderen Autoren aufgegriffen wurde, diese Idee dann zum 679ten Mal bringt, kann ich das auch nicht mehr besonders originell finden.



    Oh, das ist ärgerlich. Wusste ich bisher gar nicht!


    Nein, ich finde es nicht ärgerlich, wenn Eco seinem Freund Borges ein literarisches Denkmal setzt, das ist durchaus erlaubt, - und das macht das Buch auch nicht schlecht, nur es ist halt kein wirklich historisches Buch, auch wenn es zufällig im Mittelalter spielt, oder sagen wir einfach: Harris schreibt genauer an der historischen Wirklichkeit als Eco, - was aber allein auch noch kein Qualitätsmerkmal ist



    Viele dieser Bibliotheken konnte ich in meinem bisherigen Leben zwar noch nicht besichtigen, aber mich interessiert alles was damit zusammenhängt


    Meine Lieblingsklosterbibliothek ist im Stift St. Gallen. Aus dem prächtigen Barocksaal kann ich mich immer nur schwer losreißen, zumal hier eine unschätzbar wertvolle Sammlung von Handschriften und alten gedruckten Büchern zu finden ist u.a. der „Goldene Psalter“, das älteste deutsche „Vaterunser“ sowie eine uralte Handschrift des Nibelungenliedes und einige mittelalterliche Gesetzessammlungen.


    Ein Blick auf das Kloster:
    http://www.schaetze-der-welt.de/denkmal.php?id=72


    und ein Blick in den Büchersaal der Stiftsbibliothek (die tatsächliche Schönheit dieses Saales ist aber auf dem Bild nicht mal ansatzweise zu erkennen):
    http://www.stibi.ch/site/conte…=02%24Architektur&lang=DE


    Liebe Grüße von Hubert

  • Hi Hubert!


    Gleich einmal ein riesengroßes SORRY, weil ich mich so lange nicht gemeldet habe! Offiziell hab ich ja seit letztem Wochenende Ferien, aber in Wahrheit arbeite ich seit Montag als Ferialpraktikantin und komme immer so fertig nach Hause, dass mein Leben derzeit aus arbeiten und schlafen besteht ... hoffentlich bessert sich das nächste Woche! *ächz*


    Aber ich will ja hier nicht jammern, sondern mich mit dir über unseren abschließenden Eindruck von "Pompeji'" unterhalten.
    Wie hat dir das letzte Kapitel gefallen?
    Ich hab ja schon die längste Zeit herumgerätselt, wie Harris das Buch enden lässt - dass er den großen Sympathieträger Attilius in den Tod schickt, konnte ich mir nicht so recht vorstellen, aber ein richtiges Happy End mit Corelia ("... und glücklich, der Flammenhölle entronnen zu sein, fielen sie einander in die Arme" :elch: ) wäre viel zu kitschig im Vergleich zum restlichen Roman gewesen.
    Die Art, wie Harris den Schluss gestaltet - dass man über das Schicksal von Attilius und Corelia nur in Form von Gerüchten und Legenden erfährt - hat mir sehr gefallen, und ich halte das für einen sehr passenden Abschluss des Buches.


    Zitat

    Harris schreibt genauer an der historischen Wirklichkeit als Eco, - was aber allein auch noch kein Qualitätsmerkmal ist


    Gebe dir in beiden Punkten recht. Wenn ich noch einmal kurz zum Namen der Rose abschweifen darf: allein die Tatsache, dass Eco seinem Freund mit der Figur des Jorge ein Denkmal setzt, stört mich nicht. Ich finde das vollkommen legitim und die Rose bleibt nach wie vor im erlauchten Kreise meiner Lieblingsbücher :breitgrins: - aber bei Harris fasziniert mich einfach, wie es ihm gelungen ist, bei allen Spannungs- und Unterhaltungsqualitäten der Story die geschichtlichen Tatsachen bis hin zur Charakterisierung des Plinius und zur Lebensgeschichte des Ampliatus so korrekt wiederzugeben.
    Gibt es unter diesem Aspekt vielleicht noch weitere historische Romane, die du mir empfehlen kannst?


    Ich wünsch dir noch einen schönen Abend und einen guten Start ins ... WOCHENENDE!!! :bang:


    Bye bye,
    Bluebell *geht ihre Füße hochlagern*

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Zitat von "Bluebell"

    Hi Hubert!


    Wie hat dir das letzte Kapitel gefallen?


    Hallo Bluebell,


    also das ganze Buch hat mir von der ersten bis zur letzten Seite gut gefallen. Spannend zu lesen bis zum Schluss und historisch genauer geht’s eigentlich nicht mehr in einem Roman. Auch der Schluß ist für mich okay, obwohl ich auf die letzte Seite hätte verzichten können. Mir hätte das Buch auch gefallen, wenn es mit Plinius’ Tod geendet hätte. Aber wahrscheinlich hat sich Harris gedacht, bevor der Filmregisseur bei der sicher kommenden Verfilmung (auf die ich mich schon freue) auf dumme Gedanken kommt und ein Happy End dazu erfindet, gebe ich ihm mal einen Hinweis, wie man das vernünftig machen kann, ohne auf ein versöhnliches Schlussbild zu verzichten. Also während des Abspanns: „Mann und Frau wandern auf die Küste zu, während die Sonne über dem Vesuv untergeht“ Das gefällt den meisten Zuschauern und ich kann’s auch ertragen, wenn nicht zusätzlich noch Rudi Schuricke sein „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt, singt :breitgrins:


    Also im Ernst, ich hab’ schon die ganze Zeit überlegt, ob es irgend etwas gibt, was man bei diesem Buch hätte noch besser machen können. Gott sei Dank, eine Kleinigkeit habe ich gefunden: Wenn anstatt der gleichen Landkarte vorne und hinten im Buch, nur vorne die Landkarte und hinten ein Stadtplan von Pompeji gewesen wäre, so dass man die Wege der Protagonisten zwischen Vesuvius-Tor (Porta del Vesuvio) und Stabiae-Tor (Porta di Stabia) auf dem Stadtplan hätte nachvollziehen können (nicht jeder Leser war ja schon in Pompeji und hat sich wie ich einen Plan mitgebracht), dann wäre der Roman perfekt. Aber das wäre wiederum unheimlich. :entsetzt:


    Liebe Grüße und ein erholsames Wochenende


    Hubert :winken:


    PS: Hast Du das gesuchte Klavierkonzert gefunden?

  • Servus Hubert,


    für eine Verfilmung gäbe das Buch sicher einiges her. Nur ist leider als Ergebnis ein 08/15-Hollywoodkitsch zu befürchten! :sauer:


    Deine Idee mit der 2. Karte wäre gut gewesen ... allerdings gibt deren Fehlen in meinen Augen trotzdem nicht einmal einen Viertelstern Abzug.


    Für welche Lektüre hast du dich eigentlich nach Pompeji entschieden? Ich habe ja "Die letzten Tage von Pompeji" auf meinem SUB und wäre schon sehr in Versuchung gewesen ... allerdings haben da in meinem Kopf sämtliche Warnlichter "Erhöhte Flopgefahr!" geblinkt. Ich denke, es ist vernünftiger, wenn ich zwischendurch in ein völlig anderes Genre switche und mir "die letzten Tage" erst in ein paar Wochen vornehme.


    Liebe Grüße,
    Bluebell

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Zitat von "Bluebell"

    Servus Hubert,


    für eine Verfilmung gäbe das Buch sicher einiges her. Nur ist leider als Ergebnis ein 08/15-Hollywoodkitsch zu befürchten! :sauer:


    Kann natürlich sein, aber allein die Szenen mit dem ausbrechenden Vulkan, wenn es einigermaßen gut gemacht ist, wären den Eintritt wert



    Zitat

    Deine Idee mit der 2. Karte wäre gut gewesen ... allerdings gibt deren Fehlen in meinen Augen trotzdem nicht einmal einen Viertelstern Abzug.


    Ich gebe Dir Recht, das gibt überhaupt keinen Abzug. Es wäre nur das Tüpfelchen auf dem "i" gewesen. (Kennt man diese Redewendung in Wien?)


    Zitat

    Für welche Lektüre hast du dich eigentlich nach Pompeji entschieden? Ich habe ja "Die letzten Tage von Pompeji" auf meinem SUB und wäre schon sehr in Versuchung gewesen ... allerdings haben da in meinem Kopf sämtliche Warnlichter "Erhöhte Flopgefahr!" geblinkt. Ich denke, es ist vernünftiger, wenn ich zwischendurch in ein völlig anderes Genre switche und mir "die letzten Tage" erst in ein paar Wochen vornehme.


    "Die letzten Tage von Pompeji" habe ich ja schon einmal gelesen, Es hat mir damals gut gefallen und ich werde es gelegentlich nochmal lesen. Wenn es Dir nicht eilt, können wir es ja irgendwann mal zusammen angehen und dann die Unterschiede zu Harris rausarbeiten?


    Im Moment bin ich allerdings mit der "Bibel" und dem "Kleist/Kafka-Projekt" ausgelastet. Wäre das nichts für Dich?


    Liebe Grüße von Hubert

  • Zitat

    Kann natürlich sein, aber allein die Szenen mit dem ausbrechenden Vulkan, wenn es einigermaßen gut gemacht ist, wären den Eintritt wert


    Stimmt! :smile:


    Zitat

    Es wäre nur das Tüpfelchen auf dem "i" gewesen. (Kennt man diese Redewendung in Wien?)


    Ja, kennt man! :bang:


    Zitat

    "Die letzten Tage von Pompeji" habe ich ja schon einmal gelesen, Es hat mir damals gut gefallen und ich werde es gelegentlich nochmal lesen. Wenn es Dir nicht eilt, können wir es ja irgendwann mal zusammen angehen und dann die Unterschiede zu Harris rausarbeiten?


    Das ist eine super Idee! :klatschen:
    Mir eilt es nicht, aber es wäre schon schön, wenn wir es noch in diesem Jahr angehen würden - sonst müssen wir für die Vergleiche vielleicht den Harris auch noch einmal lesen! :zwinker:


    Zitat

    Im Moment bin ich allerdings mit der "Bibel" und dem "Kleist/Kafka-Projekt" ausgelastet. Wäre das nichts für Dich?


    Zumindest bei der Bibel lurke ich ab und zu, aber das Kleist/Kafka-Projekt passt mir momentan leider gar nicht ins Konzept. Trotzdem danke der Nachfrage!


    So, dann sag ich noch allerherzlichsten Dank für diese unterhaltsame und interessante Lese"runde" (in trauter Zweisamkeit :breitgrins:) - besonders deine Rechercheergebnisse in Bezug auf die historischen Hintergründe waren richtige Schmankerl!


    Liebe Grüße & bis bald :blume:
    Bluebell

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  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Bluebell"


    Ja, kennt man! :bang:


    Steht doch schwer zu hoffen! :breitgrins: Insofern als der Ausdruck aufs Mittelalter zurückgeht, wo in den Handschriften sehr darauf geachtet werden musste, ob man nun das Tüpfelchen aufs i setzte. Nämlich wenn es um die Wörter "homousios" bzw. "homoiusios" ging. Auf deutsch: "gleich im Wesen" und "ähnlich im Wesen" - gemeint ist das Verhältnis von Christus zu Gott. Ein fehlendes Tüpfelchen auf dem i konnte da schon mal den Scheiterhaufen bedeuten ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Nau prack! :entsetzt:


    (Zu hochdeutsch: Ich staune! :breitgrins:)

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